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Um die Ursache und die Beschaffenheit der Gefahr, die die drei Jäger bedrohte, zu erklären, müssen wir auf den Augenblick zurückkommen, wo der unglückliche Oroche, über dem Abgrund schwebend, den eben dem Felsen entrissenen Goldblock an sich preßte und die Furcht, eines schrecklichen Todes zu sterben oder auf die Beute in seinen Händen verzichten zu müssen, ihn fast besinnungslos machte. Baraja seinen Schatz zu übergeben, hieß, ihm sein Leben zu geben; sein eigenes Herz sagte ihm, daß er an seiner Stelle das Gold genommen und den Mann hätte fallen lassen; er zog es darum vor, den Gegenstand der wilden Gier seines Gefährten mit sich in den Abgrund hinabzunehmen.
Dieser hatte unerbittlich die Schnüre des Seils nacheinander zerschnitten, indem er sein schreckliches Geschäft nur mit wütendem Begehren und flehentlichen Verwünschungen unterbrach. Die letzte Schnur, die den Gambusino noch schwebend erhielt, war von selbst gerissen; es war also wohl der Körper Oroches, den die Jäger in dem durchsichtigen Schleier des Wasserfalls wie eine schwarze Wolke hatten herabstürzen sehen.
Ganz entsetzt von dem, was er eben selbst getan hatte – nicht so sehr über den Mord, den er begangen hatte, als über den Verlust des Goldblocks –, warf Baraja einen bestürzten Blick in die Tiefe des Abgrunds. Aber es war zu spät; der Abgrund gab den Raub nicht zurück, den er verschlungen hatte. Er grollte wie ein unersättliches Ungeheuer, und das Auge des Elenden erblickte nur dichte Finsternis.
Zum erstenmal empfand Baraja schmerzlich die vollständige Einsamkeit, in der ihn Oroche zurückließ. Mit ihm verschwand alle Hoffnung auf einen günstigen Ausgang des Kampfes mit den wirklichen Besitzern des Val d'Or. Er hatte wohl den Gedanken gehabt, ihren Abmarsch abzuwarten; aber außer daß nichts vom nahen Zeitpunkt dieses Abmarsches zeugte, ließ ihn auch der unersättliche Durst nach Reichtum, der sich seiner bemächtigt hatte, nicht mehr länger warten. Eine dumpfe Wut mischte sich in seine Ungeduld; die drei Jäger waren deren Gegenstand, und er beschloß – selbst auf Kosten seiner Habgier –, diejenigen aus ihrer Stellung zu vertreiben, die sich so anmaßend zu alleinigen Herren des Val d'Or erklärt hatten.
Die wechselnde Heftigkeit der seelischen Leidenschaften dieser beiden Taugenichtse haben wir verfolgen müssen, denn sie allein hatten für die Hauptpersonen dieser Erzählung die größten Gefahren heraufbeschworen, in denen sie jemals schwebten.
Bis zu diesem Augenblick war Baraja in so hohem Grad verblendet gewesen, daß er Oroches Gegenwart als seinen Interessen nachteilig angesehen hatte; nun jedoch beschloß er endlich, besser von seiner Habgier beraten, das Lager aufzusuchen und Verstärkung zu holen. In dieser Beziehung hatte er einen Mittelweg eingeschlagen. Er wollte nämlich seine Entdeckung höchstens fünf oder sechs Abenteurern mitteilen und sich mit ihnen heimlich entfernen; die anderen mochten sich dann, so gut sie konnten, selbst aus der Verlegenheit ziehen.
Zwei Hindernisse, an die er nicht gedacht hatte, sollten diesen Entschluß unausführbar machen: zuerst die Zerstörung des mexikanischen Lagers und dann Diaz' Gegenwart, dessen Tod er schon beweint zu haben hoffte, der aber, wie wir gesehen haben, wieder zu Pferd gestiegen war, um an der Stelle Don Estévans das Kommando der Expedition zu übernehmen.
Es war schon ziemlich spät, als Baraja sich entschlossen hatte, das Val d'Or für einen Augenblick zu verlassen. Er verfolgte ganz nachdenklich den Weg, den er am Morgen mit Don Estévan, Oroche und Diaz gekommen war, ohne auch nur im entferntesten zu ahnen, daß der letztere dicht hinter ihm galoppierte.
Wir haben wohl kaum hinzuzufügen, daß es ihm auf einem neuen Umweg durch die Nebelberge leicht gewesen war, die Ebene zu erreichen, ohne von den beiden Jägern oder von Diaz bemerkt zu werden. Dies trug sich fast zur gleichen Zeit zu, wo der Vernichtungskampf der Mexikaner begann. Die Nacht war schon angebrochen, als er, ungefähr eine Meile vom Lager entfernt, das Knattern eines Gewehrfeuers hörte. Baraja horchte unruhig und fühlte, wie kalter Schweiß plötzlich seine Stirn bedeckte. Bald verdoppelte sich das Gewehrfeuer.
Baraja hielt voll Bestürzung an. Vorgehen oder Zurückweichen war gleich gefährlich; da es aber nach Lage der Sache vielleicht gefährlicher war, vorzugehen, so wählte Baraja den Rückzug. Er stand eben im Begriff, seinen Entschluß auszuführen, als er zu seiner Bestürzung den widerhallenden Galopp eines Pferdes hinter sich vernahm, was seine Befürchtungen verdoppelte. Ein Anruf, der aus der Finsternis zu ihm drang, den abgemessenen Schritt des Pferdes übertönend, steigerte seine Befürchtung bis zum Schrecken.
Diese Stimme war Pedro Diaz' Stimme. Er konnte sich gar nicht mehr darin täuschen; sie scholl in sein Ohr: »Wenn ich mich nicht täusche, so ist das Oroche?«
Für Baraja war das die Stimme eines Toten, der einen anderen rief. Der Elende dachte in seiner Verwirrung gar nicht daran, daß Diaz ihn in der Dunkelheit für Oroche ansah, und sprengte vorwärts.
Darauf wurde der Galopp des Pferdes hinter ihm schneller und die Stimme drohender. Baraja floh nun trotz des Gewehrfeuers noch eiliger in der Richtung zum Lager. Es kam indessen ein Augenblick, wo die Verfolger, die die dem Blutbad im Lager entronnenen Flüchtlinge ringsum niedermetzelten, einen so schreckenerregenden Anblick darboten, daß Baraja keine Furcht mehr vor den Toten hatte und sein Pferd umwandte.
Übrigens haben wir schon gesagt, daß die Mexikaner nicht lange abergläubisch sind. Das zufällige Zusammentreffen mit Diaz, den er schon seit dem Morgen getötet glaubte, hatte seine schon durch den Mord an Oroche erschütterten Geisteskräfte hart getroffen. Der Anblick der Indianer hatte ihn wieder an die Wirklichkeit dieser Welt erinnert.
Unglücklicherweise befand sich Baraja, als er kehrtmachte, Diaz gerade gegenüber, den seine Flucht am Morgen nicht gerade günstig für ihn gestimmt hatte. »Feigling!« rief Diaz, indem er ihm den Weg versperrte, »du wirst nicht zweimal in meiner Gegenwart fliehen!« Im selben Augenblick umringten die Apachen die beiden Reiter, und Baraja wurde sehr gegen seinen Willen gezwungen, an dem tödlichen Kampf teilzunehmen, den er gerade vermeiden wollte.
Das waren die beiden Reiter, deren heldenmütige Verteidigung die noch im Lager kämpfenden Mexikaner gesehen hatten. Diaz hatte den Händen eines Indianers die Streitaxt entrissen und bediente sich dieser mit schrecklichem Erfolg. Er war es auch, den wir zuletzt den Feinden entkommen sahen, die zu zahlreich waren, als daß er die Flucht nicht hätte versuchen sollen; und der Gefangene, der mit Triumphgeschrei begrüßt worden war; der Weiße, der am Baum festgebunden den Tod erwartete, war Baraja, gegen den die Vorsehung sich wahrlich nicht ungerecht erwies. So weit also hatten die schlauen Berechnungen Barajas endlich geführt, daß er sich eng an den dornigen Stamm eines Eisenholzbaumes gefesselt und mitten in einer Art von höllischem Rundtanz erblickte, der dem Martertod vorangeht.
Eine schreckliche Buße sollte nun für den Mörder Oroches beginnen. Der Unglückliche, dem die düsteren Erzählungen des alten Benito wieder einfielen, begriff nun, daß er in die Hände von Feinden gefallen war, die noch unbarmherziger waren, als er selbst sich gegen den Gambusino gezeigt hatte, und daß jegliche Gnade – sogar ein Tropfen Wasser, um seinen Durst mitten in den Martern zu löschen – ihm verweigert werden würde.
Baraja beneidete in der Angst seines Herzens das Schicksal seines Gefährten, den er so unmenschlich seiner unersättlichen Habgier geopfert hatte. Oroche, schwebend über dem Abgrund, die verstörten Augen auf das Seil gerichtet, das sich bei jedem Schnitt seines Messers krachend dehnte, erschien dem Elenden jetzt im Vergleich mit ihm auf Rosen gebettet, während er schaudernd bedachte, daß sein eigener qualvoller Tod ebenso viele Stunden dauern würde, als der Oroches Minuten gewährt hatte. Oroche lag wenigstens nach seinem Tod wie ein orientalischer König mit seinem Schatz in der Tiefe seines feuchten Grabes, während Baraja nicht einmal den kleinsten Teil von all dem Gold bei seinem Tod liebkosen konnte. Der Abenteurer mußte die Richtigkeit jener unerbittlichen Logik anerkennen, die im Leben hier auf Erden bestimmend wirkt und die will, daß aus dem Bösen immer das Böse entsteht, während sie ebenfalls aus dem Guten immer das Gute hervorgehen läßt.
Vielleicht würde es weniger Verbrecher unter den Menschen geben, wenn sich mit der Furcht vor den menschlichen Gesetzen, deren Wachsamkeit man immer zu betrügen hofft, die Furcht vor der Strafe in einer anderen Welt verbände und die Lehre von der durch die Vorsehung zuerkannten Strafe der sicher treffenden Vergeltung und worüber Leichtgläubige sich lustig machen können, als Ergänzung der religiösen Erziehung Aufnahme fände. Wieviel Unglück trifft uns in der Tat, dessen Quelle uns unerklärlich erscheint, das aber nur eine Buße ist! Heißt es nicht: »Es soll dir geschehen, wie du anderen getan hast?« –
Der Feuerschein der verbrannten Wagen erleuchtete die Ebene, und man konnte dabei den in seinen Banden zusammengesunkenen, von Todesangst ergriffenen Gefangenen erblicken, dessen zitternde Füße nur der Fesseln halber nicht unter der Last seines Körpers zusammenbrachen. Seine Buße begann schon vor der Marter, und er litt ein ebensolches moralisches Märtyrertum wie sein Schlachtopfer. Es befand sich nicht eine einzige Fiber an seinem ganzen Leib, die nicht beim Anblick der wilden Gesichter, die über den Todeskampf des Bleichgesichts frohlockten, schmerzlich erzitterte.
In diesem schrecklichen Augenblick hätte Baraja gern mit allen Reichtümern des Val d'Or die Kenntnis einiger vorhergegangener Tatsachen bezahlt: nämlich die Kenntnis vom Haß des indianischen Häuptlings mit der zerschmetterten Schulter, der eben den Befehl zu seiner Todesmarter geben wollte, gegen die drei Jäger, deren Zufluchtsort er kannte. Aber er wußte nichts davon, und auch der Schwarze Falke ahnte ebensowenig als der Läufer, daß der Gefangene ihre Krieger zu denen hätte führen können, deren Spur sie verloren hatten. Unterdessen verwandelte sich, in der Erwartung, daß der Schwarze Falke seinen Kriegern das Zeichen zum Beginn des Festes geben sollte, das von den Wagen abgerissene und im Feuer rotgeglühte Eisenwerk in Folterwerkzeuge. Diejenigen, die sich nicht dergleichen hatten verschaffen können, spitzten Pfähle zu oder schliffen ihre Messer.
Nach dem vollständigen Sieg, den die Indianer eben erfochten hatten, mußte die Todesmarter eines Gefangenen den Freuden des Tages die Krone aufsetzen; die dem alten Benito am Tage vorher entfallenen Worte klangen wie eine schreckliche Prophezeiung in den Ohren Barajas: »Wenn das Unglück wollte«, hatte er zu ihm gesagt, »daß Ihr in ihre Hände fielt, so bittet Gott nur, daß die Apachen an diesem Tag lustiger Laune sind, und Ihr werdet dann eines zwar schrecklichen, aber wenigstens sehr kurzen Todes sterben.« Auch konnte der traurige Baraja sich nicht verhehlen, daß die Indianer an diesem Abend erschreckend lustig waren; ebensowenig, wie er vergessen konnte, daß diese kurze Todesmarter fünf oder sechs Stunden – zuweilen länger, niemals aber kürzere Zeit – dauerte.
Ein Indianer mit wildem Gesicht näherte sich zuerst dem Schlachtopfer und sagte: »Die Bleichgesichter sind geschwätzig wie der Papagei, sobald sie in großer Anzahl beieinander sind; und wenn sie am Marterpfahl stehen, sind sie stumm wie die Salme in den Wasserfällen. Wird der Weiße es wagen, seinen Todesgesang anzustimmen?«
Baraja verstand ihn nicht, und ein dumpfer Seufzer war seine einzige Antwort.
Ein anderer Indianer näherte sich dem Banditen. Eine breite, vom Dolch eines Weißen herrührende Wunde lief quer über seine Brust von einer Schulter zur anderen; das Blut strömte noch reichlich trotz des angelegten Verbandes aus Baumrinde. Der Apache tauchte seinen Finger in sein eigenes Blut, bezeichnete auf dem Gesicht Barajas die Grenzlinien von der Stirn bis zum Kinn und sagte: »Diese ganze Seite des Gesichts – die Hälfte der Stirn, das Auge und die Wange – gehören mir! Ich bezeichne sie im voraus für mich; ich allein werde das Recht haben, sie dem Weißen lebendig abzureißen.«
Und da Baraja diese schreckliche Drohung ebensowenig verstand, so machte sie ihm der Indianer mit Hilfe einiger spanischer Worte und mit einem ausdrucksvollen Zeichen seines Messers vollständig klar.
Das Blut erstarrte in den Adern des Unglücklichen.
Von dem Beispiel angespornt, trat ein dritter Indianer aus dem furchterregenden Kreis hervor, der sich um den Gefangenen gebildet hatte. »Der Skalp soll mir gehören!« sagte er.
»Dann werde ich allein das Recht haben«, fügte ein vierter hinzu, »auf den skalplosen Schädel das siedende Fett zu gießen, das wir von den Leichen seiner Brüder erhalten werden.«
Baraja konnte all diese schrecklichen Einzelheiten fast nicht mißverstehen, denn ausdrucksvolle Gebärden gaben ihm die Erklärung davon. Dann trat für Baraja ein Augenblick der Ruhe ein, da die Indianer den Skalptanz wiederaufnahmen, der sich von einem Tanz in der Auvergne dadurch unterschied, daß er nur von Dämonen ausgeführt zu sein schien. Geheul anderer Art als dasjenige, das die Freuden und die Schmerzen der Indianer zu begleiten pflegt – denn der Wilde, das grausamste Tier der Steppe, kann in der Freude wie im Schmerz nur heulen –, ließ sich bald vernehmen. Es war dies ein Geheul der Ungeduld, das diese brüllenden Tiger ausstießen.
Darauf stand der verwundete Häuptling, der mit Antilope auf dem Gipfel der Anhöhe geblieben war, langsam auf, um seinen Kriegern zu verkünden, daß der Augenblick gekommen sei, wo sie anfangen könnten, ihre Beute zu zerreißen.
Aber Barajas Stunde war noch nicht gekommen; er hatte bis jetzt nur eine moralische Buße erduldet. Gerade als der Schwarze Falke das schreckliche Schauspiel beginnen lassen wollte, trat ein unerwartetes Ereignis ein, das das Zeichen dazu verschob.
Ein Krieger, dessen Anzug, obgleich indianisch, doch in keinem Punkt dem der Apachen glich, erschien plötzlich im Lichtkreis, den das Feuer der Wagen bildete. Sein Erscheinen überraschte jedoch niemand; nur der Name El Mestizo ging von Mund zu Mund. Der Unbekannte grüßte die versammelten Indianer ernst mit der Hand und ging auf den Gefangenen zu. Die Flamme erleuchtete Barajas Züge hell genug, um dem Neuangekommenen die tiefe Blässe, die sie bedeckte, zu zeigen. Sein Gesicht drückte eine große Verachtung ohne die geringste Mischung von Mitleid aus; Baraja jedoch machte eine Bewegung des Erstaunens. Er hatte die geheimnisvolle Person wiedererkannt, die er im Lauf des Tages schweigend in ihrem Rindenkanu auf dem Strom in den Nebelbergen entlangrudern gesehen hatte.
El Mestizo redete Baraja englisch an – was dieser aber nicht verstand –, dann auf französisch, endlich auf spanisch.
Nun stieß Baraja einen Freudenruf aus. »Oh«, rief er, »wenn Ihr mich rettet, so will ich Euch so viel Gold geben, wie Ihr tragen könnt!«
Baraja hatte diese Worte mit einem so überzeugenden Ausdruck gesprochen, daß der Fremde – wir können sagen der Indianer, denn er schien mehr der indianischen als der weißen Rasse anzugehören – davon lebhaft getroffen schien. Sein düsterer Gesichtsausdruck leuchtete von einem Widerschein gieriger Freude. »Wahrhaftig?« sagte er, während seine Augen funkelten.
»O Señor«, fuhr Baraja, die Hand ringend, fort, »so gewiß, als ich hier unter schrecklicher Todesmarter sterben werde, wenn Eure Dazwischenkunft mich nicht retten kann. Hört! Ihr werdet mit mir kommen; Ihr werdet zehn, zwanzig, dreißig Krieger, wenn Ihr wollt, mitnehmen, und wenn ich Euch morgen beim ersten Tageslicht nicht vor das reichste Goldlager der Welt stelle – wohlan, so sollt Ihr mich mit den schrecklichsten Martern quälen; noch schrecklicher womöglich als diejenigen, die mich hier erwarten!«
»Ich will es versuchen«, sagte der Unbekannte mit leiser Stimme. »Sagt nichts weiter, denn die Indianer – wenn sie sich auch nicht viel aus dem Gold der Weißen machen – dürfen doch nicht wissen, welchen Vorschlag Ihr mir macht. Still! Man hört uns!«
Der Kreis der Wilden, die ungeduldig waren, ihr Fest zu beginnen, schloß sich in der Tat mit dumpfem Murren enger um sie herum.
»Gut«, fügte der Unbekannte mit lauter Stimme in indianischer Sprache hinzu, »ich werde dem Häuptling die Worte des Gefangenen mit weißer Haut ins Ohr sagen.« Mit diesen Worten warf der geheimnisvolle Unbekannte einen gebieterischen Blick im Kreis umher, der die Blutgierigen zurückweichen ließ, und näherte sich dem Schwarzen Falken. Als er den Gipfel der Anhöhe, wo der Häuptling saß, erstiegen hatte, rief er: »Daß kein Indianer den Gefangenen anrührt, bis die beiden Häuptlinge ihre Besprechung miteinander beendet haben!«
Ein Strahl von Hoffnung leuchtete in den Augen Barajas, und während seine Henker einen Blick blutgieriger Ungeduld auf ihn warfen, fühlte der Unglückliche, der das Antlitz dem Mann zugewandt hatte, von dem er eine Rettung erwartete, wie sein Herz bald vor Freude klopfte, bald vor Furcht stillstand. Mitten in einer Flut von Ängsten empfand Baraja all jene verzehrenden Gefühle, die im Lauf einiger Stunden das Haupt eines Mannes bleichen können. Der Mörder hatte schon mehr gelitten als sein Opfer.
Die Beratung der beiden Häuptlinge dauerte lange. Der Schwarze Falke schien schwer überzeugbar zu sein. Übrigens gelangte kein Wort zu den Ohren der Indianer, und ihre Gebärden waren nicht leicht zu verstehen. El Mestizo zeigte mit ausgestrecktem Arm nach der Kette der Nebelberge. Er beschrieb mit seinem Finger eine krumme Linie – was ohne Zweifel bedeutete, daß man sie übersteigen müsse –, dann bezeichnete er mit seinen beiden Armen eine Art von Kreis, um vielleicht eine weite Ebene darzustellen; er zeigte auf die im Lager getöteten Pferde und ahmte den Galopp springender Pferde nach.
Nichtsdestoweniger zögerte der indianische Häuptling, als Baraja, dessen Augen die beiden Sprechenden verschlangen, denjenigen, der seine Sache führte, eine traurige und nachdenkliche Miene annehmen und ganz leise einige Worte dem Schwarzen Falken ins Ohr flüstern sah. Ungeachtet seiner Selbstbeherrschung konnte der Indianer weder ein Auffahren noch einen Blitz der Wut unterdrücken, den seine Augen in ebensolchen Funken sprühten wie das rotglühende Eisen unter dem Hammer.
Endlich fügte El Mestizo ganz laut, so daß es jeder hören konnte, hinzu: »Was ist denn dieser furchtsame Hase« – er zeigte dabei auf den zitternden Gefangenen – »im Vergleich zu dem Indianer mit dem starken Herzen und den Muskeln von Stahl, den ich Euch überliefern werde? Sobald die Sonne, die der morgigen folgt, dreimal geleuchtet haben wird, werden Main-Rouge und Sang-Mêlé den Schwarzen Falken an der Stelle treffen, wo der Gila sich mit dem Red River in der Nähe des Büffelsees verbindet. Dort werden die Apachen die Pferde wiederfinden, die die weißen Jäger für sie zu fangen sich die Mühe genommen haben. Sie werden ihre Pferde durch diese ersetzen. Dort befindet sich noch derjenige, der ...«
Der Schwarze Falke unterbrach den Fremdling, indem er den Handel mit einem Handschlag abschloß. Darauf stieg der Fremde langsam von der Anhöhe herab, warf auf die getäuschten Indianer einen festen, sicheren Blick, zog sein Messer und zerschnitt damit Barajas Fesseln.
Ohne auf die freudetrunkenen Danksagungen des Abenteurers zu hören, führte er ihn beiseite und sagte im Ton stolzer Drohung: »Spielt nicht mit meiner Leichtgläubigkeit; dort unten erwartet mich ein Begleiter« – er zeigte auf die dunklen Hügel –; »ich werde noch elf Apachenkrieger mit mir nehmen!«
»Ach«, sagte Baraja, »das sind sehr wenig. Der Schatz wird von drei Männern verteidigt, von denen zwei schrecklich sind. Ihre Büchsen haben niemals das Ziel verfehlt, das ihnen geboten wurde.«
Ein Lächeln unheilverkündenden Stolzes kräuselte die Lippen des Fremden. »Main-Rouge und ich haben niemals vergeblich einen Feind aufs Korn genommen, sobald man nur von seinem Körper soviel wie die Größe eines Maiskorns sehen konnte«, sagte er, auf seine schwere Büchse zeigend. »Der Schwarze Falke ist blind und langsam im Vergleich mit uns beiden.«
Die Indianer verließen hierauf das brennende Lager der Goldsucher. Der Schwarze Falke nahm trotz seiner Verwundung mit dem Hauptteil seiner Truppe die Richtung zum Büffelsee. Die beiden Boten seiner Rache schlugen einen anderen Weg ein.
Antilope wandte sich mit zehn Kriegern nach der Gabel des Flusses, um dort die Spuren der drei Jäger zu suchen.
El Mestizo und Baraja folgten mit elf anderen Indianern dem Weg, der zum Val d'Or führte, während die letzten Trümmer der Wagen in einem Feuerregen zusammenstürzten und zischend in dem Blut erloschen, das die Erde noch nicht ganz aufgesogen hatte.