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Als Don Estévan und Cuchillo sich von dem Pavillon, den Doña Rosarita bewohnte, entfernt hatten und sie allein mit Tiburcio ließen, blieb der erstere schweigsam, ohne – wie es schien – die Gegenwart seines Gefährten zu bemerken, der ihn jedoch nicht verlassen hatte. Sie befanden sich wieder in der Allee von Granatbäumen, und der Spanier hatte es noch nicht für angemessen gehalten, ihm auch nur einen Vorwurf zu machen, obgleich es nicht in seiner ungestümen Natur lag, sich lange zu mäßigen; aber er war in tiefes Nachdenken versunken.
Besser mit den Geheimnissen des weiblichen Herzens bekannt als Tiburcio, hatte er am Schluß des verliebten Zwiegesprächs, das er gehört hatte, erraten, daß ein zärtliches Gefühl für diesen jungen Mann im Herzen Doña Rosaritas keimte, wenn sie sich auch dessen noch nicht bewußt war. Der veränderte Ton in der Stimme des Mädchens, seine Gebärden – alles hatte seinen Augen, die hellsehender waren als die von Tiburcio, da die Leidenschaft sie nicht blind machte und die Geheimnisse des weiblichen Herzens für ihn kein verschlossener Brief waren, die Beweise für eine Liebe verraten, die von sich selbst noch nichts wußte.
Er hatte bis jetzt die Tiburcio gemachte Entdeckung hinsichtlich des Val d'Or als eine Sache von untergeordneter Wichtigkeit mit Verachtung behandelt; aber der von Doña Rosarita geliebte Tiburcio war für seinen Ehrgeiz ein unüberwindliches Hindernis. Die Heirat des Senators; die halbe Million, die dieser von der Mitgift seiner Frau für das Gelingen seiner Pläne opfern sollte; die Vorteile, die ihm Tragaduros' Einfluß im Senat von Arizpe – der durch seine Freigebigkeit noch vergrößert wurde – in Aussicht stellte – alles verschwand vor diesem neuen Hindernis. Man mußte es also durchbrechen, es um jeden Preis aus dem Weg räumen und sich Tiburcios lebend oder tot bemächtigen. Der Ehrgeiz stellt solch schreckliche Forderungen, denen der Ehrsüchtige alles opfern muß.
Es blieb nur noch die Ausführung dieses Plans übrig. Als der Spanier ihn einmal in seinem Geist beschlossen hatte, brach er zum erstenmal das Stillschweigen. »Ungeschickter Dummkopf!« murmelte er laut genug, daß Cuchillo es hören konnte.
»Beliebt Eure Herrlichkeit, von mir zu sprechen?« fragte der Bandit in einem Ton, in dem die augenblickliche Demütigung mit seiner gewöhnlichen Unverschämtheit stritt.
»Und von wem sollte ich wohl sonst sprechen – wenn Ihr nichts dagegen habt – als von dem Mann, der seinen Gegner weder durch List auszuforschen noch sich seiner durch Gewalt zu entledigen versteht? Ein Weib hätte getan, was Ihr nicht habt tun können. Ich hatte es Euch ja gesagt, dieses Kind ist ein Riese gegen Euch, und ohne mich ...«
»Ich leugne nicht, daß Eure Vermittlung mir von Nutzen gewesen ist«, unterbrach Cuchillo; »aber ohne Eure Dazwischenkunft auf dem Weg nach der Poza wäre auch Tiburcio für uns kein Gegner mehr, den wir zu fürchten hätten.«
»Wieso?« fragte Don Estévan.
»Gestern abend, als ich ihn hinter mir auf dem Rücken meines Pferdes nach Eurem Nachtlager hinbrachte, hatte der junge Mann mir gedroht, mich in meiner Ehre beleidigt, und ich wollte eben unseren Streit durch einen guten Büchsenschuß beenden, als ein Abgesandter von Euch – Benito, der Jaguarbewunderer – uns entgegenkam und ein Pferd und Wasser überbrachte; ich mußte auf meinen Plan verzichten. Hier war das Rechte, wie Ihr seht, Don Estévan; die Tugend bringt uns Unglück! Das kommt von unserer Wohltätigkeit.«
»Sprecht von Euch, Schelm!« sagte der Spanier, dessen Stolz sich bei dem Vergleich empörte, den der Bandit zwischen ihnen aufzustellen suchte. »Und wenn man die Abwesenden angreifen darf – was hat denn dieser junge Mann Eurer Ehre zuleide getan ?«
»Was? Weiß ich es? Es war wegen meines Pferdes, das ...« Cuchillo hielt inne wie ein Mann, dessen Zunge ein unbesonnenes Wort gesprochen hat.
»Das mit dem linken Fuß stolpert«, fügte Don Estévan hinzu. »Die alte Geschichte vom Pferd Arellanos'.«
»Ich habe ihn nicht getötet!« rief der Bandit. »Ich habe ihm vielleicht einiges Unrecht vorzuwerfen gehabt, aber ... ich habe es ihm von Herzen vergeben.«
»Ihr seid so großmütig! Aber Scherz beiseite; Ihr seht, dieser junge Mann darf uns nicht mehr im Weg stehen. Ich weiß nicht, welch ein Interesse ich an ihm nahm ... gegen meinen Willen. In Wahrheit: Was kümmert es mich, ob er – allein, wie er dasteht – ein Geheimnis mit uns teilt? Heute bin ich anderer Meinung. Ich habe Euch eine halbe Unze gegeben, um ihn vom Tod zu retten; freilich ohne zu wissen, wer er war; jetzt will ich Euch zwanzig geben, auf daß er nicht mehr ist.«
»Das lass' ich mir gefallen – wir werden wieder Freunde! Seid nicht böse darüber, Don Estévan; morgen aber müßten wir viel Pech haben, wenn bei dieser Jagd auf wilde Pferde das seinige ihn nicht in eine Schlucht stürzte oder ihm nicht den Kopf an einem Felsen oder Baumstamm zerschmetterte oder ihn nicht wenigstens an einen Ort brächte, von dem er nicht wieder zurückkehren wird. Freilich werde ich ein wenig mit Oroche und Baraja teilen müssen; aber ich werde schon dahin sehen, daß es so wenig wie möglich ist.«
»Morgen!« wiederholte ungeduldig Don Estévan.
»Und wer sagt Euch, daß das ›Morgen‹ Euch gehört? Ach was! Ist die Nacht nicht lang, sind diese Gärten nicht weit genug? Seid Ihr nicht drei gegen einen? Wer gibt Euch die Gewißheit, daß ich morgen nicht anderer Ansicht geworden bin?«
Diese Drohung erschreckte Cuchillo. »Caramba!« sagte er. »Eure Herrlichkeit verschiebt nicht gern auf den folgenden Tag, was heute geschehen kann! Wohlan – ich werde mein Möglichstes tun. In der Tat – alles ist so ruhig hier, als ob nichts vorgefallen wäre, obgleich ich, um die Wahrheit zu sagen, erstaunt bin, daß das Geschrei des Mädchens nicht gehört worden ist.«
Wirklich hatte der Kampf zwischen Tiburcio und seinen Angreifern dank der späten nächtlichen Stunde keinen anderen Zeugen gehabt als die Tochter des Eigentümers dieser weitläufigen Hacienda, in der, wie wir schon sagten, alles schlief, mit Ausnahme der Gäste, in deren Interesse es lag, die Freveltat, die eben begangen worden war, zu verbergen.
Während sich Cuchillo nach dem Teil der Gesindewohnungen wandte, wo sich seine Gefährten befanden, schlug Don Estévan den Weg nach seinem Zimmer ein. Der Mond strahlte am Himmel, die Sterne funkelten, und die Luft war erfüllt vom Wohlgeruch der Orangenbäume, ganz als ob das Verbrechen nicht wach gewesen wäre mitten in dieser strahlenden Nacht. Don Estévan ging lange in seinem Zimmer auf und ab.
Der Senator schlief in dem seinigen mit der Ruhe eines Mannes, der sich in schwierigen Verhältnissen auf andere verläßt; süße Träume umschwebten sein Lager.
Don Agustin seinerseits ahnte in seinem Schlummer ebensowenig als der glückliche Tragaduros, daß ein zärtlicher Blick Doña Rosaritas, eine Träne in ihrem schönen Auge, ein Wort von ihren roten Lippen alle Pläne hätten scheitern lassen können.
Don Estévan allein ging in seinem Zimmer mit großen Schritten auf und ab wie der Ehrgeizige, der gewohnt ist, zu wachen, wenn die anderen schlafen, als Cuchillo zweimal an seine Tür klopfte. Beim Anblick seiner bestürzten Züge bebte der Spanier; er fürchtete und wünschte zugleich die Vollziehung seiner Befehle.
»Meine zwanzig Unzen sind futsch!« sagte Cuchillo. »Der junge Mann ist nicht mehr in der Hacienda.« »Er ist fort!« rief Don Estévan. »Und Ihr habt ihn entkommen lassen!«
»Wie war es zu verhindern? Dieses Tier Baraja war ebenso wie Oroche trunken vom Mescal; Diaz hat sich geradezu geweigert, mit mir gemeinsame Sache zu machen; und ehe ich den beiden Trunkenbolden begreiflich machen konnte, worum es sich handelte, hatte der junge Mann das Weite gesucht und die Mauer überstiegen. So wenigstens haben wir vermutet.«
»Weshalb?« fragte der Spanier.
»Als wir anlangten, hatte sich Doña Rosarita, mit dem Gesicht nach dem Wald, der sich hinter der Hacienda erhebt, über die Mauer gelehnt, und wenn der junge Mann, der offenbar diese Richtung eingeschlagen hat, nicht schon sehr weit entfernt gewesen wäre, so ist es mehr als gewiß, daß die Liebesworte, die ihr Mund ihm nachsandte, ihn hätten umkehren lassen.«
»Also liebt sie ihn doch!« rief Don Estévan.
»Leidenschaftlich! Dafür bürge ich – oder ihre Worte und ihre Stimme waren sehr trügerisch.« Und Cuchillo wiederholte Don Estévan den leidenschaftlichen, aber erfolglosen Ruf, den das junge Mädchen Tiburcio nachgeschickt hatte.
»Man muß zu Pferd steigen und ihm nachsetzen; der Erfolg unserer Expedition hängt vom Leben dieses jungen Mannes ab. Sattelt schnell unsere Pferde, Ihr und Eure Freunde; weckt Benito, die Diener, so daß wir spätestens in einer Stunde alle im Sattel sitzen. Während dieser Zeit will ich noch zuvor Don Agustin und den Senator benachrichtigen.«
Geradeso habe ich ihn vor zwanzig Jahren gekannt: immer feurig und voller Verachtung aller Schwierigkeiten, sagte Cuchillo für sich, als Arechiza weggegangen war. Wenn er mit solchem Charakter kein Glück in seinem Vaterland gemacht hat, so weiß ich nicht mehr, wozu Ausdauer und Energie gut wären. Unter diesen Betrachtungen beeilte sich Cuchillo, die Befehle seines Chefs auszuführen.
Dieser zog sogleich seine Reisekleider wieder an und ging nach dem Zimmer des Senators. Die Tür stand offen wie meist in diesen Ländern, wo man fast das ganze Leben außer Haus zubringt. Der Mond schien in vollen Strahlen durch die Fenster des Senators und erleuchtete hinreichend das Zimmer, in dem er schlief.
»Was gibt es denn, Señor Estévan? Señor? Herzog wollt' ich sagen« (vielleicht träumte Tragaduros vom Hof des Königs von Spanien), rief der Senator, indem er, erwacht, sich aufrichtete.
»Ich will Abschied von Euch nehmen, Don Vicente, und Euch meine letzten Verhaltensbefehle geben.«
»Wie denn?« sagte der Senator. »Wieviel Uhr ist es denn? Oder habe ich etwa drei Tage geschlafen?«
»Nein«, erwiderte der Spanier, »aber eine große Gefahr bedroht Eure und meine Pläne: Dieser junge zerlumpte Bauer kennt ebenso wie ich das Dasein des Val d'Or; und – was noch schlimmer ist – er liebt Doña Rosarita, und diese liebt ihn!«
Tragaduros aber, anstatt wie Don Estévan zurückzuprallen, drückte sich nach dieser Nachricht in sein Kopfkissen und rief: »Dann adieu Mitgift von einer Million, mit der ich schon liebäugelte; adieu schöne Felder mit springenden Herden, die ich schon als die meinigen betrachtete; adieu Ehre und Auszeichnungen am Hof König Karls I.!«
»Noch ist nicht alles verloren!« erwiderte Don Estévan. »Das Unglück kann wiedergutgemacht werden, aber wir müssen uns beeilen. Dieser junge Mann hat heute abend die Hacienda verlassen – wir müssen ihm zuvorkommen; wir müssen wissen, nach welcher Seite er seine Schritte gewandt hat, und ihm den Weg abschneiden. Um so schlimmer für ihn, daß ihn sein böses Geschick in unseren Weg geworfen hat.«
Der Spanier sagte weiter nichts über Tiburcio. Was den Senator betrifft, dem ohne Zweifel wenig daran lag, auf welche Weise man einen so furchtbaren Mitbewerber um den Geldkasten Don Agustins fernhielt, so bekam er den Mut wieder, den er kurz verloren hatte.
»Wie es auch ablaufen mag«, fügte Don Estévan hinzu; »dieser junge Mann wird nicht wieder in der Hacienda aufgenommen werden. Ich benachrichtige jetzt noch Señor Peña davon; Ihr seid also Herr der Festung, und an Euch ist es, so zu handeln, daß niemand in diese eindringt. Macht Euch liebenswürdig; es ist eine Kleinigkeit für Euch, da Ihr es nur mit einem Abwesenden und vielleicht mit einem – Toten zu tun habt. Diese Steppen sind so gefährlich, und Ihr kennt das Sprichwort über diejenigen, die nicht da sind.«
»Ich werde unwiderstehlich sein!« rief Tragaduros. »Denn seit gestern stehe ich in Flammen für das göttliche Mädchen, das vom Himmel herabgestiegen zu sein scheint. Es ist so weit gekommen, daß, wenn man mir die Mitgift ohne das Mädchen geben wollte, ich glaube, ich würde sie annehmen ... das heißt, ich meine das Gegenteil!« verbesserte sich der Senator.
»Niemals hat ein Mann ein wünschenswerteres Ziel im Auge gehabt als diese unermeßliche Mitgift und diese schöne Blume der Steppe; laßt also kein Mittel unversucht, um Euren Zweck zu erreichen!«
»Ich will spinnen für sie, wenn es nötig ist, wie Herkules zu den Füßen der Omphale.«
»Wenn Herkules als Spinner in Omphales Augen einigen Verdienst hatte, so geschah es, weil er Herkules war, was Ihr, soviel ich weiß, nicht seid. Macht es besser: Morgen, bei jener Jagd auf wilde Pferde, zeichnet Euch durch irgendeine kühne Tat aus; besteigt zu Ehren der schönen Augen Doña Rosaritas ein ungebändigtes Pferd und bringt es keuchend und gezähmt zu ihren Füßen zurück!«
»Ich sage nicht nein ... ich sage nicht nein«, erwiderte der Senator, etwas weniger von diesem zweiten Mittel, sich liebenswürdig zu machen, begeistert als von demjenigen, das die Erinnerung an eine klassische Zeit in ihm zurückgerufen hatte; »aber mir fehlen die nötigen Mittel, um den Platz eng einzuschließen; mir fehlt dieser goldene Schlüssel zum Geldkasten, der nach dem Wort eines Philosophen auch der zum Herzen ist.«
»Ich werde Sorge dafür tragen«, antwortete der Spanier. »Ich werde Euch einen bedeutenden Kredit bei Peña eröffnen; dieses verführerische Mittel darf Euch nicht fehlen. Aber Ihr denkt doch auch an unser Übereinkommen im Fall des Gelingens?«
»Fünfhunderttausend Franken durch Freigebigkeit aller Art für politische Zwecke verbraucht! Ach, wenn es mir doch ebenso leicht würde, die Mitgift zu gewinnen, als es mir sein wird, sie zu verzehren!«
Der Senator stieß einen Seufzer aus; dann gab Don Estévan ihm noch Ratschläge und Verhaltensbefehle, erinnerte ihn noch einmal an das Ziel, das sie verfolgten, indem er alle Saiten des Ehrgeizes, der Liebe und der Habsucht bei ihm erklingen ließ, drückte ihm die Hand und begab sich zum Hacendero.
Das Klirren der Sporen Don Estévans weckte Don Agustin, der beim Anblick der Reitkleider seines nächtlichen Besuches ausrief: »Ist es denn schon Zeit, zur Jagd aufzubrechen?«
»Nein, aber für mich hat die Stunde zu einer ernsteren Jagd als die auf wilde Pferde geschlagen!« antwortete der Spanier. »Es geht darum, dem Feind der Größe Eures Hauses den Vorsprung abzugewinnen – dem Mann, der die Gastfreundschaft, die Ihr ihm bewiesen habt, mißbrauchte, um eine Verschwörung um uns anzuzetteln, in der alles vernichtet werden konnte: Eure Pläne, die meinigen und die Tragaduros!«
Man sieht, daß Don Estévan Tiburcios Sache dem Hacendero in einem viel düsteren Licht darstellte als dem Senator. Wirklich mußte der letztere ganz natürlich seinen Gegner überall und immer hassen, während – alles in allem betrachtet – der reiche Eigentümer wegen seiner zärtlichen Liebe für seine Tochter die Dinge in einem viel günstigeren oder doch weniger traurigen Licht betrachten konnte.
»Die Größe meines Hauses, die Gastfreundschaft, die man mißbraucht?« rief der Hacendero ganz erstaunt, indem er mit einer Hand nach einer langen, breiten Toledoklinge griff, die am Kopfende des Bettes hing – ganz wie ein Mann, der immer bereit ist, sein gutes Recht beim Schwert zu suchen. »Wer bedroht die Größe meines Hauses? Wer mißbraucht meine Gastfreundschaft?«
»Beruhigt Euch!« erwiderte Don Estévan, innerlich lächelnd über den Gegensatz zwischen dem jugendlichen Feuer dieses schon gereiften, aber an ein gefahrvolles Leben gewöhnten Mannes und der Zaghaftigkeit des Senators. »Der Feind ist nicht mehr hier; er ist entflohen und hat damit selbst sein Urteil gesprochen.«
»Aber wer ist denn dieser Feind?« fragte Peña.
»Tiburcio Arellanos!«
»Er ein Feind?« erwiderte der Hacendero. »Das ist unmöglich! Rechtlichkeit und Mut sind auf sein Gesicht gezeichnet; die Schilderung, die Ihr da von ihm entwerft, ist die eines Verräters und Feiglings!«
»Er weiß, wo das Val d'Or liegt! Er liebt Eure Tochter!«
»Ist es weiter nichts als das? Ich habe es Euch ja selbst gesagt!«
»Ja; aber Eure Tochter liebt ihn wieder, und das wißt Ihr nicht.« Und er erzählte dem Hacendero die Ereignisse dieses Abends, ohne ihm etwas zu verschweigen.
»Um so schlimmer für den Senator«, meinte Peña.
»Denkt an Euer Wort, das Ihr nicht nur mir oder Tragaduros allein gegeben habt, sondern einem Prinzen aus dem königlichen Blut Spaniens, dessen teuerste Interessen ich vertrete und dem dieses Ereignis – so einfach es auch ist –, dieser Eigensinn eines kleinen Mädchens die Krone vom Haupt reißen kann! Denkt an Euer Land, das seine Wiedererhebung, seinen Ruhm, seine künftige Macht von dem Bündnis erwartet, wozu Ihr Euer Wort verpfändet ...«
»Was hat denn mein Wort mit solchen Betrachtungen zu tun? Habt Ihr nicht mein Wort? Ich nehme es niemals zurück; aber nur dem Herzog von Armada habe ich es gegeben, nur Ihr allein könnt mich davon entbinden. Seid Ihr zufrieden mit dieser Versicherung?«
»Warum sollte ich es nicht sein?« rief der edle Spanier und reichte dem Hacendero die Hand. »Sei es so: Ich habe Euer Wort und nehme alles übrige auf mich. Aber dieser junge Mann kann Helfershelfer finden und früher als wir zur Eroberung des Val d'Or aufbrechen; ich muß also nach Tubac und ihm zuvorkommen – das ist der Grund, warum ich Euch so plötzlich verlasse.«
»Wie sich auch alles gestalten mag – Rosarita wird die Frau des Senators. Lebt denn wohl, und möchtet Ihr bald zurückkehren!«
Der Spanier hatte, wie man sieht, viel sorgfältiger vor dem ehrlichen Don Agustin als vor dem Senator gegen seine geheimen Absichten gegen Tiburcio verborgen gehalten. Da er nun sicher auf das bestimmte Wort Don Agustins bauen konnte, so nahm er Abschied von ihm, vergaß jedoch nicht sein Versprechen, dem Senator einen bedeutenden Kredit zu eröffnen. Peña wollte aufstehen und ihn bis zum Tor der Hacienda begleiten, aber der Spanier nahm es nicht an.
Alles war fertig zum Aufbruch, als Don Estévan, nachdem er alle Vorsichtsmaßnahmen getroffen hatte, in den Hof hinabstieg. Cuchillo, Baraja, Oroche und Diaz waren im Sattel; der letztere auf einem prachtvollen, feurigen Rappen, den der Hacendero seinem Versprechen getreu dem Abenteurer im Laufe des Abends geschenkt hatte.
Die Maultiere waren gesattelt und beladen; zwei Diener, von denen Benito einer war, standen in Erwartung Don Estévans in ehrerbietiger Haltung. Nur gab es keine frischen Pferde für den Zug, wie wir sie im Dorf Huerfano gesehen haben. Ungeachtet seiner scheinbaren Ungeduld wußte der Spanier sehr wohl, daß er immer noch vor Tiburcio in Tubac ankommen würde, sollte dieser auch wirklich durch ein Wunder das Presidio von Tubac erreichen.