Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Ihr Wasserträgerkaryatiden, Einst wart ihr Romas Ziegelsklaven, Und heute seid ihr Invaliden, Die früh, mit hohen Architraven, Sich fort und fort in sich verschlangen, Bis sie im fernen Apennin Die keuschen Quellennymphen zwangen, Vor ihrer Kaiserin zu knien. Die klaren Bergströme ergossen, Wie Strahlen, senkrecht sich nach Rom Und sprangen, sprudelten und flossen Dort munter als Brillantenstrom. In Iriskränzen wühltet, spieltet Ihr Tropfen und ihr frohen Lichter: Ihr frischen Blumenschäume kühltet Der Götter Marmorangesichter. Dann stürzte Zeus von seinem Throne! Die Nixen wurden bald verjagt, Und blasser ward der Glanz der Weltenkrone, Die siebenzackig sonnwärts ragt. Ihr Invaliden steht ermattet In der Campagna nun allein; Verstümmelt, weinumrankt beschattet Ihr Ziegen noch im toten Hain. Voll Trauer seht ihr, wie die Reben, Sonntrunken in verschlungnen Reihn Und stolz auf den Albanerwein, Rings freudig in die Weite streben. Ihr Saft quillt goldig aus den Trauben, Die in des Herbstes Purpurlauben, Umrankt von grünen Efeuschlangen, Auf tiefgebeugten Ästen prangen. Durchglüht den Wald der Abendschein, Beginnt das Licht sanft zu verklingen, So ists, als ob im Pinienhain 118 Die schwersten Silberfrüchte hingen: Orangen scheinen uns zu blenden, Ein grelles, gelbes Transparent Verhängt das ferne Firmament, Und Riesenbäume spenden Uns roter Äpfel große Last! Doch geht hinter den Obstgeländen Der fahle Tag dann bald zur Rast, So fallen sie gereift vom Ast. |
Aus einer Wolke Glastportalen Besonnt die Glut das Herz der Welt Und spannt mit ihren goldnen Strahlen, Hoch über Rom, ein Riesenzelt. Die Nebel, die sich fest verkneten, Umzackt ein schroffer Feuerrand: Dann werden sie zu Goldmagneten, Denn Glut entsaugt das Gold dem Land! Und viele scheinen selbst mit Händen Die Farben ringsum anzuziehn, Und wo sie Lohe wild verschwenden, Da ists, als ob Vulkane spien! Ist auch die Sonne schon gesunken, Erhält sich eine Wolke lange Die Abendglut in ihrer Wange Und wälzt sich plötzlich farbentrunken Ins Dämmergold, das aufwärts schwellt. Der Himmel scheint ein Erntefeld Mit reifen Sonnenstrahlenähren, Die Spukgebilde nun verheeren: Und viele Kupferkuppeln schimmern Am Abend um das Kapitol, Und viele tausend Fenster flimmern, Wie überklebt mit Goldstanniol. 119 |
Der Boden ist verdorrt und braun wie Ocker. Die Hütten und Gebüsche siehst du kaum. Die Häuser sind aus Lehm gebaut und locker: Das ist der nahen Großstadt gelber Saum. Was leuchtet dort hinter den welken Bäumen? In tausend Farben schimmert jetzt ein Feld, Ich sollte so ein Schauspiel nicht versäumen: Die Toten steigen aus der Unterwelt! Ich bin zu Allerseelen angekommen! O Rom, schon zeigst du dich in buntem Kleid! Es brennen rings die Blutlampen der Frommen, Dabei der gelbe Schmerz, das blaue Leid: Das ist die Saat, die Gottes Licht verstreute Und die sich Rom in seinem Hain gehegt! Das da sind lauter brave Weinbergleute, Die längst der Todesengel fortgefegt. Feldeinwärts greifen schon die Spinnenfühler Der Stadt, die jetzt mit einemmal beginnt. Die Häuser steigen an. Die Luft wird schwüler. Es zieht mich in das fremde Labyrinth. Doch überall, hinter den Wuchtzypressen, Entschwirrt den Friedhöfen ein Schein wie Od. Ich werde diesen Einblick nie vergessen, Ich lobe Rom, dem Hoffnungsrot entlohnt! |
Du scheinst den Seelen, Rom, dazu erkoren, Den Frieden immer wieder zu verleihn: Hat sich Vertrautheit mit der Welt verloren, So will ich Rom, dem Erdenherz, mich weihn! O Sonnenstadt, du gießt beirrten Massen Ruht doch in deiner kerngewordnen Enge Die Herzblutwellen, die durch Völker rollen, Wohl rannte mancher Papst mit seiner Stirne, Dann ward durch Romas Wut die Welt vergiftet! So träumte mir, als ich die Urbs begrüßte, |
Enthüllt sich mir ein Glücksempfinden, Kann ich an deiner Herznatur Die Seelentiefe wiederfinden, O Rom, befreit mich dein Azur? Ein Sonnentag ist eine Freude Hier ruht des Himmels blaue Leere Die Sonnensäulen stehn auf Plätzen Ein Lebensdom mit Sonnenpfeilern Die Sonnenpsalme, die erschallen, Oft werden Götter überwunden: |
Zur Pauluskirche geh ich täglich, Es war zuerst bloß Zeitvertreib, Doch liebe ich sie jetzt unsäglich Und suche dort nach meinem Weib. Zur Kirche müßt es wiederkehren, Der Frau gefallen Kolonnaden, Dort schweift ihr Sinn an Säulengängen |
Der Petrustempel bleibt hienieden Zum Einbruch ferner Geister frei! Uns birgt den zweckefremden Frieden Des Domes aufgerecktes Ei. In Völkern, die im Kampf gewonnen, Einst wird der Mensch hier, ohne Sorgen, Die Tat sei eingeprägt in Rassen, Dann soll der Mensch in diesen Räumen, Unheimlich sind die Dimensionen, Den Raum, die Zeit zu überwinden, Ein großer Meister, der uns mahnte: Wie bei dem Hirn die Schädeldecke Er türmte auf und wölbte mächtig, Der Geistesblitz, der den Planeten Er ahnte mehr, als er vernommen, Ihr Lebensfeinde, schwere Steine, Bei allen heißen Meißelschlägen, Wenn wir die Säulen sonnwärts stellen, Drum Marmorstein, du mußt erbleichen: Zu seiner Sehnsucht Starre friert er. Die Leuchter schmücken goldne Spangen, Nun spricht ein sanftes Gold zum Herzen. Ich höre Engel jubelnd singen! Die Wuchtkuppel durchbraust ein Psalter: Hinan zu meinem Götterhimmel! |
Dir, Artemis, der Erstgebornen Von Letos hohem Zwillingspaar, Dem reinsten Weib, dem zuchterfrornen, Bringt mein Gemüt den Nachtsang dar. Dein Speer, der Silberpanzer blinken. Du reitest sicher, ohne Zügel. Nun sprengt dein nacktes Magdgeleite, Sie haschen Vögel, die ermüden, Um Störche, weiße Tauben, Reiher, Doch vorwärtswirbelnd, wiederkehrend, Dianas Fackel zu verdüstern, Ein Zug von Turteln gurrt, und lüstern Ganz wild, verworren sind die Mähnen Sie sprengt den Troß, der sie begleitet, So wie die Herrin Beute wittert, Sie will das Wild zu Tod verletzen: Kann bald das Nachtgezücht zerstieben? Den Göttern wird als helle Kunde Der Himmel muß als Mond erscheinen: Hoch oben jagen Kraterschlacken, Ereist, zergrellt besteht der Himmel: Nur langsam löst sich das Gefieder: Als strebten Segler nach dem Orte Gleich Pfeilen von entspannter Sehne, Das Mondlichtnetz umschlingt uns wieder! Stets westwärts wehn die Jägerscharen, Durch Wälder schweifts im Schwebeschritte Die Göttin sieht auf fernen Zinken |
Zu Wüstensand verbrannte Der Erde gelber Teil, Und in die Wildnis sandte Apoll den ersten Pfeil! Der Wüstenatem brachte Die Glutenstrahlen klangen Behutsame Gestalten, Sie kamen unvermutet Er wäre bald verkommen! Die Nebel kosten, küßten Und sagten: Nicht verzagen, Das rauschten sie mit Wärme. Bald drangen wahr ihm Kräfte Oft hat die Langeweile Zu unverheilten Wunden Die Hoffnung wollte lieber Den andern Baum betörte Doch hat der Blütenzungen Errötend nur erhörte Verdurstend, elend standen Vom alten Baume blieben Des Wesens letzte Strahlen |
O Göttin, welches Weh durchzittert Dich sanft, da du das Lied erlauscht: Hat Sang die Keuschheit dir verbittert, Hat dich der Traum vom Baum berauscht? Von Ästen seh ich Nebel baumeln. Die Stute wiehert, denn es striegelt Die Schönheit, die sie zart umzittert, |
Stolz steigt mit der goldenen Leier Apollo empor in die Welt: Das Licht ist an sich eine Feier, Und wer sie empfindet, ein Held. Schon lüften sich duftige Schleier, Das Gold, das wir alle begehren, Wo Wölkchen am Himmel erglimmen, Kaum hört man die Stimmlein noch säuseln! Die Elfen beginnen den Reigen, Sie wirbeln in flimmernden Schäumen, Sie folgen geschwind Terpsichoren Jetzt klingen die Lebensgelüste Da brennt er, mit flammendem Stifte, |
Der Morgenrotstrauß hat sich traumhaft erhoben. Wie Bluttropfenrosen, in samtigem Moose Ihr Knospen verbergen, verglüht nun zart, oben Im Düster der Dünste, die letzte Frührose. Den Himmel umflimmern die lieblichsten Farben! Jetzt will sich die Anmut vollendet genießen, So gleicht nun der Tag einem ruhenden Löwen, Erschreckt durch ihr Eigenbild flattern sie weiter, Die Stirne des Gottes ist gar nicht umzogen. Da leuchten die Algen und Aderkorallen, Es ist das kein Leben, voll Trauer und Schauer, So horchen Tritone dem Chore der Horen: Jetzt dringt aus den Liedern ein lustiges Trillern, Erfaßt von der Freude am Flimmern und Glänzen, |
Die schaumgeborenen Nixen sind übersprudelnd heiter! Sie schnellen sich im Meere, in wilder Lust, empor: Delphine und Tritone sind oft ihre Begleiter, Gesellig ist ihr Wesen, voll Leichtsinn und Humor. Du hörst sie unterm Wasser von Lust und Liebe tuscheln, Er möchte gerne Fischern verständlich sein und prahlen: Die raschen Brandungswogen begehren schon das Leben, Sie überfluten Länder und branden erst in Wäldern, |
Du dunkle See, vertraue nachts der Sonnenwärme! Nur was der klare Tag erschafft, ist stark und wahr: O Muttermeer, dem Licht gebierst du Wolkenschwärme, Denn Licht befruchtet und begehrt dich immerdar. Ihr falschen Silberblicke doch, im Dunstgespinste, Die Liebe seid ihr nicht, ihr kalten Augenblicke! |
Du siehst die Eos kaum im Traum erzittern, Bevor sie plötzlich schön und rasch erwacht: Von Helden träumte ihr und Lichtgewittern, Vom Sonnengott, der sie zum Weib gemacht. Sanft ließ der Traum das Frühgesicht erröten! |
O Sonne, unsre holde Lebensmutter, Von Wolkenschwärmen bist du eng umdrängt! So gleicht ein Mädchen dir, das Taubenfutter Und volles Wohlwollen von Herzen schenkt. 137 Die weißen Flaume wehen, leicht belichtet, Wie klar das Meer: ein Nix in Taugirlanden! |
Frei grüßt sie Athene mit blitzender Lanze! In himmlischen Augen erblaut ihre Seele: Sie schaut auf ihr Hellas im traumgrauen Glanze, Auf Elfenbeinburgen und Lichtseejuwele. Gar fröhlich bringt Hermes den Göttern die Kunde Nun hören die Götter die Lenzlerchen schmettern. Sanft wecken der Venus leichtschwebende Schritte |
Die Sturmflut des Lenzes, der Lichter und Gluten, Umbrandet die Hügel, als reifendes Korn. Noch steigen die Blutzungen fordernden Fluten: Die Schöpfung durchadert ein Ewigkeitsborn. Im Herbst aber müssen die Reben verbluten, Kein Laub hemmt den Schall mehr; ein Jubel der Klänge, Jetzt fangen die Faune an laut zu erwachen! Nun rufen des Herbstes glücksuchende Stimmen. Jetzt wirbelt des Herbstes bacchantischer Reigen! Wie taumelnd erstarrte Titanen verschlingen Gigantenkakteen erfächern auf Wänden: Du spürst sich den Efeu zu Schaukeln verknüpfen, Auf Pinien und kühnen Zypressen verspinnen Jetzt schreitet uns Bacchus im Walde entgegen, Am Wagen verschlingt sich das Laub um die Speichen: Jetzt reicht eine Nymphe dem Weingotte Wasser: |
Von Eris, der streitbaren Schwester, geleitet, Von Hermes, dem Gotte der Stürme, befreit, Erscheint uns jetzt Ares, der aufbrüllend reitet: Er hat dieses Tal seinen Fackeln geweiht. Er hetzt auf dem Sturme, der Eichen entwurzelt, Die Stimmen im Sturme versammeln sich Mannen! Das Land übertummeln blutsuchende Stämme, Ein Stamm schleudert Steine auf steiles Gemäuer, Nun brennen auch Menschen! Noch streiten Gebeine Den Stadtwall verkleiden gesteigerte Leitern: Der Kriegsgott zieht lachend durchs Leichengedränge: So wird noch der Grause, ein Schimmer, von Kriegern, Ein Fürst, der verreckt, sieht sein Volk nun in Ketten: Der Rotschein von Fackeln um Eris beleuchtet Die Toten ziehn fort, ohne Abschied zu nehmen! Doch dunkelt sie mit, bei verfinsternden Farben: Sie fliegen von dannen: das Nahen der Scharen Sie fliegen stets vorsichtig, durchsichtig, leise Schon lassen Propheten oft Jünglinge schlachten: Von Betenden, die krumm Altäre umhocken, Ein Jüngling bleibt starr, durch die frostende Seuche! »Verweigert mir jemand mit dir fortzuschlafen, Die Rasende seh ich mit Brandfackeln rennen! |
Doch früher schon fühlte ein Mann sich erkoren Und plötzlich von Göttern zu Taten gedrängt! Der Angstschweiß beperlte des Aufstachlers Poren: Sein Sprechen war merkbar von Geistern gelenkt. Er wußte sich oft durch die Toten beklommen: Er hielt alle Menschen um sich für besessen; Er sah, wie sich Leiber ihr Leben erhalten: Ein Frösteln erhaschte ihm Nase und Ohren: Er sprach rasch von Flucht! Doch er ward kaum verstanden. Nun schienen ihn Tote und Träume zu plagen, Er sprach von der Sonne, von schöneren Ländern: »Ihr seid alle Kinder des himmlischen Glanzes!« Doch wiederum fühlt er die Nachtflügel schlagen! Da schreien und laufen bereits ganze Scharen, Am Strande besteigen sie alle Triremen. So zimmert euch Flöße, trotzt Stürmen und Tosen So retten sich wenige nur in den Booten, Wer glaubt nicht, das Ende des Sturmes zu spüren, Und mag auch das Meer sich im Windschlummer wiegen, Das Meer mag sich oft ins Unendliche glätten, Ein Boot sah von ferne ein plötzliches Glimmen. Bald war es verschwunden und nimmer zu finden! Bald huschte ein Schein, wie ein Irrlicht, im Meere: Oft zeigten sich Sterne, als Wolken zerrissen: Nun schienen Gebirge die See zu begrenzen: |
Wie? Springt jetzt ein Windwicht im Lichthemd zum Meere? Schon lächelt das Wasser. Nun himmelt ein Blau. Delphine sind da! Doch wo sank die Galeere? Ein Halbwrack erglüht wie ein flammender Bau. Der Tag steht nun oben: voll goldiger Dauer. |
Die Verschwenderin der Liebe, unsre Sonne, leuchtet wieder, Und das Meer ist von der Wonne ihres Goldes überstrahlt, Muntre Rudel von Delphinen tauchen auf und tauchen nieder: Ob das Wasser, vor der Sonne, mit den Meergeschöpfen prahlt? Alle Wellen sind Impulse, sind der Wunsch nach Windbewegung, Weißes Licht und weiche Lüfte, kommt, das Meer wird euch empfangen: Freude siehst du ringsum funkeln. Sag, was rastet auf den Fluten? Auf den Schiffen die Matrosen werden alle froh und heiter: Jedes Schiff bekommt jetzt Ruder, ja womöglich Steuer, Segel: |
Durch den Zitteräther blinken Riffe traumhafter Gestalt, Oftmals glaubst du, sie versinken, Als ein Trugbild ohne Halt. Silberschwingeninseln schweben Endlich! Endlich sprühn sie näher: Sind das Inseln der Sirenen, Alle Herzen wollen lauschen, Dennoch geht es anzulegen, Schwierig wird es einzufahren, Hohe Brandungswogen pressen Doch die Einfahrt zwischen Klippen An die nächste Inseldüne Hin zum Strande, wo die Qualle Viele wollen strandwärts waten, Viele windverstreute Schiffe Kaum ist in der Felsenenge Wie die Menschen näher kommen, Jungchen sehn sie Kurzweil treiben, Nixen mit den Robbenschwänzen »Will ein Fürst sich offenbaren, Seinen Wunsch will ich beachten, Diese klug erwognen Worte »Seid willkommen, ihr Dämonen, Seht in jenem Flimmerrahmen, Mag der Wind die Wellen hetzen, Darauf stieg sie auf die Klippe, »Fremdlinge, ihr seid erlesen, Durch die Ströme dieser Meere Eures Volkes bester Samen Wißt, es wurde jedem Fische Hier auf diesen niedern Kuppen, Häufig senden die Forellen Seht doch, mit dem Karpfenschwanze Es sind dort die roten Barben Fische werden sie euch bringen: Seid nur gütige Dämonen, Tief in Grotten soll es wohnen, Kaum war dieser Gruß entflossen, »Höret nun vom großen Sehnen Diese holdgesungnen Worte Gleich umflatterten sie Schwingen; Stärker war die Meeresbrandung, »Blickt auf unsre Flattermähnen!« Meine vollste Augenweide Seht, es schnellt zu jeder Stunde Singend flochten die Sirenen Doch es floß sofort hernieder, Horch, die Harfe tönte weiter, Denn, statt frischer Silberklänge, Abend wars mit einem Male. »Hört das Wesen unsrer Tränen, »Kommt, ihr leichten, holden Elfen, Also sang die Felsentochter, Dieser Fürstin stolze Miene Dunkler Strudel Purpurgluten In den Himmel wuchs die Harfe! In der Höhe ihres Fluges Helle Abendrosenkränze Rosen wuchsen um die Klippen Und da riefen frei und brünstig »Hört noch, hört von den Sirenen!« Diese Ströme bergen Greise. Nur in Silbermondlichtnächten, Seht! Die Strömung bringt uns alle Wenn wir dann die Perlen tragen, Lauter leise Elfen laden Morgens, mit der frischen Wärme, Und sie blicken voll Entzücken Kaum hat so das Weib gesprochen, Menschen, kaum ans Land gesprungen, War ein Kind noch: traumumfangen? Auf der Insel wilder Myrten Später kam von dort ein echter, Jupiter hat Großes wollen, |
Es lebt in dir, o Zeus, wie Menschen dich erfassen, Die Rumpfnatur und unser Trumpf: die Götterwelt! In dir sieht man die Riesen, die du haßt, erblassen, Sie klammern sich an dich, wenn sie dein Arm zerschellt. Zyklopen, die beim Absturz selber sich zerquetschten, Sie haben sich versteinernd, noch beim Todesringen, So lebt in Zeus, was er besiegt hat und zerschmettert, Dein Mund verhaucht, o Jupiter, die Fluchtplejaden, Gott, wolltest du von deinem Throne dich erheben, Der Reichtum deines Wesens kann dir nicht erlahmen: Jetzt runzelt sich auf deiner Stirn der Menschheit Sorge. O Zeus, du hehres Angesicht in Hellas' Mythen, O Rom, du unermeßlich weiter Machtgedanke, Als sich der Römer vor den Feinden sicher fühlte, O Rom, du hast bereits zwischen den Ziegelmauern In Rom ward einst des Menschen Tempelbau beschlossen, Die Menschen wünschten wohl nur einem Gott zu dienen Die Brandfackel warf einst der Arier Alexander Doch wurde er, wie Babels Kult, ein Ungeheuer. Die Ariergötter wurden männlicher und böser! Schon überkamen die Semiten Indiens Samen, In Rom erst wurde dieser Kampf ganz ausgerungen: O Rom, o Rom, beschließ die Einheit deiner Sitten! Die Numen wechselten im Lande der Quiriten. Der späte Römerglaube, Sohn von fremdem Boden, Das Feuer ehrten stets Italiens Kinder! Dem Müßiggang verdankt die Frau die frühe Achtung, Wie sind uns heute die Gefühle doch geschwunden, Nur der vermochte sich zu fremdem Leid zu neigen, Oft blieben Krieger, die ihr Leben wild verbrachten, Quiriten mochten nicht des Wesens Zartheit schonen! Die Stadt ergötzte sich an Trauerbacchanalien, Erlag ein Imperator durch Gewalt dem Tode, |
O Rom, wer hat mit einer Wölfin dich verglichen, Die nimmersatt die Völker um sich her verschlang? Die Menschen hat schon bald ein Angstgefühl beschlichen, Wenn Botschaft deiner Siege bis zu ihnen drang. Dich fürchtete die Welt als Unhold voller Tücke, So seh ich dich in Menschen, die du im Triumphe Zum Spotte und zur Marter zogen Todgeweihte, So konnte der Besiegten Haß noch nicht erschlaffen! Die Männer blieben oft verstummt und wutvergessen, Dann wurden sie, ganz ungewohnt, länger zu denken, Den Qualverfallnen sprachen sie von nahen Schmerzen, Vertiert erschienen Römern meistens die Barbaren Der Feldherr mußte still an Alexander denken, Dann ward des Vaterlandes glücklichem Befreier O ruhmumstrahltes Rom, mit einer Riesenrose Er nannte, Roma, dich die Blüte edler Freuden, Doch scheinst du, Weltstadt, mir, im klaren Sonnenlichte, Du hast wohl fremde Sitten, andern Kult erworben, In Rom erschien der Griechen wunderleichte Muse Das Lied verknöcherte in steifen Gönnerbanden, Du wuchsest, Urbs, ohne das Weite zu erstreben! |
Der Zirkus
Aus den Häusern, von den Schollen Reißen sich die trägen Haufen, Denn der Weckruf ist erschollen, Wilde Bestien werden raufen! Ja, im Zirkus gibt es heute Einen Kampf von Gladiatoren, Dann zerfleischte Christusbräute! Alles drängt schon zu den Toren, Hin zum Zirkus der Cäsaren; Römer, Griechen, Skythen, Mohren Können da sich bunt gewahren. Kinder gingen schon verloren, Mütter fangen an zu kreischen, Und gepreßte Kinder krächzen; Vorwärts wollen alle dringen, Um sich, selbst durch Schreien, Ächzen, Ihren Einlaß zu erzwingen. In dem großen Menschenknäule Können Diebe Beute haschen Und im großen Angstgeheule Ihre Opfer überraschen. Vor den argbedrängten Pforten Und auch drinnen, auf den Stufen Des Theaters, allerorten, Fangen Stimmen an zu rufen: Bestien seien ausgekommen! Menschen, die zu rasch geklommen, Um sich Plätze zu erstürmen, Die im großen Zirkusbogen Sich als Stufen übertürmen, Wollen wieder niederwogen; Andre hergerannte Leute Aber bleiben trotzdem hocken! Draußen noch kam eine Meute 166 Durch die Aufregung ins Stocken, Da sich in den engen Gassen Eine Menschenmenge staute, Die sich durch die Schreckenslaute Hat von Angst erfassen lassen! Endlich drängt die Pöbelschlange Vor bis zu den letzten Sitzen, Und die Menge kann nun lange Noch, im Zirkus wartend, schwitzen. Diese ganzen trägen Massen, Die das Welttheater füllen, Wird, sobald die Bestien brüllen, Wilder Taumel rasch erfassen; Alle werden ihre Blicke Gleich zum grausen Schauspiel wenden, Wo durch Bisse im Genicke Menschen ohne Kampf verenden! Andre, die sich etwas wehren, Werden wild zerfleischt verrecken, Um ein neues Blutbegehren Ihrer Zuschauer zu wecken! Ja, die ganze tolle Meute Wird dann mit erhobnen Händen Rings, für ihre Menschenbeute, Tigern lauten Beifall spenden. Reichgeschmückt ist das Gelichter, Das da wartet: die Gesichter Sind gerötet durch die Hitze, Und darüber fallen Witze; Römer lachen und verspotten Alle fremden Prachtgewänder, Denn der rombeherrschten Länder Bunte Völkermassen rotten Sich im Zirkus bunt zusammen. Nicht allein das Blutvergießen 167 Kann das Publikum entflammen, Noch das grause Bauchaufschlitzen Durch die scharfen Krallentatzen Völlig wilder Wüstenkatzen Einzig alle unterhalten. Nein, man lacht und spottet gerne Über schlechtgeschminkte Falten, Und was sonst das Hochmoderne, Blonde Locken, Flachsperücken Reicher schöner Adelsfrauen, Die sich fast barbarisch schmücken, Um berückend auszuschauen! Heute wird man auch die Priester Fremder Völker hier verlachen, Denn die bleiben meistens düster, Wenn die andern Späße machen. Unten staubt schon ein Geknülle, Doch man kann nichts klar erkennen Und vernimmt nur Wutgebrülle. Wilde Schaulüste erbrennen, Ganze Zirkusreihen schreien Auf das Staubgewölke nieder, Viele Stimmen prophezeien Dem und jenem krumme Glieder. Kaum verweht die Balgerwolke, Steht in ihrem Katzenruhme Eine Bestie vor dem Volke, Und schon fliegt so manche Blume Zu den Tigern, die die Christen, Vor den Blicken Roms, zerfetzten. Römer wollen sich nun brüsten, Daß sie wahrlich nicht die letzten Seien, die imstande wären, Gästen, die sie zu sich luden, Ein Spektakel zu gewähren! 168 Nubier freuen sich und Juden Und ganz ebenso Germanen, Allen ist bereits das Morden, In geschloßnen Zirkusbahnen, Ein Bedürfnis fast geworden! |
Sieh Rom, es gleicht dein rundes Prachttheater, Das du der Volksbelustigung geweiht, Fürwahr dem größten Menschenflammenkrater, Der Brunstglut wuchtvoll über sich verspeit. Hier wird von Rom Erlesenstes geboten, Da wurden auf Korinthos' schlanke Säulen Die Stufen senkten sich vom Aventine Das war die größte Rennbahn unsrer Erde! Selbst Obeliske sollten lichtwärts sich erheben, |
Ich ahne einen Zirkusbrunnen, Der zwischen stummen Numen plaudert, Und Buben stechen mit Harpunen Ins Spundtier, das zu speien zaudert. Darunter ruht ein Marmorbecken, Als Nixen spielen sie und spritzen Ich höre Abendhauche säuseln Da überspannt die starken Wogen, |
Der Abend hält die Welt umschlungen, Der Dinge Lichtringe zerrinnen, Und lauter goldne Wolkenzungen Beginnen Stimmung zu gewinnen. So fliegt denn fort, ihr Himmelszeichen, Entflattert durch den fernen Äther, Erklärt euch Völkern, sprecht zu Numen, Zu Ottern sollt ihr Wolken werden, Ein Wolkenwidder wird sich wehren, Das Kriegsvolk, das den Blitz betrachtet, Ihr Dünste sollt dann hagelschwanger Zerschlagt die Äcker der Barbaren, |
Das Taggerüst steht jetzt in Flammen, Die Ordnungswelt scheint zu verlohn, Profile, die von Phöbos stammen, Entweichen vor Hephästos' Thron. Den Marmor haben Abendstrahlen Ein Schiffer spricht dabei von Feuern, Auf einmal wird es auch, als schwirrten Das Abendblut ist abgewaschen. Noch suchen Reiche mit dem Schmuck zu protzen Auf einmal glimmt der Himmel röter, Ein Morgen graut am Firmamente! Die Hatz hat noch nicht ausgewütet. Die Menge lechzt und schreit zum Kampfe! Der Zirkus weckt die Kriegsbegierden, Er will am Abend Lust erreichen, Im Zirkus sterben ringsum Christen, Schon schwelgen die Patrizierkinder Die Weiber, die mit Lümmeln flüstern, Das letzte Augenlichtgeflacker Nun sind der meisten Menschen Züge Im Zirkus liegen lauter Leichen. Es schließt das Leid, in Liebestriften So zieht denn hin, ihr tapfern Christen, Die Menschen sind vergangne Schafe, Die Freiheit und die Zucht sind Geister, Ihr Christen, euer weißes Sterben Auch euren Feinden wird verziehen, |
Siebenfache Bogengänge Überwinden ihre Schwere, Und sie wölben über Hänge Sich empor zum Belvedere, Wo ein Kaiser ungezügelt Seinen grausen Lüsten frönt. Krauses hat er oft erklügelt, Doch an seine Staatsverwaltung Hat die Welt sich bald gewöhnt. Sie erbaute ohne Murren, Was der Träume Prunkentfaltung Eines Kaisers je an Schnurren Und an bunten Luftgebilden Nur begehrte! Hängegärten Wurden steil von Künstlergilden Und assyrischen Gelehrten, Mit dem Gelde aller Länder, 175 Aufgebaut und ausgestattet. Und der römische Verschwender Sitzt, von Palmen überschattet, Auf dem goldnen Herrscherstuhle, Den die schönste Zierat schmückt: Neben ihm ruht seine Buhle, Deren Lächeln ihn beglückt. Auf des Zirkus Marmorstufen Liegt die Welt zu Neros Füßen, Die ihn feierlich mit Rufen Und Applausen will begrüßen. Plötzlich aber faßt ihn Schwindel, Vom verachteten Gesindel Hört er sich als Gottheit preisen, Und beglückt durch das Gejohle, Läßt er tausend Gäste speisen! Denn es liegt ihm viel am Wohle Seiner freien Untertanen, Die in ihm Apollo ahnen. Jede Kehle schreit sich heiser, Denn soeben ist der Kaiser Aufgestanden: und zum Lohne Winkt er jetzt von seinem Throne. Wird er auch Befehle nicken? Ringsum sieht er bleiche Schranzen Auf die Kaiserwimpern blicken, Und es wachen Prätorianer Links und rechts mit blanken Lanzen. Steil, in Stein, als Wegebahner Stehn Kentauren bei den Treppen. Schwarze Sklaven aber schleppen, Über Nero hoch erhoben, Wunderbare Flimmerschilder: Dieser Einfall ist zu loben, Denn das sind die Ebenbilder 176 Ewig funkelnder Gestirne, Die dem Kaiser und der Dirne, Die er heute nacht wird küssen, Stets gehorsam folgen müssen! Nero geht mit seinen Gästen Jetzt nach Hause, und von Westen Speit ein Riesenungeheuer Ihm die unverdauten Feuer Eines Tages schräg entgegen. Dieses Tier scheint sich zu regen: Greift es gar nach Romas Zinnen, Die sich immer dunkler röten? Soll ein Brand der Urbs beginnen Und die Stadtbewohner töten? Rom sieht spät den Tag verglimmen Und die Gluten sich verfärben, Doch zum Kaiser flüstern Stimmen: »Bau ein Rom auf Romas Scherben! Willst du dich mit Zeus verbünden, Mehr als Helios sollst du können! Um die Sonne dir zu gönnen, Mußt du aber Rom entzünden!« Kaiser Neros Blicke schweifen Jetzt zum Meer, das sie als Streifen, Wie ein blutigrotes Zeichen, Voll Bedeutung, noch erreichen. Feuerkämme überragen Albalongas Berggelände, Hohe Lohezungen schlagen, Aufgewühlt durch Riesenbrände, Hinter jenen Hügelketten, Wie aus Kratern, in die Lüfte! Doch die Straße stiller Stätten, Wo die großen Römergrüfte Ernst aus der Campagna steigen, 177 Wird nun bald im Dunkel rasten Und ihr Farbenflimmer schweigen. Auf den höchsten Gräbern glasten Jetzt bereits die letzten Schlacken, Und auf steilen Mauerzacken Glimmern auch nur Einzellichter, Denn die Finsternis wird dichter! Etwas später erst beginnen Des Gebirges steile Wände In den Schneefeldern und Rinnen, Wie in Blut getauchte Hände, Plötzlich wieder aufzuglühen, Um ihr Gold rasch zu versprühen. Nero sind die grellen Scheine, Vor dem Aufbruch, noch erschienen: Und er denkt, der Berge Weine Sich bei Festen zu bedienen! Romwärts will er jener Täler Reiche Purpurfluten lenken, Daß die künftigen Erzähler Ihm einst Anerkennung schenken, Denn durch Kaisers Träume spukten Asiens rote Bacchanalien Als ein Rauschzug durch Italien. Und auf Riesenaquädukten Sieht er nunmehr rote Weine In den Zirkus sich ergießen Und sich selber, im Vereine Mit dem Volk, die Pracht genießen! »In den spätern Naumachien,« Sagt sich Nero, »werden Fürsten, Herrscher ferner Monarchien, Die nach Ruhm und Reichtum dürsten, Nur vor Römern dann verenden! In noch andern Wasserschlachten 178 Will ich Haifische verwenden, Denn ich weiß, vor mir schon brachten Kaiser grause Krokodile In den Zirkus. Doch mein Wille Ist noch größer und viel weiser Bin ich, Nero: Gott und Kaiser!« Lange, lange muß es währen, Bis der Zirkus sich vom Haufen Schwüler Gäste kann entleeren. Endlich wird man sich verlaufen, Um in engen, dunkeln Gassen Oft sein Letztes zu verprassen! Draußen will sich alles letzen: Dichte Schatten aber setzen Sich im leeren Zirkus nieder: Alle Flämmchen rings zerstieben, Nur ein Saum wie Frühlingsflieder Ist am Marmor noch geblieben! Roms verruchte Hurenschenken Werden Lüstlinge umringen, Um erst drinnen nachzudenken, Wie den Abend zu verbringen! Ungeheure Gruppen branden Vor dem gelben Tiberwalle: Ein'ge können drüben landen, Doch der Thermen Marmorhalle Hat auch Massen aus den Gassen In ihr Inneres gezogen. Nun verebben vieler Rassen Aufgewühlte Pöbelwogen. 179 |
Das Bacchanal
Ganz stille wirds in Neros finsterm Garten, Wo die Zypressen auf die Winde warten, Um laut zu ächzen und zu stöhnen. Und in den Nischen gibt es Marmorbecken, Auf denen Flammen aufwärts lecken, Um Götter mit der Erde zu versöhnen! Der Kaiser sieht sie mit Geknister lohen Und trockene Bäume in dem Hain bedrohen. Es muß ihr Rauch sich im Geäste sammeln, Wo sich beschwingte, lose Windesschlangen Im dunkeln Kronendickicht mitverfangen, Da Pinienhäupter ihren Weg verrammeln. Umkreist von einem matten Irisbogen, Kommt nun der volle Mond heraufgezogen! Er ist vom vielen Wandern wohl ermattet, Er scheint ein trunknes Auge, rot verschwommen: Der Kaiser merkt es kaum, daß er erglommen, Da ihn der Pinienhain tief überschattet. Er läßt sich in den Gang der Orchideen Und Rosen, die ihm Duft entgegenwehen, Von seinen Lieblingssklaven tragen. Er will sich an den Blütendüften weiden Und Lärm und Lust der Nebenmenschen meiden, Denn nicht mehr zieht es ihn zu Trinkgelagen. Der Kaiser denkt jetzt an das Götterende. Oft wars, als ob man Botschaft sende, Wenn Schnuppen lautlos durch den Äther schwirrten, Es werde Zeus von seiner Höhe stürzen! Und irrte er dabei zwischen den stillen Myrten, So konnte ihm der Fall die Nacht verkürzen. Die Gäste trinken nun beim Bacchanale Falernerwein aus tiefer, goldner Schale; An Schönheit kann sich jeder Gast entzücken: Gelöst sind Romas ernste Ehebande, 180 Denn eine große einzige Girlande Umfängt die Menschen, die sich frei beglücken. Es frönt in Neros marmornem Gebäude, Wer fröhlich ist, der tollsten Sinnenfreude. Er ließ die Wände wunderbar bekränzen, Und um die Würde festlich abzumildern, Verhängte man den ernsten Stein mit Bildern Und schuf im Riesensaale Blumengrenzen. Wenn Römer ihre Marmorhallen bauen Und in die Säulen tiefe Rinnen hauen, So bleibt die Felsenwucht doch ganz dem Steine, Und wenn die Künstler längst zu Staub zerfallen, So lebt das Märchen steiler Marmorhallen Noch fort und schafft sich langsam Trauerhaine. Die Säulen zeugen stumm von Sklavenleiden, Und wenn sie Glutblumen im Herbst umkleiden: So sprüht als Rankenschmuck das Blut der Toten Noch rot hervor in dem Erinnrungsgarten Der vielen tausend fern und längst verscharrten Gemarterten, Gefangnen von Despoten! Sanft blinken weiße Tempel durch die Lauben, Und um die lauten Brunnen gurren Tauben. Der Säulen rassescharfer Kannelierung Entspricht des Dorers adlige Regierung: Die Hallen zeugen rings von Jugendstärke, Und stolz auf die Gedankenwelt der Sagen, Die sie in Stein gemetzt zum Lichte tragen, Sind diese Bauten traute Meisterwerke! Versuchte Rom das Schönste sich zu bieten, So griff es zu den heitern Griechenmythen Und zauberte sich lieblichste Gelände Der Odyssee auf rotgetünchte Wände. Gestalten, die im Trojerkrieg erscheinen, Lustwandeln in Elysiums heitern Hainen: Geschmackvoll, unter Heldenepisoden, 181 Bedecken Seidenkissen Mosaike Mit ihren Fabelwesen der Antike, Denn jeder Gast singt, trinkt, versinkt am Boden! Auf andern Wänden leuchten Luftgestalten Und blonde Knaben, die Girlanden halten, Doch von der Decke eines hohen Saales Beschauen lauter wohlgepflegte Numen Die muntern Menschen, reichgeschmückt mit Blumen, Und freun sich am Gebraus des Bacchanales. |
*
Es leben im Weine rebellische Kräfte! Denn wenn sich der Sommer mit Wolken bedeckt, Als ob er den Abbruch an Sturmsegel hefte, So wird auch die Wutglut der Reben erweckt. Das Erdfeuer will dann sein Wollen bekunden Und bleibt nicht mehr länger in Trauben gebunden, Nicht fügt sich das Blut einem Sonnenverzichte, Das gärt und das sucht seinen Ausbruch zum Lichte! Solange sich Reben auf Lichthügeln weiten, Wird Sonnenbegehren den Menschen begleiten, Denn Traubensaft stärkt uns beim tollkühnen Wagen Und läßt selbst den Schwankenden nimmer verzagen! Der Wein ist die Frucht, die den Wildwald vertrieben, Und froh ein Begleiter des Menschen geblieben, Er soll zur Berauschung und Freude gedeihen, Geplagten das Jahr hindurch Lichtlust verleihen; Er bleibt seinem Pfleger, als Lustspender, treu: In beiden sind Liebe und Lenz ewig neu! Drum reift nicht der Same allein in den Früchten: Auch müssen sich Gluten als Räusche verflüchten! Berauschen uns Trauben, vom Sommer geschwängert, So wird unsre Jugend und Wollust verlängert. Drum sing ich, und trinkst du zum wärmenden Weine, 182 Damit uns ein Leben urwillig erscheine: Der Mensch will die Schönheit zur Freude genießen, Nicht soll meiner Liebe die Frucht nur ersprießen, Dir müssen der Seele auch Träume entschweben: Kultur ist ein bacchisches Erdglutenleben, Und wenn sich die Menschen, aus Traumlust, umschlingen, So soll sie das Feuer der Erde durchklingen; Und wenn sie, berauscht, tausend Freuden entzünden, Befruchten sich Seelen in heimlichen Schlünden! |
*
Ein Weib im Saal vergißt des Adels Hoheit. Die Brunst erhitzt die Lust zu schwüler Roheit. Das Marterschauspiel voller Blutvergießen Erweckte schon ein dumpfes Fleischgelüste, Und als sie einen Sklaven brünstig küßte, Begann sie toll in Wollust zu zerfließen! Der Jüngling ist im Zirkus aufgefallen. Sein rotes Kleid, die blanken Achselschnallen Gefielen dort sogleich verschiednen Frauen, Und eine treibt mit ihm die süßen Händel! Noch schwingt zu ruhelos ihr Seelenpendel: Sie kann sich nicht am Kind zufriedenschauen, Sie küßt sein Haupt und seines Haares Rosen, Doch fühlt sie ihre Gier noch wilder tosen. Sie hält sein teures Wesen hold im Arme. Nein, Lüste sind es, die sie halb ersticken: Jetzt sieht sie Bilder sich entgegennicken, Und Finger winken ihr im Traumlustschwarme! Gar feurig glühn des Knaben dunkle Augen, Sie herzt ihn innig, seinen Hauch zu saugen, Doch treulos schwelgt ihr trübes Lustempfinden Bei einem andern, der bereits erblaßte, Und dessen blondes Haupt sie nie umfaßte! 183 Sie sah ihn kaum, in wildem Schmerz, sich winden Und seinen weißen Leib im Blut verschwinden – Er ist dahin, sein heller Blick gebrochen: Hat er sein letztes Sterbewort gesprochen? O könnte er im Traume noch erscheinen, Um Unverständliches ihr zuzuraunen Und sie mit blauen Augen anzustaunen! |
*
Das Weib erfaßt Wehmut – fast weint es um Weite: Die Seele mag atmen und drängt in das Freie, Sie will, daß der Buhle sie schweigend begleite! Auch regt schon der Morgen, voll heimlicher Weihe, Die eigene Stimme aus rauschender Breite. Das Murmeln und Singen vom innersten Werden Befreit ein Erwehtsein von Erdenbeschwerden. Sie fühlt sich so locker, voll trautem Entzücken, Statt sinnlichem Fiebern ein seelisches Schwingen: Sie glaubt nun, sie könne den Sorgen entrücken, Und horcht auf ein erdhaftes, innerstes Klingen. Beim Wandeln im Parke erschaudert das Paar, Die Wunder der Welt sind ihm nahe und klar. Es sieht, wie verwundert, die Stille sich weiten Und ruhige Sterne die Nachtbahn durchschreiten, Und beide erkennen die Urzwistigkeiten: Sie meinen, es dürften die Winde nachlassen, Und dennoch kann nachttiefer Braus sie erfassen! Die Nebel entsteigen der goldenen Ferne, Da spiegeln die Seelen zufriedene Sterne: Die Umwelt wird munter, und Rom liegt im Schlummer, Auf Wolken wie Kissen verschläft es den Kummer! Fast leichenbleich scheint jetzt die Herrin der Länder, Wo bleibt das Gebraus seiner Menschenverschwender? Die Berge erschimmern in ruhigen Linien, 184 Dem Nebelfeld draußen entragen vier Pinien. Im Park ein Narziß, wie Ovid ihn sich dachte, Beschaut sich im Schloßteich und horcht auf sein Rauschen: Ihm wird, als ob Stille bei Sehnsucht erwachte, Denn immer noch scheint er aus Marmor zu lauschen. Er fragt und befragt sich im schlummernden Weiher. Der Geist dieser Statue begreift nicht das Schweigen! Dann hüllt er sich langsam in flimmernde Schleier, Da ringsum der Tau fällt und Lichter entsteigen. Nun werden die Tropfen noch wachsen und schwellen Und endlich wie schimmerndes Obst sich erhellen, Wie Keime zu Augen und Knospen ersprießen. Bald wird auch der Tau sich dem Tage erschließen, Dann sollen die Tropfen das Sonnlicht empfangen, Um fallreif und flimmernd im Garten zu prangen. So sehnt die Natur sich, mit wuchtiger Brunst, Der Dämmrung entgegen. Auch schwankt schon der Dunst: Er zweifelt, ob heute das Goldlicht obsiegt! Vielleicht naht ein Tag, da kein Nebel auffliegt: Doch nein, denn schon fiebert das Leben nach Licht, Das Taukränze morgens sich flicht und – durchbricht! |
Die Kuppen der Berge sind Eisgötterzelte, In Triften, auf Felsen liegt überall Schnee, Im Tale erdrosselt der Frühling die Kälte, Und oben verschanzt sich die Winterarmee. Wenn westliche Winde dann wonniglich wehen, Bald sieht sich der Winter im Lager umzingelt: Nun tragen die Flüsse die Lenzbotschaft weiter, Den Gießbächen jubeln die Schwalben im Tale Die Tauwinde kräuseln sich laue Gefilde, Wie Inseln, umbrandet von schäumenden Wässern, Oft rastet die Flut dort, um ruhig zu wirken, Die langen Alleen beschatten Zypressen: Dem Weiher entragt steil die Inselterrasse. Dort oben, am Steinboot, im Frühlaub verborgen, Es stellte der umbrische, edle Gestalter So braucht ihr kein Mensch seine Huld zu bezeugen, |
O Flora, du hast dein Italien der Kriege So herrlich mit Blüten und Träumen verschönt, Dich hätte das römische Volk nach dem Siege Von Herzen zur Göttin der Liebe gekrönt. Doch brachten Gelehrte, verzückt, Aphrodite, Die See offenbarte auch ihnen die Liebe Wer liebt nicht den goldenen, sichtbaren Bogen, Und oftmals erblickst du auch Inseln von Streifen, Der Grieche zumal schäumte leicht durch die Wogen! Drum hat sich den Griechen der Zauber des Meeres, Das war Aphrodite! Auf schäumenden Kronen Als Rom von Athen seine Venus empfangen, O Flora, dich hätte kein Christkind vertrieben, Du Ewigkeitsweib, holde Flora, wir flehen, O lasse entwurzelte Seelen durch Kränze O Flora, du hättest, als Göttin der Liebe, Das Heiligtum deiner vollendeten Güte, Den Römern erschienen auf Gipfeln, in Triften, O Flora, dich seh ich ein Glücksland enthüllen: Umrauscht vom wildsausenden Brandungsgebrause, Die Villen entstanden im Sinne Vitruvius': Ja! Hasche wie Aale und blutrote Fische, |
O großes Rom, mit deinen stolzen Marmorbauten, Versteckten Backsteinhäusern und verruchten Gassen, Als deine Kinder ihrer Weltmacht froh vertrauten, Begannen sie die Stadt beruhigt zu verlassen! Ein zweites Rom, das seine Festung hold umgrenzte, Schon Cäsar hat die Wünsche Roms verstanden, Dann später wohnten die Patrizier nur in Villen, Es brachten doch die Bürger zum Palälienfeste |
Du freudige Stadt, ein entsetzliches Nagen Durchwühlt deinen Boden. Vernimmst du das Klagen? O Rom, horche auf, unterscheide das Bohren: Hier wird unterirdisch ein Lichtgott geboren! Die Menge, in Christo geinnigt, gräbt Gänge, Um drinnen ihr Leid und sich selbst zu verstecken, Es ist, als ob innerste Erdglut sie dränge, Die Heilkraft der Liebe im Menschen zu wecken! Du riesiges Rom, deine Wälle und Mauern Vermögen dem Anprall der Feinde zu trotzen; Verfolgte jedoch, die in Grotten schmarotzen, Beginnen dich schon eingescharrt zu belauern: Kein Leib aber wird seinen Wurm überdauern! Die Heiden verspotten noch immer die Christen Und nennen sie dumme Bewußtseinsbetäuber Und schelmische Käuze, die unsichtbar nisten. Versteckt unter ihnen sind freilich auch Räuber, Von Christo in Schutz seines Kreuzes genommen: In manchem ist wirklich auch Reue erglommen. Sie trachten die roten Gespenster zu bannen, Womöglich die Erdgiftinstinkte zu würgen, Und singen Lichtlieder, die Priester ersannen, Um Büßern das ewige Reich zu verbürgen. Verschiedene Graber und Nachgrübler wähnen In sich und den meisten den Tod der Gelüste, Da aber erstehen auf einmal Hyänen, Die Nachschleicher dessen, der Jesum falsch küßte, Und diese beschließen die Christengemeinde Zuerst zu verleumden und dann zu verkaufen. Denn, meinen sie, liefern wir Rom seine Feinde Im Untergrund aus, läßt man uns dafür laufen! Und wirklich, die Römer verzeihen den Räubern Und lassen die Grottenstadt lüften und säubern: Sie ziehn unter Rom, aus den schimmligen Löchern, Gestalten, die halbnackt im Kellersumpf waten 191 Und lebend schon fast zu Skeletten verknöchern. Auch Priester sind unten in Isisornaten, Und alle die Narren (so schimpft man die Sekte, Von der schon so mancher im Zirkus verreckte) Verteilt man nun wieder an alle Theater Und spottet: nun rette sie dort ihr Gottvater! Das Christentum aber wird niemand vernichten, Schon steigen die Jünger des Heiles auf Leitern, Bereit, auf die leibliche Lust zu verzichten, Zurück in die Grüfte, die noch sich erweitern. Erglimmt die Begierde zum eignen Entsetzen, So reißt sich der Christ dort die Kleider in Fetzen Und kratzt eine Stätte, mit blutigen Händen, Im Urbsuntergrunde, zum Gottesdienst aus. Die Tatsachen formeln sich hier zu Legenden, Und singt man, so schallt in den Gängen Gebraus. Doch lieben die Christen ihr schreckliches Heim, Und sprechen sie, lispelt die Decke den Reim: Der Reim ist geboren, der Reim ist erstanden, Das christliche Lied, in unheimlichen Banden, Vermag aus der Urklage klangwärts zu branden! O Rom, dieses Höhlen durchfrißt deinen Boden, Auf dem du dich rot wie ein Morgen erhoben: Dort trachten sich Christen zusammenzuroden, Um Gott und den Heiland unheimlich zu loben. Die Leute, die bohrend die Schlünde durchschleichen, Empfinden ein neues, unstillbares Glück, Sie trachten gemeinsam das Heil zu erreichen Und finden davon in sich selber ein Stück. Gar oft, wenn sie betend und schaffend erschlaffen Und fieberdurchfröstelt beim Graben verzagen, Erscheint es beinahe, als könnten Gedanken Und Geister, allein, weiterschaufeln und schaffen! Die Weiber erkranken: man gräbt kaum, doch Klagen Und Seufzer vermögen noch weiter zu nagen! 192 Ein Priester umgab sich im weitesten Gange Mit gläubigen, bleichen und Leichengesichtern. Nun spricht er, beleuchtet von rußenden Lichtern, Mit winziger Stimme, mit zinndünnem Klange, Vom Golgatasieg über Satan, die Schlange! Da schleppen sich immer noch Greise auf Krücken, Mit Weibern und Kindern, mit wimmernden Stimmen, Von ringsum herbei, um zu Gott zu entrücken Und, frei durch den Geist, Christi Reich zu erklimmen. »O kommt!« ruft der Priester: »Ich will euch beglücken, Ihr alle dürft Blüten der Ewigkeit pflücken, Ihr selbst seid des Geistes lebendige Kronen, Und kann auch der Tod eure Stiele nicht schonen, So bleibt doch das Licht und der Hauch für Äonen! Vernehmt ihr die Worte, die Jesus gesprochen, So wird in euch selber der Winter gebrochen, Dann träufelt der Tau einer geistigen Taufe, Erfrischend und segnend, aus Gott in die Seele. Ihr folgt tausend Strömen, beim innersten Laufe, Und sorgt, daß der Trost nimmer unter euch fehle! O Menschen, und sind in euch selbst Christi Saaten In eigener Wärme im Herz aufgegangen, So spendet den Pollen mildtätiger Taten! Doch scheut euch! Verbergt auch die Scham auf den Wangen: Kommt dann erst, das Blut Christi stumm zu empfangen! Der Sommer der Seele wird Lenze befruchten, Der Ingrimm in euch Christi Feind niederwuchten, Ein Lenz aber, der in der Seele erblühte, Währt ewiglich, fleht man, daß Gott ihn behüte!« Die Zuhörer fühlen sich ringsum durchschauert, Und lichte Gedanken, von Sorgen umkauert, Die alle zu schwach zum Erblühen geblieben, Beginnen nun spürbar durchs Dunkel zu sieben. 193 In Träumen entstand wohl bereits manche Ranke Aus Eden in Menschen und zauberte Auen Vor sündige Sinne. Der Anhaltsgedanke Jedoch war zu schwach, um sich tief zu erschauen, Und ließ die Gelüste ein Reizschloß erbauen. Am Ewigkeitskeim konnte Erdfaulheit nagen, Gewohnheiten durften die Hoffnung verlachen, Durch Christum jedoch wird Elysium jung tagen, Die Glutfrucht im Schwachen am stärksten erwachen! |
|
* | |
O Rom, ein gewaltiges Hämmern und Bohren Zernagt deinen Boden und will nicht verstummen. Schon haben sich Christen dort unten verschworen: So höre das unheimlich steigende Summen! Die Christen beginnen den Leib zu kasteien Und so jede Gier aus der Seele zu merzen Und völlig den Geist aus dem Staub zu befreien, Denn alles das, glauben sie, können die Schmerzen! Das Christentum hat tiefe Wurzeln geschlagen. Sein Keim unterwühlt sich den römischen Boden. Als Baum wird er bald in den Sonnenraum ragen: Er jubelt sein Weltüberschatten in Oden! Erwachen im Ich, den Christkern erwagen, Besaftet den Baum: ist freies Erhalten Des eigenen Wachsens in seinem Gestalten! Nur wird nun sein wuchtender Wuchs Rom zerspalten Und alle Theater und Tempel zerschmettern, Doch spendet er dann mit hell lodernden Blättern Und ewigen Blüten der Welt Freigewalten. Der Baum, ein Befruchter von Geistesgeschlechtern, Muß Völkern um sich plötzlich Jugend verleihen. Durchpilgert von heiligen Glaubensverfechtern Wird dann ein gesegnetes Weltreich gedeihen, Und sollte der Baum auch in Rom einst verdorren, 194 So werden schon Schößlinge ringsum ersprießen, Denn endlich wird dennoch das Urwort entworren: Wir werden die Wahrheit gemeinsam genießen! |
|
* | |
Ein Priester dort unten verträgt nicht das Bohren, Die Martern, die Sorgen, das ewige Hämmern. Ihm wird schon, als ginge die Jugend verloren, Als müßte er nutzlos in Kerker eindämmern. Gegaukel kann bald seine Lüsternheit schüren, Auch packt ihn auf einmal ein Ekeln und Grausen, Ganz freudlos in Gruben verschüttet zu hausen, Und schon wird er flüchtig, ein Weib zu verführen. Doch hält ihn dort oben bald Trauer umklammert, Er sieht seinen Körper zerdämmern in Blässe, Er fühlt, daß er ungetrost, hoffnungslos jammert, Und abermals sinnt er zu Dunkel und Nässe; Durchfinstert erscheint ihm die Seele der Heiden, Er kennt seine Römer als schamlose Buben: Ein ewiges Licht aber, weiß er, sind Leiden Und Jubel der Bruderschaft, unten in Gruben! Jetzt wirrt ihm auf einmal das Irrlicht die Pfade Der Innerlichkeit. Und den irdischen Quellen Der Lust zu, versucht ihn ein Wunsch nun zu schnellen – Da ruft er: »O Herr, habe Nachsicht und Gnade!« Noch folgt er dem Tanzlicht durch Gärten und Gassen, Doch trachtet er Buhlinnen rasch zu bekehren, Da rufen die Leute: »Was sind das für Lehren, Fürwahr, er ist toll, und man müßte ihn fassen!« Nun will er die Zukunft von Rom prophezeien Und, wie die Sibyllen, das Ende der Götter Verkünden und Tempelaltäre entweihen! Doch ruft, ihm zum Trotz, noch gewandter ein Spötter: »Fürwahr, noch braucht niemand in Rom zu verzagen, Viel besser als Narren kann Janus uns sagen, 195 Ob dunklere Jahre mit flunkernden Sehern Sich uns, den Beherrschern des Erdrundes, nähern. Doch nein, ihr könnt still wie der Gott – ohne Grauen, Den Feinden zum Spott, in das Zukunftslicht schauen!« Da ruft Christi Priester durchwutet und zornig: »Ihr Heiden seid bleicher als wir in den Schächten, Und ist unser Weg auch verborgen und dornig, So will ich, im Schlund, unsern Gott fortverfechten!« Nun hält ihn der Römer für völlig verschroben Und läßt ihn auch, trotz seines Blutfluches, laufen; Doch ihm wird so plötzlich, als müßte er toben Und weinen: er ist ja gemein wie der Haufen! Warum ist sein Leib vor dem Herzen geflohen? Er hat sich verworfen, dem Ludern ergeben: Die Grottenschaft muß ihn als Judas bedrohen! Er tappt aber trotzdem zurück durch die Gänge, In denen Erchristlichte unsichtbar schleichen. Er fürchtet dabei seiner Seellenker Strenge Und freut sich auch wieder, das Heim zu erreichen. Nun wird er (vermag ein Gemüt das zu fassen?) Von allen Genossen mit Jubel empfangen: Sie warteten lange, voll Angst und mit Bangen Auf ihn, der die Grottenverstecke verlassen! Oft treibt sein Erscheinen sogar zu Entzücken! Er sieht, wie sich Geistliche demütig bücken: Sie glauben, er sei aus der Gruft zum Bekehren Und Spenden des Heiles so plötzlich verschwunden: Die Flucht war das Rechte! Der Freunde Verwehren Des Gangs in Gefahren fiel fort. Feste Kunden Erhofften vom Manne von oben die Christen: Sie beteten oft um großes Gelingen, Er möge sich Zutritt bei Feinden erlisten, Um Sündern das Wort des Erlösers zu bringen! Der Priester war schwach, und so konnt er sein Treiben Dort oben in Rom keinem Lenker bekennen: 196 Doch hoffte er nun ohne Makel zu bleiben Und nimmer im Fieber ins Freie zu rennen. Auf einmal jedoch kam die Luftsehnsucht wieder, Und glühende Brunst fuhr ihm jäh durch die Glieder. Da warf sich ein Mädchen ihm plötzlich zu Füßen: Sie kam in die Gruft, für Vergangnes zu büßen: Sie zitterte lange, sie konnte kaum flehen Und mutvoll ihr teuflisches Fühlen gestehen. Doch rief sie auf einmal, mit blutigem Mund: »O heiliger Bruder, mein Herz ist so wund, Ich starrte in Moder und garstigen Dunst, Ich stöhnte: O Heiland, entraff mich der Brunst! Ich habe gefastet, ich sprach mein Gebet, Da haben sich Bilder im Kreise gedreht: Ein Jüngling erschien mir, auf scheckigem Tier, Doch kam nicht der Heiland herunter zu mir! Ich faßte den Knaben. Er hat mich geküßt. Da pochte das Herz, und es wuchs mein Gelüst: Ich weiß, – o ich hab ihn im Traume gedrückt Und herrlich mit Blüten und Tränen geschmückt. Die Venus, vor der ich mich früher geneigt, Hat heimlich mir diese Gestalt noch gezeigt. Denn bat ich um Männer, vor ihrem Altar, So zeigte sich gleich eine kommende Schar. Wie kraus mich die nackte Erinnerung quält! Ich hatte da froh, was mich reizte, gewählt, Doch nun packt mich immer die Sorge im Traum: Erwach ich, so würgt mich der modrige Raum. Gespenster erfüllen die furchtbare Leere, Sie stürzen auf mich, ich fühl ihre Schwere, O hilf mir, ich weiß, ich bin immer noch geil, Der eigne Kalvarienberg ist mir zu steil, O rette mich, du, o versprich mir das Heil!« Nun bückt sich der Priester und spricht, tief aus Güte: »Der Heiland erhört deinen innigen Ruf, 197 So bete mit mir, daß der Herr dich behüte, Denn siehe, er liebt, was er leiderfüllt schuf. Umarme die Wände und küsse die Erde, In der wir verborgen den Heiland erflehn, Und wisse, noch ruht Christi folgsame Herde In Grüften, um einstens erkürt zu erstehn! O wisse, wir können die Erde nicht schänden. Sie haucht sich jungfräulich die Pestgeier weg. Nach Kriegen und Aufruhr, nach gräßlichen Bränden Umgrünt sie, versteckt sie den schandhaften Fleck: Sie birgt uns in sich, da wir Rom noch zerstören, Die Stadt, die, wie Babylon, brunsterhitzt praßt; Doch mußt du dich erst gegen dich keusch empören, Bevor du das Übel im Heidentum haßt. Die Urglut der Erde, die hier uns erkoren, Das Fieber im Darme der Gier-Urbs zu sein, Hat auch unsern Heiland jungfräulich geboren Und will, daß die Menschen zum Kreuze gedeihn!« In sich aber greift wohl der trostreiche Priester Die Blutwacht des Zwiespaltes, der ihn bewegt: Er beichtet, befragt sich und innerlich liest er Dabei ein Gebot, das sein Wesen zerfegt. Er schluchzt: »Mutter Gottes, du helles Gewissen, Du glühender Wunsch, der das Dunkel zerteilt, Der Schmerz hat die Nebel der Seele zerrissen, Und du hast mein furchtsames Herz dann geheilt! Maria, du liegst in unendlichen Wehen, Du Erdmutter, Mutter! Du leidest in Gruben, Im Schlunde der Urbs, die als Urgrund entstehen. Wir schwanken, uns schwindelt in wunschdumpfen Stuben, Wir irren und walten durch weltgraue Räume Und sind nur die Wurzeln für Träume, für Bäume! Maria, auch du mußt dich einsam erkunden, Wir wühlen für dich, und wir schlagen dir Wunden, Wir wollen verschrumpfen, doch du sollst einst tagen 198 Und, Sonnen verfinsternd, der Erde entragen. O Heiland, nun hab ich dich wahrhaft gefunden, Du ruhtest so traurig und stumm in dem Grab, Dann bluteten plötzlich, o Herr, deine Wunden, Da ich dich, dein Mörder, bleich angesehn hab! Das Blut aber leuchtete sanft in der Tiefe: Da wurde die Erde auf einmal erhellt, Und mir wars, als schimmerte, sickerte, liefe Ihr Selbstlicht ins sonnlichtbeackerte Feld. Ich schau dieses Glimmen in Weinbeeren reifen: Der Glaube an dich, guter Heiland, erwacht, Wir können die Saat deines Blutes begreifen, Die Herbsternte strahlt in unsagbarer Pracht! Schon fließt deine Milch in verzücktem Gebete: Und reifen im Urschein Geschlechter heran, So legt in dem Baum, den die Schöpferhand säte, Der Sohn seine Liebe und Fruchtbarkeit an. So wachsen die Wesen, in Streit und in Liebe, Und geben ersterbend lebendigen Geist; Auch ich habe Beeren und Ranken und Triebe Im Urschatz der Seele, die Gott ewig preist! In mondbleichen Nächten, beim sternstillen Morgen, Erleuchtet und kräftigt Der Sohn mein Gebet, Die Glut, die im Lichtschoß der Erde verborgen, Berauscht meinen Wein, wenn die Wärme verweht: Ach, ferne vom Tage und lauten Verhalten Gibt ganz sich der Mensch seiner Herzlichkeit hin! O Heiland, dann magst du in mir wachsam walten: Ich lache, ich weiß, daß ich Du in Mir bin: Du kannst mich zum Dir, viel zu tief zu dir ziehen, Dann seh ich, getilgt ist die furchtbare Schuld, Denn Gnade ist mir, im Ich selber, verliehen, Ich trage die Reue und Scham mit Geduld!« 199 |
Ganz erschöpft vom Bacchanale, findet Nero keinen Schlaf, Und doch dringt aus fernen Räumen sanft verklingende Musik Bis zum Kaiser noch herüber, weil sie keine Türen traf. Und da flüchtet das Gewölke. Neros Träumemosaik Zeigt ihm Rom im Purpurkleide, aufgebaut aus Abendpracht. Das Gestöhne ferner Flöten hat den Dunst nun ganz verzweigt, Und in Neros Traumregionen ist ein grauser Schwarm erwacht, Der aus seinen Seelenkerkern zügellos und wild entsteigt. Freches Lachen, schrille Schreie: wie das raschelt, wie das klingt, Wie das Zittern straffer Saiten Schloß und Riegel rasch bezwingt, Wie es Fieberfeuer schürt, selber nun als Lohe glüht, Bis im Traumglutstrom des Kaisers mancher Feind als Schatten brüht! Nero folgt nur seiner Neigung, ob er fiebert oder tobt, Schrecklich ist das Machtbedürfnis im tiberischen Geschlecht: Nero kann es nicht vertragen, wenn man Kaiser Claudius lobt, Weil sich der an fernen Fürsten noch im Innern Roms gerächt! Viel zu weit sind jetzt die Grenzen im vollstreckten Römerreiche: Und drum feiern Satrapien selber ferne den Triumph. Lauter Pflanzstätten entwachsen ringsum schon dem Urbsbereiche: Und so blühen Freudenorte ferne zwischen Wald und Sumpf. Nero aber will, trotz allem, Großes seinen Römern bieten, 200 Und da deucht ihm plötzlich, es entspräch des Volkes Appetiten, Fing er an, die Traumgestalten wirklich durch die Glut zu hetzen: Ganz entschieden, denkt er, wird mich Rom dafür unendlich schätzen: Nimmer schläft sein Weltbeherrscher; immer schwelgt er nur und träumt! Auch umschmeicheln ihn stets Schleier, wie ein schnellverträumter Trug. Plötzlich sieht er Fürsten taumeln: ihr Gewand war rot gesäumt. Und er schaut: aus Wunden schlagen Gluten! Und er ruft: »Genug!« Dieses Bild hat ihn gereizt, und jetzt denkt er mit Gefallen, Wie besiegte Völkerstämme blutig enge Fesseln tragen, Wie auf einmal, aus der Höhe, Feuerschloßen niederfallen Und die Menschen rasch vertilgen, weil sie ihm nicht mehr behagen. Ja, er sieht nun blasse Sklaven sich durch Flammenschlangen winden, Endlich auch die Senatoren, die ihm unerbiegsam trotzen, Und die ganzen Menschenknäule dann im Purpurdunst verschwinden; Plötzlich aber andre Fratzen aus den Nebelfalten glotzen: Doch er grämt sich, daß der Hirnbrand gar so wuchtig weiterschwoll, Und sein Rauch so schnell entfauchte, ihm den Marterreiz zu nehmen. Plötzlich gellt ein heisres Lachen. Nero hört, man nennt ihn toll! Und nun kreischen schon und kichern, rings um ihn, vermummte Schemen. Flammen werden wohl erscheinen, wenn die Masken niederrollen, 201 Denkt der Kaiser. »Aber nein doch, seht, das sind die frechen, tollen Christen!« ruft er: »Die, statt meiner, Rom, die Welt beherrschen wollen! Nero wagt ihr toll zu nennen, mich, den größten Römerkaiser?« Brüllend hat er sich erhoben, doch schon schreit er: »Spottet leiser!« Und er fleht, zum Traum gewendet: »Kreischt doch nicht mit schrillen Stimmen, Denn die Welt könnte euch hören!« Da ihn Schatten fort ergrimmen, Will er jetzt im eignen Innern Rauch und Dunst heraufbeschwören, Denn die Christen, dieser Auswurf, dürfen keine Allmacht stören! Solche Qualen der Beschimpfung kann ein Kaiser nicht ertragen, Und so läßt er Lästerchristen rasch aus ihren Höhlen holen Und sie rot auf hohe Kreuze für ihr freches Höhnen schlagen. Darauf läßt er Holz entzünden, denn sie sollen schnell verkohlen. So ein Schauspiel findet Anklang, die verdroßnen Weltbesieger Lassen, unterm Boden Roms, gar regsam nun nach Menschen scharren: Nach dem Maulwurf suchen emsig jetzt Hyäne, Hund und Tiger, Viele Sklaven zwingt der Kaiser mitzubrüllen: »Wir sind Narren, Denn wir glauben an die Marter, spannt uns vor den Judenkarren!« Ja, es müssen schwarzverhüllte, todgeweihte Karawanen 202 Wechselweise ihre Wagen, voll von Christen, vorwärtsziehen (Drin gibts Bürger, Freie – ganz verschiedne Untertanen), Aber keinem hat der Kaiser Gnade oder Recht verliehen. Wie ein Wurm wird nun die Sekte aus dem Darme Roms gerissen. Doch da trauern nicht die Christen, denn ganz rein ist ihr Gewissen. Sie bemerken kaum die Feinde, sie vernehmen kein Gekicher: Ihr Gebet gibt ihnen Stärke, denn nun müssen sie verscheiden! Und sie ziehen fest und tapfer, ihres Martertodes sicher, Hin zur Stätte ihrer letzten, gottgefällgen Erdenleiden. Viele glauben, noch genügts nicht, um zu Gott sich aufzuschwingen, Stark und gläubig auszuharren; und Verlästerung und Qual Scheinen ihnen viel zu wenig, um den Himmel zu erringen, Und sie singen, Gott bestürmend, fromme Lieder im Choral. Fieberangstdurchzuckt erreicht nun dieser Wurm die Marterstätte. Hurtig werden schon die Christen auf die Kreuze angenagelt, Und man ruft, wie einst bei Christo: »Bittet Gott, daß er euch rette!« Hei! Wie hoch von Flammenstößen das in Funken heiter hagelt! Rom, besonders um das Forum, wird durch diesen Brand bedroht, Doch das schürt sein Feuer weiter, hocherfreut, daß etwas loht! Denkt ein Römer an Gefahren? Mit Gejubel und mit Johlen 203 Sieht der grausam rohe Haufen starke Christen dort verscheiden! Alle brüllen, klatschen Beifall, daß die Feinde nun verkohlen, Denn wer liebt es nicht, an Leiden andrer Menschen sich zu weiden? Ach, die wilde Feuermarter, wie sie einreißt, wie sie schneidet! Doch Gedanken und Gefühle, voll von Liebe, Todgeweihte, Die ihr für den Henkerkaiser und sein feiges Krongeleite Hoch zu Gott emporgerichtet, weil Er mit der Schöpfung leidet, Heben euch zu dessen Rechten, Nero noch zur linken Seite! Wie aus Weltenessen stäuben stets lebendige Gedanken, Und sie legen, wo sie können, Feuer in den Hirnen an. Heute aber prasseln Bäume sichtbar mit Raketenranken Und entzünden in den Seelen, was sich frei empören kann! Glühend roter Bast, wie Zunder, löst sich los von toten Christen Und entschwebt ihnen wie Tauben, denn so niedrig ist der Flug; Bald schon kann in den Gemütern dieses Glutgefieder nisten. »Feuer!« hörst du plötzlich rufen, wo der Sturm den Zug hinschlug! Eingeäschert ist schon manches altverwanzte Backsteinhaus. Jeder Brand bringt darum Freude (denn wer weiß nicht, Nero baut Gern den Römern neue Häuser), und so gibt es Saus und Braus, Das tanzt trunken durch Ruinen: Roheit lodert auf! Wird laut. Leichtsinn ist die schnelle Folge, mit dem Feuer kann man spielen! So ein Brand ist doch ein Schauspiel, wie's wohl niemand früher kannte: 204 Nichts ist schöner als ein Feuer, wenn die morschgewordnen Dielen Funkenstiebend rasch verprasseln und die Balken hochgesandte Wut entflammen; traurig ist nur, wem sein Haus nicht mitverbrannte! Trunken und im Trubel drängen sich die Römer hin zum Kaiser, Der, erleuchtet durch der Kreuze helles, grelles Fackelflackern, Sich das Marterschauspiel ansieht. Viel zu schrill jedoch und heiser Gellt ihm jetzt das wilde Schreien von so dünkelhaften Rackern! Ja, er glaubt ein Machtbewußtsein aus dem Volksgebrüll zu hören – Gar nichts aber, denkt er, darf durch Lob des Kaisers Allmacht stören. Jetzt erstürmt der böse Pöbel plötzlich Neros schöne Gärten. Durch des Pincios holde Haine tollt die angetrunkne Menge Und entleert sich vor den Büsten von Heroen und Gelehrten, Und vor Virgils Marmorstandbild lallt der Haufe Lottersänge. Alle fahnden wild nach Christen, um sie rasch ans Kreuz zu schlagen. Da sie aber keine finden, fängt das Pack an, drum zu losen. Kreuze sind schnell aufgerichtet. Tausend Mordgesellen tragen Schon ein todgeweihtes Mädchen, das sie erst noch lüstern kosen, Jetzt zum rasch geschaffnen Richtplatz. Keinem Opfer hilft sein Brüllen. Heute müssen Ungezählte noch als Ruß die Nacht erfüllen! 205 |
Die dunkelsten Gluten des Juli verbluten. Nun scheint ein entschwundnes und kurzes Vermuten Glücksprühenden Lebens der Welt zu entsteigen: Sie fühlt ihrer Spannung tiefrhythmisches Schweigen. Das quillt wie ein Leuchten aus herbstlichen Narben: Erschlaffen die Strahlen, die Wonne erwecken, Die waren einst selber die Freude, die Farben, Auch liebt die Natur diese drückende Schwüle: Sie schweigt, ihrer Wonne, der Sonne ergeben, Nur kurz hat die Schwüle des Juli gedauert, Einst baute sich Nero auf Antiums Gestaden Er sieht, wie sich Blüten im Zephir entblättern, Ihm deucht auch, als warteten Pinien am Hügel, Er hört ein Geplätscher aus steinerner Muschel, Im Sonnenlicht aber erfrischen Fontänen Ein Regenkreis soll diese Borne umranden, Bei Wassergeräusch und Gefächle von Kühle Dann will sich der Äther mit Nebel verhängen Vermag sie dem Land keine Brise zu schicken? Er wartet, bis Sterne ihn freundlich begrüßen. Der Kaiser beginnt jetzt zu schimpfen, zu fluchen. Er ruft schon: »Ich laß mich bekehren und taufen! So wandelt der Kaiser noch lange am Strande Da blicken dann endlich drei Sterne hernieder, Ihr Blick ist verfinstert und fast ohne Leben, Er sagt sich, da Götter mich ganz anerkennen, Er will, daß die Welt sein Erträumen erlerne, Doch plötzlich entsinnt er sich göttlicher Spender Es hat sich die Dämmrung noch wenig verzogen, Auch läßt ihn besonders die Richtung erstaunen, Er sieht sich bereits von der Gluturbs umgeben, Doch stehen auf einmal die schrecklichen Recken Die Glutarme greifen voll Wut und begehrlich Die lockern Gesellen, mit zackigen Zungen, Schon sieht sie der Kaiser sich himmelwärts bäumen Doch Nero träumt nimmer! Wahrhaftige Gluten Jetzt hört er auch plötzlich ein menschliches Schreien: Nun wollte der Kaiser die Brandfackel werfen! Dann glaubt er, es wollte ihn Zeus freudig stimmen, Es glaubt nun der Kaiser, sein Werk zu genießen, Nun scheinen ihm Qualme, durch irdisches Tosen |
Die meisten haben ihr Viertel schon verlassen! Doch schleichen jetzt Diebe, verwegen und dumm, Durch öde und schmutzige, brennende Gassen Und schleppen sich Beute fortplündernd herum. Jetzt folgen schon allseits den Räubern und Mördern So stürzen sich Winde, in riesigen Wirbeln, Wenn brennende Bretter, beim Einsturz, zerschellen, Ein Flammenhorst kann rasch acht andre entfachen! |
|
* | |
Die Stadt überrascht nun entzündlicher Regen Von Funken, den Keimen zu kauerndem Brand, Und gleich darauf wollen sich Glastschlangen regen, Gar gierig bezüngeln sie Pflaster und Wand. So wie sie dann Pfosten und Balken erschleichen, Umschlingen sie sie, wie durch Hunger ergrimmt: So lodern sofort Bäume, Fliehende, Leichen! Der Brand, der die Hügelstadt siegreich erklimmt, Muß bald den Palast der Cäsaren erreichen! 212 Am Boden versengen besoffene Leute, Die plötzlich die Glut in Spelunken erfaßt: Versprengt stürzt, aus Häusern in Brand, eine Meute Von Räubern fast immer zugleich mit dem Glast; Denn Menschen beneiden die Glut um die Beute Und plündern mit gleicher, geduldiger Hast. Verworfene Weiber durchjohlen mit Dieben Die Trümmer und scheinen verteufelt vergnügt, Und werden sie endlich vom Feuer vertrieben, So rauft sich das Pack, weil kein Raub ihm genügt. Das will schon nach Christen zum Peinigen suchen, Die Menge ist wieder zum Martern geneigt, Der Pöbel beginnt auf die Juden zu fluchen Und ruft: »Diese Schmutzbrut von Ratten entsteigt Den Grüften von Rom, um die Stadt einzuäschern, Drum spürt sie uns auf, mit Hunden und Häschern!« Doch findet der Pöbel nicht viele zum Hetzen, Der Blutdurst Erhitzter wird noch nicht gestillt, Jetzt sind, nach dem Aufraub von Plunder und Schätzen, Die Frechsten zum Morden und Schänden gewillt. Das flucht auf die Numen und huldigt dem Kaiser, In Rom wird an Geld, nicht an Götter geglaubt. Dem Bürger erscheint es als richtiger, weiser, Wenn jeder die Wut gegen Schemen verschnauft! Wie? Hätten denn nicht beim Verbrennen Penaten Die Pflicht als Beschützer der Herde verletzt? Doch sagt, wer könnte des Kaisers entraten, Hat Nero doch stets, was da brannte, ersetzt! So freun sich die Römer, wenn Tempel abbrennen: Wer wird sich zu Göttern, ohnmächtig ihr Gut Vor Feuer zu schützen, noch weiter bekennen? Fürwahr, die Olympier vernichtet die Glut Geschädigter Menschen in Fieber und Wut! Entlaufene Sklaven, Soldaten und Metzen Verprassen Geraubtes in wildem Genuß. 213 Sie plünderten, raubten zuerst auf den Plätzen Und schwelgen jetzt roh auf der Insel im Fluß. Der Äskulaptempel wird zornig erbrochen: Im Inneren predigt ein junger Prophet, Schon scheint ihm das Blut in den Adern zu kochen, Er schwört, daß er Zion als Lichtbraut erspäht! Er fiebert von Sodom, Gomorra, den Städten, Die einstens Jehova mit Schwefel zerstört, Er weiß auch die Bibel mit Rom zu verketten Und ruft, daß Gottvater, durch Frevel empört, Beschlossen hat, Rom durch den Brand zu zerstören: Er habe bereits Christi Jünger gesandt, Die Welt noch zur Einkehr zum Herrn zu beschwören: Doch werden die Eifrer verkannt und verbrannt! |
|
* | |
Die Christen erschraken beim Sprengen der Pforten, Sie wurden auch gleich von der Menge geplagt, Doch hat noch der Priester, mit feurigen Worten, Zu sprechen und weiter zu donnern gewagt. So horcht nun der Mob auf den tapfern Zeloten, Der alle Patrizier und Reichen verklagt, Dem Volke, aus Goldgier und Hochmut verboten Zu haben, verbrüdert und glücklich zu sein, Doch Christus lüd alle zum Abendmahl ein! Er spricht von Verzeihung und Gnadenverleihung, Vom himmlischen, allen verheißenen Reich, Von Herrschaft der Liebe und Knechtebefreiung, Und siehe: wie wirkt diese Predigt sogleich! Der Pöbel versteht einen Gott der Zerstörung Und fängt schon, in wilder und blöder Empörung, Im Tempel des Gottes der Heilsmächte an, Die Opfergeräte in Stücke zu schlagen. Nun findet in Winkeln ein Mann einen Wagen, Und rasch macht der Haufe daraus ein Gespann. 214 Schon wird einer Christin das Büßergewand Auf einmal mit Johlen vom Körper gerissen, Und Buben und Greise sind lüstern beflissen, Das Mädchen zu schmücken: mit komischem Tand Bedeckt, steht die Nackte nun oben im Karren, Und der fängt schon an, über Dielen zu knarren! Obszön hergerichtet, voll Tempelbehängen, Begleitet von höhnischen Pöbelgesängen, Erscheint nun die Christin, den Ihren entrissen, Im Freien. Und kraftlos, als prächtiger Bissen Gepriesen, entschwinden ihr endlich die Sinne: Da heißt es: nun schlafe die Göttin der Minne! Bedroht durch die Flammen, verfolgt von der Hitze, Verläßt Pack die Insel, von Feuer umloht. Wohl droht noch der Priester und schreit nach dem Blitze, Doch schlägt ihn ganz einfach die Wutmenge tot. Darauf zieht die Meute hinab zum Emporium Und macht, in der Unordnung komisch vereinigt, Ein liederlich klingendes Massenbrimborium. Und trifft Mob wo Christen, wird flott losgepeinigt, Ja, selbst alle Mächtigen, die nicht entflohn, Begegnen in Rom jetzt verwerflichem Hohn! Die Flammen erfaßten die Schläuche Boreas': Da sind alle Winde dem Gotte entsaust, Nun werden die Güter der Erben Äneas' Von Stürmen und Flammen zusammen zerzaust. |
|
* | |
Die Gassen durchhallt wildes Brausen und Pfauchen, Und oft dröhnt und donnerts auch plötzlich und kurz, Das heißt dann, in Häusern, die lodern und rauchen, Erfolgte im Dachstuhl ein Stützbalkensturz. Oft zerrt mancher Flüchtling des Hauses Penaten Das Volk läßt sich schwer durch die Hitze vertreiben. Doch bald fängt Gewühl an nach oben zu drängen, Die Reichen wird hoch ihre Stellung versammeln! Wohl muß sie die unklare Zukunft verstimmen, Sie trachten, die raschen Entschlüsse zu meiden, Ja freilich, sie schmähten am liebsten, am stärksten: Doch hoffen sie, Nero wird alle beschenken, Gar viele erklären die Christen für schuldig Doch dann wollen Reiche zuerst ihn umstöhnen, Doch gilt es nur, Nero für sich zu gewinnen, Die Reichen geloben den Thron zu erhalten! Sie lassen sich immerdar schützen und führen, Doch seht nur, sie ehrten doch auch die Penaten Sie stellten sich klug zum Olympe am besten, Wie wurde, bei Reichen, ein Hymen geheiligt! Wie? Hätten die Götter die Starken verlassen? Vulkan! Du wirst in den Straßen verlästert! Nun spricht ein Patrizier die folgenden Worte: Erscheine als Adler und schrecke die Schlange, Zertritt diesen Glutwurm mit schmerzlosem Fuße: Wir lieben dich, Jupiter, Herr unsrer Schlachten, Wir wollen von nun an nur dir auf Altären, Schon greift jetzt der Brand nach den weitesten Gassen! Doch müssen im Bauch die Metalle sich stauen: Der Pöbel verläßt nun die dumpfigen Stätten Gewürgt von Entsetzen, den Plagen und Sorgen, |
|
* | |
Die Gier blitzt im Brunststurm: das donnert ins Rauben. Gelichter, gehorch deinem krallenden Drang! So schnaube dich aus: du kannst dich dir selber erlauben, Denn plötzlich sind Mörder die Meister vom Strang. So grinse Begierde aus tierischen Zügen: Ein Schrei seines Opfers durchgellte die Ohren Dort lungert ein Haufe, mit Beute beladen, |
|
* | |
Der Pöbel macht Aufruhr und schwört, daß er Ares Allein seinen Diebsanteil abtreten will, Er flucht und verspricht, daß des Kriegsgottaltares 220 Gesprenkelter Marmor, vom März bis April, Und dann vom September bis Ende des Jahres, Von Lenzzicken, Ferkeln und Herbstwurfhaustieren Bedeckt sein wird, um seinen Tisch zu garnieren! Jetzt nähert sich flüchtiges Pack: die Soldaten Mit wimmernden Kindern, auch Sklaven und Frauen. Sie werden die Asche nach Opfern durchwaten Und prahlend sich grausam am Grauen erbauen. Die Beute verschleppen sie scheu in Spelunken, Wo Großtun empor pafft. Ein Flammenbetrotzen Ins Ich irrt. Doch schlimmer noch schwirbeln die Funken, Bis viele umflimmert ins Lichtgewirr glotzen. Nun fangen die Römer an, doch sich zu wehren, Sie sehen oft Mütter im Feuer verschwinden, Auch greifen die Glutklauen immer noch weiter, Jetzt nahen verstrudelt die Flammen den Scharen Das Feuer jedoch wird durch uns zum Gespenste! Bedrängt durch das Plündern und Morden der Horden, Er plappert mit Schwüren, zum Volke gewendet, Du, Mars, hast die Pfeiler des Staates zerschlagen: Wir werden an Jesum von Nazareth glauben! Die Worte des Priesters erschüttern die Menge: Sie konnte noch nie solche Wutrede hören! Wo ist die Erklärung, daß Götter verkommen? So werden die Bürger, die Rom tief betrauern, Sie denken, ein Gott, der sich selber gepeinigt, Ein Weib kommt nun plötzlich wie rasend gelaufen: Doch hält diese Frau noch die Hände erhoben, »Ich habe zwölf Kinder auf einmal verloren, Nun sucht sie und scharrt sie, im Schutt der Ruinen, Nun schwört sie, sie werde zum Throne gerufen, Nun ist sie im Taumel zu Boden gesunken. Doch faßt sie sich wieder. Voll jüngstem Verlangen, Zuerst ist ihr Sagen zerbrocktes Gestotter, Stets schriller beginnt sie zu wüten, zu wettern, Schon folgen ihr Mütter und leidende Frauen, Nun zieht sie, im Zuge voraus, durch Gefilde, Ja, Sterne sind Boten und Blüten der Güte, Ihr seliges Wesen ist glühbunt beflügelt. Im Ich-Licht der Sterne, den schützenden Müttern, Die nächtliche Ewigkeit: Frauenherz! spendet Nun flüstern die Mütter: »Wir werden allnächtlich O bringen wir Blüten, die Sterne des Tages, Jetzt singen die glücklichen Weiber: »Wir pflücken |
|
* | |
Als vielerlei Länder Sibyllen gebaren, Hat Romulus' Wölfin sie alle gesäugt, Und jetzt stürzt ein Jude das Reich der Cäsaren, Und Ihn hat das Leid aller Menschen gezeugt. Er ist ein erfeuernder Seelenerwecker, Einst hat ihn die Weibheit der Erde getragen, Es folgen ihm Weiber und gläubige Männer! Er machte die schweigenden Tiefen empfindlich! |
|
* | |
Von glühenden Zungen, die Unheil verkünden, Ist ringsum die Urbs des Genusses umloht, Und Flammen, die Leiber und Seelen entzünden, Bereiten den Gottheiten Sorge und Not! Weltungeheuer, aus Zunder und Feuer, Die Auen des Pan sind unheimlich verglommen, Die Krallen des Brandes verschleudern die Steine O Rom, du kannst brennende Tempel erblicken, Doch seht auch: die Flammen beschützen das Leben! Der Boden muß Geistererflammung gebären, Denn nackt sind die Flammen! Ja Rankenskelette Doch Nero, von brüllenden Löwen umgeben, Die Katzennatur scheint an Flammen zu saugen: Der Kaiser jedoch merkt kein Zerren und Pfauchen, |
|
* | |
Die nächsten Geschlechter begruben die Numen Und haben sich Tempel aus Trümmern gebaut, Ihr Gott aber wuchs aus asiatischen Krumen, Dann hat er italisch ins Weltwerk geschaut. 228 Gewählt ward ein Gott, der Ägypten gegeißelt, Wer gab ihm bewegliche, griechische Glieder, So mußten im Brande die Götter vergehen! Die Flammen zerstörten die Marmoraltäre, |
O Weltenleu, oft sträubst du deine Flammenmähne: Entloht der Urbs der Feuerabglanz deiner Wut? O sage, Löwe: was bedeuten Purpursträhne? Jetzt brüllt der Mensch. Das Holzwrack knarrt. Schon tobt die Glut. Erscheint ein Triumphator auf dem Siegerkarren, Dort kommen sie mit wildverworrnen, goldnen Haaren! Sie haben kaum von Gold und Goldesmacht gewußt: Ihr Römer seht sie nur zertrümmern und versengen! Wie eine Witwe wühlt die Urbs, im eignen Rauche Das Gold ist fort. Und tot der Aar, der sie umkreiste! 230 |
Das Weltgenie von Rom war tot. Der Löwe hatte kurz geröchelt, Die Leiche aber weiter fort die Welt verpestet. Ihr voller Rumpf, der sich durch lauter Raub gemästet, Schwoll an, und wie ein Aas im Straßenkot Bedrohte er die Welt mit arger Fiebersnot. Doch Rom, die Stadt des stumpfen Mittelweges, Blieb selbst noch zweifelnd-abergläubisch groß. Sie wuchs, denn sich zu füllen blieb ihr Los, Doch sie behielt auch ferner etwas Träges. Ihr guter Bürgersinn gab ihr Gedanken Und stellte sie in keiner Lage bloß. Verletzten sie des Nachbars Räuberpranken, So gab sie plötzlich ihm den Todesstoß. O Rom, ich sehe, wie du meistens dich verteidigt: Die Völker, die Italien mitbewohnten, Propheten, die dein Mittelmaß beleidigt, Die Sklaven, die sich gegen Rom vereidigt, Und jeder Feind, der deiner Macht genaht, Ward von der Göttin Roma überfahren! Du übertrumpftest schließlich das Triumvirat, Stets konnte sich dein Bürgergeiz das Geld bewahren. Zertrümmert lag das Werk der herrlichen Cäsaren, Doch Rom, das immer siegreich seinen Feind zertrat, Besiegte nun durch seinen Glauben die Barbaren. Das Wort ward durch das Römertum zur Tat! Die Urbs verschmähte nicht vom Besten anzunehmen, Denn niemals liebte sie, was arg zurückgeblieben: Das Kühnste mußte schließlich sich nach Rom bequemen, Denn Rom besteht, und die Propheten werden aufgerieben. 231 |
Gedeihe, großes Rom, bestelle dir Konzile, Verknüpfe alles, was du irgend schlau vermagst, Noch gilt dein Wollen einem großen Lebensziele, Dem Werk, in dem du selber unvergleichlich tagst. Versuche, Rom, in deiner Kirche das zu fördern, Wohl braucht der Mensch den Mittelweg, um still zu wandeln, Den Tartarus vertiefte sichs zur Christenhölle O Rom, du wecktest Schätze, die in Heiden schliefen, Du zogst die Welt in deinen Bann erhabner Ruhe, |
Jetzt fühle ich der Schönheit Flügelschläge, Im Norden ist die Lilie Frankreichs aufgegangen, Die Christenliebe wird in Marmorblöcken rege! Hold trägt den Fels nach Offenbarungen Verlangen! Das Leben läutert sich aus unempfundnen Qualen So trachten tausend Sonngeburten, im Vereine, Jetzt scheinen Osterglocken allerliebste Schnecken, Fürwahr, schon ruft, mit ernstem Glockenschlag, der Türmer Ihr Wesen alle, laßt euch froh zum Licht erheben, Ermüdet mag der Wandrer einen Dom bemerken, Oft mögen Wünsche domwärts in der Luft sich wiegen, Zwar darf kein Engelsbild von seinem Sockel weichen, Jetzt schweben Engel auch in holdgeträumten Reihen Das Kirchenherz scheint in Italien aufzuwallen: Sein Münster wölbt sich über Gottes liebe Sterne: Er scheint mir fast die liebe Frau auf Glas zu malen. Sie ist für mich der ganzen Welterlösung schwanger, Besonders blaß erscheint sie durch das Lenzerwachen: Da zwitschern aber alle Vögel laut im Zaume Das singt aus voller Brust und aufgeblähten Bäuchen, Doch hegt der Heilige besonders eine Hecke, Das alles ist ein Hoheslied der Erdengluten, Das singt von Höhen, die der Mensch erklimme, Nun schnitzt der Heilige, in seinem tiefen Harme, Die Sprache, die beim Trab von Virgils Vers erglühte, Ja, sie erweichte, als Franziskus sie berührte! So bleibt der Heilige bei seinem Werke bieder, Das ist ein Christus, der für alle ausgelitten. Jetzt hascht ein roter Strahl empor zur kalten Decke, Die Sünder schlängeln sich zum Heil, das Er verkündet, Wer weiß, was dieses Lämpchens Einfalt alles wittert? Er säte stets und sah die Saat, die bald erwachte; Nicht Glocken, Schwalben rufen uns von seinem Turme. |
Schon siebt die Erdenglut durch Kathedralenranken: Sie hat sich leicht in kühnem Schnörkelwerk verkrustet, Das Lebensfieber sprengt die glatten Leibesschranken! Erschaut die Glut, die in den Zinken weiterprustet, Dort harrt ein Nonnenzug und scheint den Tod zu loben. Doch höher oben seh ich Marmorengel gleißen, Doch wollen Freuden leicht die Leiden überklimmen, Dort ringeln sich und wandeln lauter Schneckenzüge, Hier ist es bald, als ob der Stein die Form empfinde O Bau, jetzt kommt der Geist, den dir Italien sandte! Das Frankentum erfaßt er in Terzinen, Dir deucht, als ob im eignen Höllentrichter Mir wirds, als ob sie Gott in sein Belieben händigte: Du bist ein Weiser, aber dennoch schon ein Christ, Doch Gnade jedem, der, ertappt, vor ihm zusammenschauert! Wie lugt die Faulheit doch, verdummt aus grauem Wasser. Dem Dichter winkt gar oft ein schreckliches Gesicht, Doch da er jeden Zufall aus der Welt verbannte, Durch innre Zwiste führt der Genius einen Strich: Dann ists, als ob ein Höllenlachen aufwärts rage, Mich wirrts, als ob ein toter Blick am Leid sich weide: Das sind die Zangen der Materie: Sünden, Seuchen, Des Schleudergeistes Ohnmacht im Geschlechtsgefechte Verdammtes kreist da, ohne Achse, ohne Pol. Da muß die Wut sich in das Welterbeben fügen, Es gibt wohl keine Rettung mehr im Sünderkot. Vielleicht hat er bereits das Paradies erfaßt? Ihm ists, als ob sie ganz aus Wut und Glast entstehe, Seht, Nackenmauern, dick bespickt mit Giftfurunkeln, O, das sind Schlünde, Münder, Feuerflammenohren, Da brennen Gluten, ohne etwas zu bekehren, Ach, ewig bleibt die Erde an Verdammten trächtig: Was sich verstellt und einwärtsschielend klug betrachtet, Da bloß als Gegensatz die Seelen heimwärts wallen! 239 |
Entreißt der Geist von Dante sich aus Höllenkrallen? Belebt, vermengt er noch dazu den Rassenschleim? Durch ihn wird manches fremde Lied in Rom erschallen! Horcht, jetzt entwindet sich sein Wunsch aus Satansheim, Denn peitscht sein Feuergeist auch im Verderbenskessel Er gibt der Christenheit ihr Rechtsbewußtsein wieder, So gilts aus diesem sich im Geiste zu befrein, Wo Dante Büßer durch ihr Seufzen kühn verkettet, Des Handelns Einklang hat der Dichter ausgesprochen: Verbunden müssen sie dem Heil entgegen wandern, Einst wirst du stark wie irgendwelches Urerbeben, Denn einst genesen wir vom Fieber, das uns schüttelt, Das Christentum vermochte sein Genie zu schwelen: O du Verbannter, unerfaßbar herber Dante, Du suchtest frische Dornen unter Tempelscherben Du sahst, wie lang der Geist auf Christum hingewiesen, Selbst Aristoteles ist jung in dir erwacht, O Dante, nun verstand dein Geist nicht bloß das Leiden! Damit sich jede Tiefenglut zu Gott entlade, In allen Völkern sollte sich das Heil beleben, Seht, alle Völkerengel schweben auf der Himmelsleiter O, daß nur keiner seines Fühlens Echtheit scheue, Alltäglich wird das Paradies von uns erklommen: Der Chor im Himmel will das Wohl der Wesen loben, Erscheinen Engel, die sich Tatenglanz erwarben, Sie suchen sich zugleich im Fühlen zu verbünden Oft wollen wir zu Gott mit goldnen Glocken sprechen, Die Zeit durch mich, die einstens urharmonisch schwieg, Die Klangrubine, die ganz klar in uns ersprossen, Du volle Allgewalt, die durch die Seelen schallt, Ihr Fieberblüten, letzter Wünsche Wollustgärten, Aus Zauberbeeten mag die Himmelssehnsucht hauchen: Seht, nun entstehen Engel ohne deine Fehle, Nun wogt ein grüner Frauenchor zur Gnadenquelle. Nun braust auch diese schon, berauscht durch Schöpfergaben, Wahrhaftig, Kinder singen hold auf Wolkenpfühlen. Ein Saumschwall innrer, regenbogenglanzumkreister Unfaßbare, unendlich letzte Geistgewalten Fast unsichtbar sind ihre lila Cherubschwingen, Hoch thront die Mutter Gottes hehr im Engelskreise, Der Mutter Wesen ist aus Menschlichkeit gewoben: Des Mondes Todessichel starrt zu ihren Füßen, Und andre trachten, sich zum Krönungsreif zu runden, Ganz makellos erstrahlt, wer unser Heil geboren! So schwellt des Weibes Minne ihre hellen Brüste, Die Welten scheint ein Fünkchen Güte aufzubauen! Der Mutter Wangen können alle Tränen saugen. Wie Arme Hände werden, wird die Macht zur Milde, Aus dem Profile ragt das hohe Gottvertrauen: Dir wirds, als ob die Auen ihr ein Opfer brächten, Mag doch der Duft an allem, was ihm hold ist, haften, O seht, wie Düfte sie gar einfältig bedecken, Daß ewig Düfte sich um ihre Glieder wellen, Ich seh ein Hemd, gewoben aus dem Hauch der Mandeln, Die Sonne scheint für dich, Marie, den Strauch zu hegen, Denn Königin, du zeigst dich nun in Purpurbauschen: Denn Veilchenhauch legt dort sich auf die Mantelfalten, Wer tritt nun schaudernd durch die goldnen Himmelstüren, Doch ists, als ob er Leben in Gebilde flöße, Er scheint mir selbst ein Baum mit reichen Blütenzweigen, Er lauscht, wie andre gegenseitig sich verklagen. Genie, wer trachtet nicht dein Wesen einzuschnüren? Bald wird die Wurzeln dir der Nageneid verderben, Doch Dantes Lebensbaum hat sich stets mehr belaubt: Ein Engelschor, den seine Seele wirklich wähnte Und vieles, was der Mond zerrüttet hatte, heilte! 246 |
Rom, du Stadt des Heiles und der großen Wunder, Du Licht des Glaubens, das die Christenheit durchleuchtet, Wir alle fühlen uns durch deinen Trost gesunder! Ihr Aussatzkranken, die ihr euer eignes Weib verscheuchtet, Kein Papst vermag es, Eiterwunden zu bewässern, Von Sünden aber wird der Mensch in Rom gereinigt: »/nDort, wo die Märtyrer das Gnadenwerk vollstreckten, Wie mancher sich, von Rom aus, wieder heimgewendet, In junger Pracht erwachten schon Toskanas Hecken, Auf allen Wegen sahen sie sich Leben regen, Verschiedne Wirte nach den Pilgersäckeln schielen, Dann kam ein Wirt, die Pilger in sein Haus zu führen, Dann wollten sie behaglich auf die Mahlzeit warten, Es waren Schwestern mit denselben schönen Zügen, Sie riefen alle drei: »Ich hätt es nie gelitten, Ihr goldnes Haar durchblitzen Prachtjuwele, Sie wollten jetzt schon viele Reize offenbaren, Die zweite schien bei jeder Kopfwendung zu bangen: Der Jüngsten Art und Scherze schienen zu bekunden, Wie sie das Köpfchen sanft an ein Geländer lehnte, Denn keine Blume will, daß sie verblätternd welke! Der langersehnte Jüngling war nunmehr im Garten, Kein Zweifel hat den Fant, bei seiner Wahl, behindert. Rasch reichten sie der Braut, die nun am Bräutgam lehnte, Als dies der Fremdling sah, so mußte er darüber brüten, Dort hörte er, statt holder Freierserenaden, Wie Abendvögel kamen Männerstimmen angeflogen, Sie sangen: »Schenk die Gnade uns, die wir von dir erflehen! O steig hinab zu unsers Herzens Glutenschlünden Maria, geht ein heißer, langer Tag zur Rüste, Die Sterne sind in deinen Mondlichtschleier eingewoben, Gar tief erfaßt man dich in seines Wesens Glaubenskerne! Als du den ersten Liebesblick ins Weltendunkel senktest, Bald wandte sich der Sonnenball hervor aus Lustgewittern, Ward dann ein Schöpfungstag auch durch des Bösen List verdorben, Wie konnte dieser Sang nun eines Pilgers Herz beschweren, Ein andrer Pilger, der nach Haus zog, sollte so ihn finden. Schon winkt der Friede dir, nach einer solchen schweren Reise, Er stöhnt: »Verteufelt war von Kindheit an mein ganzes Leben!« Er ist kein Greis, ob er uns auch mit weißem Haupt behüte, Auch schiens, sie streife zart den Schnee herab, daß er zerrinne: »Umsonst ist meine Pilgerfahrt, ganz nutzlos mein Bestreben!« Der Böse will aus meinem Ich sein Teil zusammenroden, Die Seele fleucht den Leib bereits, die Seele, die verfallen! Ich war fürwahr ein herber Kerl, ein wüster, trüber Degen, Wie glühte da das Hoffnungsrot empor aus Sternennöten: So muß die Schönheit in der Welt den Bösen arg ergrimmen, Doch was ich tat, war stets gewußt! Mein Sinn war nie umnachtet, Verdammt bin ich in Ewigkeit, ich armer Satansschüler, Der Abgrund, den ich selbst erschuf, wird nun unendlich klaffen, Sie singen schon: Wir wollen uns im Mutterschoß vereinen, Wohl hätte jede Tat von uns mit Gott dich jung verkettet, Da jedes kleine Tun von uns um dich sich nutzlos mühte, Auch unser Abgang von der Welt kann Hader rings gebären: Ja wirklich, sieh, ihr Tor versperrn sich rostgefeite Klinken, Das rief der Pilger, und er riß sein Kleid dabei in Lappen, Ein andrer Zug, der heimwärts ging, schien langsam zu ermatten, Das stimmte an: »Es trägt der Mensch fürwahr die schwerste Bürde, Dann greifet froh nach Gottes Gunst, verzagt nicht bei Beschwerden, Da plötzlich wars, als ob die Schar ein Wunderbild erspähte, Auch schien bald eine Wurmgestalt wie durch den Wald zu greifen: Fürwahr, im Mondlicht regten sich die Reize eines Leibes, Das wartete, wie kühlbewußt auf Macht, die es schon ahnte: Und als ein Windwehn auf der Flut wie auf und nieder schweifte, So lag der Schmuck bei Tag im See, wo sich sein Glanz erfrischte, Doch konnte da die Göttin wohl die Menschen leicht entzücken, Zypressen wachten schwarz im Tal, man hielt sie leicht für Ritter, Doch schien ihr Wesen kaum der Schlaf bedeutsam zu beschweren. Das Mondlicht war das Flockenbett für mancherlei Verlangen: Die Heimfahrt ging den Wanderern nun rasch und gut vonstatten, Er sprach: »Ich bin in jenem Land ein neuer Mann geworden! Gar rhythmisch um den Leib gewellt, umwallten sie die Schleier: Dann konnt ich sie, beim Tanze, oft im Mondlicht überraschen: Mit Funkelpracht umgürten sie im Schwung die Schleierränder, Umhaucht ist jener ferne Hain von Oleanderblüten, Den Wald jedoch durchdringt der Klang von jenes Jünglings Dichtung: Dort ists, als ob der nächste Tag sich langsam mondwärts regte: Als eines Morgens, noch im Lenz, fromm auf Toskanas Matten, Sie warfen ihre Stäbe weg und gruben mit dem Spaten Nicht immer war es kunstgerecht, nein schwulstig oft und zotig, Es wußte nichts von Silbenzahl, von steifen Kunstgeboten, Ja, alle Schöpfung, die bestand, das heißt, dem Stein entragte, Dann konnte sie, fast wie der Tod, sich plötzlich fremd erheben Es ist ein Sein, auf sich gestellt, fast leidlos und verwegen, Die Erde trächtigt allerorts berauschendes Erbeben Ein Feigenbaum erscheint beinah ein grüner Wollustsprudel, Mir ists, als ob das Blütenglück am Zaun als Bohne klebte, Der eine sang: »Welch forscher Bursch kam just vom Busch dahergesprungen? Er ist ein starkes, junges Blut Und klappert mit den Störchen!« »Der Engel deines Hasses reißt mit Hast Du träumst mit Lust von meiner Höllenqual, Jetzt steht ein Zug geblendet still, umschwirrt von Honigdüften, Sind doch die Dinge rings um sie mit einem Irisring erschienen, Und in den Lüften klar und warm schwoll immermehr das dumpfe Brummen. Doch plötzlich sahn sie einen Keil, wie eine rote Lichtzerspaltung, So zog wohl oft ein Kriegerherz, dort romwärts für sein Heil zu beten. Dann ging es fort: »Wir taten viel, um deine Freude zu verbittern, Vergießt du auch dein Herzeblut, kann sich in dir kein Zorn beleben: So konnte sich der Geist dafür entscheidend aus dem Körper recken, Dann aber kannst du, durch den Mond, des Nachts dein Sternenhaus erschließen. Dann sehn wir, hoch im Sternendom, die ewge Heilsentfaltung: Vorüber ging der Ritterzug, und bald verschwand er im Geflimmer: Sie sang: »O Mutter, hör auf uns, du kannst alleine nicht ergrimmen! Drum halte treu und sündenrein die Seele deiner Pilgerscharen, Als Mittagskleid umwallen dich die Hüllen unsers Himmelsbaues, Im Rosenhemde magst du früh dem Sternenkleide sacht entsteigen, Die Schönheit, die dein Sein umstrahlt, was dich enthüllt, ist sonnenfädig Nicht wir sinds, die dir Schönheit leihn, nein, wenn die Menschen Schönheit wähnen, So war, was man beim Pilgern sang, stets wahr und dennoch sehr verschieden, Verschiedentlich wie die Natur, blieb drum der Seelen Lichterhebung. Die kleinste Regung gab das Heil. Es sollte überall erbrennen. Die meisten mochten ihre Fehl, des Lebens Sünden tief bereuen, Ja wahrlich, Rom barg in der Welt, in sich, die größte Wunschverdichtung: Veredelten die Christenwelt doch Glaubenszwang und Alltagsleiden: Die Zukunft sehnte sich zum Volk, wie Lust und Bildung zu Tyrannen: Wer Kraft bekam, der wollte bald die Macht der andern rauben: Es können Schwert und Fegeglut zur Staatenführung kaum genügen, O Rom, wie konntest du den Rausch, der dich umschwoll, in Formen gießen? Da schiens, als ob des Franken Geist zur Pilgerfahrt nach Süden walle, Das Römertum entreißt sich nie der Erdenwucht mit einem Male, Doch wars, als ob die Erde selbst die Würde solcher Kunst bestreite, Du siehst, wie Brunellescos Trotz zur Wucht der Rustika erstarrte, So fügten Wichte Stein auf Stein gar bald nach heitern Lebenslehren. |
Im Norden aber scheinen sich Gerippe gegen Fleisch zu wehren! Der Geist, der sich von Roms Bestimmtheit weg und weiter kritisierte, Vermochte plötzlich eine Form nach eigner Artung zu gebären. 265 Die schale Leiblichkeit, die bald zur Lasterfratze halb vertierte, Man sah, berechnete Verquickungen von seltnen Unterschieden Gar manches Münster trotzte so, fast erdentrückt, den Himmelswettern Die Säule, keine Stütze mehr, erkannte sich als Rundverbindung: Mit Schillerspielen sollte Licht die Kircheneinsamkeit durchblitzen, Auch schien ein dunkler Schwermutshauch die Marmorbilder zu umgrollen, Gewänder, schlaff und faltenreich, verbauschten keusch die kleinste Blöße, Doch ward er blutentleert zu schwer, so fing die Seele an zu strahlen, O Christentum, du läßt das Herz der Leidentrückten stärker pochen, Ja, die Betroffnen eilten zu, an deinem Kreuz sich auszugrämen. Du tönst als ein Naturlaut fort und hast zumeist den Sieg erstritten, Die Witwen, Waisen folgten dir, war doch ihr Fröhlichsein geschwunden: Die alten Deutschen, die so schwer mit ihrem Heidentum gebrochen, Sie nahmen sich fürwahr zu ernst. Zu freudlos war ihr Lichtverlangen. Was er nicht liebte und empfand, verstand nach langer Pein der Norden, Doch endlich schien die Erde sie an ihren tiefsten Hort zu mahnen: Wo sich der Meister selbst erhebt, wenn er des Münsters Wucht beflügelt, Doch in sich selbst begann der Mann noch schönre Dome zu erwecken, |
*
Wohllautwolken entwirbeln im Orgelsturm Den Seen der Seelen, die Ufer zerschlugen, Denn ringsum entreckt sich ein glühender Wurm! Und rhythmenverblitzende, wuchtige Fugen Die Freude entschmettert der lüsternen Schwüle, Ein Aufschwung lichtherrlich, urwillig gesäter, Genußschreie schluchzen im Wollustgetriebe Es schlingt aus uns allen ein goldener, blasser Ein tönender Sprudel, der Sonnen befruchtet, Und braust über uns als Erlösungshosianna! 270 |
Altes Rom, der große Geist deiner Cäsaren, Dein erfrühtes Glück und deine Lustgelüste Übertrotzten jeden Wuchttrumpf der Barbaren, Nur dein Marstag ging im Sturmgebrüll zur Rüste! Denn als du die Welt, die du dereinst besessen, Ja, die Riesenkunst von Rom erstand erst später. Blutvermischung, Völkerwirbel, Rassenspeicher Seine Seele konnte selbst das Größte meistern: Peterskirche, Markstein romverlorner Schlachten, Greifen doch arenarunde Tempelarme Jener Moses, den ein Wunsch für dich bestimmte, Zuchtgebote mußtest du mit Wucht verheißen, So hat Michelangelo in seinem Moses Doch mit jenem Sklaven, der in sich das Wesen Auch in jenem andern trachtet die Gestaltung Gott! Italiens Erde ist so hold und düster, O, das Blut durchrollt die honiggoldnen Blöcke, |
Morgen wird es! Wie verfleischlicht schweigt die Frühe. Langsam atmen bloß die hellen, gelben Lehnen, Und mir ists, als ob der Geist sich Formen glühe! O du Weib in mir, wonach wirst du dich sehnen? Wirf die Nacht und ihre Hüllen stolz vom Haupte, Nein, der Tag erklärt uns nicht sein Wesen: Könnte er den Arm bereits nach Osten heben, |
|
* | |
Jetzt erklärt sich die Sixtina mir im Geiste, Und ich sehe die Propheten, die Sibyllen Eifern, daß der Tag sein stilles Lichtwerk leiste, Denn die Welt gehorcht dem vollen Jenseitswillen. Bannt doch Gott, der Herr, stets seinen eignen Schatten Dort erfaßt sich die Unendlichkeit im Herzen O das Weib, das ihn so fürchterlich erblickte, So geschieht es denn! Die Frau ist auferstanden! Doch der Genius wächst noch. Wird das Weib genügen? Schläft das Weib, ermahnt ihn sein Gewissen, Adam aber will sein Innerstes erfassen Armes Weib, du Urversuch den Mann zu trösten, Der Entschluß des Opfers ist in ihr entstanden. Rase nun, verlorner Sohn, von Schmerz zu Leiden, |
|
* | |
Abend wird es. Blasser Mann, nun darfst du rasten. Deine Unvollendung fängt sich an zu klären. Und du sagst dir ernst: wozu das breite Hasten? Doch zu spät! Der Abend kann nicht lange währen. Deine Schultern sind die scharfen Horizonte Dein gewellter Bauch ist wie die See in Häfen, O, die Nacht geht auf, und hoch im Osten glimmt es! Ihre Brüste sind die See der beiden Hemisphären, Große Nacht, ich kann dich eben klar betrachten! |
|
* | |
Stürzt die Welt aus ihrer Tiefe her zusammen? Drängt das ewige Gericht nun zum Erlöser? Eine nackte Flamme, der wir fern entstammen, Ruft uns klar zurück: wir werden religiöser! Was nicht nackt an uns ist, wollen wir verstecken, Alle Welten streben nach der Seelenmitte. Jeder darf in sich den eignen Wert erlangen, Herr, die ganze Nacht kehrt in dein Innres wieder. |
Ich fühl den Blick von einem Sterne Seit meiner frühsten Jugendzeit: Ich spielte kaum und bangte gerne, Und nur das Leid war mir nicht weit. Ich hing an mir und kaum am Leben, Ach, ich empfand die Macht von Mächten, Auf einmal ist er aufgegangen! Er lenkt mich oft aus den Gefahren Als mir das Liebste ward entrissen, O, immer strenger wird mein Wesen, Ich fühl den Blick von einem Sterne |
Karneval
Arkadien meiner Seele, nun erwache! Ich harre auf den Wind, der mich versteht, Ich warte, daß er meinen Lenz entfache: Erscheine, Geist, der durch die Wesen weht! Wie können Lieder rein in mir erblühen, In frommer Seelen bleichen Dämmerstunden Doch wird aus Menschen Glück sich zu mir bücken! |
Mir ist Italiens Karneval ein großer Dichter: Das Einsterlebte dieses Volkes wühlt er auf. Vermummen sich die braven, täglichen Gesichter, So nehmen die Gefühle ihren freien Lauf. Wohl preßt sich da der Geist zurück ins Heidenleben: Er ist der Hermes dieser grausen Lumpengötter, Die Colombina läßt sich noch als Venus schmeicheln Der Ganymed ist zum Brighella ausgewachsen. Jetzt fühlt sich jeder frei wie auf des Öta Höhen Nun kann die Juno heute nacht unmöglich schlafen, Der Bacchus aber läßt den Zeus alleine, Fürwahr, er ändert sich durchs Gehn zwischen Laternen: Was dröhnt jetzt plötzlich? Römische Legionen? Der Spaß beginnt. Nun wird es immer lauter, toller. Der Lenz erblüht bereits in den geschloßnen Städten, Im Karneval drängt alles an die Oberfläche. |
Die Dirnen erscheinen als büßende Nonnen, Pierrots, häufig Ladenverkäufer, sind stumm, Und Diebe, als Richter, zu Strenge gesonnen: Als schwanger ziehn alternde Fräulein herum. Verkrümmte verkleiden sich gerne als Krieger, Die Damen bewegen sich oft wie Kokotten Voltaire spricht ein wenig Französisch, und Dante Ein Lord mit unendlichem Pappenzylinder Seht, Bismarck führt dort eine Gans ins Theater, Die Weiber, mit männlichem Blut und Allüren, Nun fliegt wo ein Hut, und man zerrt eine Mähne Nun siehst du den Karneval selber als Prinzen Denn alles ist da tiefsymbolisch gestaltet: Doch gleich nach dem Zug kommen Mönche und Nonnen: |
Das Frühjahr ist da! Und am Korso erscheinen Die lieblichsten Frauen in offenem Wagen: Schon wollte ganz Rom seine Grazien vereinen, Das Wetter erlaubt, lichte Kleider zu tragen. Ein Mädchen, das alle Bewerber verlachte, Ei, seht das Gespann! Alle Pferde und Räder Da kommen noch reichere Kutschen mit Damen Nun taucht auch ein Karren mit bunten Ciocciaren Er pfeift auf die Redner und Volkstribunale Das Frühjahr ist da. Keine Maske, kein Spötter Bald fallen die Larven. Dann blicken die Augen Bald füllt sich die weite Campagna mit Leuten. |
O, nun leb auch ich der Freude, In mir selbst ist Karneval: Flaggen heitrer Luftgebäude Wehen jetzt mit einemmal! Seltnes Glück kann ich erfassen, Flugs verfolge ich Gedanken, Ja, ich habs: ein neuer Kummer! Alle roten Wolkensippen, Ferne höre ich die Winde, Bäume, die ich oft erspähe, Rosenhauche kurzer Stunden, Sang zu Sang kann ich vernehmen, O, sie trachten sich zu reimen, Alles mag ich fest umschlingen: Auch ihr letzten Himmelsnarben, Abend naht dir, wenn ich singe. |
Namenlos sind meine Lieder, Sagbar kaum, wie sie entstehn, Laute tauchen auf und nieder, Bis sie klar zusammengehn. Endlich freuen mich die Rhythmen, Würde ich durch die Gefühle So vertrau ich meinen Liedern Meine gutgemeinten Worte, Lispelt leiser als die Blätter, Findet ihr ein keusches Wesen, Namenlos sind meine Lieder, |
Ich will in einem Park den goldenen Abend feiern Und träumen, wenn die ersten Sterne sich erschaun. Dann blickt auch mein Gemüt aus Amethystenschleiern Und fängt im Traume an, Erlebtes zu betaun. Dort blinkt schon einer. Und nun gleich ein zweiter. In die Musik will ich mein schweres Leid versenken: Ihr Brunnen seid zu laut zu solcher Klärung. Ein Friedhof ist bereits ein Paradies auf Erden, Die Numen schlummern nicht. In einer kecken Laune Ich kann mich nirgends still mit stummem Grün umfrieden, Die Götter schlafen nicht. Wo ich auch träume, wander, Fürwahr! Hier schweigt und schlummert diese Wiese, Ich schweife weiter. Lauter dichtes Flüsterdunkel Carrara-Schwäne harren blaß an einem Wehre, Der Lorbeerduft und Harzgeruch der Parkzypressen Ein leiser Weiher spiegelt still den Großen Bären. Ich zieh den Teich entlang und denke an die Numen, Was bannt mich fest? Was will sich mir erklären? Doch sehe ich die Tiergestalt sich trotzdem spiegeln, Ich mag mich abermals im Lorbeerhain verlieren, Der Garten selbst verschlingt in sich Italiens Schätze, Jetzt ist der ganze Park noch kalt, verwildert, finster, Und dann umglühen Käfer offne Purpurblüten, Da glänzt mein Pfad! Ich werde nun zu Menschen treten. |
Ein blendendes Treppenhaus hält mich umfangen. Ich weiß nicht, wie leicht durch die Knäule und Schlangen Von Masken und Schleppen zum Saal zu gelangen. Treppauf und treppab seh ich Dominos fliegen, Sich schwarz oder bunt durch die Festgruppen schmiegen. Das wirbelt und plaudert. Das blendet die Sinne. Das funkelt und flunkert von flüchtiger Minne. Das fächelt mit rosigem Fächer noch Scham Ins blasse Gesicht eines alternden Gecken, Der eben sich etwas zu eifrig benahm. Ich sehe mit Küssen sich Arme bedecken. Dort wirft eine Dame den Handschuh zurück; Ein Jüngling berührt ihre Spitzen voll Glück; Und niemals bemerkte ich Kleider, Geschmeide So sehr, als wenn Larven die Züge verhüllen. Jetzt heben sich Finger behandschuht zum Eide, Erwünschtes verspricht sich hier bald zu erfüllen! Noch ist das ein Vorspiel in rauschender Seide! Ich selbst aber sehne mich weg von den Stiegen Und trachte mich langsam ins Innre zu schmiegen. Auch schweift schon mein Auge durch flimmernde Zimmer, Rings spiegelt sich Flitter und Lüsterlichtschimmer. Ein Walzer fängt an, manches Paar zu beschwingen Und rhythmisch den festlichen Saal zu durchklingen. Jetzt wirbelt und tanzt alle Welt durcheinander, Im Umkreise protzen verlaßne Matronen. Jetzt streifte mich eben ein Prachtsalamander! Ein Zwiegespräch könnte sich allerdings lohnen. Doch ist er bereits unter Feen verschwunden. Nun faß ichs, es handelt sich hier um Sekunden! Die nächste Entstiegene lohender Gluten Wird sicherlich gleich, wo es sei, angehalten; Vergnüg ich sie dann bloß auf kurze Minuten, 290 So fürchte ich nimmer die roten Gewalten! Ein Domino, schwarz wie die Nacht in den Meeren Trägt Perlen im Haare. Ich sah ihn schon früher. Vielleicht sind das Schnüre urkünftiger Zähren! Wer weiß? Er ist lustig, denn viele Bemüher Und junge Erglüher umschwirren ihn heiter. Nun lassen wir sie, und lustwandeln wir weiter. Die Kerzen umschimmern schon flimmernde Schleier, Und Wandspiegel geben sie kugelhaft wieder; Fürwahr, oben hangen jetzt durchsichtge Eier Und gießen ihr Irislicht rieseldicht nieder. |
*
Kurz nur treffen sich die Blicke, Jedes denkt an heitre Dinge. Knüpft durch eine Zufallsschlinge Hier der Augenblick Geschicke? Ist ein Ansturm wo geglückt, Plötzlich wird dort hell gelacht. Ward ein Fall ans Licht gebracht? Jede Laune wird zerpflückt! Skepsis ist des Faschings Wesen, Seine Freude Medisance, Lauter kleine Antithesen Geben Witzen Resonance: »Seht im Spiegel jene Damen Haben Häubchen wie ein I, Passen wirklich in den Rahmen!« Lacht ein Täubchen mit Esprit. Hier ist alles Rokoko, Blütenbüschel schlüpfen sacht Aus der Zierat blasser Pracht. Engel sitzen ohne Tracht Wolkenhoch auf dem Popo, 291 Feen schweben im Trikot Über unserm Erdniveau; Alle sind galant und froh. Masken geben Rendezvous Vor der Hand nur Fuß an Fuß: Gottseidank inkognito! Überall wird kokettiert, Herzen brennen lichterloh, Jeder Witz ist unmaskiert, Wehe jedem, der sich ziert! Hier kommt alles à propos, Nur! wo bleibt mein Domino? Schwupps! da huscht er durch den Saal! Maske, hab ich dich einmal! Mut, mein zugereister Mann! Sprechen wir sie höflich an: »Magst du, Maske, mir Vertrauen schenken, Möchte mich um deine Gunst bemühen, Laß den Blick in deine Seele senken Und den Fall der Larve hold verfrühen. Wenn zwei Menschen Gleiches denken, Kann ein Blick ein Ja versprühen, Unser Fühlen hold zur Liebe lenken Und die Herzen aneinanderglühen!« Meine Kühnheit hat gefallen, Denn ich bin schon eingeladen, Plaudernd auf und ab zu wallen, Und nach heitern Promenaden (Kann ich wirklich amüsieren) Ernste Themen zu riskieren. Doch vor allem will ich loben: »Holde Maske, du bist prächtig, Deine Schönheit mitternächtig, Perlen, die du rings verwoben, Gleichen deine trauten Augen, 292 Die nicht für die Erde taugen.« »Nicht so schnell, das Paradies«, Heißt es jetzt, »ist furchtbar weit, Und da man mich draus verstieß, Trag ich jetzt als brave Maid Mutig jedes Erdenleid!« »O, das ist die Einsamkeit«, Fall ich ein, »voll Bitterkeit! Täglich schlag ich eine Schlacht, Mein Alleinsein gibt mir Macht, Du jedoch bist wie die Nacht, Weib und schwarz und voller Pracht!« »Müßte dich erst ganz erproben, Kannst bestimmt auch andre loben!« »O, bewundern kann ich viele, Manche«, sag ich, »hat Geschmack, Helles paßt zum Faschingstile, Schwarz jedoch zu meinem Frack!« »Schließe nicht nach dem Gewand!« Hör ich, »Mann aus fremdem Land, Oft verbirgt die schwarze Hülle Weißer Schönheit Überfülle!« »Ganz und gar nicht, glaube mir,« Fall ich ein; »Gewand und Zier Sprechen offner als ein Mund: Deine Seele ist ein Schlund! Weißes Fleisch ist ein Geschenk: Deine Schönheit dir zu eng, Durch die Larve, nicht die Haut, Hab ich ganz in dich geschaut!« »Was du sprichst, ist zwar gewagt,« Wird als Antwort mir gesagt, »Doch es freut mich immerhin, Deine Worte haben Sinn. Willst du mit mir plaudern gehn? 293 Hier, wo sich die Paare drehn, Die Musik von Liebe girrt, Werd ich ganz und gar verwirrt!« »Auf ein recht vertraulich Wort«, Sag ich, »geh ich gerne fort, Hier im Saal ist es so warm: Schlanke Mohrin, deinen Arm Und zugleich die kleine Hand, Als ein erstes Freundschaftspfand! »Alma dürfen Sie mich nennen, Doch von nun an, bitte: Sie. Sollen lieber gleich mich kennen, Denn Sie haben Phantasie. Stellen Sie sich wenig vor, Schließen Sie nach meinem Ohr, Das ist klein und etwas rund, Und so ungefähr der Mund!« »In die allerliebste Muschel«, Sag ich, »wispert sich kein Sie, Du und du wirkt im Getuschel Voll von dunkler Harmonie!« »Nun so muß die Larve fallen!« Heißt es nun mit Energie. Was nun folgt, kann mir gefallen, Dieses Weib hat Poesie! Kaum eine Sekunde Sah ich das Gesicht: Auf die Augen, hin zum Munde, Flogen Blick und Herzenslicht. »Werte Dame, Ihre Blicke Gaben mir den ersten Stich, Doch ich glaube an Geschicke Und verstehe manchen Schlich. Wollte mir daher vertrauen: Frauen sind nicht fürchterlich, 294 Doch gesteh ich, Ihre Brauen Triumphieren über mich!« Kaum bin ich damit zu Ende, Reicht sie mir vergnügt die Hände: »Dem Besiegten«, sagt sie, »Gnade! Sei'n wir offen und gerade, Eben noch voll Prüderie, Hab ich jetzt schon Sympathie!« »Nun so wandern wir denn weiter, Flüchten wir von Saal zu Saal!« Meine ich vergnügt und heiter, »Menschen sind mir eine Qual! Sehn wir lieber durch das Fenster, Hinterm riesigen Kristall, Auf die silbernen Gespenster, Dort beim großen Wolkenball!« »O da bin ich gern dabei, Was ist, bitte, Poesie? Sehe sie in allerlei, Doch ihr Wesen faß ich nie!« Wie mich das die Dame frägt, Sage ich ihr unentwegt: »Treue Freunde, Traumgebilde, Jeder Ahnung Wahrgestalt, Unsers Wanderns Mondgefilde, Gar kein Ziel, ein innrer Halt! Lebenshauche unsrer Lieder, Frühjahre der Seelennacht, Hier an Ihrer Brust der Flieder, Der mich bang und froh gemacht, Aller Dinge Melodie, Nicht der Glanz, doch das Genie, Tiefste Wirbelharmonie, Ist ganz greifbar – Poesie!« »Jene Dame dort im Saale 295 Scheint mir schön geschmückt zu sein, Ja, schon ists mir, als verstrahle Sie den klarsten Sonnenschein: Ihre Tagsmaragden leuchten Und, ich sagte gern, befeuchten Wie ein helles Quellengrün Wiesen, wo Narzissen blühn!« In die Rede stimm ich ein: »Sehn Sie dort, im Kerzenschein, Ruht ein Weib fast mitternächtig, Nur Rubine und Granaten Übersprühn es urbedächtig: Skeptisch gegen Tagestaten Scheuen sie fast jeden Laut! Doch auf ihrem Haare graut Schon des Morgens Perlenschimmer, O sie tagen, tauen immer!« Ihre Larve fällt herab! Scham und erstes Morgenrot Sah und haschte ich noch knapp, Und ich weiß, was mich bedroht! »Kommen Sie, doch vor den Leuten Bleibt es noch beim alten Du! Dieses Sie darf nichts bedeuten!« Meint die Maske voller Ruh. »Nun das sei! Um Mitternacht Sag ich sowieso dann Sie, Maske, durch deinen Esprit Wird die Zeit mir kurz gemacht!« Kaum erst ist das ausgesprochen, Werden laut wir unterbrochen. 296 |
*
Jetzt wirbeln und rascheln im Saal Tamburellen, In Seide gekleidete Masken umtollen, Als Eidechsen, Falter, Insekten, Libellen, Bacchantinnen, die ihre Spenden entrollen. Mit Reben umgeben sie Fenster und Türen. Jetzt tritt Aristophanes selbst auf das Podium Rosaura hat eben den Hausstand zerschlagen: Das alles erklärt von olympischer Warte Nun schenken uns Faune ganz reizende Tüten; Das Weib am Kothurne entschuldigt sich heiter Aus Hellas, homerisches Riesengelächter! Auf einmal erscheinen im Saale Laternen. »Sie sind dem eleusischen Dunkel entstiegen Nun wird meine Maske, dann ich von Laternen Gottlob, die Prophetin fährt fort: »Die Laterne Wohl will meine Maske nicht wegsehn. Verlegen Der Blumen verstreut, rasch im Pantherfell auf. Verschiedene Zwerge mit kreischenden Stimmen |
*
»Folge mir aus diesem Saal, Hier ist alles zu konfus, Das wird fast ein Bacchanal!« Sagt die Maske: »Billigst du's?« »Nein, ich gehe gerne fort,« Sage ich sogleich erfreut: »Sprechen wir ein trautes Wort, Sinnlos, aber doch gescheit!« »Sehn wir jetzt dem Windfest zu!« Sagt die Maske überrascht, Wie sie plaudernd, ganz im Nu, Hoch ein Mondgesicht erhascht. Hinterm Fenster sehen wir Wolkenrosse Leichen ziehen, Und ein helles Silbertier Glotzt in Chaosharmonien. »Willenlose Wirbel sind Wilde Beute ohne Herrn,« Meint die Maske; »jedem Wind Folgen, geben sie sich gern.« »Flockenwolken stocken dort!« Fall ich in die Rede ein, »Scheuen sich in einem fort, Formen oder Gischt zu sein.« »Nebeltüten öffnen sich, Weiße Kelche gehen auf,« Meint die Maske feierlich, »Sieh den dichten Irishauf!« »Welches fabelhafte Gold, 299 Welche große Pollenwut«, Sag ich, »sich dort hoch entrollt Und dann überm Monde ruht!« »Gehn wir weiter, möchte jetzt Eigentlich am Meere sein!« Sagt die Maske: »denn zuletzt Sah ich es im Mondenschein. Ringsum perlte der Kies, Lauter Wünsche huschten auf, Alles zerrte, schwirrte, stieß Ohne Anfang und Verlauf.« »Habe ich nicht recht geahnt, Als ich sagte, daß dein Geist Dich an dunkle Hüllen mahnt?« Frage ich die Maske dreist. Sie erwidert: »Sicherlich Hast du recht, zu recht gehabt, Doch ich fühle, innerlich Wird die Trauer weggeschabt.« »Nun, so wollen wir im März«, Ruf ich froh, »aufs Land hinaus. Ja, es pocht bereits mein Herz Mit dem wilden Meergebraus, O, der Lenz kommt ungehemmt, Fühlst du ihn nicht aufwärtsziehn? Windeswogen überschwemmt, Wittert ihn der Apennin! Jeder Wuchtcharakter beugt Endlich sich vor Lust und Föhn, Jede Wandlung, die er zeugt, Macht den Leichtsinn wunderschön. Hat doch alte Erdenkraft, Mit der Sonne hold vermählt, Den Planeten umgeschafft, Daß er selbst den Gott erwählt, 300 Der sich ihm als Rausch entrafft.« »Deinen Fels erklimm ich nicht, Meine Seele liebt die See, Dir zu folgen wird mir Pflicht, Doch bedenk auch du mein Weh! Unser Urgeburtenmeer Zog mich fast zurück zu sich. Schon ward alles ringsum leer, – Und die Leere fürchterlich! Doch man hat mich aufgefischt; Die Erinnrung aber war Schon im Busen aufgefrischt, Und nun wird mir völlig klar (Weiß ich auch nicht recht warum), Daß ich nichts entfalten darf. Irgend etwas wehrt mirs stumm, Damals aber sah ichs scharf! Doch ich liebe noch das Meer, Wenns dem Nichts entgegenschäumt Und erbärmlich hin und her Sich verschlägt und wild zerträumt! Schäumt was, glaub ich fast, da sträubt Etwas sich, nur Wind zu sein, Doch sowie der Schaum zerstäubt, Gischtet es dann frei und rein!« »Ja, wohl sträubt, wohl bäumt die See Gegen ihr Zerstäuben sich, Schäumend schluchzt sie noch Ade Und enthaucht dann bitterlich!« Fall ich ein, dann faß ich mich: »Schwarze Maske, lasse das, Komm aus diesem Witterstrich, Ohne wirklichen Verlaß, Rasch zurück zum Maskenfest! Tritt ans Fenster! Monderhellt 301 Stehn dort Wesen felsenfest, Blicke in die äußre Welt!« »Siehst du jenen Tropenbaum, Sterne spähn durch sein Geäst, Goldig sah ich ihn im Traum, Und darauf ein Schlangennest!« Sagt das schwarzverhüllte Weib, Atmet tief und fährt dann fort: »Gar nichts hatte seinen Leib, Tiefum wogte Gottes Wort. Früchte bunt und schlangenrund Sah ich ohne Zeit und Ort. Eine führte ich zum Mund: Und da war ihr Ast verdorrt. Ich verbiß in Felsen mich, Durch die Zähne troff die See, Und der Erde Vipernstich Fühl ich noch als großes Weh!« »Komme fort und sieh mich an, Weg von dir und jener Welt! Hänge dich an deinen Mann, Sieh in ihm ein Lichtgezelt. Was du schaust und hier erfährst, Das bestätigt, was du bist!« Sage ich: »denn du bewährst Tiefer dich als Ziel und Frist! Wenn man wirklich innig liebt, Brauchst du keinen Wunsch zu fliehen Was ein einzger Mensch vergibt, Hat schon Gott durch ihn verziehen!« »Sei mein Freund und steh mir bei, Nimm den Ring von meiner Hand, So! Nun bin ich endlich frei!« Sagt ein Weib mir urverwandt! 302 |
*
Mitternacht! Mitternacht! Mitternacht! Mitternacht! Mitternacht! Mitternacht! Mitternacht! Mitternacht! Mitternacht! Mitternacht! Mitternacht! |
Mitternacht! Die Larven fallen. Man erkennt sich, jubelt laut. Walzer wallen durch die Hallen. Keinem Gaste bangt und graut. Die Isis wird bewußt Und entschleiert sich der Sonnenwelt. Jubel sprudelt aus der Göttin Brust: Ihre tiefe Einsicht überwellt Urgesuchte, weltverliebte Lust. Wollust wird zu Gott geschnellt. Ich beschenke dich mit Blumen. Du trinkst mir zu, man wünscht und hofft. Blütenreif bedeckt die Krumen. Der Nordwind geistert und erschreckt uns oft. Was sieht, nimmt einen Flor. Völker überziehen sich mit Scham. Ostern glüht jetzt überall empor. Geist entsteht. Wer weiß, woher er kam? Mein Weib und ich sind eins. Eins im ewiggroßen Weltgebraus. Glücklich unseres Zusammenseins, Ruhen wir vom langen Wandern aus! |
*
»Alles Fühlen, alles Denken Ist ein fremdes oder fernes Insichselbstsichtiefversenken!« Sag ich: »Jeder Mensch erlern es. Doch vor allem soll es gelten, Sich persönlich zu verschenken: Licht aus seinen Seelenwelten In die Nächsten zu versenken. Alles Sehen, alles Lieben, Ist an sich das wahre Leben, Bloß die Hoffnung ist geblieben, 303 Die Ereignisse entschweben!« »Das Gebrause, das ich höre, Ist wahrscheinlich wirklich wahr, Lauter unsichtbare Chöre Singen uns als trautes Paar. Winde wälzen Wolkenwogen Unaufhörlich himmelwärts, Für die Liebe ausgezogen Wuchtet auch in uns der Schmerz. Dieses Ineinanderbranden,« Sagt mein Weib, »ist wunderbar, Oft geht da der Blick abhanden, Doch auf einmal wird mirs klar: Immer neue Wünsche winden Tief sich in ein Urgemüt, Können nie das gleiche finden, Da es sich zu dauern müht Und in stillen Freiheitspeichern Immer fester sich erfaßt, Und so glaub ich, wir bereichern Uns auch fort und ohne Rast!« »Willst du nicht zum Fenster treten?« Frag ich: »doch dann sprich nur weiter, Siehst du dort die Statue beten? O, die Mondnacht ist nun heiter!« |
*
Der Mond umfaßt die Glieder eines Knaben, Und seinen Leib bedecken Perlenschnüre. Ist das Verzückung, starres Lustgehaben? Die Schatten dauern still wie Liebesschwüre! Der Mond will sich am weißen Marmor halten, Der Grieche scheint die Mystik einer Seele Ein Schein wie Milch umfließt die weißen Glieder, Jetzt scheint das Licht sich schweigsam zu beleiben |
*
»Schwermutwolken kann ich wittern, Gehn wir nicht zurück zum Fest? Träume wollen uns erschüttern, Werde mein und halt mich fest. Furchtbar fühl ich schon die Stunden, Da man lebt wie jeder lebt!« Sagt mein Weib: »Ich liebe Kunden, Wo der Mensch sich überhebt!« »Meinst du jene Lichtsekunden, Da man selber sich entschwebt, Da die Mühe überwunden, Weil sie nieder von uns strebt? Ja, mit jedem Flügelschlage Schließt man Gräber unter sich, Denn die Zukunft aller Tage Wirkt in Dichtern innerlich! Doch für heute laß das gehn, Höhen hat die Erde auch, 305 Und ihr Wesen ist: Gestehn! Doppelspiel ist Frauenbrauch! Worte«, sag ich, »kannst du zügeln, Sterne aber scheinen wahr! Blicke kann ich kaum erklügeln, Immer sind sie offenbar!« »Nun, so komm, wir wollen schweigen, Glücklich lehnt sich Traum an Traum, In uns selber aber steigen Traute Stunden aus dem Raum. Sieh!« so spricht mein Weib, »wie innig Hier der Saal sich selbst beseelt, Wie sich alles still und sinnig, Minnig fast in Pracht vermählt. O, der Raum fängt an zu sagen! Ruht er schon vom Feste aus? Schweigen ist das tiefste Fragen, Horch! Hier lispelt jetzt das Haus!« |
*
Marmorsäulen sind mit reicher Steinmetzarbeit dicht umlaubt, Tragen dumpf der Fenster Bögen. Karyatiden halten Wacht, Bleich im Narrenspiel der Menschen, stumm im Wechselspiel der Nacht, Und die kleinen Nischensäulen sind gewunden und geschraubt. O ihr weiten, fernen Zeiten! In der Seele wachgerufen, Große Römervillen werden Ruheplätze der Natur, Im Gedanken freie Schwärmer, Philosophen, Forscher, Dichter, Sterne und ihr Nachtgefolge ziehen durch ein stummes All. Stille Treue zu den Sternen ist das Leben der Planeten, Aller Sterne Feuerblüten schleift in sich der Weltkomet, |
*
»Sieh, im Tanzsaale die Paare! Hofft dort jemand was wir fanden? Denn was ich nun tief verwahre, Hab ich früher nie verstanden. Sage du mir,« spricht mein Weib, »Wie soeben alles kam, War ich dir bloß Zeitvertreib? Sage, wie ich mich benahm.« »Nun, wir haben traut geplaudert,« Gebe ich zur Antwort, »endlich Hab ich nimmermehr gezaudert, Alles schien uns unabwendlich! Holde Anmut deines Wesens Hat mich innerlich bewegt Und die Ahnung des Genesens Plötzlich in mein Herz gelegt. Traut beginnen meine Lieder, Bis ich Höhenlust erwühlt, Schwer nur faß ich mich dann wieder, Doch so wie ich dich gefühlt, Holdes Weib, blieb ich hienieden, Deine Augen hielten Wacht, Riefen mich und strahlten Frieden. War das meine letzte Nacht?« »Deine letzten finstern Stürme!« Sagt mein Weib: »An meiner See Bau ich unsre festen Türme« Daß ich dich beruhigt seh!« »Richtig!« ruf ich: »Deine Blicke Senkten gleich sich in mein Sein, Lenkten schon unsre Geschicke, Denn ich fuhr im Hafen ein. Wahrlich, so ist es gewesen (Jetzt entsinn ich mich vielleicht): O, ich war ein wirres Wesen, 308 Habe nie mein Ziel erreicht! Schifflein waren unsre Reden, Wiegenspiele muntrer Fahrt: Mit der Flagge eigner Art Sollten ernst sie sich befehden. Gut gerüstet als Piraten, Haben meine aufgepaßt, Deine sollten dich verraten, Da du dich verkleidet hast!« »Ja, die Wimpel meiner Laune«, Sagt das Weib, »verrieten mich! Wirklich wahr, ich denke, staune: Alle ließen mich in Stich!« »Ich verfolgte sie im Treffen, Hofft ich doch, daß ich verlor, Ließ oft eigne Segel reffen, Sieh, und dennoch kam ich vor! Hinterm Damme deiner Zähne«, Mein ich, »rüstetest du fort, Plötzlich fiel da eine Träne Auf das flinkste Kaperwort. O, da ist es gleich gesunken, Beide tauchten wir danach, Alle Mannschaft ist ertrunken, Unsre Schlacht ward unsre Schmach; Jene Perle liegt im Meere, Und wir denken noch an sie: Tot sind unsre muntern Heere, Alles schweigt aus Harmonie!« »Bleib in meinem sichern Hafen,« Sagt mein Weib, »ich halte Wacht, Selbst die Träume sollen schlafen, Ferne braust die dunkle Nacht!« 309 |
*
Die Putten, mit den schweren Fruchtgewinden, Die heute lauter Schelmerei erlauscht, Sind fröhlich, denn nun haben sie verstanden Was Liebe ist – und wie uns Lust berauscht. Die Spiegel, die Gestalten wiedergeben Erinnerungen werden wiederkehren. Doch werden hier die Samtgardinen rasten. Die Gäste fangen an nach Haus zu gehen. Nun heißt es scheiden und zufrieden bleiben: Nur lose Blumen darf ich jetzt verschenken: |
»O sei ein Lenz, mein frei verjüngtes Leben! O lös den Reif, der meine Seele zwängt, Fort aller Trotz, ich will das Glück erstreben!« Ruft hold mein Weib: »Die Welt ist glutdurchtränkt! Mein Keuschheitsfeuer strahlt zu deiner Wärme: Mein Leib ist dein, auch folgt bereits der Geist, Fühlst du sie nicht, die flüggen Frühlingsschwärme? Sie sind aus mir in dich emporgekreist! Der starken Sprache frische Sprudellieder Entschwirren mir zugleich als Sang und Lied; Das Eis zergeht, ich habe dich nun wieder, Urewig bin und war ich bloß dein Weib. O sei mein Lenz, ich kann dich herrlich bannen, In Sehnsuchtsbächen spiegle sich dein Licht! Fängt dann der Lustschwall an sich abzuspannen, Umträume mich und schweige: schlafe nicht! O bleibe mir, daß sich die Seelen küssen, O fühle dort, wie Wunsch zum Wunsche bangt, Denn Träume sind es, die sich hören müssen, Damit ein Sein im andern sich erlangt!« Nun sage ich: »Laß an die Brust dich drücken, Uns jauchze schon, voll Übermut, ein Kind! Wir wollen kindlich, kindisch uns beglücken, Denn Lust zerrinnt: wer bannt sie, hascht den Wind? Wenn weltvernarrte Träume uns entschweben, Verspinnen Scherze sich von Herz zu Herz, Und immer mehr von uns muß sich ergeben, Der Leiber Glut vereint zu gleichem Schmerz! Nicht morgenhold sollst du mich je entflammen, Kein Scharlachgold entlohe deinem Blut, Ich scheue Freuden mit zu wundersamen Enträtselungen unsrer Geisterflut. Ich mag die Welt in voller Sonne sehen, Wo jedes Fühlen sich zur Klarheit dehnt: Wenn Mittagshauche Blütendüfte wehen, 311 Erhaben alles sich nach Reife sehnt! Mich freut der Tag, der sich von Liebe flüstert, Ich liebe Seelen, die sich ganz vertraun, Das Feuer, das in stillem Blicke knistert, Doch vor der Schwüle packt mich rasches Graun!« »O sei mein Lenz, laß mich den Traum vergessen,« Fleht nun mein Weib, »da ich gar einsam war! Das war ein Bild voll Weiden und Zypressen, Und selbst die Sonne schien nur selten klar. Nun will ich Luft und Licht und dich genießen: Schon kommt der volle Lenz, der mich erweckt, Des Winters Irisflimmer wird zerfließen, Bald scheint die Welt von Teppichen bedeckt. Wird alles Gold aus dunklem Schacht gezogen? Sieh, wie sich innerlich die Rebe wärmt: Von den Geschöpfen wird Licht eingesogen, Da Glut berauschend durch uns alle schwärmt! Ein Kuß voll Glut und Gold soll uns vereinen! O komm, zwei Ringe kühlen, fühlen sich, Wir wollen fiebernd uns gefällig scheinen: Wie bist du kalt, war das ein Stich? Wir sind ein Paar und eng verbunden, Wir liebten glühend und sind auch erblaßt, Was fremd uns schien, verblich und ist verschwunden, Und nur was beide eint, hat sich erfaßt. Was unsre Seele nicht unendlich paarte, Ist weggesprüht, in beiden längst versengt, Doch was sich heimlich, ähnlich, offenbarte, Hat sich vermengt und Frieden uns geschenkt!« Ich sage drauf: »Ich kann nur wenig lieben, Das, was mich freute, wird mir plötzlich fremd, Was mich dereinst berauschte, das ist stumm geblieben, Was hat wohl immer noch mein Glück gehemmt? Mein Traum enttauchte stets dem Abendgolde, Und unermeßlich schien sein Horizont; 312 Gestalten wandelten in meinem Solde Und haben bläßlich sich in Blut gesonnt. Ich ließ mich oft von Wünschen weiterführen Und habe Sänger ahnungslos belauscht: Ich träumte mich durch offne, goldne Türen Und ward vom Wald in tiefen Schlaf gerauscht.« »Du rastest nie!« sagt nun mein Weib: »Verbleibe! Wo rast du hin, hast du ein Ziel im Sinn? Ich habe auch die Nacht in meinem Leibe: Sie harrt auf dich, sieh, wie ich hurtig bin! Schon rauscht aus dunkeln, lebensbangen Gefühlen manches wie Verwundrung auf; Sirenen wollen nach Juwelen langen, Doch trügt der Mond sie und ein Thunfischhauf.« »Der Mond!« entschlüpft es mir: »Mit Wolkenflügeln Erweckt er pulsend kaum den Wind am Meer: Er küßt die Säume, die ihn glitzernd spiegeln, Doch grollt die See, denn grau ist sie und leer.« »Ich habe ja das Meer erschaut, empfunden,« Sagt nun mein Weib, »es sucht und hascht die Lust! Sein ganzes Wesen ist von Glück durchwunden, In Geistern, Fischen, durch und durch bewußt. Ein Irisschleier, Netze der Sirenen, Verschlingen sich um jeden Funkenschaum, Und Brisen, die sich sprühend weitersehnen, Verstrahlen flimmernd irgendwo im Raum. Das Meer genügt, vergnügt sich, ohne Mitte, Und spendet, was das Mutterland verlangt, Entgischtend flüsterts noch die dumpfe Bitte: Gib mir zurück, wonach mir lange bangt. Die Erde seufzt darauf und atmet schwerer. Da springt die Brise auf. Der Schiffe Schwarm Kehrt rasch zurück. Das Meer wird leerer. Und alles schläft dann ohne Angst und Harm.« »O sei mein Hort, mein Heim!« fleht meine Stimme: 313 »Auf heller Brise wehe ich dir zu. Daß nur mein Heimatlicht jetzt nicht verglimme, Sonst findet meine Seele keine dunkle Ruh. Du bist mein Leuchtturm, will dein Licht mich rufen? Schon wirft es mir sein langes Flammenseil. Dort ist der Hafen. Da der Mole Stufen. Ins Dunkel sticht und wühlt der Blendepfeil. Das Wasser kann allein das Licht erfassen: Ihm ist kein Stern zu ferne und zu schwer. Wird sich in dir mein Glück empfinden lassen, Und sei es schwankend nur, wie tief im Meer?« |
*
Sahst du noch nie den Fall der Leoniden? Wenn Sterne lautlos durch den Äther zittern Und ringsum sich beim Sturze noch zersplittern, Erkennst du doch den großen Wunsch nach Frieden? Blick auf die Vögel! Ziehen sie nach Süden, Dich konnt ich durch ein tiefes Wort erlangen, Jetzt glüht dein Fühlen hold an meiner Brust. |