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Jacopo Bellini
Wahrhaftig, die Trauer der salzigen Meere Erwacht uns in Jesu, dem herrlichen Knaben. Er öffnet den Mund zu erstrahlenden Gaben: Die Welt überglüht seine menschliche Lehre. Das Weltherz ist klar, wie der Schmerz einer Zähre. Maria, die Kummer der Engel erlitten, So wünscht euch die Reinheit des künftigen Windes! |
Der Schiffer
Jetzt ächzen die Flanken und Taue wie Kinder. Das Meer bäumt sich aufwärts: ein fiebernder Kranker. Noch wird so ein Wirbelturm rascher und schlanker: Die Hosen erdrehn sich, verwehn steil-geschwinder. Der Fischer bleibt taumelnd und greift wie ein Blinder. Jetzt fliegen dem Manne Schaumknäule, wie Tauben, Doch steigt schon die Bahre, im grauen Gerase, |
Das Weib
Das Kind ruft im Fieber: »Der Vater ist böse, Beschütze mich, Mutter, er schimpft mich und droht, Er ballt seine Fäuste, er naht mir im Boot Und johlt durch das heulende Wogengetöse.« Da betet die Mutter ins Wolkengekröse, Das Kind ächzt: »Der Vater ist wieder betrunken, Das Kindlein verstummt, das Gestöhne ist aus: |
Die Irrsinnige
I
Madonna, ich sah dich am sternhellen Meere, Da kamen im Winde die Toten zu mir, Dann wuchs eine Sichel mit grausamer Gier Und schnitt in die Weihe der Seelenverkehre. Ich suchte und fand keine Hilfe zur Wehre. Maria, verscheuche den Bringer der Schrecken, Ich bringe die Milch meiner Weiblichkeit dar. |
II
Um Neumond ist traumblau der Gatte erschienen. Sein Kommen verbreitete heimliches Schweigen, Gleich wollte mein Wesen sich ganz zu ihm neigen, Da war er um mich, wie ein Schwärmen von Bienen. Ich wollte sein Nahesein treulich verdienen Ich sah ihn: schon war seine Mannheit vergangen, Ich habe mich seiner teilhaftig bedünkt: |
III
Ich gab meinen Wahnsinn dem wandernden Wasser, Das schlaflose Schmachten bekam ja die Nacht! Ich habe das Lachen der Schwachen erdacht Und achte als wallender, unsichtbar blasser Erbarmungsgedanke und Warnungserfasser Auf alles, was schamhaft im Weltall erwacht: Ich habe dem Walde den Sang dargebracht Und altere nun als ein markkranker, nasser, Ja selbstnasser Stamm einer wehweichen Weide Am Weiher vom weltweiten eigenen Leide. Ein Reh wittert oft in die sandstarre Heide Und kehrt dann ins Schicksal zurück, das ich meide. Ich weiß nicht, verbirgt sich vor mir eine Weide? Ich weile im Wehwind! Wann weichen wir beide? 361 |
IV
O Meer! Ach, ich brauche von dir eine Träne! Wann mag sie dein Anblick der Seele gewähren? Da lächelt mein Kind durch den Schimmer der Zähren, Damit ich sein Mündlein im Augenrot wähne! Und wenn ich sein fernes Getändel ersehne, Bald perlen die Finger von kindlichen Blicken: Mein Glück ist nun ganz mein zertränender Harm. |
Das Märchen vom Meere
Erzähle, o Meer, mir das Märchen vom Meere, Das Lied deiner Inseln versteinerten Leides, Besinge die Klippen des schreckenden Neides, Die Wiederkehrwirbel der innersten Leere. Die Mär aller Meere ist gar keine Lehre. Die Nacht hehrer Meere kann niemand erraten. Die Fragen sind draußen genauer und rauher, |
Gewißheit
Es rollt der Löwe zweiunddreißig Sonnen, Zu seinen Füßen und im eignen Leibe, Im Sommer, nahe vor die Sonnenscheibe, Und alle Wolken sind sogleich zerronnen. Die Erde aber bleibt von Gold umsponnen Dann schlafen alle Träume, alle Schäume. Da ists, als ob der Geist zum Dingsein neige: |
Die Sonnenblume
Du Blume, die sich hold zur Sonne wendet, Ich wollte einstens deinem Wesen gleichen, In mir die Sonnenzukehr fromm erreichen, Doch etwas sagte mir: Du bist verblendet! Ich habe alle Blütenkraft verschwendet, Doch seh ich Blumen tief aus sich erstrahlen, Ich aber mußte rasch herniedersteigen. |
Frieden
Das blaue Meer verliebt sich in das Leben, Und tausend Augen sind uns wohlgesinnt: Ja, schon beginnt der Hauche Tausch, der Kräuselwind! Und lauter Herzen fangen an zu beben. Bald wird das Meer sich wohl zum Ufer heben. Ein blauer Schmetterling hat sich verloren. Mein Herz, dir werde nicht auf einmal schwer! |
Orpheus
Den Inselkranz bewachsen kalte Farren. Der Tauwind weht vom Süden und vom Meere. Der Regen stürzt sich in die Wintersleere. Die Farren aber müssen weiter harren. Auf einmal scheint ein Rausch den Wind zu narren. Das ist ein Wundertier mit goldnen Flossen. Durchs Lied sind Liebesblüten voll ersprossen! |
Beschleichung
In meinem Traumesgrau erscheinen Lilien: Unendlich groß und doch in meiner Seele Wird ihr Erguß zum Strauß der Prachtjuwele, Und plötzlich gießt es Licht wie auf Sizilien. Im Traum verwurzeln sich nun Scheinreptilien. Das heikle Fiebergrau der Traumgewitter Und dennoch merk ich andre Albeinschleicher! |
Des Liedes Wesen
In einem Land, wo alle Dinge traumhaft schauen, An einem blauen Wundermeer kam ich zur Welt. In einer Au, die ihre Pracht verborgen hält, Begann mein Wesen seinen Rätselturm zu bauen. Aus allen Mienen dort glüht gütiges Vertrauen: Ich glaube noch an jene blauen Morgenmeere, Mein Träumen taut auf Blicken ohne Ort und Schwere. |
Einsam
Ich rufe! Echolos sind alle meine Stimmen. Das ist ein alter, lauteleerer Wald. Ich atme ja, doch gar nichts regt sich oder hallt. Ich lebe, denn ich kann noch lauschen und ergrimmen. Ist das kein Wald? Ist das ein Traumerglimmen? Erinnern kann ich mich, erinnern, bloß erinnern. Nun starr ich in den Traum, das starre Waldgespenst. |
Panik
Schon fühlen Nachtgestalten hier ihr Walten. Des Tages Wangenwärme muß enthauchen. Ihr Dinge wißt doch, daß wir Frieden brauchen? Drum trachtet nicht den Atem anzuhalten! Was mahnt, als dürften sich nun Hände falten? Nur Ruhe, Ruhe! Und zuerst im Innern. Ach was! Am Wasser laß die Plappertaschen: |
Odysseus
Das Leid, in dem ich willenlos ertrinke, Entfernt und wellt mich oft an einen Strand, Vielleicht in aller Sehnsucht Mutterland, Von dem aus ich den andern Träumen winke: Und wenn ich drüben meinem Selbst entsinke, In jenem Osten bin ich oft gewesen. Man wandelt dort fast schein- und schattenfrei, |
Verstumpfen
Du meine Seele, sei nicht so erschrocken! Wird auch dein krankes Wehmutswort verstummen, So müssen doch die Bienen weitersummen. Und surren, surren wird es noch um Rocken. Der goldne Morgen soll ja fort frohlocken, Du arme Seele, ach, du kannst nicht schweigen: Auch deine Dumpfheit wird noch weiterleben, |
Der Gesandte des heiligen Antonius
An hellen Tagen, wenn die Stunden gelber blinken, Befährt ein Mönch in einem kleinen Segelboote Die braune Flut, die eben voll im Golde lohte, Und er vermag sanft, Fische fern herbeizuwinken. Sie tauchen still und silbern auf, das Licht zu trinken, Er kann auch ruhig ohne Wind und Ruder fahren, Da ists, als ob ein Geist nur in das Segel bliese, |
Das Meer
Das Meer, das Meer beginnt ringsum zu brausen: Ich horche auf und tauche tief in Qualen, In Schlünde, ohne Licht und Eigenstrahlen, Wo bloß die grünen Schatten hausen. Den bleichen Quallen fängt es an zu grausen: Das Meer, das Meer! Was ist vom Meer geblieben! Mir heißt das Meer, du wirst hinabgezogen, |
Die Glanzperle
Im Halbmond, wenn die Sterne sich verdichten, Der Wasseratem langsam dann verzieht, Enttaucht ein Kahn, so traumhaft wie ein Lied, Und scheint die letzten Wellen zu beschwichten. Ein Seelenpaar, das Herz und Blick belichten, Wohl regt sich da kein Hauch am grauen Meere, Die Liebenden sind blaß und zart wie Schaum, |
Sonderbar
Es wird der Mond in sieben Tagen erst verscheiden. Die Katzen hörst du haß- und brunsterfüllt miauen, Im Wasser tote Silberfratzen sich beschauen, Und ringsum hörst du, hörst du, Hunde schrecklich leiden. Gestalten wirst du plötzlich huschhaft unterscheiden. Doch jetzt erwachen, dort in dir, die eignen Eulen! Die Eulenmutter mag nicht aus dem Neste steigen. |
Grau
Ich singe, wenn die seltnen Sterne glänzen, Der Halbmond sich dem Meer entgegenneigt, Das dunkle Friedensblau der Au entsteigt, Und alle Fluren sich mit Tau bekränzen. Ich singe zu den Mondschrittänzen, Doch auch in meinen blassen Tagesträumen Ein fernes Meer vermute ich dann sacht, |
Adria
Von Hellas kommt der Wind mit einem Nachen In reiner Sternensterbensstunde her. Auch perlen schon die Lüfte überm Meer, Geringe Lichtdinge um mich erwachen! Das Sichverringeln hat etwas vom Lachen: Italiens Silberwälder seh ich zittern, Erleb ich, was sein Weltgeschehn erreicht? |
Schicksal
O Morgenstern, ich wittre deine Strahlen, Du scheinst von einem Weib emporgehalten, Du läßt auf Erden die Empfängnis walten, Du bist das Ich von fahlen Scheidensqualen. Dich Erzfunken, unter den Traumopalen, Ich habe nie geliebt, wann muß ich sterben? Was tun, um Dinge, die schon urgeschahen? |
Das Eiland
Das Eiland meiner Wünsche ist vergessen, Verträumt der Hauch seiner Nachmittagswärme, Hinweg der Trauer traute Bienenschwärme, Umsonst muß ich die Lider niederpressen. Ich sehe wohl des Felsens Strandzypressen, So bleib ich denn in meinem Hain von Lichtern: Mich wiegt ein Meer. Ein Leib schnürt meinen Glauben. |
Der rote Schimmer
Am klaren Meer unter den letzten Sternen Kann sich ein Zauberschiff mit goldnen Masten, Auf denen die verscheuchten Albe rasten, Aus einem roten Wolkenschoß entkernen. Doch wenn du hinblickst, wird es sich entfernen. Doch sah ich dort einst Heilige und Frauen, Ich nenne keinen. Kenne bloß den Dürrsten: |
Die Dogaressa
Für Frau von H.
Das ist ein Weib mit morgenroten Wangen: Der Mund, gewöhnt, daß man ihm ernsthaft traue, Verschwendet lächelnd Schimmer wie im Taue, Und diese Nase wittert unser Bangen. Auch sind die Flechten goldig wie die Spangen. Um ihren Busen atmen auch die Schleier, Verwegen rasch versinkt das ganze Mieder, |
Das ferne Schloß (Miramar)
Du heller Fürst auf ewig grünen Hügeln, Noch kennt dein blaues Auge nicht das Meer, Umsonst erscheint mir deine Wehmutswehr, Du kannst auf einmal keine Wünsche zügeln. Du glaubst nur traumhaft hin und her zu klügeln, Du bleiches Schloß, das Meer hat doch gewonnen! Du sollst vor deiner Leere tief erschauern! |
Zauber
Der Vollmond ist schon da! Hinter den Feigen Siehst du ihn kupferrot und kalt erscheinen. Der Himmel hat das Blau von echten Weinen: Und seht, der Mond erblaßt beim raschen Steigen. Wie ist die Welt doch tierhaft jetzt und eigen: Schon sind sie alle da! Die Zepter, Kronen! Die fernen Glocken werden kurz nur tönen. |
Die Wasserschlange
Besorgnis überkommt mich beim Gedanken, Daß eine ungeheure Wasserschlange, In sich verschlungen, bis zum Weib gelange, Vor dessen Fenstern meine Wünsche kranken! Ich möchte dort dem Mund mein Glück verdanken, Ich darf in dieser Stadt kein Weib berühren. Ich kam nicht her, um Jubel zu vermuten. |
Die Efeuranke
Der Efeu dort am gotischen Palaste Verschlängelt sich zum marmornen Balkone: Sein Schattenwesen gleicht einem Spione, Den irgendwie ein Rachewunsch erfaßte. Es ist, als ob er wachsend weitertaste, Nun blickt der Mond um eine hohe Ecke: Der Efeu muß noch viele Zweige treiben, |
Byzanz
Jetzt mag der Mond auf Mosaiken spielen, In stillen Kirchen, die man schüchtern meidet, Beweint sein Licht den Heiland wohl, der leidet, Weil die Geschöpfe ihrem Nichts verfielen. Auch knieen blasse Schatten auf den Dielen Mein Augenblick, mein Traumgeschick wirft Schatten. Ich webe mich empor mit fernem Glanz: |
Der Strom
Im Mondlicht schwimmen immer Kinderleichen! Zwar halten manche ihre Augen offen, Doch im Kristallsarg kann man nimmer hoffen Und sucht bloß Friedensmeere zu erreichen. Verschleiert scheint das Mondweib nachzuschleichen: Geschick, was spricht zu mir? Ich leide! Wozu muß ich, ja ich, nur Schmerz ertragen? |
Übertreibung
O Stadt, in deinem letzten Dämmerlichte Verflattern Fackeln langer Leichenzüge, Als ob jetzt selbst die Flut die Glut vertrüge, Sprühn alle Ufer nun in stillem Lichte. Doch plötzlich, seht, die seltsame Geschichte: Wie, glühte nie dein Wunder zur Genüge? Nun sage, Sehnsucht, wie ich dich beschwichte, |
Einst aber
Der Vollmond naht des Meeres Silberrande, Und geile Lippen schwellen ihm entgegen, Ertrunkne siehst du sich am Seegrund regen: Gespenster lösen alle Leichnambande. Das Totenflüstern aber zeitigt Schande, Einst wird der Leib im Seelenschlund ertrinken, Gar oft, wenn sich Geschicke in mir trafen, |
Das Sonett
Wohl sollte mein Sonett den Sternen gleichen, Die blutigblau aus ihren Kernen leuchten, Zuerst den Augen Feuerkreuze deuchten Und dann auf einmal Lichtgeschimmer weichen. Doch muß gar bald das Flimmern auch erbleichen: Dann zittre, wie um Sterne, feucht die Frühe, Wünscht das Sonett, daß es die Mär gebäre, |
Der Herold des Sonntags
An perlenblassen Sommersonntagsmorgen Erscheint ein Himmelskind unter den Dingen. Ihm öffnet reiner Übermut die Schwingen, Und selbst der Wind hat wenig zu besorgen. Das freie Meer bedenkt kein andres Morgen, Der Sohn der Sonne wird in uns geboren. O bleiben wir doch ohne Ort beisammen! |
Die hohe Botschaft
Wenn Wolken windgelockert niederblicken, Entsteigt der Mittagsadler ohne Regung, Doch meint die Stille innerste Bewegung Und reicht den Morgen fertigen Geschicken. An Quirlen kann sich da der Aar erquicken, Gar hehr erweist sich da der Geist am Meere: Was da der Tag mit uns schon angefangen, |
Der Ruf
Der Sturm erfüllt das ganze Meeresdunkel. So horcht, von Osten kommt das große Tosen. Es möchte rufen, doch im atemlosen Sichüberstürzen hörst du bloß Gemunkel. Nun brüllt es auch, und zischendes Gefunkel Der Stier beginnt im Winde jetzt zu rufen! Die Murmelnden beginnen abermals zu harken. |
Der Löwe
Der Werktag schleppt sich fort in dichtem Regen. Ein Schiff wird in der Werft zurechtgemacht. Dort drehn sich Krane unentwegt mit Fracht, Und auch der Regen wird sich spät erst legen. Das klare Wasser hört nicht auf zu fegen, Im Westen ist er goldig klar erschienen, Die Menschen wimmeln durch des Löwen Odemflor, |
Serenissima
Es beben die Schwalben wie Herzen, die toben, Sie singen hinein in den siegenden Lenz, Sie feiern den Herzog der Seeresidenz, Der ausfährt, sich hehr mit dem Meer zu verloben. Wohl ist noch der Morgen in Flore verwoben, Der Doge hat stolz einen goldenen Reifen Der Herzog hat traurig nach Hause geschwenkt. |
Der Herold von Florenz
Der Herold von Florenz in goldnem Flore, In leichter, turteltaubengrauer Tracht, Der unterwegs sein Wesentum bedacht, Erscheint am Meer in einem Sonnentore. Er tritt zu einem Frühlingskinderchore, Am Strande die Gespielinnen der Wellen, Am Wasser sagt er, was die Wahrheit war, |
Die Tochter von Fiesole
Toskanas Tochter kommt voll Reiz und Scheue Zur hehren, sonnenhellen Sommersee. Ein Taubenpaar, so weich und weiß wie Schnee, Erscheint ihr da in der verzückten Bläue Der Inselwelt unter dem Flügelleue Die Tochter Fiesoles entnimmt die Blüten, Und schon die Einfalt ihrer Art beglückt: |
Des Dichters Angebinde
Am Arno stehn Zypressen starr am Grabe Der Braut, die nur ein armer Träumer sah: Der Stätte ihres Waltens blieb ich nah, Doch glaub ich, daß ich Schmerz erfahren habe. Das Lied, an dem ich meine Sehnsucht labe, Ich wägte, hegte, was ich schwer erduldet, Und das empfand ich mit gesenktem Lid: |
Die Sendlinge von Siena
Auf roten Rossen kommen stolze Boten Mit Rollen über das Gebirge her. Sie denken nach: das Amt ist schwer. Es wird ein Freistaatsbündnis angeboten. Die nordischen Despoten, Roms Zeloten, Die Reiter sind noch jugendlich und heiter: Auch merkst du nicht, daß es beim Ritte litt, |
Der Wasserfall
Das Wasser wandert durch die warmen Täler, Der Wind verliebt sich in die stillen Dinge: Jetzt will das Licht, daß alles Hymnen singe, Und seht, die Wälder werden flugs Erzähler. Ein Bündnisgeist, des Guten frömmster Wähler Es ist die Sprache das der Patriarchen. Der Ache Schleusenschlösser werden Archen. |
Der holde Mönch vom Monte Oliveto
Es denkt der Mönch: Die Seele konnt ich wahren, Ich hoffe, Gott erhält mich keusch in Frieden, Der Liebe Grauen hab ich fromm vermieden, Vertrauen mag sich stets mir offenbaren. Ich bin ein Kind mit weißem Kleid und Haaren Und doch, die Seele fing sich an zu trüben, Damit der Perle Schimmer wiederkehre, |
Das schnelle Ende
Das Grauen meines Wesens will erbleichen. Mir wird, als ob es in der Seele schneite: Das Lied ist krank, dem ich die Perle weihte, Der milde Schimmer scheint mir kalt zu weichen. Ihr lila Perlen seid der Krankheit Zeichen. Ihr Perlen wollt meinem Gesicht entgleiten, Ihr wart ein Schein aus morgenklaren Reichen |
Der Bernstein
Die Menschen lesen gerne in den Sternen Und denken an die herbe Schrift des Herrn: Ich aber wähle keine Weltenfernen Und wähne das Geschick im Wesenskern. Ich nehme einen Stein aus fremden Meeren Du goldenes Geschick in meinen Händen, Verglast in deiner Blaßheit, ahn ich Schwingen Da pocht mein Herz, du Bernstein sprichst: Sei leiser! Du wächst und atmest wie die gelbe Erde, Ach was, du bist ja atemloses Wachsen, Gesprengter Stein, in Urfels und in Fluten, Das Wasser wechselt, Wechsel schnellt sich Wellen, Nun Geist, als Sonne, komme du zu Worte! Du Seligkeit, du Ich mit Frühlingsflügeln, Entschwebe dir doch selbst, beseeltes Wesen, Vineta, holder Wortesort, erscheine! Du Wendenwahn Vineta, Wind der Wende, Du Wahneswahrheit auf dem Wanderwasser, Vineta, winde dich' empor zum Wesen, |
Schluß der Perlen
von Venedig 407
Verliebtes Weib, vernarrte, taumelnde Gedanken Berauschen mich im Augenblicke voller Lust: Wohl will mein Wesen dir in jedem Kusse danken, Und doch! Der Liebe Abgrund wird dir nie bewußt? Durch unsern Jubel zittern Reihen von Äonen, Das Atmen deiner holden Brust vermählt die Wogen Aus unsrer Liebeswonne jauchzt verborgnes Werden, In unserm Rausch verträumen jene Weltgebilde, Tief angesagter Tag! Dich binden Flammenadern: Wer weiß, was für ein Mensch jetzt in das Dasein schauert? |
Irr nicht ab, o Geist, vom Pfad, auf dem du wandelst, Frage nicht, ob du, so wie du glaubst, auch handelst, Schwärm dich aus, du magst es wie die andern treiben! Spätre mögen sich dein Denken einverleiben. Fühlte ich mich doch von Jugend an als Heide; Ja, ich spür mich eins: ein Leib und eine Seele, Singt die Seele auch auf einmal fremde Lieder, Plagegeister, ich erbau euch keine Bühne! Heute, da die Menschen alle lesen können, Für Saturn begründet man jetzt unbewußt Altäre, Opfer der Natur, ihr könnt mich nicht erbosen, |
Fronleichnamsprozession
Glocken erschallen! Von ruhmvollem Dom Locken und hallen Die Rufe von Rom! Schon folgen die Leute Dem klingenden Strom. – Sonntag ist heute – Frohlockende Glocken, Ihr greift mir ins Herz! Der Äther ist trocken, Und klar schwingt das Erz. Kampaniens Kampanen, Erweckt doch in allen Ein gläubiges Ahnen! In schallenden Hallen Ergeht sich der Geist: O Rom, du verzeihst Dem Geist, der entgleist! Der Frühling erglitzert: Von Liedern bezwitschert, Umblühen die Bäume Jungfräuliche Schäume. Jetzt tönen auch Schellen Von Klöstern, Kapellen, Und selbst bis in Zellen Dringt Jubelgetön: Ja, alles wird schön! 410 Auf schneeigen Höhn Verflattert der Föhn! Duftender Schaum Steigt durch den Raum: Das Frühlingserblühn Verschüttet das Grün. Wie, alles vergeht? Der Westwind zerweht. Nein! Bläue, die währt, Hat alles verklärt! Fromme Gesänge Beleben die Hänge. Menschliche Schlangen, Voll Gottesverlangen, Durchziehen die Felder. Dann bergen sie Wälder! Oft hör ich Gebimmel: Da seh ich Gewimmel, Auch scheinen hoch Fahnen Zu drohn und zu mahnen; Das freut wohl den Himmel, Denn niemals noch war Der Äther so klar. |
Am Volksplatze vereinen sich die Karawanen. Von Rom befreite Sklaven aller Welt Erscheinen mit geweihten Siegerfahnen Und haben sich auf Rampen kreishaft aufgestellt. Die Sklaverei wurde zum Hauptprobleme Ihr Pilger, zieht zu Ara Coelis Wunderknaben, Du Rom, entschließe dich zu neuem Kampfe, Uns ist ja Geldeswert allein im Geist entstanden, Das Werk des Vaters nachahmen ist Satanssünde, Befreite Sklaven, kommt in großen Prozessionen, Es muß auch in der Zeit, was ewig einwirkt, siegen: Fronleichnam, Ruhetag unter den Feiertagen, Dreieinigkeit besiegelt sich in allen Dingen, So zieht denn hin, die hohe Gnade soll entflachen, Wohl sind nun Jesus Christus, Moses, die Sibyllen Giordano! Ach, du sahst den Heiland in der Menge, Was in uns liegt, kann oftmals ein Gemüt erfassen, So ringt das All, sich rings aus Liebe zu durchdringen, |
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Die See ist da, um Dunst und Seelen aufzuscheuchen, Und Stürme hören wir in Liebeslücken keuchen: Ja, ja, das ist die Liebeskette der Natur, Und mitten drin im Meer entstand die Kreatur. 415 Wir Menschen sind halb Sonnenkraft, halb Erdenzwang; Die Masse ist wohl da, Gesetze zu bewachen: O Menschheit, die sich spinnenartig rings verbreitet, Du wahrst dir eifrig die Alltäglichkeit im Leben, Die eine Liebestreppe in den Wesen finden Für Kleinigkeiten Mut und Daseinskraft verlieren, So ist der Mensch sein eigener Geschicksmagnet, (Denn wißt, er droht euch rings! Und einem Riesenglücke Zu eurem Besten anders und erhabner auszunützen: Wir Menschen tauchen auf: geboren wird man nicht. Der Geist, der freie Wille können selten gelten, Sie ist ein Nichts, doch immer wieder angenommen, Ein Opfer, ein Entschluß kann das Geschick von Ländern Auch Menschen streifen lauter Freiheitsmöglichkeiten O, singt der frommen Männer Kampfchoral, Ihr ändert euch, und öfters merkt ihrs an den andern, Ihr glaubt vielleicht mit jedem Augenblick zu sterben, Der Sinn des Daseins ist bloß Handeln und Vertauschen, Verrauscht im Krieg der Mannen starke Lebenskraft, Die Geistersphären, die das All zusammenschweißen, Die Liebe aber wächst und rankt das Christentum, O kommt, ihr Menschen, mit Standarten und mit Fahnen! O singt im Sonnenlicht, singt euren Liebeschor, Wirst du an Kreuzes Statt dereinst die Sonnenscheibe, |
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Oft überkommt die Gaffer bei der Prozession Gar leicht, besonders wenn es heiß ist, Schlummer. Und so verduseln viele Leute ihren Kummer, Sie denken nicht an Mutter, Gatten, Sohn. Was sie bewegte, sehn sie nur als ferne Bilder, Für sie würgt sich der Zug nur schwer durch heiße Gassen, Die Weiber, meistens Mütter, kommen nun zu Gruppen, Den Schein und dessen Anmut wahren sie dem Leben, Wie herrlich ist es, euch noch fromm und stark zu sehen! Sie ist zwar leiblicher und auch viel erdennäher, Drum liebt die Erde wohl die Frau am allermeisten Des Gischtes Frische mit des Riffes Schliff vermählt, Die Abendwolken, die zuletzt am Himmel hangen, Des Muttermeeres Kinder aber sind die Seen, |
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Mit Purpurfahnen, wo der innern Liebe Gold, Vor unsern Sinnen, Märtyrer entrollt, Erscheinen jetzt in Furcht und Nacht gehüllte Nonnen, In deren Ich der Geist über das Fleisch gewonnen. Die Allerschwächsten singen einen Machtchoral Ein Teil der Welt will seine tiefen Schlünde füllen, Der Staub ist da, damit die Wesen ihn erheben, Die Wahrheit ist vielleicht kein Zweck, bloß eine List, Der Spießbürger um uns ist unsre Schicksalsmacht! Die Sünden, die wir oft entsetzt in uns gefühlt, Du fromme Prozession, zieh hin bei Glockenläuten, Durchgrübeln Kerkerlöcher, wühlen fort und fort, Wenn jemand plötzlich tief und schauerlich erbebt Verbrecher sind als Lasterspeicher zu betrachten: Die Mörder töten, heißt ihr Unrecht neu gebären Gewohnheitspanzer schützen uns vor Flüsterstimmen Vielleicht sind Schliffe, die uns unsere Umgebung gibt, Die Völker haben sich schon ziemlich ausgeglichen, Du Gleichheitsdrang, Tellurgesetz, hast viel besiegt Bald wird es keine Götter um sich dulden wollen Ein Himmelreich, ein flaches Volk, fast ohne Recken, O Rom, beginnst du, um die Ewige zu bleiben, Das Leben zieht den Purpur an. Die Tagesprozession zieht weiter durch die Gassen, Durch alle Menschen schwebt ein Inbrunstdunst: Mit Panzerhemden gilt es die Vision zu schützen, Ein altes Volk, das überall in Waffen starrt, Der ist ein Wall, wie fern um China, seine Mauer. Hier gilts vor allem für Millionen Nahrung schaffen! O Christenheit, man wird sich wahrhaft deiner schämen! Wer die Gesetze mustert und mit List studiert, Ich mag darum den Staat noch fort analysieren, Die Sonne hat den Wall, der uns beengt, versprengt. Die Phantasie verfolgt ihn durch die Christenländer, Die Prozessionen haben sich bereits verlaufen, Die Sonne ist von Wolkenriesen eingeschlossen, Nun ist der Bau schon purpurrot und ungeheuer Hoch oben hält ein Blust die Lanzen schon gebogen Die Sonne ist gesunken, und der Apennin |
Die Glocken, Vögel und die Zwielichtzitterluft Hat nun die Nacht, die stumm erwacht, zur Ruh gebracht: Die Sterne zeigen sich in jeder Wolkenkluft, Nun singt im Geist ein Ich die leise Wundernacht. Sowie der Abendstern durch Dämmerschleier glimmt, Befunkelt sich darauf das letzte Abendblaß, Erglüht, Gesichte, toll mit Tand und Kronen! |
Nun zeigen sich der Seele blaue Nebelgletscher, Und Flimmerbäche scheinen rasch herabzutauen: Ich sehe hellen Gischt und höre kein Geplätscher, Die Silberkatarakte darf ich bloß erschauen! Von blassen Zinnen und Ruinen perlen Ketten Auf Türmen, die einst Rom zu seinem Schutz gebaut, Ein fester Glaube braucht nicht mehr die hohen Warten! |
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Vom Sonnenbann befreit, werden die Erdenwesen Von Müdigkeit umarmt und in den Schlaf geführt. Die Jugend wächst heran. Verwundete genesen. Von jeder Seele wird in sich die Nacht gespürt. Sie läßt im Tal durch uns, ringsum, die Fenster schließen Die Nacht ermöglicht manches, was der Tag ersonnen! O Mutterschlummer unsrer Erde, steige, webe Es gibt nach einem solchen Sonnenfeiertage Was andre Wesen, untertags, aus uns entrankten, Dann ruht ja die Vernunft: sie liebt ihr Schweigen! Die Seele stürzt sich durch verschwundne Zukunftstüren! |
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Die Menschen fangen an, sich plaudernd zu verlieren. Die grellsten Häuser scheinen oft vom Mond geschminkt, Perücken bleiche Standbilder aus Stein zu zieren: Die Dinge sind von Silberflitter überblinkt. Jetzt zischeln und jetzt flimmern allerhand Fontänen. Ich fühle wohl: nun träumt die Stadt vielleicht von Schlachten! Und wo die Traumgewebe sich verwickelt schließen, Was träumt der Mensch? Von vielem Kummer, wenig Schmerzen? Dort wo das Nordlicht niederperlt, entschweben Schemen, Wie viele sind aus unsern Leidweben gesponnen Der Mensch wird einst der Träume Wahrheiten erkennen Ich ahne schon, daß Hiersein, was du wirkst, wir schaffen, Wir beichten nachts und sollten uns auch bessern! |
Nun ist die Prozession von Rom zu Ruh gebracht. Der meisten Traum verkugelt wohl in dumpfen Schlaf. Nur über Dichtern zaubert noch die Fabelpracht: Wer weiß, was sich soeben sah, und wer dich traf? Ich steh am Tiber und erblicke in der Tiefe Ich sehe rastlos gleiche wundersame Greise Ich weiß nicht, wer da kommt, doch sind das Prozessionen! Erst glaubt ich, Eis beginne rasch herabzuschwimmen, Mein Mond, im Strome wimmeln die Heroensärge! Vielleicht sind Flüsse immer schnelle Leichenzüge? |
Der Rhythmus ist ein Himmelsflug und jagt sich Träume. Die Silbenleiter führt zu dauernden Gedanken, Die Reime sind die Blüten erdentreckter Bäume, In deren Duft wir zu Entflüglungswesen schwanken. Den Adler raubt das Sonnenlicht den Felsenmassen So wird mirs auch für Sonnenhelden tief gebührlich, Der Tag gebar auch Wesen, die der Mond erkoren. Die Blüten, Herzgesänge, die an Hecken hängen, Den Schlag der Nachtigall hat sich ein Stern erschaffen! Ach Nachtigall, du warmgewiegtes Kind der Sterne, Ach Nachtigall! Du rufst nach deinem Sohn der Erde, Verworren strebt die Seele, blind beim Wunschverlegen, Ein Fieber aus den Sternen wird uns einst zerzerren: Ersternte Güte, urverzückte Lebensfunken, Du Milchstraße, Geschleier aller Bräutlichkeiten, Die ersten Menschen liebten, fürchteten die Sterne, Jetzt blickt ihr kühn, mir dunkelste, ihr hellen Sterne, Du winkst mir, Meister weiser Machtfiguren Dich hielt geweihtes Wissen, still wie sichre Sterne, Du gingst, der Löwe der Erstauntheit, in die Klüfte Ach, Nachtigall, dein Klagen! Laß uns Sterne hören! Belauscht sich unter Bäumen eine Wunderseele? Wie zärtlich, lieber Wind! Umduftung hüllt mein Staunen. Jetzt nicht mit Schritten! Unsern Sternen süßes Sagen! Ach, Nachtigall! Ein glühender, entzückter Süden Geweihtes Rom, deine geborgenen Gesetze Geliebtes Wunder, – unsre Mutter mit dem Kinde! |
Italien, deiner hohen Seelen Prozessionen Bewandeln lang den Bach bei Nachtigallenschlag. Sie nicken mir: zu Tal, wo leise Menschen wohnen! Dort weil' ich still: ein Kind, das Himmlisches vermag. Wie sanft, mein Herr, sind deine goldnen Sternenworte: Zypressen wissen nichts vom Wind: hier ist der Friede! Verliebte Milde birgt die Seele eingeschleiert. Italien, Lavaland, von Meeresblendungen umspiegelt, Der Schlag der Nachtigall durchklagt die Urbsruinen. Ihr Mondgespenster, Ölbäume auf hellen Wiesen, Empfingen wir des Mittelmeeres stille Milde? Zypressen – Umzüge bei weißen Leichensteinen – Geboren hat der Tod den Tropengott: – verloren, Ach Ewigkeit, du Kind in unsrer Lebenswiege, Zypressen – Umzüge zu alten Glaubensstätten – |
Zypressen gabs in meiner Kindheit wildem Garten. Von Pinienflügeln kam mein Blick zum Silbermeer. Ich konnte traumhaft eine Wallfahrt nicht erwarten: Vom Nile summten Stimmen um mich her. Bei Sturmgedunkel folgte ich, im Mond, vom Fenster, Durch Kraft im Herzen bin ich rasch allein geblieben. Zypressen knisterten durch unsern wilden Garten. |
Zypresse, ach, verlaß mich nicht, Wache einst an meinem Grabe: Wenn ich ausgerungen habe, Sehe dich mein Seelenlicht! Greife mit den Wurzeln noch Du, Zypresse, bist mir ähnlich, O, mein Leben ist so traurig, Armes Herz, mir scheint, du weinst! |