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Es ist von großer Wichtigkeit, daß eine Hausfrau und Mutter auch in der Gesundheitspflege nicht ganz unerfahren sei und bei eintretendem Unwohlsein, leichten Krankheitsfällen oder Verletzungen durch eine richtige Wahl von Hausmitteln und durch guten Rat das Übel zu lindern oder ganz zu beseitigen wisse. Besonders auf dem Lande, wo der Arzt nicht immer schnell herbeigeholt werden kann, treten an die Hausfrau in dieser Beziehung mancherlei Anforderungen heran, und so ist es vor allem die Gutsherrin, welche auf diesem Gebiete bewandert sein muß. In vielen Fällen ist es allerdings schwer, auf die Leute einzuwirken, da ihnen das rechte Verständnis für Pflege abgeht und sie gutem Rat oft unzugängig sind. Darum suche sie sich durch alle ihr zu Gebote stehenden Mittel das Vertrauen der Untergebenen zu gewinnen.
Einem Kranken suche man soviel wie möglich alles, was ihn unangenehm berührt, aus dem Wege zu schaffen und ihn mit Ruhe zu umgeben. Die störenden Besuche von Freunden und Verwandten sind durchaus zu versagen; sie regen einen Kranken nur auf, zumal wenn Anzeichen von Fieber schon vorhanden sind. In ernsten Fällen zeige sich die Pflegerin ruhig und möglichst unbesorgt, um den Kranken nicht aufzuregen, bleibe stets sanftmütig und freundlich und willfahre den etwaigen Wünschen, wenn sie nicht zum Schaden gereichen. Viele Fragen belästigen den Kranken. Die Luft im Krankenzimmer sei möglichst rein, das Öffnen des Fensters ist selbst im Winter notwendig; daß der Kranke dabei vor Zugluft und Kälte geschützt werden muß, ist selbstverständlich.
Auch auf die Temperatur im Krankenzimmer ist Rücksicht zu nehmen, sie darf nicht über 16-18° C. steigen. Das Aufwirbeln von Staub muß sorgfältig vermieden werden durch tägliches feuchtes Aufwischen des Fußbodens.
Alle Stoffe, welche die Luft im Krankenzimmer zu verderben geeignet sind, müssen so schnell wie möglich aus demselben entfernt werden; feuchte Bettwäsche ist stets zu erneuern. Die sorgfältigste Reinhaltung an Körper, Kleidung und Bett ist notwendig. Ganz besonders gewissenhaft muß die Reinlichkeitspflege bei ansteckenden Krankheiten ausgeübt werden.
In diesem Falle suche man den Kranken zu isolieren, d. h. von jedem Verkehr abzuschließen. Ob und inwieweit die Isolierung notwendig ist, überlasse man der Entscheidung des Arztes. Fast alle ansteckenden Krankheiten beginnen mit Fieber. Das Fieber wird mittels des Thermometers festgestellt, in dessen Gebrauch sich die Gutsherrin durch den Arzt unterrichten lassen muß. Bei fieberhaften Erscheinungen werden die Kranken zunächst in das Bett gebracht.
Gleichzeitig sei hier erwähnt, daß Kopfschmerzen und allgemeines Unbehagen nur zu oft von Verdauungsstörungen herrühren; darum muß seitens der Pflegerin vor allen Dingen für regelmäßigen Stuhlgang des Kranken gesorgt werden. (Über bei Hartleibigkeit anzuwendende Mittel siehe Nr. 931.)
Für die Darreichung von Medikamenten merke sich die Pflegerin, daß sie stets zuvor nach der Aufschrift sehe, damit keine Verwechslung geschehe. Überhaupt bringe sie niemals äußerliche Arzneien mit solchen zusammen, welche für den inneren Gebrauch bestimmt sind. – Wenngleich die Gutsherrin sich wohl davor hüten muß, alle Krankheiten kurieren zu wollen, so ist es doch ihre Pflicht, im Beginn einer Krankheit die nötigen Anweisungen zu erteilen und bei kleineren Leiden mit einfachen Mitteln beizustehen. Da ist eine kleine Hausapotheke von unschätzbarem Werte. Ein verschlossenes, in einem möglichst gleichmäßig temperierten, nicht zu warmen Raume hängendes Wandschränkchen eignet sich am besten dazu. Jedes Fläschchen, Glas oder Kräuschen muß mit Etikette und deutlicher Aufschrift versehen sein, die äußerlichen Medikamente womöglich andersfarbige Zettel als die innerlichen tragend. Alles ist gut verschlossen zu halten, und im Gebrauch alter Arzneien sei man äußerst vorsichtig.
Die Hausapotheke müßte etwa folgendes enthalten:
Erstens zum äußerlichen Gebrauch: Franzbranntwein oder Kampfer-, Senf-, Ameisen- oder Terpentinspiritus zu Einreibungen; Senfpapier oder ableitendes Pflaster; Bleiessig, essigsaure Tonerde oder Arnikatinktur (über Bereitung der letzteren s. Nr. 906) zu kühlenden Umschlägen; Eisbeutel; Leinsamen und event. eine Umschlagmaschine zu feuchtwarmen Umschlägen; ein Thermometer zur Messung der Körperwärme; Schere und Pinzette; Karbolsäure oder Sublimat, Salizylsäure, Jodoformpulver zur Desinfektion und zu antiseptischen Verbandwässern; Jodoformmull, Wundwatte und Gazebinden von verschiedener Breite, Heft-, Englischpflaster oder Zinkpflastermull zum Wundverband; alte, aber reine Leinewand, Werg, Holz- oder Pappschienen zum Notverband bei Knochenbrüchen; Zink-, Bor-, Salizylsalbe zum Auflegen auf nicht entzündete, kleinere Wunden; Kalkwasser für Brandwunden; Alaun, Borsäure oder chlorsaures Kali zum Gurgeln.
Zweitens zum innerlichen Gebrauch: Kurellasches Brustpulver oder Rhabarbertinktur, Rizinusöl, Karlsbader Salz zum Abführen; doppeltkohlensaures Natron bei Magenverstimmung; Choleratropfen, Opiumtinktur mit Ratonchiatinktur bei Durchfall und Kolik; Äther oder Hoffmannstropfen als belebendes Mittel. Baldriantropfen als krampfstillendes Mittel; Aspirintabletten (in Glasröhren à 1 M. käuflich) bei Erkältungen, auch Rheumatismus; gegen letzteren auch Salizyl.
Auch verschiedene Sorten heilbringenden Tees dürfen in der Hausapotheke nicht fehlen, z. B. Kamille und Baldrian wirken krampfstillend; die Dolden des Flieders regen zum Schweiß an; Tausendgüldenkraut und Wermut tun dem kranken Magen durch ihre Bitterkeit gute Dienste; junge Nußblätter und wilde Stiefmütterchen verbessern die Hauttätigkeit; Pfefferminze kräftigt den Magen; Huflattich mit isländisch Moos zusammen gekocht sind prächtige Hustenmittel, auch Brusttee und Altee haben gleiche Wirkung.
905. Wermutkraut, Wacholderbeeren und Kalmuswurzeln dienen besonders gegen verdorbenen Magen und Freßunlust bei dem Rindvieh.
906. Arnikatinktur. Der Arnikablüte und -wurzel schreibt man besondere Heilkraft zu. Werden die Wurzeln zerschnitten und mit 90grädigem Spiritus in einer Flasche in die Sonne zum Digerieren gestellt, so erhält man die oben erwähnte geschätzte Tinktur. Auf ebendieselbe Weise kann man sich Kampfer- und Ameisenspiritus selbst bereiten. Die Kampferstückchen reiben sich auf Porzellan oder Glas leicht weich. Um Ameisen zu erlangen, läßt man eine Flasche in einen Ameisenhaufen eingraben; die Ameisen sind sehr neugierig und kriechen hinein, ohne sich herausfinden zu können.
907. Bei Beulen am Kopf oder sonstigen Quetschungen wird die augenblickliche Geschwulst durch ein breites, plattes Messer sofort und wiederholt niedergedrückt, und dann werden mit recht kaltem Wasser Umschläge gemacht. Bleiben harte Stellen zurück, so zerteile man sie durch Jodsalbe.
908. Bei kleinen Verletzungen, wie Aufreiben der Haut etc., gibt die weiße Haut unterhalb der Eierschale, die vermöge des daran haftenden Eiweißes fest kleben bleibt, genügende Heilung, doch muß vorher die Wunde sauber gereinigt werden. (Baden in Seifenwasser, gereinigte grüne Seife in der Apotheke zu haben.)
909. Schnittwunden etc. reinige man vor dem Verbinden (Sublimatwatte und Leinewand oder Jodoformgaze) durch sorgfältiges Waschen in desinfizierenden Lösungen (Lysol, Sublimat, Kreolin etc.). Überhaupt ist bei jeglichen Verletzungen und anzulegenden Verbänden auf peinlichste Sauberkeit Gewicht zu legen, um alle Fäulniserreger zu töten bezw. fern zu halten. Daher dürfen in keinem Haushalt die zur antiseptischen Wundbehandlung erforderlichen Lösungen und Verbandstoffe fehlen. Daß auch der Verbindende an seinem Körper und seinen Kleidern auf größte Reinlichkeit zu halten hat, ist selbstverständlich. (Näheres über Anlegung von Verbänden und die dazu notwendigen Vorbereitungen siehe Nr. 942.)
910. Geschwüre, solange sie kleine Knoten sind, Furunkel oder entzündete Drüsen lassen sich mitunter durch Eisumschläge zerteilen; ziehen sie sich aber zusammen, so sind heiße Seifenbäder (siehe Nr. 908) oder warme Breiumschläge zu empfehlen, die aber leider oft recht nachlässig ausgeführt werden. Dann ist es vorteilhafter, ein Zugpflaster (Hamburger Pflaster etc.) oder einen Brei von Honig, Mehl und Eiweiß zu wählen. Die erweichten Geschwüre sind fleißig auszuwaschen und mit desinfizierenden Mitteln zu reinigen.
911. Bei Quetschungen lindere man den Schmerz durch kühlende Umschläge (Bleiwasser, essigsaure Tonerde).
912. Gegen Warzen auf den Händen wendet man Ätzungen mit dem Höllensteinstift, Auflegen von Quecksilberpflaster mehrere Tage nacheinander mit Erfolg an. Ein altes Volksmittel ist allabendliches Bestreichen mit Zwiebelsaft oder Anisöl; häufig verschwinden die Warzen von selbst.
913. Bei Verbrennungen wird sofort die Flamme durch Umschlagen einer Decke, eines Tuches, eines eiligst ausgezogenen eigenen Kleidungsstückes erstickt. Die verbrannten Teile des Körpers bestreicht man mit Eiweiß, Fett oder Leinöl, mit Kalkwasser, auch Honig ist vorzüglich, um die Luft abzuschließen und zu kühlen. Dann wird trockene Watte oder Werg aufgelegt. Am besten ist sofortiges Umwinden mit Jodoformmull, Watte und Verband. Eiterung muß verhütet werden.
914. Gegen kalte Füße. Man hebe die Füße langsam in die Höhe, so daß man auf die Spitzen zu stehen kommt, und lasse sie ebenso langsam wieder sinken, wiederhole dies Verfahren so lange, bis die Füße warm sind. Man wechsele die Strümpfe, streue Senfpulver hinein und mache sich viel Bewegung.
915. Bei unangenehmer Schweißabsonderung wasche man die betreffenden Glieder abends und morgens mit kaltem Wasser, dem ein Zusatz von Borax beizugeben ist; überhaupt sind kalte Waschungen und Einstreuen von salizylsaurem Schweißpulver dagegen sehr zu empfehlen.
916. Gegen Frostbeulen wende man Bäder von heißem Wasser mit Alaun an oder reibe die erfrorenen Glieder während der Schneezeit täglich mit Schnee ab. Mitunter helfen Kollodium, auch Tischlerleim und Waschungen mit Holzessig, Petroleum, sowie folgende Tinktur: 4 Teile Jod, 3 Teile Schwefeläther und 100 Teile Kollodium. Eine Hauptbedingung ist warme und bequeme Bekleidung der leidenden Glieder und recht viel Bewegung derselben.
917. Zur Beseitigung von Hühneraugen ist vor allen Dingen die Aufhebung des Druckes und der Reibung auf der Stelle, wo das Hühnerauge sitzt, nötig; es geschieht dies durch Hühneraugenringe oder durch Auflegen von Zinkpflastermull. Tägliches Bepinseln mit Kollodium beseitigt die Hühneraugen sicher. Noch einfacher verfährt man, wenn man die Haut durch ein längeres warmes Fuß- oder Vollbad gehörig aufweicht und dann das Hühnerauge mit dem Fingernagel oder einem stumpfen Messer heraushebt. Gut und bequem sitzendes Schuhwerk ist erstes Erfordernis zur gänzlichen Beseitigung dieses Übels.
918. Gegen Einwachsen der Nägel ins Fleisch hebt man den eingedrückten Nagelrand in die Höhe und schiebt ein Stückchen Wundwatte darunter. Ist der Nagel vollständig ins Fleisch gewachsen, so hilft nur Operation durch einen ordentlichen Chirurgen (nicht Schäfer oder Barbier).
919. Gegen Blutaderknoten, Krampfadern, wie sie so häufig bei den arbeitenden Frauen und Männern vorkommen, leistet das Tragen von Gummi- und Schnürstrümpfen oder das Bandagieren des Unterschenkels mit Flanell- bezw. Gummibinde treffliche Dienste.
920. Bei Neigung zu Ausschlag, Skrofeln u. dgl. hat gereinigter Lebertran oft den günstigsten Erfolg, er muß nur längere Zeit gebraucht werden. Man fange mit wenig an und nehme vor jeder Hauptmahlzeit täglich dreimal ½ Löffel. In den heißen Monaten setze man die Kur aus. Der Tran nimmt sich viel leichter, wenn der betreffende Löffel vorher in heißes Wasser getaucht wird. Leichte Ausschläge im Gesicht, an Mund und Nase heilen rasch durch Salizylsalbe, auch pudert man sie mit Zinkpuder. Bäder in Seesalz oder Kleie sind gleichfalls von Nutzen.
921. Gegen entzündete Augen wendet man zur Kühlung Blei- oder Fenchelwasser an, welches in Läppchen auf die Augenlider gelegt wird.
922. Bei Nasenbluten lege man Kompressen in den Nacken, halte den Kopf möglichst hoch, trinke recht frisches Wasser und ziehe Essig mit Wasser oder ein wenig Alaunpulver in die Nase. Bei starker Blutung drehe man einen Watte- oder Jodoformwollpfropfen in das Nasenloch; auch blutstillende Watte ist wirksam. Wiederholt sich die Blutung öfter, so nehme man täglich 3 Tropfen salzsauren Eisenlikör und konsultiere den Arzt.
923. Zahnschmerzen können rheumatischer Natur sein, alsdann nehme man dreimal täglich eine Messerspitze Salizyl oder 2-3 Aspirintabletten und pinsele innen und außen mit Jodtinktur. Warme oder kalte Umschläge, reizende Pflaster, wie spanische Fliege, Drouotsches Pflaster, hinter das betreffende Ohr gelegt, sind alte bewährte Mittel. Rühren die Schmerzen von schadhaften Zähnen her, so spüle man mit desinfizierendem Mundwasser (ein Teelöffel Borsäure in einem Glas Wasser aufgelöst) und greife, wenn man nicht bald den Zahnarzt aufsuchen kann, zu den verschiedenen Beruhigungsmitteln.
924. Bei starken Erkältungen lege sich der Kranke zu Bett, nehme 2-3 Aspirintabletten in Zwischenräumen von ¼-½ Stunde, trinke heiße Zitronenlimonade und decke sich fest zu, um in Schweiß zu geraten. Nach mehreren Stunden abreiben des Körpers mit wollenem oder Frottiertuch und wechseln der Wäsche, letztere anwärmen. – Bei allen Influenzaerscheinungen reiche man leichte, möglichst nur flüssige Nahrung (Schleimsuppen), um den Magen nicht anzugreifen. Der Kranke verlasse nicht zu früh das Bett, da dadurch leicht ein Rückfall mit ernsten Folgen eintreten kann.
925. Gegen Husten und Heiserkeit bei Kindern. Wiener Tränkchen: Man koche für 5 Pf. Eibischtee, ungefähr ½ l (Eibisch muß kalt aufgesetzt und langsam gekocht werden, um recht seimig zu sein), gieße die Abkochung durch ein Sieb und gebe für 5 Pf. Salmiakpulver, für 10 Pf. Kandiszucker und für 10 Pf. Lakritzen hinein, lasse die Masse auf dem Herde stehen und rühre sie fleißig um, bis sie zergangen ist. Löffelweise bei Hustenanfällen einzugeben. Brusttee oder Huflattich mit isländischem Moos, warmer Honig, Milch mit Zucker und Arrak, Selterwasser, Obersalz- oder Emser-Brunnen mit kochender Milch einigemal am Tage getrunken, sind ebenfalls Linderungsmittel. Der Schleim des gekochten Leinsamen, mit Zucker oder Honig versüßt und durch Kirschsaft oder Arrak schmackhaft gemacht, ist ein bewährtes Mittel bei Heiserkeit und Husten (für das Gesinde besonders sehr angebracht). Mandeltropfen vom Arzt verschrieben und nach Vorschrift gebraucht, mildern den unangenehmen Hustenreiz.
926. Gegen Keuchhusten gibt es kein entschiedenes Mittel, doch mildernde Arzneien. Reine Luft, Luftveränderung, fleißiges Desinfizieren und gute Pflege tragen viel zur Unterdrückung und Abkürzung des Hustens bei. Bei einem Anfalle ist das Kind sofort in die Höhe zu richten und nach vorn übergebeugt zu halten; den zähen Schleim entferne man mit einem reinen, feuchten Läppchen oder mit dem Finger. Die Kinder sind vor Erregungen zu schützen und müssen angehalten werden, den Hustenkitzel zu unterdrücken. Gesunde Kinder halte man von den kranken fern.
927. Gegen Halsschmerzen. Alaun oder Borsäure, selbst Salz (1 Teelöffel voll in einem Glase mit warmem Wasser aufgelöst), auch chlorsaures Kali sind als Gurgelwasser wirksame Mittel gegen Anschwellung der Mandeln und entzündete Rachenhöhle. Ebenso ein Prießnitzscher Umschlag um den Hals während der Nacht. Überhaupt sind kalte Umschläge bei unbedeutenderen Entzündungen sehr zu empfehlen: Man winde ein leinenes Tuch in recht kaltem Wasser fest aus, lege es vorn um den Hals, eine Guttaperchabinde oder Billrotpapier darüber, so daß die Luft abgeschlossen ist, und dann wickle man ein wollenes Tuch recht gleichmäßig um den Hals. Bilden sich jedoch Geschwüre, so wende man feuchtwarme Breiumschläge von Leinsamen zum Erweichen an. Im übrigen versäume man nicht, den Arzt in Anspruch zu nehmen.
928. Bei Diphtheritis zeigen sich Fiebererscheinungen mit Kopfschmerzen und Appetitlosigkeit verbunden und schließlich Schmerzen in der Kehle und dem Rachen. Man verabsäume nicht, in den Hals des Kranken, nachdem er sich vorher die Rachenhöhle gespült hat, zu sehen, ihm dabei die Zunge mit einem Eßlöffel niederzudrücken und ihn ein langsames »Ah« sagen zu lassen. Dabei zeigt sich, falls Diphtheritis vorhanden, daß die Mandeln etwas angeschwollen und mit weißen Streifen bedeckt sind, die den Furchen folgen und rasch zunehmen. Man isoliere den Kranken, lasse gurgeln, mache kalte Umschläge, gebe Wein und kräftige, flüssige Nahrung bis zur Ankunft des Arztes. Heilserum (Antitoxin), aus Pferdeblut entnommen, erzielt bei dieser Krankheit die besten Erfolge.
929. Für schwache Magen wende man kohlensaures Natron, ½ Teelöffel voll in etwas Wasser aufgelöst, als leichtes Verdauungsmittel an, das auch das Sodbrennen benimmt.
930. Bei verdorbenem Magen und Erbrechen, überhaupt bei Magenkatarrh ist »Hunger der beste Koch«. Magentropfen in Wasser, Rotwein, Arrak oder vor jeder Mahlzeit ein Teelöffel wässerige Rhabarbertinktur genommen, sowie Kamillen-, Pfefferminz- und Baldriantee sind bekannte und bewährte Hausmittel. Noch wirksamer ist bei Magen- und Darmkatarrh (Diarrhöe) ein mit Arrak getränktes Papier auf die Magenhöhle gelegt; ein Senf- oder Meerrettichpflaster wirken ebenfalls wohltuend. Noch wirksamer sind feuchtwarme Umschläge auf den Unterleib, recht anschließend und sorgfältig bedeckt mit Billrotpapier und einem wollenen Tuch. Nach 2-3 Stunden wird der Umschlag abgenommen und der Leib recht gründlich frottiert. Außerdem strengste Diät (keine festen Speisen, nur schleimige Suppen, wie Hafergrütze etc.), Bettwärme, Schweiß. Gegen Durst leichter Aufguß von schwarzem Tee mit etwas Kognak, lauwarm getrunken. Bei anhaltendem Erbrechen lasse man den Kranken Eisstückchen schlucken, lege kalte Kompressen auf den Magen, lagere den Kopf tief und während des Erbrechens zur Seite.
931. Bei Hartleibigkeit sind Buttermilch und Molken die einfachsten Mittel auf dem Lande. Kindern gebe man am Tage dreimal eine Messerspitze Kurellasches Brustpulver; Rizinusöl, in heißem Löffel genommen, Faulbaumtee und Karlsbader Salz sind ebenfalls gute Mittel. Am unschädlichsten wirken Klistiere oder Stuhlzäpfchen.
932. Gegen Maden- und Fadenwürmer helfen wiederholte Klistiere mit kaltem Wasser, Seifen- oder Essigwasser; bei Kindern soll oft schon der anhaltende Genuß von rohen Mohrrüben nützen.
933. Bei Ohnmachten halte man dem Kranken Salmiakgeist unter die Nase, wasche die Schläfe und Handteller mit Essig und gebe ihm Hoffmannstropfen (10-12 Tropfen auf Zucker) oder starken Wein zur Belebung ein. Vor allem aber öffne man die beengenden Kleidungsstücke und lege den Kopf tief.
934. Gegen Blutandrang nach dem Kopfe sind Brausepulver oder Kremortartari mit Wasser und Zucker für den Augenblick ein einfaches Mittel. Bei Wiederholung wende man Abreibungen an oder Wechselfußbäder, fleißige Bewegung, und versäume nicht, den Rat des Arztes einzuholen.
935. Bei Stechen aller Art, womit das Gesinde meist seinen krankhaften Zustand bezeichnet, verfehlt folgende einfache Einreibung selten ihren Zweck: 2 Teile Terpentinöl, 2 Teile Salmiakgeist und 1 Teil Leinöl, vor dem Einreiben gut durchgeschüttelt. Schon der Geruch ist den Leuten angenehm, und gern reiben sie alle Glieder damit ein. Oftmals wurde mir wegen dieser Einreibung von dem Gesinde gesagt, daß ich es besser verstände als die Ärzte. Altbewährte Mittel sind spanische Fliegen und Senfpflaster.
936. Bei Rheumatismus ohne Fieber sind nicht allein Abreibungen, sondern auch das Kneten oder Massieren von ausgezeichneter Wirkung. Doch ist die Massage mit Vorsicht, am besten nach Vorschrift des Arztes, (ob Klopf- oder Streichmassage, ob mit starkem oder mildem Druck) durch geprüften Masseur bezw. Masseuse auszuführen. Beim Selbstmassieren ist zu beachten, daß nicht mit trockener, sondern befetteter Hand (Öl, Vaseline, auch Seife) und möglichst nach dem Herzen zu gestrichen werde. Einreibungen mit Jodsalbe und -tinktur, Kampferspiritus, einer Mischung von Chloroform und Bilsenkrautöl, Opodeldok etc. lindern kleinere Leiden, ebenso Salit (sehr zu empfehlen).
Treten zugleich Fiebererscheinungen auf, so lege sich der Kranke zu Bett, nehme Salizyl (dreimal am Tage eine Messerspitze) oder Aspirin, suche in Schweiß zu kommen und lasse den Arzt herbeiholen.
937. Bei Fieber gebe man kühlende Getränke, wie Zitronenlimonade, Fruchtwasser, ein Ei mit Zucker in Wasser gequirlt, falls nicht Diarrhöe vorhanden, lege nasse Tücher auf den Kopf, lasse einen Löffel Rizinusöl einnehmen und bringe den Kranken in Schweiß. Leichte, kräftige Nahrung ist Hauptsache.
Bei kaltem oder Wechselfieber ist Chinin, vom Arzte verschrieben, das sicherste Mittel.
938. Bei Krämpfen bette man den Kranken weich und schütze ihn vor Verletzungen, lockere die Kleider, schiebe die Zunge hinter die Zähne, gebe nichts zu trinken und warte ruhig den Anfall ab, welcher nach 5-10 Minuten meist einem tiefen Schlaf Platz macht.
Die zur antiseptischen Wundbehandlung notwendigsten und gebräuchlichsten Hilfsmittel sind folgende:
939. Antiseptische Lösungen und ihre Verwendung.
1. Die Karbolsäure. Im allgemeinen genügt eine 3%ige Lösung, also 30 g Karbolsäure (zwei Eßlöffel) auf 1000 g = 1 l abgekochten Wassers. Der Vorsicht wegen lasse man sich die Mischung in der Apotheke oder Drogenhandlung herstellen.
2. Kreolin wirkt ebenso wie Karbolsäure, ist billiger, doch nicht so durchsichtig und klar.
3. Salizylsäure in wässeriger Lösung (2½-3 g kristallisierte Salizylsäure in 1000 g abgekochtem Wasser [= 1 l]).
4. Bleiwasser, unverdünnt anzuwenden.
5. Sublimat, 1 Pastille auf 1 l Wasser. (Nur auf ärztliche Verschreibung hin erhältlich.)
940. Wundsalben bei kleinen oberflächlichen Verwundungen:
1. Borsalbe, 2. Zinksalbe, 3. Salizylsalbe.
941. Verbandstoffe. Ein guter Verbandstoff muß weich, staubdicht, sauber, aufsaugungsfähig und frei von den unsichtbaren giftigen Pilzkeimen sein. Man erreicht dies durch Tränkung der Verbandstoffe mit antiseptischen Flüssigkeiten, wodurch dieselben antiseptisch werden, d. h. nicht bloß selbst frei von Pilzen, sondern auch fähig, etwa hinzutretende zu töten.
Die zum gewöhnlichen Gebrauch empfehlenswertesten Verbandstoffe sind:
1. Jodoformgaze oder -mull zum Bedecken und Ausstopfen der Wunden. Da der Stoff austrocknend und desinfizierend wirkt, eignet er sich auch zum Bedecken von Wunden, welche wegen Mangels an Material oder Zeit nicht gereinigt werden konnten, ist also ein vorzügliches Mittel zum Notverband. Gleichzeitig wirkt Jodoformgaze blutstillend.
2. Sublimatgaze wird zu großem antiseptischen Wundverband gebraucht.
3. Salizylwatte, nicht direkt auf die Wunde, sondern zum Schutz und Abschluß der Wunde und ihrer Umgebung aufgelegt; auch zu feuchten Umschlägen, zur Bedeckung von Salbenverbänden etc. verwandt.
4. Wundwatte, einfach entfaltete Watte, ebenso wie die Salizylwatte benutzt; nicht antiseptisch, doch für gewöhnlich ausreichend.
5. Torfmoos, getrocknetes und dann desinfiziertes Moos aus dem Walde in Säckchen zu Verbandpolstern verarbeitet, ein vorzügliches und billiges Verbandmittel.
6. Gummi-, Wachs- und Ölpapier zur Bedeckung feuchter Wundverbände und bisweilen zum Schutz der Verbände vor Verunreinigung, sowie zu Prießnitzschen Umschlägen Die Prießnitz-Umschläge (so genannt nach ihrem Erfinder Prießnitz) sollen auf die Haut nicht Kälte, sondern eine gleichmäßige Wärme einwirken lassen und dabei die Haut feucht erhalten. Man nennt sie daher feuchtwarme Umschläge ( compresses échauffantes) und wechselt sie nur 1-2 mal in 24 Stunden. gebraucht.
Die Aufbewahrung und Verwendung der Verbandstoffe muß eine staubsichere und saubere sein. Dieselben sind daher in saubere Tücher oder Papier sorgfältig einzuhüllen, in gut schließenden Kästen aufzubewahren und nur mit frisch gewaschenen Händen anzufassen.
942. Man kann drei Arten von Verbänden anwenden.
1. Den Salbenverband. Man bestreicht mittels Messers ein Stück Mull oder reine Leinewand, wenig größer als die Wundfläche, mit der Salbe, legt es mit der bestrichenen Seite auf die Wunde und befestigt darüber Watte mit einer weichen Binde. Der Verband wird täglich erneuert, ebenso die Salbe.
2. Den feuchten Wundverband. Er gleicht dem Prießnitzschen Umschlag, nur mit dem Unterschied, daß statt des Wassers eine antiseptische Flüssigkeit genommen wird, Bleiwasser, unter Umständen auch Lysol 1-2%, oder Sublimatwasser. Ein die Umgebung der Wunde weit überragendes Stück Watte oder Mull wird mit der Flüssigkeit getränkt und so weit ausgedrückt, daß es nicht mehr trieft. Hierauf legt man es auf die Wunde und befestigt darüber ein Stück Gummi- oder Ölpapier, welches noch größer ist als das Wattestück, mit weicher Binde.
3. Den trockenen, antiseptischen Verband. Auf die Wunde kommt ein kleines Stück Jodoformgaze, darüber Sublimatmull in Form von Mullgaze oder ein Polster von Torfmoos oder Holzwolle etc. Die Ränder des Polsters werden mit Watte bedeckt und sodann mit mehreren nicht ausgedrückten, stärkehaltigen oder Steifgazebinden sorgfältig umwickelt. Das verbundene Glied wird nötigenfalls auf einer wohlgepolsterten Schiene befestigt. Dieser Verband kann 8-14 Tage und länger liegen bleiben, doch bei größeren Wunden nur unter ärztlicher Kontrolle.
Einen wirklichen Begriff von der antiseptischen Wundbehandlung kann man sich nur unter der Leitung eines in derselben geschulten und geübten Arztes erwerben. Es ist unmöglich, all die kleinen Einzelheiten des Verfahrens bei der antiseptischen Wundbehandlung hier aufzuzählen. Es muß genügen, an einem einfachen Beispiele das Verfahren im wesentlichen zu veranschaulichen.
Wird der Beistand der Hausfrau bei einer Verletzung in Anspruch genommen, so sieht sie zunächst nach, welcher Art dieselbe ist. Hat sie es mit einer Wunde zu tun, so muß sie darauf achten, ob dieselbe stark blutet und, wenn dies der Fall ist, die Blutung stillen (siehe weiter unten), ferner ob edlere Teile des Körpers (innere Organe), Sehnen und Bänder oder Knochen verletzt sind, um dementsprechend sofort ärztliche Hilfe herbeiholen zu lassen.
Bei einfachen Wunden verfährt sie nun folgendermaßen:
Zunächst holt sie alles, was sie zur Reinigung und Desinfizierung, alsdann was sie zum Verbande braucht, herbei und bereitet alles ohne Beisein des Verletzten vor. Zur Reinigung gehören: Seife und Bürste, warmes Wasser und saubere Tücher, eine antiseptische Lösung (Sublimat 1:2000 oder Karbol 3:100 etc.), Wundwatte, Äther oder Benzin (letztere beiden sehr feuergefährlich!), nötigenfalls Kamm, Schere, Pinzette und Rasiermesser, Waschbecken für die Reinigung der Hände und zum Eintauchen der Wattebäusche, ferner eine Spülkanne oder ein Eingießer, eine saubere Unterlage (Tisch- oder Handtuch), endlich ein Eimer zur Aufnahme der verbrauchten Flüssigkeiten und Wattestücke; zum Verbande gehören je nach Art derselben die obengenannten Gegenstände, hier Jodoformmull, Watte, Binden.
Ist alles vorbereitet, so reinigt und desinfiziert die Hausfrau gründlich ihre Hände. Sie streift die Ärmel in die Höhe und wäscht mit warmem Wasser und Seife Hände und Vorderarme und bürstet sie unter starker Schaumentwicklung fünf Minuten lang kräftig. Waschwasser und Waschung erneuert sie mehreremal, besonders wenn sie vorher eitrige oder faulige, schmutzige Sachen angefaßt hat. Nun schabt sie sorgfältig unter allen zehn Fingernägeln jeden sichtbaren Schmutz heraus und wäscht noch einmal in Wasser und Seife, alsdann recht gründlich in Sublimatlösung (1:1000) oder anderen antiseptischen Lösungen. Wer an seiner eigenen Hand eine eiternde Stelle hat, muß sich von Verwundeten fern halten, um sich der gefährlichen Eiterübertragung in fremde Wunden nicht schuldig zu machen.
Erst nach dieser Reinigung und Desinfizierung der eigenen Hände geht sie an die Behandlung der Wunde heran, bei welcher die Reinigung und Desinfizierung wiederum die Hauptaufgabe ist.
Nachdem sie den verwundeten Körperteil vorsichtig entblößt hat, wäscht sie, indem sie auf die Wunde selbst einen Bausch Jodoformgaze drückt, behutsam und geduldig mit einem reinen Leinwandstreifen, besser noch mit reiner Watte, Wasser, Seife und Bürste gründlich die Umgebung der Wunde, bis diese 3-4 Hände breit ringsherum tadellos rein erscheint; dann reibt sie die Haut mit in Äther oder Benzin getränkter Wundwatte ab und zum dritten mit einer antiseptischen Flüssigkeit, also Sublimatlösung 1:2000. Jetzt bespült sie die Wunde selbst, welche sie ein wenig hat bluten lassen, mit Sublimatlösung, entfernt gröbere Verunreinigungen und spült nochmals gehörig, um alle Verunreinigungen zu entfernen, tupft die Wunde mit einem in Sublimatlösung getauchten, ausgedrückten Wattebausch (antiseptischen Tampon) trocken, streut Jodoform auf oder legt Jodoformmull, dann Watte oder Mooskissen darüber und verbindet nun so, daß der Verband zwar fest anliegt, aber dem Gliede noch Bewegung gestattet. Während des Verbindens muß sie gewissenhaft vermeiden, irgendwelche Gegenstände, Möbel, Kleider oder das eigene Kopfhaar zu berühren; war dies nicht zu umgehen, so hat sie sich nochmals die Hände zu desinfizieren.
Bei kleinen Schnittwunden genügt als Verband auch Heft- und Englisch-Pflaster oder Kollodium, ferner ein Salbenverband.
Der Verband bleibt 8-10 Tage liegen, falls keine Entzündung eingetreten ist, welche sich durch klopfende oder prickelnde Schmerzen äußert.
Bei starken Blutungen muß man sofort oberhalb der Wunde mit dem Finger einen festen Druck ausüben, besonders bei spritzenden Gefäßen. Genügt das nicht, so drücke man die zuführende Schlagader zusammen oder binde das ganze Glied oberhalb der Wunde ab, bis zur Ankunft des Arztes, doch nur bis auf die Dauer von 4 Stunden, da sonst das Glied absterben kann.
Kleinere Blutungen stillt der Verband, besonders fest angedrückter Jodoformmull. Wenn das Blut den Verband durchdringt, müssen frische Verbandstoffe über die ersten gelegt werden, weil die Wundabsonderungen an der Luft sich zersetzen.
Im Notfall, wenn keine Antiseptika und keine Reinigungsmittel zur Hand sind, überläßt man die Wunde, falls sie nicht stark blutet, sich selbst und beschränkt sich darauf, das verletzte Glied durch eine Mitella (ein in Dreieckform gelegtes Tuch) oder einen anderen feststellenden Verband vor schädlichen Bewegungen zu schützen. Bei Blutungen muß man saubere, trockene, leinene Tücher aufbinden, jedenfalls sich der strengsten Reinlichkeit befleißigen. Dann aber schicke man schleunigst zum Arzt.
Beim Transport des Verletzten verfahre man mit möglichster Vorsicht und Schonung; das verletzte Glied ist hoch und durch Schienen, Binden und Polsterungen möglichst fest zu legen. Man trägt einen Verletzten oder Kranken am besten allein, indem man ihn seine Arme um den Hals des Trägers schlingen und den Kopf an dessen Brust legen läßt, dann selbst mit dem einen Arm unter die Mitte der in den Knieen gebeugten Oberschenkel faßt, gleichsam als Sitz, und mit dem andern die Mitte des Rückens umgreift, gleichsam als Lehne eines Stuhles.
Bei plötzlichen Unfällen möchte jeder gern helfen, aber die meisten Menschen, welche bei solchen Ereignissen zufällig zugegen sind, stehen ratlos da. So eile denn die Herrin herbei und beschwichtige durch ihre Ruhe die Bestürzung der Umstehenden, entferne in ruhiger Freundlichkeit unnötige Zuschauer, unterrichte sich schnell über die Art des Unglücksfalles, lagere den Verunglückten zweckmäßig, erfrische ihn durch Wasser, Wein oder Kaffee, sehe zu, ob sie selbst helfen kann; andernfalls sende sie unverweilt nach einem Arzte mit schriftlicher Meldung über die Art und Weise des Unglücksfalles und sorge nötigenfalls für Überführung des Verunglückten nach Hause oder in eine Krankenanstalt.
943. Erstickte bringe man schleunigst an einen gut gelüfteten Ort und löse die Kleider; Ertrunkene lege man eilends auf die Seite und erhebe sie an den Beinen, damit das Wasser aus dem Munde und den Atmungsorganen ausfließe. Bei Erhängten entferne man schnell die Schlinge und sorge, daß der Körper nicht herabstürzt; bei Erfrorenen reibe man die erstarrten Glieder an einem kalten Orte mit Schnee oder mit kalten Tüchern, bis sie wieder gelenkig geworden, dann verfahre man mit allen derartigen Verunglückten wie folgt: Man trachte durch Kitzeln der Nase mit einer Feder, des Magens mit einem Finger, Reiben der Haut, Anspritzen mit kaltem Wasser, Niesen, Brechen oder Husten hervorzurufen, wodurch dann auch die Atem- und Herzbewegungen wieder angeregt werden. Alsdann rufe man künstliche Atembewegungen hervor. Man setze den eigenen Mund auf den Mund des Scheintoten, dessen Nase man zuhält, blase kräftig Luft hinein. Sobald die Brust von der eindringenden Luft gehoben wird (Einatmung), lasse man sie von einem anderen zusammendrücken (Ausatmung). Oder man lege den Scheintoten flach hin, z. B. auf einen Tisch, so daß der Kopf etwas tiefer liegt, und lasse die Zunge hervorziehen; dann ergreife man, hinter dem Kopfe stehend, die Arme dicht unter dem Ellenbogengelenk, ziehe sie mit einem Ruck auf- und rückwärts zu den Seiten des Kopfes, führe sie wieder rasch an den Brustkorb hinab und drücke mit den gebeugten Armen den unteren Teil des Brustkorbes zusammen. Beide Methoden geschehen nach dem Tempo der natürlichen Atmung, ca. 15 Atemzüge in der Minute. Inzwischen reibe oder bürste man die Glieder kräftig, bei Ertrunkenen mit warmen Tüchern. Diese Versuche setze man unverdrossen bis zu zwei Stunden lang fort; wenn der Kranke schlucken kann, flöße man ihm lauwarmes Getränk ein, gebe Hoffmannstropfen, Wein, Kognak, Rum, hülle den Kranken warm ein und erwarte den Arzt.
944. Gelegenheit zum Ersticken durch Gase (Kloakengas, Kohlensäure, Kohlenoxyd, Leuchtgas) bieten alle tieferen Gruben, wo Luftwechsel nicht stattfinden kann, lange Zeit geschlossene Keller, Brunnen, Kartoffelgruben, Bergwerksschachte. (Ofenklappen in den Zimmern sind jetzt, Gott sei Dank! polizeilich verboten.) Man prüfe die Luft dieser Orte, z. B. durch Hineinschieben eines brennenden Lichtes. Brennt dieses düster oder verlischt es, so mache man Zugluft, ehe man hineingeht, durch Zerschlagen der Fenster, Einstoßen der Türen etc.
945. Bei Vergiftungen, auch bei nur sich regendem Verdacht suche man sofort durch Kitzeln des Schlundes oder durch warmes Butterwasser und Milch Erbrechen hervorzurufen. Nimm bei Arsenik: gebrannte Magnesia, Eisenrost mit Wasser, Milch, Eier; bei Säuren, wie Schwefelsäure oder Vitriol, Salz- und Salpetersäure: Kreide, Magnesia, Seifenwasser, Milch; bei Lauge: verdünnten Essig, dann schleimige Sachen; bei Grünspan: Zucker und Eier, keinen Essig; bei Phosphor: Magnesia mit Wasser, kein Öl; bei Giftpflanzen und Pilzen: kalte Übergießungen des Kopfes, abführende Klistiere, Abführmittel, säuerliches Getränk, starken Kaffee; bei Biß von Vipern, tollen Hunden oder bei Stichen von Insekten, die auf milzbrandkrankem Vieh gesogen haben: Aussaugen der Wunde, dann Erweiterung derselben und ausbluten lassen, Umschnüren der Glieder oberhalb der Wunde, feuchter, antiseptischer Verband auf die Wunde (siehe Nr. 942).
946. Bei Bewußtlosigkeit nach Kopfverletzungen oder Schreck, bei Ohnmacht oder Schlaganfällen, Krampfanfällen, bei Betrunkenheit etc.: Hals und Brust frei machen und mit kaltem Wasser bespritzen. Kalte Umschläge auf den Kopf, der bei blassem Gesicht tief, bei rotem hoch zu legen ist!
947. Bei Blutsturz: Bettruhe, Kopftieflage, Eisblase auf Herz- und Magengegend, Eispillen und einen Teelöffel voll Kochsalz mit wenig Wasser; den Patienten nichts genießen, nicht sprechen, nicht husten oder sich erregen lassen.
948. Bei Blutfluß aus den weiblichen Teilen: Bettruhe, Tieflage des Kopfes, heiße Einspülungen, Ausstopfen mit Jodoformmull oder -gaze, Herbeihohlen des Arztes; warme Getränke, warme Eingießungen in den Darm, Äther, Wein, Kampferöl; Bürsten der Sohlen und Waden.
949. Bei Hitzschlag lüfte man die Kleider, suche einen schattigen Ort, lege den Kopf hoch, mache kalte Umschläge auf Kopf und Brust, hülle den ganzen Körper in nasse, kalte Tücher, gebe reichlich kaltes Getränk. Wenn nötig, künstliche Atmung (siehe unter Nr. 943).
Regelmäßiges Leben, gute Kost, reichliche Bewegung, sowie Reinlichkeit, fleißige Waschungen und Bäder gewähren dem Körper ein frisches, gesundes Aussehn, wie es durch kein Schönheitsmittel zu erreichen ist.
Durch Bäder wird die Haut elastisch und widerstandsfähig. Weder Puder noch Schminke können ihr ein rosiges und weißes Aussehen geben, im Gegenteil, sie verstopfen nur die Hautporen und machen die Haut gelb und fahl. Es ist darum Pflicht des weiblichen Geschlechts, sich nur auf naturgemäße Weise seine Schönheit zu erhalten. Die Sonnenstrahlen bräunen den Teint und locken die Sommersprossen hervor; durch Schutzhüte und Handschuhe läßt sich schon im zeitigen Frühjahr vorbeugen. Die Mittel gegen Sommersprossen, welche mit großer Reklame angepriesen werden, sind mit Vorsicht aufzunehmen, da sie nicht selten scharfe, auf den Körper schädlich einwirkende Sachen enthalten. Boraxseife, Mandelkleie, Waschungen mit unreifen Johannisbeeren sind Mittel, welche auf die Haut einigermaßen Einfluß haben und die Gesichtsfarbe verbessern.
Pusteln, Mitesser und wie diese kleinen Absonderungen alle heißen, sind mehr oder weniger Stockungen des Blutes, hervorgerufen durch Verdauungsstörungen. Durch Abführmittel und gesunde Lebensweise wird leicht Abhilfe geschaffen. Werden die Pickel aber durch verhärtetes Hautfett hervorgerufen und durch Staub und Luft schwarz gefärbt, so sind Waschungen von Mandelkleie und Altheewurzel, Borax oder Schwefelmilch und nachheriges gründliches Frottieren am Platze. Alles gewaltsame Drücken und Öffnen bringt nur Reizungen und Entzündungen hervor. Die geruchlose venetianische Seife ist für feine Haut am mildesten.
950. Die Pflege des Haares. Das Haar steht in enger Verbindung mit dem Körper und dem Blutumlauf. Die Talgdrüsen der Kopfhaut sind die Ernährer des Haares, welches mit seiner Wurzel darin ruht. Sie geben demselben Fettigkeit ab, und da diese Hautausschwitzungen bei den einzelnen Menschen verschieden sind, so gibt es einerseits fettes und weiches, andererseits trockenes und sprödes Haar. Setzen sich Hautabschuppungen und Staub auf dem Haarboden fest, so beeinflussen diese die Talgabsonderung; das Haar sieht ungepflegt und struppig aus und hält nicht zusammen. Demgemäß ist Reinlichkeit das beste Hautpflegemittel. Schon in früher Kindheit muß mit der Hautpflege begonnen werden. Wird dem Säugling nicht täglich das Köpfchen gewaschen, so hört die Hauttätigkeit auf; es bilden sich Borken oder Schorfe, welche sich nur zu rasch über das ganze Köpfchen verbreiten. Später ist das Haar nicht allein morgens und abends zu bürsten und zu kämmen, damit es Weichheit und Glanz erhält, nein, allwöchentlich muß den Kindern die Kopfhaut gewaschen werden, um die Zirkulation des Blutes tätig zu erhalten. Eigelb mit etwas Franzbranntwein vermischt, oder auch dieser allein, nehmen den Staub hinweg und kräftigen die Haarwurzel. Nach Ei ist aber eine Waschung mit weichem Wasser erforderlich. Ein weiteres gutes Mittel zum Reinigen der Kopfhaut ist ein Zusatz von 1 Eßlöffel Salmiakgeist, 1 Teelöffel Borax und ebensoviel Natron an das Wasser. – Für blondes Haar ist das Waschen in einem Aufguß von römischen Kamillen sehr zu empfehlen.
Durch allzu häufiges Waschen mit spirituösen Lösungen, starken Seifen oder Sodawasser wird oft dem Haarboden alles natürliche Fett entzogen. Wo sich dieses nicht genügend ersetzt – was sich durch Trockenheit und Sprödigkeit des Haares anzeigt – muß ein gutes Haaröl oder Pomade in die Kopfhaut (nicht nur in die Haare, wie es meist geschieht) eingerieben werden. Franzbranntwein ist ein ausgezeichnetes Mittel zur Kräftigung des Haarwuchses, besonders wenn dasselbe ausgeht und dadurch anzeigt, daß der Haarboden krankhaft ist. Nach überstandenen schweren Krankheiten, wie Typhus, ist der Haarboden geschwächt, darum fällt das Haar aus. Am Abend, bevor man sich zur Ruhe legt, muß das Haar gekämmt und recht kräftig gebürstet werden, wodurch dasselbe Glanz erhält. Es wird darauf entweder leicht zusammengeflochten, oder es hängt lose herab. Feines, wohlgepflegtes Haar ist ein großer Schmuck der Frau, den sie nur durch richtige Pflege erlangen kann. Brennen macht das Haar spröde. Haareinlagen und Haarfärbemittel üben keinen guten Einfluß auf das Haar aus; auch durch festes Binden oder Flechten wird der Haarwuchs beeinträchtigt. Wie eng verbunden das Haar mit dem Blute ist, zeigt sich schon darin, daß nach einem furchtbaren Schreck, einer plötzlichen Trauerbotschaft etc. das Haar oftmals über Nacht ergraut ist.
951. Die Zahnpflege. Die Zähne, die Zermalmer unserer Nahrung, spielen in dem Dasein des Menschen eine sehr wichtige Rolle, ja, man kann dreist behaupten, daß von ihnen oft der Gesundheitszustand des Menschen abhängt. Sind sie nicht mehr fähig, die Speisen gründlich zu zerkleinern, so treten Verdauungsstörungen und Magenleiden ein. Auch bei Erhaltung der Zähne gilt vor allem das Wort: »Reinlichkeit!« Schon in dem frühesten Kindesalter ist dafür Sorge zu tragen, daß das Mündchen der Säuglinge täglich gereinigt wird, damit die Mundfäule ihnen fern bleibt. Sind die Zähne eingetreten, dann ist es Pflicht der Mutter, sobald es angeht, das Kind an Spülen des Mundes und später an das Putzen der Zähne zu gewöhnen, um der sogen. Zahnruhr vorzubeugen, einer Knochenkrankheit, welche nicht selten den Grund zu manchem späteren Zahnleiden legt. Die Zähne sind nach jeder Mahlzeit und besonders vor dem Schlafengehen mit lauwarmem Wasser und mit einer weichen, ovalen Bürste den Zahn entlang und innerhalb der Mundhöhle ebenso gründlich wie vorn zu reinigen, damit sich kein Zahnstein ansetzt. Schlämmkreide oder Natron machen das Wasser zum Putzen weich und angenehm. Einige Tropfen Myrrhentinktur im Spülwasser machen das Zahnfleisch widerstandsfähig und desinfizieren die Mundhöhle. Fangen die ersten Zähne der Kinder zu schichten an, so werden dieselben ausgezogen, wenn sie locker geworden sind, damit die Nachfolger genügend Platz finden. Machen sich schmerzende Stellen an den Zähnen fühlbar, so müssen sie beizeiten plombiert werden, und man gebe sich in Behandlung eines tüchtigen Zahnarztes. Säuren und Süßigkeiten, sowie schroffer Wechsel von Kälte und Wärme schaden dem Schmelz der Zähne. Durchaus verwerflich ist es, mit spitzen Metallgegenständen zwischen denselben zu stochern. Die Zahntechnik hat hinsichtlich der Herstellung künstlicher Zahngebisse etc. hervorragende Fortschritte in ihren Leistungen zu verzeichnen und bietet ausgezeichneten Ersatz für die natürlichen Zähne. Trotzdem aber hat jede Mutter die Pflicht, der Zahnpflege ihrer Kinder die größte Aufmerksamkeit zuteil werden zu lassen und dadurch gleichzeitig die Gesundheit derselben zu fördern.
952. Die Pflege des Auges. Bereits bei dem Säugling in der Wiege muß auf das Auge besondere Rücksicht genommen werden; starker Lichteindruck führt Entzündungen herbei und schwächt die Sehkraft zeitlebens. Kommt aber die Schulzeit heran, dann haben Lehrer und Mütter die heilige Pflicht, auf die Schonung des Auges besonders zu achten. Warum leidet die heutige Jugend mehr denn je an Kurzsichtigkeit? Nur weil zu wenig auf die Haltung des Körpers beim Schreiben und Lesen gegeben wird, weil dem Auge oft das richtige Licht fehlt; weil dumme Angewohnheiten der Kinder nicht zeitig genug gerügt werden und schließlich, weil dieselben mit Vorliebe im Zwielicht arbeiten, wodurch die Sehnerven doppelt angestrengt werden. Das Auge verlangt Abwechslung in seiner Tätigkeit, soll es frisch bleiben. Es ermüdet, wenn seine Sehnerven stundenlang auf ein und denselben Gegenstand gerichtet werden, ist dagegen aber dankbar, wenn es nach einer Stunde Anstrengung auf 5 Minuten sich ausruhen, die Lider schließen kann. Schwachen Augen wird zu rechter Zeit durch passende Brillengläser nachgeholfen. Gegen blendende Lichteindrücke schützen graue und blaue Brillen. Vieles Weinen, Lesen im Bett bei ungünstiger Lage oder während der Eisenbahnfahrt sind dem Auge sehr schädlich. Romershausens Augenwasser ist ein angenehmes Stärkungsmittel für das Auge.
953. Die Pflege der Hand. Hände und Füße stehen im allgemeinen im Einklang mit der Größe des Körpers. Man behauptet, daß zart angelegte Naturen mit feinem Empfinden in der Regel kleine, schmale Hände haben. Durch kräftiges Arbeiten büßen die Hände ihre Feinheit ein, können aber trotz aller Arbeit Farbe, Weichheit und Weiße der Haut behalten. Eine schöne Hand ist lang und schmal, rosig und weiß und hat wohlgepflegte Fingernägel, deren Wurzeln halbmondförmig heraustreten. Es werde schon bei Kindern dafür gesorgt, daß die Haut über der Nagelwurzel stets zurückgestreift werde; die Nägel erhalten dadurch eine bedeutend bessere Form und Rundung. Lang überstehende Fingernägel sind unschön und störend bei der Arbeit, aber zu kurz geschnittene nicht minder. Zur Pflege der Nägel gehört auch, daß sie poliert und oval geschnitten werden und keine schwarzen Ränder zeigen. Spröde Fingernägel werden mit Öl abgerieben. Das Nägelkauen ist eine sehr häßliche Angewohnheit, die Kindern ernstlich untersagt werden muß.
Die Hand behält durch öfteres Einreiben mit Glyzerin oder Creme Simon besonders nach dem Waschen, wenn die Hände noch feucht sind, Weichheit und zartes Aussehen, doch müssen sie alsdann gründlich abgetrocknet werden. Zitronensäure macht die Hand auch mild und weiß. Nasse Hände bräunen sich in kurzer Zeit, wenn sie den Sonnenstrahlen ausgesetzt sind.
Geschicklichkeit in den Arm- und Handbewegungen erhöht die Grazie des Körpers und trägt viel zu einem guten Eindruck bei. Das unruhige Gestikulieren mit den Händen stört; nur gelassene und maßvolle Bewegung gestattet der feine Anstand; auch beim Gehen dürfen Arm und Hand nicht unruhig hin und her schlenkern, noch weniger ist es zulässig, mit dem Finger auf jemand oder etwas zu zeigen.
954. Die Fliegen. Durch Vorhänge an den Türen, Gazefenster, Verdunkeln der Zimmer und Bedecken der Speisen, Ausgießen des Spülwassers etc. in der Küche schützt man sich gegen diese Eindringlinge. Fliegenglocken mit Molken, Spiritus oder Bier gefüllt und Zucker als Lockspeise darunter sind ausgezeichnete Fliegenfänger, ebenso Fliegenpapier mit Zucker bestreut und befeuchtet, Leimruten etc. Auch Insektenpulver ist ein wirksames Mittel: Man zerstäube es mittels eines Gummiballons und halte den Raum so lange geschlossen, bis die Fliegen betäubt niedergefallen sind; alsdann kehre man sie, ehe sie durch hinzutretende frische Luft erwachen, sorgfältig auf, um sie sofort zu verbrennen. In den Wirtschaftsräumen geschehe dies am Abend. Man vergesse nicht, event. zu schützende Sachen, wie Speisen, Polstermöbel etc., zuvor mit Papier oder Tüchern zu bedecken. In den Ställen sind die Schwalben und Spinnen die tätigsten Fliegenvertilger.
955. Die Flöhe nisten sich mitunter in den Ritzen des Fußbodens der Zimmer ein, eine Folge von ungenügender Sauberkeit (zu seltenes Aufwischen). In diesem Falle werden die Fußböden mit einem Aufguß von getrockneten Erlenblättern oder Rolltabak, auch Wermuttee, dem man einige Tropfen Karbol zusetzt, aufgewischt. Um in der Nachtruhe nicht gestört zu werden, streue man Insektenpulver auf die Bettlaken. Die größte Reinlichkeit bei Hunden und Katzen hat den eingreifendsten Erfolg. Hunde müssen wöchentlich gebadet oder in das Wasser geschickt resp. mit Seifenwasser gründlich gewaschen werden. Auch stäube man Insektenpulver in das Fell.
956. Ameisen. Man stellt in den von den Ameisen heimgesuchten Örtlichkeiten ein ihnen leicht zugängliches Gefäß auf, in welchem sich ein nicht zu derber Teig befindet, zubereitet aus Hefe und einer süßen Substanz, Zuckerlösung, Honig, Sirup u. dergl. Die Ameisen zehren davon mit Begierde und gehen infolge der Wirkung der Hefe unfehlbar zugrunde. Auch Petroleum, in offenen Gefäßen aufgestellt, sowie alle starkriechenden Sachen, Kampfer, Kerbelkraut etc., die man auf ihre Gänge legt, selbst Insektenpulver, werden mit Erfolg angewandt. In den Tropen, wo die Ameisen zu den größten Landplagen gehören, vertreibt man sie durch Pyrethrumpulver.
957. Mücken und alle stechenden Insekten sollen gleichfalls durch Pyrethrum-Tinktur am erfolgreichsten zurückgehalten werden. Ein einmaliges Einreiben schützt 12 Stunden lang gegen Mückenstich. Nelkenöl, Zigarrenrauchen und Räucherkerzchen sind die beliebtesten Mittel, Salmiak nicht zu vergessen. Vor allen Dingen aber müssen, will man während der Nacht vor diesen lästigen Ruhestörern geschützt sein, die Schlafzimmerfenster geschlossen bleiben, solange Licht in dem Raume brennt, da die Mücken, wie alle Insekten, durch den Lichtschein angezogen werden und sonst leicht in das Zimmer dringen.
958. Läuse und deren Brut tötet man am sichersten mit Sabadil-Essig (in der Apotheke erhältlich). Man kämme gründlich mit dem Staubkamm, reibe alsdann die Kopfhaut und, wenn Brut vorhanden, auch das Haar damit ein. Nach 1-2maligem Gebrauch ist das Ungeziefer gänzlich beseitigt.
959. Wanzen sind mit der größten Energie zu bekämpfen. Die Bettstellen sind sofort in das Freie zu bringen und mit Karbol zu bestreichen, wenn möglich, dabei auseinander zu nehmen, um in alle Ritzen eindringen zu können. Matratzen, in denen sie sich eingenistet haben, sind aufzutrennen und das Polstermaterial, falls es aus Werg oder Seegras besteht, sofort (am besten im Freien) zu verbrennen, falls es Roßhaare sind, mit Karbolwasser zu begießen und dann auszukochen. Auch alle schadhaften Stellen der Wände, sowie Fußbodenleisten, die Hinterwandung von Spiegeln, Bildern etc. sind mit Karbol zu bestreichen, der Fußboden damit aufzuwischen. Eine Abwaschung mit Weinessig schützt die Menschen vor diesen nächtlichen Ruhestörern; auch wagen sie sich, solange Licht brennt, nicht heraus, weshalb eine Nachtlampe einigermaßen Schutz gewährt.
960. Schaben oder Schwaben, auch Russen, Spanier und Franzosen genannt, sind schnellfüßige, unheimliche Insekten, die sich in warmen Schlupfwinkeln aufhalten. Das bekannte Zacherlin, auch Insektenpulver mit Borax vermischt, sind gute Vertilgungsmittel, obgleich die Brut sich immer wieder zeigt. (Über Zerstäuben des Pulvers siehe unter »Fliegen«.)
961. Zuckergast oder Mottenfischchen, ein kleines, silbergraues Tierchen mit Fischleib und von großer Behendigkeit, zeigt sich in den Ritzen der Dielen und mit Vorliebe in unreiner Wäsche, in welche es kleine, runde Löcher beißt. Man besprenge ihre Aufenthaltsstätten mit Terpentinöl oder Petroleum und durchblase die Ritzen der Dielen mit Insektenpulver und Schwefelblüte.
962. Motten nisten sich hauptsächlich da ein, wo nicht gelüftet wird und sie ungestörte Ruhe haben. Man tötet sie durch Insektenpulver; vertrieben werden sie durch Kampfer, Naphthalin, Pfeffer etc. Um alle Decken, Vorhänge und sonstige Wollsachen, die nur im Winter gebraucht werden, davor zu schützen, klopfe und bürste man sie im Frühjahr gründlich, ehe sie in Kisten oder Schränke fest verpackt werden, und streue oder lege, in Säckchen genäht, ein oder das andere der obigen Mittel dazwischen. Auch der Geruch von Zeitungspapier ist den Motten unangenehm, darum bedecke man die Sachen damit und verschließe den Kasten bezw. Schrank sorgfältig. Polstermöbel schützt man am besten durch häufiges Klopfen und Bürsten vor Motten, da die Anwendung dieser stark riechenden Mittel unangenehm sein würde.
963. Ratten und Mäuse werden durch Katzen am ehesten und besten ferngehalten. Wo sich Mauselöcher zeigen, verstopfe man sie sorgfältig mit einer Mischung von Glasstückchen, Chlorkalk, Zement und vergiftetem Weizen. Ratten vertreibt man am zuverlässigsten durch Gift. Man legt zu diesem Zweck etwas Speck mit Strychnin bestrichen auf Brettchen und diese an die geeigneten Orte. Frisch geriebene und gebratene Meerzwiebel wird auch mit Erfolg angewandt, ebenso eine Mischung von Mehl, Gips und ungelöschtem Kalk, daneben ein Gefäß mit Wasser; doch wende man letzteres Mittel nur im Notfall an, da es tierquälerisch ist: die Tiere platzen, nachdem sie vom Wasser getrunken haben. Auch Fallen oder Fangeisen sind zu empfehlen, doch versäume man nicht, sie vor dem Aufstellen stets auszubrühen, um sie geruchlos zu machen. Eine Ratte hat nicht selten 12-14 Stück junge Brut, daher ihre enorme Vermehrung.
Auf dem Lande, wo den Kindern weniger Abwechslung als in der Stadt geboten werden kann, muß man besonders bedacht sein, sie durch anregende Beschäftigungen und Spiele an Haus und Garten zu fesseln. Mit Vorliebe sucht sich die kleine, unbeobachtete Gesellschaft einen Umgang aus, der nicht für sie paßt und dessen üble Folgen sich oft nur mit vieler Mühe beseitigen lassen. Das beste Mittel gegen Langeweile, denn diese treibt in erster Linie das Kind dazu, verbotene Wege zu gehen, ist anregende Tätigkeit. Und darum halte die Mutter schon frühzeitig ihre kleine Gesellschaft zu nützlicher Beschäftigung an und fördere dadurch in den Kindern den Schaffenstrieb. Es wird ihnen für spätere Zeiten nur dienlich und segensreich sein.
Aber Kinder wollen auch ihre Freiheit genießen und darum ist für den Sommer ein großer, schattiger Spiel- und Tummelplatz in nächster Nähe des Hauses die beste Ablenkung und Aushilfe. Hier ist es in erster Linie der Sandhaufen, der zu den mannigfachsten Spielen Gelegenheit bietet. Auch finden sie viel Freude daran, ihren eigenen kleinen Garten zu besitzen, darin zu pflanzen und zu gießen, Blumen zu pflücken und Früchte zu ernten, zumal wenn auch die Mutter Interesse und Freude daran zu erkennen gibt. Eine bessere Beschäftigung für Kinder gibt es wohl kaum, als das seit alters her bekannte »Ballspiel«. Es erheischt kräftige Bewegungen und Beugungen des ganzen Körpers, gibt den Händen Geschicklichkeit und Lust und Freude für groß und klein. Wie vielseitig kann der Ball geworfen und gefangen werden! Wie mannigfach und abwechslungsreich ist das Ballspiel! Ich erinnere nur an den »Königsball« und »Stechball«, und mehr oder weniger gehören Federball und Tennis auch dazu. Boccia, Krocket und Kegelspiel (im Garten läßt sich sehr leicht ein sog. Luft- oder Schleuderkegelspiel anbringen) sind ebenfalls ungemein anregend und können auch den Erwachsenen manche frohe Stunde bereiten. Die Schaukel ist den Kindern ein beliebter Zeitvertreib, wir wollen aber dahingestellt sein lassen, ob in dieser Weise das Durchfliegen der Luft gesund ist. Da scheint doch das Schwungseilhüpfen, das Treiben des Reifens und Turnen viel gesünder, und deswegen dürfen auf dem Spielplatz einige Turngeräte, wie Reck und Rundlauf etc., nicht fehlen. Die Tätigkeit der Bewegungsmuskeln unseres Körpers ist eine unerläßliche Bedingung zur Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit, daher die große Wichtigkeit gymnastischer Übungen für die Jugend, so daß auch der Zimmergymnastik hier Erwähnung getan werden muß.
Auch das Tanzen ist, wenn nicht im Übermaß betrieben, eine gesunde Körperbewegung. Sobald die verlockenden Töne eines Walzers, einer Polka erklingen, wird jung und alt wie elektrisiert: das beste Zeichen, wie gern der Körper sich bewegt. Der Tanz verbindet am leichtesten alle Glieder des Hauses und seine Gäste zu froher und freier Unterhaltung und fördert Grazie und Anmut in den Bewegungen. Um aber Tanzmusik immer zur Hand zu haben, schaffe man sich eine Drehorgel an, die von jedermann in Tätigkeit gesetzt werden kann, und damit es unseren tanzfreudigen Leserinnen niemals an einem Kommando zu einem Kontertanz oder einer Quadrille à la cour gebreche, wolle man es der »Stütze« hoch anrechnen, wenn sie auch hierin freundliche Hand bietet und die verschiedenen Touren zu den beliebtesten Tänzen hier noch anschließt.
Von Ph. Heineken in Canstatt-Stuttgart.
Erfreulicherweise hat sich auch die Damenwelt der in neuerer Zeit in allen Gesellschaftsschichten viel Staub aufwirbelnden Frage des » Mens sana in corpore sano« gegenüber nicht passiv verhalten, sondern sich von den Fesseln alter Vorurteile, welche das Ideal eines Weibes nur in jenen weichen, hilf- und energielosen Gestalten sah, wie sie die Romane alter und neuer Zeit uns zum Überdrusse vormalen, hoffentlich endgültig befreit.
Wie ganz anders sind jene jugendfrischen, biegsamen, gelenkigen und anmutigen Gestalten, welche sich auf dem frischen Rasen in der freien Natur der Lust und dem Frohsinn beim heiteren Bewegungsspiele hingeben, als jene bleichen Zierpuppen, die vor jedem Luftzuge bewahrt und gleich exotischen Pflanzen gepflegt werden müssen.
Zum Glücke hat man in den letzten Jahren die Fehler, welche bisher in der weiblichen Erziehung gemacht wurden, einsehen gelernt und suchte das Versäumte so gut wie möglich dadurch zu verbessern, daß man Turnen und Bewegungsspiele in den Lehrplan mit aufnahm.
In dieser Beziehung ist uns England weit voraus. Es besitzt gerade für Damen eine Menge Spiele, die wohl ihresgleichen suchen. Einen weiteren Reiz gewinnen diese Spiele dadurch, daß sie von beiden Geschlechtern gemeinschaftlich betrieben werden können. In erster Linie wären in dieser Beziehung Tennis, Krocket, Golf, Bowls etc. zu erwähnen.
Tennis, eine Sprosse des mittelalterlichen Paumespiels, ist geradezu ein Modespiel geworden und verdient es auch im höchsten Grade, denn es gibt wohl wenige Vergnügen, die einen solchen Zauber besitzen, um stets zu fesseln, zu unterhalten und in der Vervollkommnung der Spieltechnik anzueifern.
Der typisch gewordene Spielsatz hat rechteckige Form von 24 m Länge, 8,5 m Breite und ist mit den aus dem Plane ersichtlichen Linien versehen, welche 4 cm breit auf ebenem Rasen oder sonst einer horizontalen Fläche mit aufgelöster Kreide oder schmalen, weiß angestrichenen Latten bezeichnet werden. Bei einem Spiele zu drei und vier Personen wird der Platz, auch Spielhof genannt, auf 11 m in der Breite vergrößert. An dem Spiele können 2-4 Personen teilnehmen, welche sich in zwei Parteien teilen; bei 3 Teilnehmern sind auf der einen Partei 2, auf der andern ein einzelner Spieler, bei 4 je 2 und 2.
In der Mitte wird der Hof durch ein an den 90 cm außerhalb der Grenzlinie stehenden 1,15 m hohen Pfosten befestigtes und in der Mitte des Hofes 90 cm hohes Netz in 2 Hälften geteilt; dieses Netz dient als neutrale Scheidewand der Parteien, welche sich nach dem Losen in die beiden Hälften teilen. Jeder der Spieler ist mit einem Racket, einem hölzernen, mit einem Flechtwerk von Darmsaiten und Griff versehenen Rahmen, ausgerüstet. Ein Dutzend Halbmassive, 7,5 cm im Durchmesser haltende Bälle vollenden die Spielausrüstung.
Die Pointe des Spieles besteht nun darin, den Ball von der einen Seite des Netzes auf die andere so zu schlagen, daß ihn die dort stehende Gegenpartei nicht zurückgeben kann; andernfalls wird er eben so oft herüber und hinüber geschlagen, bis er ins Netz, über die Linien des Spielhofes hinaus oder sonstwie durch einen Fehler, wie wir später sehen, aus dem Spiele geht.
Um den Ball ins Spiel zu bringen, wird ein Spieler irgend einer Partei durchs Los zum sogenannten Einschenker bestimmt. Dieser stellt sich auf der rechten Seite seiner Grundlinie so auf, daß ein Fuß auf dieser, der andere hinter ihr sich befindet; dann wirft er einen Ball in die Höhe und schlägt denselben so übers Netz, daß er auf dem diagonal gelegenen Einschenkhof der Gegenpartei niederfällt. Der dort befindliche Spieler (Empfänger genannt) läßt den Ball einmal ausfallen und schlägt ihn wieder übers Netz zurück. Der Ball ist also im Spiele, sobald er das Flechtwerk des Einschenkers verläßt. Wir überlassen ihn einstweilen seinem Schicksale und sehen uns die einzelnen Bestimmungen über das Einschenken etwas näher an.
Wie schon gesagt, beginnt es von der rechten Seite der Grundlinie und geht in den diagonal gelegenen Einschenkhof der Gegenpartei in unserm Plane von A nach B. Der Einschenker hat stets zwei Bälle zur Verfügung; macht er also mit dem ersten einen Fehler, d. h. bringt er den Ball nicht übers Netz oder in den richtigen Einschenkhof, oder steht er falsch an der Grundlinie oder auf der falschen Hälfte, oder trifft er den Ball zweimal, ehe er das Netz passiert, so hat er noch einen Ball; macht er auch diesen falsch, so begeht er einen Fehler, der seinem Gegner als 15 Punkte zugute geschrieben wird. Streift der Ball beim Einschenken das Netz, so gilt dies nicht und wird nicht berücksichtigt; der Spieler hat deswegen doch seine zwei Bälle. Ist das Einschenken von der rechten Seite aus nicht richtig erfolgt oder ein Fehler von irgend einer Partei gemacht worden, so wird von der linken Seite, wenn erforderlich, mit 2 Bällen eingeschenkt, dann wieder von der rechten, hierauf von der linken in derselben Reihenfolge so lange fort, bis eine Partie beendigt ist. Nach Schluß der ersten Partie kommt die Gegenpartei ans Einschenken und die seitherige Einschenkpartei wird Empfänger. Bei der dritten wird, falls nur 2 oder 3 Personen spielen, der Einschenker der ersten Partei, bei 4 Spielern dessen Partner Einschenker und so abwechselnd fort, bis ein Satz beendigt ist.
Die Partie ist nun von demjenigen Spieler resp. der Partei gewonnen, welche zuerst 4 Fehler oder Strockes gewinnt, und zwar gilt der erste gewonnene Schlag 15, der zweite 30, der dritte 40 Punkte; beim vierten wird bekanntlich die Partie gewonnen, wenn nicht beide Spieler auf 3 Schlägen oder 40 Punkten, d. h. »gleich« stehen. Der nächste gewonnene Schlag gilt dann als »Vorteil« für den Spieler; gewinnt er auch den darauffolgenden, so erhält er die Partie, verliert er ihn, so ist das Spiel wieder gleich. Man muß daher, falls beide Parteien auf »gleich« stehen, stets zwei Schläge hintereinander gewinnen, um in den Besitz der Partie zu gelangen.
Ganz dasselbe Prinzip wird beim Anschreiben eines Satzes beobachtet. Der Gewinner von 6 Partien ist auch Besitzer des Satzes; stehen aber beide Parteien auf 5 Sätzen, so ist »Spiel gleich«. Der Satz kann nur durch 2 aufeinanderfolgende Partien gewonnen werden und zieht sich infolgedessen oft sehr lang hinaus, da der Gegner den Vorsprung einer Partie durch eine gewonnene wieder ausgleichen kann. Ein Wettspiel endlich wird meistens durch 3 Sätze entschieden; wer zwei davon gewinnt, bleibt Sieger.
Wir haben bis jetzt kennen gelernt, daß ein Tennis-Wettspiel aus 2 Sätzen, ein Satz aus 6 Partien und eine Partie aus 4 Schlägen, ein Schlag oder Strocke endlich aus 2 Einschenkfehlern oder 1 Spielfehler besteht. Die Einschenkfehler haben wir schon kennen gelernt und brauchen uns daher nur den Spielfehlern zu widmen. Als solche gelten, wenn:
1. der Empfänger den Ball mit seinem ersten Schlag (Einschenken) im Flug erwidert;
2. der Ball außerhalb des Hofes oder ins Netz gefallen ist;
3. der Ball einen Spieler oder dessen Kleidung berührt (das Racket beim Schlagen ausgenommen);
4. der Ball durch einen Spieler mehr als einmal hintereinander geschlagen wird, ehe er das Netz passierte;
5. der Ball vor seinem ersten Ausfallen das Netz nicht passierte;
6. der Ball den Boden auf einer Seite zweimal hintereinander berührt;
7. der Ball, ehe er das Netz passierte, zurückgeschlagen wird;
8. ein Spieler das Netz oder die Pfosten berührt.
Dies ist im großen Ganzen das Skelett des Tennisspieles, dem wir in der Theorie außer nachfolgenden Kleinigkeiten nichts hinzuzufügen brauchen. Der Einschenker muß vor dem Einschenken den Empfänger fragen, ob er bereit ist; die Seiten werden nach jedem Satze gewechselt. Beim Doppelspiele ist jeder Partner abwechselnd Empfänger und darf einen Ball, der dem einen Teilnehmer eingeschenkt ist, nicht nehmen; ist der Ball jedoch wieder übers Netz zurückgeschlagen, so kann ihn jeder der beiden nehmen.
Es bleibt uns zum Schlusse nur noch übrig, einige Worte über die Taktik zu sprechen. Das Racket wird immer am Ende des Stieles gehalten und trifft den Ball stets mit der vollen Fläche des Rahmens; der Ball wird entweder im Fluge oder nach dem ersten Ausfallen zurückgeschlagen und stets dorthin placiert, wo er am wenigsten zurückgegeben werden kann; man sucht ihn daher immer so weit als möglich an die Grundlinie zu bringen, weil hier der Ball einen langen Weg gebraucht, um wieder übers Netz zu kommen. Steht der Gegner nahe am Netz, so sucht man durch einen Hochschlag den Ball über seinen Kopf wegzubringen und an der Grundlinie niederfallen zu lassen. Ein nahe dem Netze niederkommender, hoch aufspringender Ball wird mit einem raschen Hiebe im Fluge aus dem Bereich des Gegners geschlagen. Spielen ein Herr und eine Dame gegen einen Herrn und Dame, so steht die letztere hinten an der Grundlinie, der Herr an der Einschenklinie, um die Flugschläge nehmen zu können. Beim Einschenken steht der Empfänger zwischen Grund- und Einschenklinie, nicht im Einschenkhof, also bei B, sondern außerhalb desselben, bei C, weil er hier den Ball besser zurückgeben kann.
Liebhabern, welche sich gern eingehender mit dem Spiele beschäftigen wollen, empfehlen wir das vom Verfasser herausgegebene »Lawn-Tennis«, Verlag: Gustav Weise, Stuttgart, das zum Preise von 80 Pf. zu beziehen ist und aus 70 Seiten mit 30 Illustrationen das Spiel eingehend behandelt; ebendaselbst ist zu erhalten: »Die beliebtesten Rasenspiele«, M. 4, –, welche die obigen Spiele im Detail behandeln.
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Als zweites Spiel sei hier das Krocketspiel erwähnt, das durch das obige allerdings stark verdrängt worden ist. Auch dieses kommt aus dem Mittelalter und ward als Pail-Mail ein Vergnügen der Könige und Fürsten. An demselben können 2-8 Personen teilnehmen, welche mit je 1 Hammer und Ball ausgerüstet sind und sich in 2 Parteien teilen. Auf einem ebenen Rasen oder Sandboden ist mittels kleiner eiserner Tore eine Figur, welche die verschiedensten Formen besitzen kann, aufgestellt. Wir geben in unserem Plane die gebräuchlichste wieder mit 9 Toren und 2 Pfosten, dem Wende- und Standpflock. Die Bälle unterscheiden sich, wie auch die Hämmer, durch einen farbigen Ring voneinander, und zwar sind die Farben blau, rosa, schwarz, gelb, braun, orange, grün, rot. Die Farben blau, schwarz, braun, grün und die entsprechenden Hämmer gehören zu einer, die übrigen zur anderen Partei.
Die Aufgabe des Spieles besteht darin, alle Bälle der eigenen Partei vor denen der Gegner vom Standpflock aus durch die Tore I bis VII an den Wendepflock und von diesem durch VII, VI, VIII, IV, IX und II und I an den Standpflock zurück zu bringen und dem Gegner unterwegs so viel Schaden wie möglich zuzufügen.
Dies wird dadurch erreicht, daß ein Spieler, Blau, seinen Ball vor das 1. Tor legt und ihn durch dasselbe zu schlagen sucht. Hat er dasselbe passiert, so erhält er, wie auch beim Passieren eines jeden Tores von der richtigen Seite (d. h. von der Richtung des Pfeiles), einen Extraschlag; er kommt auch durch II und muß sich gegen III hinwenden, um dieses zu passieren. Leider bleibt es beim guten Willen und unser Freund liegt vor Tor III. Ein Spieler der Gegenpartei kommt jetzt an die Reihe und durch Tor I und II, ist dann so glücklich, mit seinem Balle den blauen zu treffen. Er erhält dadurch das Recht zu einem Extraschlag, legt seinen Ball an irgend einer Stelle an den blauen, schlägt den ersteren durchs Tor, den Gegner daneben, und versucht, da er durch das Passieren des Tores einen Extraschlag erhält, den blauen Ball nochmals zu treffen und vor Tor IV zu gelangen, wo er vielleicht liegen bleibt. Jetzt folgen die anderen Bälle, immer ein Freund zwischen einem Gegner, bis alle Bälle im Spiele sind, worauf die Reihenfolge wieder von vorn beginnt. Blau sucht an sein Tor III, das er zu passieren hat, zurückzukommen und wird womöglich nach einem Balle aussehen, durch den er mittels etwaigen Treffens an seinen Bestimmungsort gelangt.
Die Pointe des Krocketspieles gipfelt somit darin, stets die anderen Bälle zu seinem und in erster Linie zum Vorteile der eigenen Partei auszunützen, den Gegner von seinem zu passierenden Tore weg, womöglich hinter dasselbe zu bringen oder einem Partner zukommen zu lassen, damit dieser Vorteil daraus ziehen kann, kurz und gut, sein Pensum so rasch wie möglich zu absolvieren.
Es gibt natürlich noch eine Menge Regeln, welche auf die weiteren Feinheiten des Spieles eingehen, doch ist hier nicht der Platz, um sie ausführlicher auseinanderzusetzen, da wir hier nur einen allgemeinen Überblick des Spieles geben wollen.
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Als drittes Spiel gesellt sich den beiden vorhergehenden das Golfspiel, das aus derselben Quelle wie Krocket stammt, bei. Im großen Ganzen unterscheidet es sich von Tennis und Krocket dadurch, daß es nicht innerhalb eines abgegrenzten Raumes von 30 m, sondern auf einer großen Heide oder Wiesenlandschaft von 2-4 km Ausdehnung gespielt wird.
Auf dieser Fläche werden in einer Entfernung von 200-500 m 18 kleine Löcher von 12 cm Weite und 10 cm Tiefe ausgehoben und durch kleine Flaggen sichtbar gemacht. Die Spieler, ebenfalls in zwei Parteien geteilt, sind jede mit einem Balle und der einzelne Spieler mit verschiedenen Keulen ausgerüstet.
Ein Spieler der Partei, welche beginnt, legt den kleinen, ca. 4-5 cm großen, massiven Guttaperchaball nahe dem ersten Loche auf eine kleine Landerhöhung oder einen Grasbüschel und schlägt ihn mit einer Keule in der Richtung des zweiten Loches. Die Gegenpartei macht es ebenso. Ist dies geschehen, so schlägt stets diejenige Partei weiter, welche am weitesten vom zweiten Loche entfernt ist; wer mit den wenigsten Schlägen den Ball in dasselbe hineinbringt, gewinnt das betreffende Loch, wer die meisten Löcher erobert, das Spiel.
Der große Reiz des Spieles liegt in der Überwindung der verschiedensten Hindernisse, als da sind Gräben, Bäche, kleine Seen, Gebüsche, Straßen, Heidekraut, Hügel, Kiesgruben, Sanddünen etc., die man alle vermittels der Keule überwinden muß, denn der Ball darf außer beim Abschlage von einem Loche bei Verlust des nächsten Loches mit den Händen nicht berührt werden, und eben zur Bewältigung der vielen Steine des Anstoßes ist ein Sortiment von Keulen nötig; die einen sind für weite Schläge auf freiem Felde, die andern zum Weglüpfen eines Balles über einen Busch, eine dritte zum Heraushauen aus einem Loche, eine vierte endlich zum Spielen in der Nähe des Loches beim sogenannten Einschlagen zu verwenden. Man kennt so über 20 verschiedene Keulen. Unbedingt notwendig für den Anfänger sind allerdings nur 4.
Gleich Lawn-Tennis hat sich auch Golf in den letzten Jahren in den Badeorten des Kontinents eingebürgert, und so treffen wir in Boulogne, Cannes, Pau, im Engadin, Wiesbaden, Homburg, Baden-Baden, auch in Berlin große Golfplätze mit vorzüglich eingerichteten Klubhäusern und zahlreichen Mitgliedern.
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Als letztes Spiel unserer Abhandlung wollen wir noch dem ebenfalls auf dem grünen Rasen betriebenen Bowls- oder Bocciaspiele einige Worte widmen. Auch hier bilden sich 2 Parteien, jeder Spieler ist mit 2 Holzkugeln von Orangengröße versehen. Vor Beginn wird eine kleine Kugel, Wurfmal genannt, ausgeworfen, und an diese sucht jeder folgende Spieler einen seiner Bälle so nahe wie möglich heranzuschleudern. Die Gegenpartei hat dasselbe Bestreben, und es entwickelt sich das Spiel dahin, daß die einen entweder die Kugeln der Partner so blockieren, daß sie von einem Gegner nicht weggetrieben werden können, oder man sucht das Wurfmal weiter oder einen Gegner durch Anrempeln von diesem wegzubringen. Sind alle Kugeln verschleudert, so hat diejenige Partei gewonnen, welche von einer vorher zu bestimmenden Anzahl von Bällen die nächsten am Wurfmale hat.
für die östlichen Provinzen – mit Ausnahme von Vorpommern und Rügen – für Westfalen und die Kreise Essen, Mülheim a. R. und Rees.
Nur wer zu häuslichen oder (und) wirtschaftlichen Diensten gemietet und in die häusliche Gemeinschaft aufgenommen ist (»mit von des Herrn Tische ißt«) gilt als Gesinde. Wirtschaftseleven, Tagelöhner, Instleute, ländliche Arbeiter, Dienstfamilien, »Dreschgärtner« etc. gehören nicht zum Gesinde, wohl aber Mägde, Knechte, Kutscher etc. – Das Recht, das Gesinde zu mieten, steht auch der Ehefrau zu, falls der Mann dieses Recht nicht durch Vermerk im Güterrechtsregister ausgeschlossen hat. Der Gutsverwalter kann auf Grund einer Vollmacht seines Herrn (schriftliche Ausstellung ratsam!) ebenfalls Gesinde mieten. Wer sich als Gesinde vermieten will, muß Herr über seine Person sein. Will ein Minderjähriger als Gesinde eintreten, so muß die Dienstherrschaft sich vorsehen. Hat der Dienstbote von einem gesetzlichen Vertreter (Vater, Mutter, Vormund) die Erlaubnis erhalten, sich zu vermieten, so kann er jederzeit selbständig einen Dienst annehmen, kündigen, den Lohn empfangen, klagen und verklagt werden. Hat der Minderjährige keine Erlaubnis, so hängt die Gültigkeit des Vertrages von der Genehmigung des Vertreters ab. Es ist deshalb ratsam, den Vater etc. zu befragen. Ist dies nicht ausführbar, so schreibe man ihm. Antwortet er binnen 2 Wochen nicht, so gilt die Genehmigung als verweigert und der Vertrag als nicht geschlossen. Man sehe sich deshalb bei der Miete eines Minderjährigen vor! Der den Minderjährigen vermietende Vormund (nur dieser!) bedarf der gerichtlichen Genehmigung, wenn der Vertrag für länger als 1 Jahr geschlossen wird.
Der Dienstbote hat sein Dienstbuch vorzulegen und, wenn er schon anderswo gedient hat, die ordnungsmäßige Verlassung des bisherigen Dienstes nachzuweisen. Hat er noch nicht gedient, so muß er ein polizeiliches Zeugnis vorlegen, daß gegen seine Annahme kein Bedenken obwaltet. Wer dies nicht beachtet, setzt sich Geldstrafen und, wenn ein anderer Rechte an der Person oder auf die Dienste des Gesindes hat, der sofortigen Aufhebung des Vertrages aus.
Die Miete erfolgt formlos, namentlich ist ein schriftlicher Vertrag nicht erforderlich. Ob die Bestimmung, daß der Vertrag durch Geben und Nehmen des Miettalers geschlossen werde, noch gilt, ist streitig. Es ist deshalb zurzeit ratsam, das Mietgeld noch zu geben und es am Lohne (wie das Gesetz vorschreibt) zu kürzen. Ein Recht, durch Rückgabe des Mietgeldes binnen 24 Stunden den Vertrag aufzuheben, gibt es nicht. Die Dauer des Dienstes hängt von der Vereinbarung ab, die aber auf bestimmte Zeit lauten muß. Verträge für Lebenszeit oder für längere Zeit als 5 Jahre kann das Gesinde nach Ablauf von 5 Jahren mit sechsmonatlicher Frist kündigen. Wenn nichts anderes verabredet ist, gilt Landgesinde als auf ein Jahr gemietet; Antritt nach Übereinkunft, andernfalls am 2. Januar (Brandenburg, Sachsen, Schlesien) oder am 2. April.
Die Herrschaft ist verpflichtet, dem Gesinde den Lohn pünktlich zu zahlen und ihm angemessene, gesunde Beköstigung zu gewähren. Der Lohnanspruch verjährt in 2 Jahren, vom 31. Dezember des Jahres ab gerechnet, in welchem der Lohn fällig wurde. Wenn das Gesinde verhältnismäßig kurze Zeit ohne eigenes Verschulden nichts tun kann, so darf ihm deshalb kein Lohnabzug gemacht werden. Hierher gehören namentlich: Erkrankungen des Dienstboten, militärische Dienstleistungen etc., nicht aber Teilnahme an Hochzeiten, Kirmessen etc. Bekommt das Gesinde für die betreffende Zeit Vergütung aus Krankenkassen oder Unfallversicherung, so muß es sich diesen Betrag anrechnen lassen. Der Herrschaft steht nicht das Recht zu, den Dienstboten, wenn auch in noch so leichter Weise, zu züchtigen. Die Dienstherrschaft hat Räume, Vorrichtungen und Gerätschaften, die sie selbst zu beschaffen hat, so einzurichten und zu unterhalten und die Arbeiten, die sie zu leiten oder anzuordnen hat, so zu regeln, daß das Gesinde gegen Gefahr für Leben und Gesundheit, soweit als es nach der Natur der Arbeit nur irgend tunlich ist, geschützt ist. Wohn- und Schlafräume, Arbeits- und Erholungszeit müssen so eingerichtet sein, daß Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet werden. Dem Gesinde ist auch die Zeit zum Kirchgange und, wenn es die Stelle verlassen will, zur Aufsuchung eines anderen Dienstes zu gewähren. Die Nichtbefolgung der zur Verhütung von Lebens- und Gesundheitsgefahr gegebenen Vorschriften macht die Herrschaft schadensersatzpflichtig. Sie setzt sich der Klage des Gesindes und, wenn der Fall eine besondere Härte einschließt, auch dem sofortigen Weggange desselben aus. Es ist nicht zulässig, die hiernach dem Gesinde zustehenden Rechte im voraus durch Vertrag aufzuheben oder zu beschränken.
Zieht sich ein Dienstbote durch den Dienst oder bei Gelegenheit desselben (d. h. durch die Arbeit selbst, weil sie zu schwer ist, oder bei der Ausführung der Arbeit, z. B. fällt das Mädchen beim Fensterputzen und bricht einen Fuß) eine Krankheit zu, so muß die Herrschaft für Kur und Verpflegung sorgen, und zwar bis zur Dauer von 6 Wochen; endet der Dienstvertrag vorher, nur bis zu dessen Ablauf; läuft er aber noch länger als 6 Wochen, auch über diese Zeit hinaus. Das Gesinde verliert seinen Anspruch, wenn es die Krankheit durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit verschuldet hat. Die Verpflegung und ärztliche Behandlung kann – einerlei ob der Patient einverstanden ist oder nicht – durch Unterbringung in einem Krankenhause geleistet werden. Wenn für Verpflegung etc. durch eine Versicherung oder sonstige Einrichtung der öffentlichen Krankenpflege gesorgt ist, so tritt die Verpflichtung der Dienstherrschaft überhaupt nicht ein. Lohnabzüge für Auslagen an Kur- und Pflegekosten sind unzulässig – mit einer Ausnahme. Wenn nämlich die Krankheit weder durch den Dienst noch bei Gelegenheit desselben entstanden ist oder der Dienstbote wegen vorliegenden eigenen Verschuldens keinen Anspruch an die Herrschaft hat, so braucht die Herrschaft für den Kranken nur dann zu sorgen, wenn keine Verwandten desselben in der Nähe sind, die ihn aufnehmen müssen oder wollen (weigern sich die Verwandten, so muß die Herrschaft einstweilen für den Kranken sorgen). In diesem Falle können die Kosten vom Lohn abgezogen werden.
Wegen geringer Versehen ist der Dienstbote seiner Herrschaft nicht ersatzpflichtig, es sei denn, daß er dem ausdrücklichen Befehle derselben zuwider gehandelt hätte. Hat aber der Dienstbote in Ausführung einer Verrichtung durch eine unerlaubte Handlung einem Dritten Schaden zugefügt, z. B. ein Knecht fährt mit dem Ackerwagen über ein fremdes bestelltes Grundstück, so haftet der Dienstherr. Er kann sich aber durch den Nachweis frei machen, daß ihn bei der Anstellung des Dienstboten kein Verschulden treffe, indem er ihn als einen ordentlichen und zuverlässigen Menschen erkannt und ihn nicht ohne Prüfung seiner Tüchtigkeit gemietet habe. Aber selbst bei Außerachtlassung dieser Vorsicht ist die Herrschaft frei, wenn sie beweisen kann, daß der Schaden ohnehin auch bei Anwendung der nötigen Sorgfalt entstanden sein würde. Im übrigen kommt es nicht darauf an, ob die Herrschaft ein Verschulden trifft oder ob von dem Gesinde etwas zu holen ist oder nicht. Der Geschädigte kann sich vielmehr direkt an den Dienstherrn halten, dem es überlassen bleibt, an dem Dienstboten sich schadlos zu halten für das, was er infolge der Handlung desselben dem Dritten zahlen muß.
Der Dienstvertrag endet durch den Tod des Dienstboten. Stirbt das Haupt der Familie, so brauchen die Erben den Dienstboten stets nur bis zur nächsten Ziehzeit zu behalten. Erfolgt der Tod nach Ablauf der Kündigungsfrist (gesetzlich 3 Monate, längere oder kürzere nach Vereinbarung), so muß das für die Landwirtschaft 0angenommene Gesinde noch für das nächstfolgende Jahr beibehalten werden, falls nicht eine andere Vereinbarung erfolgt. Beispiel: Tod am 1. Februar, Entlassung erst am 1. April des folgenden Jahres. Eine einseitige Aufhebung des Vertrages gibt es sonst nicht. Wer nach Ablauf der Dienstzeit das Dienstverhältnis nicht fortsetzen will, muß rechtzeitig kündigen: bei monatsweise gemieteten Personen am 15. eines jeden Monats. Erfolgt keine Kündigung, so gilt der Vertrag als stillschweigend bei ländlichem Gesinde auf 1 Jahr verlängert.
Ohne Aufkündigung kann die Herrschaft ein Gesinde sofort entlassen:
1. Wenn dasselbe die Herrschaft oder deren Familie durch Tätlichkeiten, Schimpf- und Schmähworte oder ehrenrührige Nachreden beleidigt oder durch boshafte Verletzungen Zwistigkeiten in der Familie anzurichten sucht.
2. Wenn es sich beharrlichen (also wiederholten) Ungehorsam und Widerspenstigkeit gegen die Befehle der Herrschaft zuschulden kommen läßt.
3. Wenn es sich den zur Aufsicht über das gemeine Gesinde bestellten Haus- Offizianten mit Tätlichkeiten oder groben Schimpf- und Schmähreden in ihrem Amte widersetzt.
4. Wenn es die Kinder der Herrschaft zum Bösen verleitet oder verdächtigen Umgang mit ihnen pflegt.
5. Wenn es sich des Diebstahls oder der Veruntreuung gegen die Herrschaft schuldig macht.
6. Wenn es sein Nebengesinde zu dergleichen Lastern verleitet.
7. Wenn es auf der Herrschaft Namen ohne deren Vorwissen Geld oder Waren auf Borg nimmt.
8. Wenn es die noch nicht verdiente Livree ganz oder zum Teil verkauft oder versetzt.
9. Wenn es wiederholentlich ohne Vorwissen und Erlaubnis der Herrschaft über Nacht aus dem Hause geblieben ist.
10. Wenn es mit Feuer und Licht gegen vorhergegangene Warnungen unvorsichtig umgeht.
11. Wenn auch ohne vorhergegangene Warnung durch dergleichen unvorsichtiges Betragen wirklich schon Feuer entstanden ist.
12. Wenn das Gesinde sich durch liederliche Aufführung ansteckende Krankheiten zugezogen hat.
13. Wenn das Gesinde ohne Erlaubnis der Herrschaft seines Vergnügens wegen ausläufst oder ohne Not über die erlaubte oder zu dem Geschäfte erforderliche Zeit ausbleibst, oder sonst den Dienst mutwillig vernachlässigt und von allen diesen Fehlern auf wiederholte Verwarnung nicht absteht.
14. Wenn der Dienstbote dem Trunke oder dem Spiele ergeben ist oder durch Zänkereien und Schlägereien mit seinem Nebengesinde den Hausfrieden stört und von solchem Betragen auf geschehene Ermahnung nicht abläßt.
15. Wenn dem Dienstboten diejenige Geschicklichkeit gänzlich ermangelt die er auf Befragen bei der Vermietung zu besitzen ausdrücklich angegeben hat.
16. Wenn der Dienstbote von der Obrigkeit auf längere Zeit als 8 Tage gefänglich eingezogen wird.
17. Wenn ein Gesinde weiblichen Geschlechts schwanger wird (oder mit der Verheimlichung der Schwangerschaft anzieht), in welchem Falle jedoch der Obrigkeit Anzeige geschehen und die wirkliche Entlassung nicht eher, als bis von dieser gesetzmäßige Anstalten zur Verhütung alles Unglücks getroffen worden, erfolgen muß.
18. Wenn die Herrschaft von dem Gesinde bei der Annahme durch Vorzeigung falscher Zeugnisse hintergangen worden.
19. Wenn das Gesinde in seinem nächst vorhergehenden Dienste sich eines solchen Betragens, weshalb dasselbe nach §§ 117-128 hätte entlassen werden können, schuldig gemacht und die vorherige Herrschaft dieses in dem ausgestellten Zeugnisse verschwiegen, auch das Gesinde selbst es der neuen Herrschaft bei der Annahme nicht offenherzig bekannt hat.
Das Gesinde kann den Dienst ohne vorhergehende Aufkündigung verlassen:
Vor Ablauf der Dienstzeit, aber nur nach erfolgter Kündigung, kann der Dienstbote gehen, wenn er seinen Lohn nicht pünktlich erhält (auf eine kleine Verzögerung kommt es nicht an), wenn das Gesinde von der Herrschaft einer öffentlichen Beschimpfung ausgesetzt wird, und wenn der Dienstbote durch Heirat oder sonst eine günstige Gelegenheit zum Selbständigwerden erhält, die er durch Aushalten der Dienstzeit versäumen würde.
Der aus einem der gesetzlichen Gründe entlassene Dienstbote bekommt Lohn und Kost nur für die Zeit, wo er wirklich gedient hat. Mietsgeld und die letzten Weihnachtsgeschenke können abgezogen werden. Dies gilt auch in den zuletzt aufgeführten Fällen des Fortganges nach Kündigung, aber vor Ablauf der Dienstzeit. Tritt der Dienstbote aus gesetzlichen Gründen sofort aus, so muß ihm Lohn und Kost für das laufende Vierteljahr, bei monatsweiser Miete für den laufenden Monat vergütet werden. Hat die Ursache zum Austritt sich erst nach Ablauf der Kündigungsfrist ereignet, so muß die Vergütung auch für das folgende Quartal oder den folgenden Monat geleistet werden.
Gesinde, das ohne gesetzmäßige Ursache fortgeht, kann durch die Polizei zur Fortsetzung des Dienstes angehalten werden. Gesinde, welches ohne gesetzmäßige Ursache den Dienst verläßt oder hartnäckig ungehorsam oder widerspenstig ist, wird auf Antrag der Herrschaft mit Geldstrafe bis zu 15 M. oder Haft bis zu 3 Tagen bestraft. Der Antrag ist binnen 14 Tagen nach der Tat zu stellen. Das abziehende Gesinde hat alle ihm anvertrauten Gegenstände der Herrschaft richtig abzuliefern.
Die Herrschaft muß dem Gesinde ein richtiges und wahrheitsgemäßes Zeugnis bei seinem Abgange ausstellen. Für unrichtige Angaben, infolge deren die neue Herrschaft des Dienstboten zu Schaden kommt, ist der Aussteller des Zeugnisses verantwortlich; er kann dieserhalb auch bestraft werden.
Gewichtstabelle.
1 kg = 1000 g = 2 Pfd.,
¾ kg = 750 g = 1½ Pfd.,
½ kg = 500 g = 1 Pfd.,
¼ kg = 250 g = ½ Pfd.,
1/8 kg = 125 g = ¼ Pfd.,
1/16 kg = 62½ g = 1/8 Pfd.,
1/32 kg = 31¼ g = 1/16 Pfd.
Die Gewichte.
1 Tonne = 20 Ztr.,
1 Ztr. = 50 kg,
1 kg = 2 Pfd.,
½ kg = 1 Pfd. = 500 g oder 50 dkg (Neulot),
1 dkg = 10 g.
Die kleinen Gewichte lassen sich bei den Dezimalwagen leicht durch Münzen ersetzen: 1 Pfennigstück wiegt z. B. 2 g, 3 Zweipfennigstücke 10 g, 2 Fünfpfennigstücke 5 g, 1 Zehnpfennigstück 4 g, 9 Fünfzigpfennigstücke 25 g, 9 Einmarkstücke 50 g, 9 Zweimarkstücke 100 g, 1 Fünfmarkstück (Gold) 4 g, 1 Dreimarkstück 18 g.
Zählmaße.
1 m = 10 dcm = 100 cm = 1000 mm (Millimeter).
1 Schock = 4 Mandel, 1 Mandel = 16 Stück.
1 Gros = 12 Dutzend, 1 Dutzend = 12 Stück.
Hohlmaße.
1 Hektoliter (hl) = 2 Scheffel,
1 Scheffel = 50 l,
1 l = 2 Schoppen,
1 Schoppen = ½ l.