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»Die Bienenzucht«, sagt Öttel, »kann im kleinen von Tausenden im Lande leicht betrieben werden, welche ihre gewöhnlichen Geschäfte zu Hause und sonst der Örtlichkeit nach Gelegenheit dazu haben. Sie erfordert kein großes Anlagekapital und ihre Geschäfte sind nur unbedeutend; die wichtigsten davon können selbst auf die freien Nachmittagsstunden der Sonn- und Feiertage verschoben werden und dienen dann nur zum Zeitvertreib und zur Erholung.« Der Biene fällt die wichtige Aufgabe zu, zur Hauptblütezeit im Frühjahr das Einsammeln von Blütenstaub und Honig und somit auch die Befruchtung der Pflanzen zu bewirken. Aus der Botanik ist wohl hinreichend bekannt, daß die Befruchtung und Bestäubung der Pflanzen nicht allein durch Regen und Wind, sondern hauptsächlich durch Insekten stattfindet. Die Biene ist das erste Insekt, welches sich im Frühjahr zeigt. Sie beginnt im ersten Frühlingssonnenschein ihre Arbeit. Mit der größten und unermüdlichsten Emsigkeit fliegt sie hin und her, um Honig und Blütenstaub oder Pollen in ihren Körbchen an den Füßen einzuholen, und dabei sorgt sie gleichzeitig für die Befruchtung der Pflanzen. Darum, wer reichlich Feld- und Gartenfrüchte ernten will, der halte einen Bienenstock und sorge für Ausbreitung der Bienenzucht. Die Bienen bringen einen hohen materiellen Nutzen durch Erzeugung von Honig, Wachs und Schwärmen. Ein Stock von 20 bis 30 000 Arbeiterinnen liefert jährlich etwa 2,5-10 kg Honig und 0,5 bis 1,5 kg Wachs. Kauft man z. B. im Frühjahr 2 Völker Bienen, einen Korbstock zu 15 M. und ein Kastenvolk zu 25 M., so verausgabt man 40 M. für Bienen. Das Korbvolk schwärmt und gibt einen frühen Schwarm, der 6 M. wert ist, und nach 10 Tagen einen kleineren Nachschwarm, der nur mit 3 M. berechnet werden soll, so hat das Volk bereits 9 M. eingebracht. Das Kastenvolk wurde auf Honigertrag bewirtschaftet, es ergab als Normalertrag 10 Honig à 2 M. Mit einer Ausgabe von 40 M. wurde 29 M. Reinertrag erzielt. Dabei hat der Imker selbst wenig zu tun gehabt. Die fleißigen Immen haben die Schätze zusammengetragen, der Bienenvater hat nur hier und da helfend und ordnend mit eingegriffen.
205. Die Honigbiene (Fig. 106). Dieses kleine, emsige Insekt ist über einen großen Teil des Erdkreises verbreitet, und zwar in den verschiedensten Arten. In Deutschland finden wir hauptsächlich die einfarbige, dunkle, nordische, seit 1853 allerdings auch die italienische Biene. Diese brachte Pfarrer Dr. Dzierzon, der berühmte Imker, nach Deutschland. Sie ist größer als erstere, ihre beiden Hinterleibsringe sind rotgelb oder rotbraun gefärbt; sie zeichnet sich durch unermüdlichen Fleiß und große Beweglichkeit aus, ist im Wesen viel gutartiger und sanfter, treibt die Drohnen viel eher ab und ihre Königin ist leichter zu erkennen. Sie wird aber nicht alt, ist in unserem rauheren Klima leicht empfindlich und bei schlechter Herbsttracht nicht zu empfehlen. Unsere einheimische Biene hingegen, mit einer italienischen Königin aufgefrischt, ergibt gute Erfolge.
206. Der Bien oder Bienenstock. Jeder Bienenstock ist ein kleiner Staat für sich, dessen Volk sich treu um die Königin schart, für sie das Leben opfert und in Trauer und Unruhe gerät, sogar ganz eingeht, wenn es weisellos, d. h. ohne Königin ist. Wir unterscheiden in einem Stocke dreierlei Arten von Bienen (Fig. 106).
1. Die Königin zeichnet sich durch ihre Größe, vollkommenere Körperform und ihren schlanken, mit gelben Ringen besetzten Leib aus. Sie ist die Mutter des Stockes, d. h. sie legt alle Eier, sowohl das der neu zu erzielenden Königin, als auch die der Drohnen und der Arbeitsbienen. Alle 2-3 Jahre muß die Königin ersetzt werden. Hierfür sorgt die Natur meist selbst, indem die Bienen Weisel-, d. h. Königinzellen bauen, in welche die Königin Eier legt, die von den Bienen gepflegt und mit königlichem Futter versehen werden, aus denen nach 16 Tagen Königinnen schlüpfen. Merkt nun die alte Königin das neue Leben, so sucht sie dasselbe entweder zu zerstören, oder sie sammelt ihre Getreuen um sich und zieht als »Erstschwarm« aus. Die erste neue Königin ist dann Herrin in dem Stocke. Die nachkommenden Prinzessinnen werden von ihr getötet, wenn es nicht einer oder der anderen gelingt, durch Zurufe (Quaken genannt) sich Anhänger zu verschaffen, und dann, den Nachschwarm bildend, auch auszuziehen. Ist die Königin 1-2 Tage alt, so fliegt sie während der Mittagsstunde hoch in die Luft zur Begattung; die Drohnen, d. h. die Männchen, folgen ihr nach, während die anderen Bienen bis zu ihrer Rückkehr ein Vorspiel halten. Dies wiederholt sich so oft, bis die Königin befruchtet ist; dann legt sie unermüdlich Eier, nach Dzierzon gegen eine Million, nährt sich von Honig oder wird von den Arbeitsbienen mit Futtersaft gespeist.
2. Die Drohnen sind die männlichen Wesen des Bienenstaates und zur Begattung der Königin bestimmt. Da dies ihre einzige Beschäftigung ist, besitzen sie nicht einmal einen Stachel. Wenn sie ihre Bestimmung erfüllt haben, werden sie von den Arbeitsbienen im Herbst getötet und hinausgeschafft (Drohnenschlacht) und auch nicht eher im Frühjahr erbrütet, als bis sie wieder nötig sind. Man halte selbst darauf, daß sie im Stock nicht überhand nehmen.
3. Die Arbeitsbienen. Sie sind die kleinsten, zahlreichsten und mutigsten Wesen im Bienenstock und gebrauchen ihren Stachel selbst auf Gefahr ihres Lebens. Ihrer Natur nach sind die Arbeitsbienen weiblichen Geschlechts, nur mit verkümmertem Eierstock. Sie verrichten alle Arbeiten in und außer dem Stocke. Man unterscheidet ihrer dreierlei Arten:
a) Die Nährbienen, welche mit ihrem aus Honig, Blumenstaub und Wasser bereiteten Futtersafte die junge Brut versorgen, die Zellen der Bienenmaden, wenn diese zum Einspinnen reif sind, mit Wachs bedecken, sie weiter erwärmen und belecken und das junge ausgeschlüpfte Volk füttern.
b) Die Baubienen, die jungen Arbeitsbienen, bereiten aus Futtersaft, der in ihrem Körper aus Blumenstaub, Honig und Wasser entsteht, das Wachs zum Bau der Waben. Sie schwitzen dasselbe aus und hängen dabei klumpenartig unter der Baustelle, um mehr Wärme zu erzeugen. Dann ziehen die Bienen mit den Hinterfüßen die Wachsschüppchen hervor und zerkauen sie, um sie geschmeidig zu machen. Sie bauen nur so viel, als zu ihrem Sitze, zur Unterbringung der Brut, des Honigs und der Pollenvorräte nötig ist. Geht die Honigtracht rasch zu Ende, so bleiben Waben (Fig. 106) leer. Diese verwahre man durch Einschwefeln, da der Wachsbau stets auf Kosten des Honigs geschieht. Die mit Honig gefüllten Zellen werden bedeckelt, um das Auslaufen desselben zu verhindern und keine Feuchtigkeit im Stock zu haben. Die Bienen beginnen in der Regel mit dem Bau der Waben am Deckel und bauen nach unten weiter. Mai und Juni sind die hauptsächlichsten Baumonate.
c) Die Trachtbienen, die älteren Arbeitsbienen, schaffen alles herbei, was in einem Stock nötig ist, und beseitigen die unnütz gewordenen Drohnen.
Zur Erhaltung der Bienen aber gehört:
1. Wasser zum Löschen des Durstes und Verdünnen des Futterbreies. Leiden die Bienen im Winter Durst, so töten sie sich gegenseitig.
2. Harz oder Kitt, welchen sie von den Knospen der Kastanien, der Pappeln und Birken nehmen, um alle Ritzen im Stock zu verstopfen, die Wabenanfänge zu befestigen und alle unangenehmen Sachen zu bedecken.
3. Blumenstaub oder Pollen. Diesen sammeln die Bienen von den Blüten und tragen ihn in den Körbchen ihrer Hinterfüße als Klümpchen, die man Höschen nennt, heim, wo sie ihn meist in der Nähe des Brutraumes aufspeichern und im Winter auch als Nahrung brauchen.
207. Honigquellen. Bei reichlicher Honigtracht lecken die Bienen mit ihrem Rüssel aller Orten den süßen Saft auf. Der Blütenhonig bildet die reichste und bedeutendste Quelle für das Bienenvolk. Hier kann der Bienenwirt selbst sehr viel tun, um in der ganzen Trachtzeit den Bienen reichlich Nahrung zu bieten. Aus den Blüten der Salweide, des Ahorns, der Obstbäume, des Rapses, des Haselnußstrauches sammeln die Bienen ihre erste Tracht; später sind es der Liguster, die Linde, die Akazie, Kastanie, Brombeere, Esparsette, der Mohn, Sommerraps etc., die alle Jahre ihre Gaben liefern. Als eine der anerkannt besten Honigpflanzen steht obenan die Phacelia tanacetifolia, dann kommen Hartriegel, Teufelszwirn, Katzenminze (auch ein ausgezeichnetes Bienenkraut, das deshalb angebaut werden sollte), alle Arten blühenden Klees, die Kornblume, die immertragende Himbeere und die vielen Ziergewächse der Gärten an die Reihe. Im Spätherbst sind es Buchweizen, die Wiesenblumen und besonders das Heidekraut, die weiter für Nahrung sorgen. Wo Heidekraut in Menge wächst, da ist der Tisch für die Bienen im Herbst gedeckt, und wer es kann, wandert mit seinen Bienenstöcken in die Heide, denn das fleißige, emsige Geschöpfchen fliegt nur im dringenden Notfall weiter als eine halbe Stunde im Umkreis.
208. Der Ankauf der Bienen. Man hole sich Rat bei Sachverständigen und kaufe die Stöcke zeitig im Frühjahre, ehe die Bienen ihren Ausflug halten. Diejenigen, welche im letzten Jahre geschwärmt haben, sind die besten. Man kaufe nicht am Wohnorte, da die Bienen zu ihrem alten Standorte zurückkehren. Während der Flugzeit muß die Entfernung mindestens 3 km betragen. Man überzeuge sich durch Klopfen, ob genügend Leben im Stocke ist, und durch Heben, ob ein reicher Schwarm darin sitzt. Ein Strohkorb kostet 10-12 M.; der Dzierzonstock ist teurer, aber auch sicherer.
209. Die Bienenwohnungen. Der Stand der Bienenhäuser muß gegen Zugwind, Nässe, Sturm und Regen und vor Angriffen durch ein schräg stehendes Dach, eine Hinterwand oder einen Zaun geschützt, womöglich auch von Bäumen etwas beschattet sein. Als Bienenstand wähle man weder die Wetter- noch die Südseite, die durch ihre Wärme die Bienen matt, die Waben weich und den Honig flüssig macht. Im Winter schließlich lockt der zeitige Sonnenstrahl sie eher, als ihnen dienlich ist, heraus. Zu besserer Handhabung gebe man einem jeden Stock sein eigenes Bodenbrett und stelle ihn mit anderen zusammen auf Bänke, die nicht höher als 1 m in sein dürfen. Die beladenen Bienen fliegen nicht gern hoch. Die natürliche Wohnung der Bienen ist ein hohler Baumstamm, darum ist auch bei der Bienenzucht der Ständer dem Lagerstock vorzuziehen. Nur in Stöcken, wo bewegliche Wabenrähmchen zum Anbauen sich befinden, läßt sich rationelle Bienenzucht betreiben. Diesen Fortschritt verdanken wir hauptsächlich dem Dr. Dzierzon zu Karlsmarkt in Schlesien. Stöcke seiner Art gewähren folgende Vorteile:
Der Wabenbau ist beweglich; es läßt sich mit Leichtigkeit in den Stöcken hantieren und nach allem sehen.
Die Volksvermehrung läßt sich in solch einem Stocke nach Bedürfnis, Zeit und Umständen befördern oder beschränken und dadurch nach Belieben die Schwärme oder die Honigvermehrung beschleunigen.
Die leeren Waben lassen sich wieder benutzen und daher viel höher verwerten, als wenn sie in Wachs eingeschmolzen werden.
Man gebe den Bienen zur Trachtzeit Gelegenheit, ihren Honig in besonderen Magazinen und Honigräumen aufzuspeichern, die gefüllt fortgenommen, entleert und durch neue Wabenträger ersetzt werden. Jedes Rähmchen (Fig. 107) wird aber vor Einbringung in den Stock der Länge nach mit einem Streifen Arbeitsbienenwabe beklebt, was mit Wachs und Harz zusammen, aber auch mit Käsekitt (Quarkkäse mit Kalkstaub zu einer feinen Masse verrieben) geschieht. Solch ein Dzierzonstock läßt sich auch von einem geschickten Stellmacher herstellen, wenn derselbe ein gutes Muster hat, wodurch er sich viel billiger stellt. Der Berlepschsche Ständerstock (Fig. 108), Pavillon genannt, ist aus dem Dzierzonstock hervorgegangen. Er bietet statt der Einbeute mehrere Bienenkasten mit Etagen-Rähmchen übereinander und ist von vielen kundigen Bienenzüchtern als praktisch anerkannt worden.
210. Das Schwärmen. Wenn Ende Mai oder Anfang Juni die Körbe mit Honig und Brut gefüllt und alle Wabengassen mit Bienen dicht belagert sind, diese sogar nachts an der Außenseite der Wohnung Platz suchen müssen, so entschließt sich die Königin, angesichts der noch täglich auflaufenden Brut mit einem Teile der Bienen auszuziehen und eine neue Wohnung zu suchen. An einem schönen, warmen Tage in der Zeit von 10-2 Uhr verlassen sie mit lautem Gebrause ihre Wohnung, schwärmen 2-5 Minuten in der Luft und setzen sich dann in einer dichten Traube an einem Baume an. Rasch wird die Leiter angesetzt, der Strohkorb unter die Traube gehalten, so daß sie möglichst weit hinein hängt; ein kräftiger Ruck mit dem Aste und die Bienen sind fast alle im Korbe. Mit geschickter Hand stellt man den Korb an seinen Stand, mit dem Flugloch nach unten; die Bienen ziehen sich zusammen und binnen 10 bis 15 Minuten ist alles in Richtigkeit gekommen. Hat man eine Anzahl Bienen und die Königin eingefangen, so folgen die anderen nach. Nach dem Vorschwarm folgen in der Regel vom 7. bis zum 13. Tage mehrere Nachschwärme. Mit Bienenwohnungen muß man ordentlich versorgt sein, damit es an der Aufnahme der Schwärme nicht fehlt.
211. Kunstschwärme. Geübte Bienenzüchter lassen ihre Bienen nicht erst zum Schwärmen kommen, sondern rufen durch Abtreiben und Abtrommeln die sogenannten Kunstschwärme hervor. Die Kunst will aber praktisch und nicht allein aus Büchern erlernt sein.
212. Die Überwinterung der Bienen.Nach Huber brauchen die Bienen bei uns zur Überwinterung folgendes: a) eine zweckmäßige, warmhaltende Wohnung; b) gesunde, hinlängliche Nahrung im Brutnest; c) einen geschlossenen, lückenlosen Bau; d) ein starkes Volk; e) genügende Luft, aber keine Zugluft; f) Schutz gegen Mäuse; g) wenigstens einen Reinigungsausflug während des Winters bei mindestens 8-9° Wärme und h) – die Hauptsache – solange kein Reinigungsausflug möglich, ungestörte Ruhe.
Werden sie durch nichts beunruhigt, so hängen die Bienen wie schlafend unter oder zwischen den Waben, sich gegenseitig erwärmend und ernährend, und man hört kaum ein leises Summen. Dann verzehrt ein volkreicher Stock auch nicht mehr als 5 kg Honig während des Winters. Huber aber läßt seinen Bienen meist 15 kg und nimmt den Rest im Frühjahr, wenn die neue Tracht beginnt, heraus. Bei wiederholter Störung verzehren die Bienen mehr und werden zur Kotausleerung gedrängt. Gestattet die Witterung keinen Ausflug, so geben sie den Kot im Stock von sich und die Ruhrkrankheit beginnt, die unendlich viele Opfer fordert, aber beseitigt wird, sobald ein Ausflug möglich ist. Die Königin nimmt daran nicht teil; ihr Kot wird von den Arbeitsbienen aufgeleckt.
Ein wechselvoller Winter mit öfterem, warmem Sonnenschein, der die Bienen zur Unzeit ins Freie lockt, ist gefährlicher für sie als anhaltende Kälte, vor welcher man sie in dunklen Schuppen oder Gewölben schützen kann. Trotz der Ruhe, welche die Bienen haben müssen, besuche man sie im Winter dann und wann, sehe zu, ob die Mäuse nicht ihr Unwesen treiben, und horche auf den Ton der Bienen, den sie nach leisem Klopfen von sich geben. Ein leises Summen zeigt ihre Ruhe, ihr Wohlbefinden an, bei starkem, mehr schnarrendem Ton leiden sie an Kälte und bei großer Aufregung und argem Gebrause im Stocke haben sie Mangel an gesunder Luft. Geben sie gar keinen Ton von sich, so ist dies ein Zeichen des bereits eingetretenen oder nahe bevorstehenden Hungertodes. 2 bis 3 Monate können die Bienen ohne Ausflug sein; ist dieser vor sich gegangen, so gibt man ihnen die möglichste Ruhe wieder, nachdem man mit einer Feder das Bodenbrett gereinigt hat, was nach einer Ruhrkrankheit doppelt sorgfältig geschehen muß.
213. Die Auswinterung, d. h. die Periode vom Reinigungsausflug bis zur ersten Honigtracht, ist für die Bienen die gefährlichste Zeit. Oft ist es dann noch rauh und kalt und sie können nicht nach Wasser ausfliegen. Fehlt es daran, so reißen sie die bedeckten Honigzellen auf und werfen die trockengelegten Honigkristalle herunter. Um dem vorzubeugen, gibt man dem Volk einen mit Wasser vollgesogenen Schwamm in den Stock, der meist alle zwei Tage von neuem angefeuchtet werden muß. Durch diese Vorsichtsmaßregel wird manche Biene am Leben erhalten.
214. Die Fütterung der Bienen. Am besten zur Fütterung eignet sich Honig mit etwas Wasser verdünnt; man reicht ihn den Bienen am Abend in einem flachen Futtergeschirr und legt Strohhalme darauf, auf denen sie mit ihren Füßchen stehen können. Bei kühlem Wetter gebe man das Futter ein wenig erwärmt. In Ermangelung von Honig verwende man Hut- oder Kandiszucker, welchen man mit Wasser verdünnt, ungefähr auf ½ kg Zucker 1 l Wasser. Da aber der Bienenstock auch nicht selten Mangel an Blumenstaub und Futtermehl hat, so ist von unseren berühmten Imkern folgendes Rezept zur Fütterung als sehr annehmbar ausprobiert worden. Man kocht 250 g Weizenmehl mit 1 kg Kristallzucker und 3½ l Wasser sowie 30 g Salizylsäure, wodurch ein ziemlich dicker, gallertartiger Brei entsteht. Diese Masse wird mit etwas Zuckerwasser verdünnt und den Tierchen gereicht.
215. Bienenfeinde sind Mäuse, Spinnen, Kröten, Eidechsen, verschiedene Vögel, besonders der Specht, der an das Bienenhaus klopft und die Bienen herauslockt, der Storch, die Graswespe, die Ameise, die einen jungen Stock gänzlich vernichten kann, die Bienenlaus, ein kleines, braunes Insekt, welches hauptsächlich die Königin belagert und ganz matt zu machen vermag, und endlich die Wachsmotte, ein grauer Nachtfalter, der seine Eier mit Vorliebe auf dem Bodenbrette in das Gemülle legt. Reinlichkeit und weiselrichtige Völker gestatten der Wachsmotte keinen Eingang. Selbst der Mensch ist ein Bienenfeind zu nennen, wenn er im Herbst seine eignen starken Völker erstickt, um Honig und Wachs zu ernten, oder wenn er ihnen so viel nimmt, daß sie Hunger leiden müssen. Schließlich geschehe nur noch der Raubbienen Erwähnung. Man erkennt sie an ihrem scheuen Flug, während sie mit herabhängenden Füßen vor den Fluglöchern hin und her fahren. Im Früh- und Spätjahr, wo es auf dem Felde nichts zu holen gibt, gehen sie besonders auf schwache, königinlose Stöcke aus und zerstören sie ganz. Durch übelriechende Dinge oder durch eine Veränderung vor dem Flugloche lassen sie sich vertreiben.
216. Die Faulbrut oder Bienenpest ist eine sehr gefährliche Krankheit der Brut, die durch Erkältung der Bienen oder durch Fütterung mit verdorbenem, fauligem, gärendem Futterhonig entsteht. Die unbedeckten Larven sterben zuerst ab, gehen in eine breiige Masse über, die endlich zu einer schwarzbraunen Kruste eintrocknet. Dem Stock entströmt ein fauliger Geruch. Die Bienen, die außen herumfliegen, sind matt und träge, sie haben nicht mehr die Kraft, das Bodenbrett von den toten Bienen und dem Gemülle zu reinigen. Bakterien sind die Erzeuger der Krankheit, die sich mit unglaublicher Schnelligkeit verbreitet. Das sicherste Mittel ist, die Bienen zu töten und zu vergraben, Honig und Wachs auszuschmelzen, die Wohnung mit Salizylsäure, Karbolsäure etc. zu desinfizieren und ein Jahr unbenützt stehen zu lassen. Durch Abschwefeln der von der Faulbrut befallenen Völker bekämpft man am ersten die Krankheit.
217. Bienenzucht-Gerätschaften. Um bei den Bienen richtig hantieren zu können, braucht man verschiedene praktische Gerätschaften.
1. Eine Reinigungskrücke zum Fortschaffen des Gemülles etc. auf dem Bodenbrett und einen Nutenreiniger.
2. Verschiedene Futtergeschirre, je nach Art der Stöcke eingerichtet (Fig. 109-111).
3. Eine Rauchmaschine, um die aufgeregten Bienenvölker einzuschüchtern und zu besänftigen.
4. Eine Bienenkappe oder -haube, eine Art Sieb, an dem ein Sack aus leichtem Stoff hängt und das den ganzen Kopf einhüllt. Sie ist besonders dem Anfänger, der dem Volke noch fremd ist, von großem Nutzen. Er möge sich auch die Arme durch Zubinden der Ärmel schützen und die Hände öfter mit Spiritus waschen.
5. Ein Entdeckelungsmesser.
6. Im Großbetrieb eine Wachspresse, im Kleinbetrieb eine Fruchtpresse.
7. Einen Schwarmbeutel.
8. Eine Wabenzange.
9. Einen Wabenhaken.
10. Einen Wabenknecht, auf dem die aus dem Stocke herausgenommenen Waben aufgehängt werden (Fig. 112).
11. Eine Honigschleuder (Fig. 113), falls die Bienenzucht im großen betrieben wird. Infolge der vom Zentrum ausgehenden Schwung- und Schleuderkraft werden die vollen Waben mit großer Geschwindigkeit entleert und den Bienen in der vollen Trachtzeit wieder zum Füllen gegeben. Man läßt die Waben von den Bienen nicht erst bedeckeln, um Zeit und Mühe zu sparen. Kristallisierter und zäh gewordener Honig läßt sich nur erwärmt ausschleudern. Eine Maschine kostet 14-21 M.
218. Das Auslassen des Honigs in kleinen Verhältnissen. Der Honig ist bedeutend reiner und wohlschmeckender, wenn er auf kaltem Wege ausgelassen wird. Man suche die reinen, von allem Brut- und Blumenstaub freien Waben aus, entdeckele sie und lege sie nach und nach in ein Sieb, welches auf einem sauberen Gefäß in einem erwärmten Zimmer steht. Kleine Wachsstückchen, die mit durchlaufen, lassen sich später oben abnehmen. Guter Honig wird mit der Zeit sehr dickflüssig und kristallisiert schließlich. Er hält sich in Steintöpfen oder Gläsern besser als in Blechbüchsen und bedarf, mit Pergamentpapier überbunden, nur eines trockenen, kühlen Standortes.
219. Das Wachspressen. Die alten, unbrauchbar gewordenen Waben werden in ein großes Gefäß gebrockt, mit Wasser begossen und unter fleißigem Rühren gründlich durchgekocht. Unterdessen stelle man eine Wanne, halb mit kaltem Wasser gefüllt, bereit, lege zwei Hölzer quer darüber, nehme einen starken, durch Wasser erwärmten Sack zur Hand, halte diesen über die Wanne, lasse von einer zweiten Person das kochende Wachs hineingießen und bringe ihn sogleich unter die Wachspresse (Fig. 114). In neuerer Zeit wird das Schmelzen und Auspressen des Wachses gleichzeitig in einem sogenannten Wachsschmelztopf mit Presse besorgt (Fig. 115). Ein wenig abgekühlt, wird das Wachs von dem Wasser gehoben, von den Gerätschaften abgekratzt und abermals in einem Gefäß mit Wasser zum Schmelzen gebracht; es darf aber nicht zu stark sieden. Dann schäumt man es aus, läßt es erkalten, hebt es vom Wasser ab und nimmt auch die unteren, noch unreinen Teile hinweg. Wiederum erwärmt, gießt man das Wachs noch einmal in ein mit Wasser ausgespültes Gefäß, woraus es sich nach dem Erkalten umstürzen läßt.
220. Der Bienenstich. Es sticht keine Biene, wenn sie nicht gereizt wird, man ihr nicht in den Flug kommt, nicht nach ihr schlägt, nicht unnötiges Geräusch bei ihren Wohnungen verursacht etc. Üble Gerüche von Hunden und Pferden sind den Bienen unangenehm und veranlassen sie zum Stechen. Wird man von Bienen bedroht, so verhalte man sich ganz still und bedecke sein Gesicht mit den Händen. Wird man aber von einer Biene gestochen, dann suche man zuerst den Stachel herauszuziehen, der, weil er einen Widerhaken hat, meist in der Wunde stecken bleibt und, je länger er darin ist, desto mehr Gift absetzt. Feuchte Erde, Lehm, geriebene Kartoffeln, Honig, zerdrückte Zwiebeln und Ohrenschmalz sind kühlende und heilende Mittel dagegen. Ein Tropfen Salmiakgeist, Salzwasser, Erdöl und noch besser Wasserglas ist ebenfalls schmerzstillend.
Wodurch zeichnet sich die Bienenzucht aus?
Darum, Ihr Töchter der Landwirte, macht einen Versuch mit dieser Beschäftigung. Habt Ihr erst die Furcht vor dem Bienenstachel überwunden, dann bleibt die Freude an der lohnenden Tätigkeit nicht aus. Es wird Euch zum Vergnügen, »Imkerinnen« zu sein und die vollen Honigschüsseln in das Haus zu tragen. Einen guten alten Bienenvater, zu welchem Ihr in die Lehre gehen könnt, findet Ihr sicher. Die Praxis geht über die Theorie.