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Ein berühmter Gelehrter in einer deutschen Universitätsstadt gab einst in einer Gesellschaft aufgeweckter Professoren und hübscher Damen, welche von Abälard und Rousseau auf unsere Materie gekommen waren und frei und anmuthiglich dieselbe nach verschiedenen Seiten hin erörterten, unter nicht geringem Gelächter der Anwesenden, nachstehendes Schema:
Die Prügel, oder Schläge, lassen sich eintheilen in Staats- und Privat, öffentliche und geheime, freiwillige und unfreiwillige, zweckgemäße und zweckwidrige, rationalistische und supernaturalistische, geistliche und weltliche, reguläre und irreguläre, trockene und saftige etc. Prügel. Ferner lassen sie sich unterscheiden: 1) nach dem Subjekte, welches prügelt, 2) nach dem Objekte, welches geprügelt wird, 3) nach dem Materiale, womit – 4) dem Körpertheile, auf welchen es geprügelt wird; endlich 5) nach der Dauer der Züchtigung.
Pater Gretser und Abbé Boileau gaben sich außerordentlich viele Mühe, die Begriffe und die Benennungen der verschiedenen Schlaginstrumente (unter welchen sie vorzüglich Stock, Peitsche, Kordel-, Draht- und Riemen-Geissel, Kuhhaut oder Farrenschwanz, Birken- und Binsen-Ruthe unterschieden) genau zu bestimmen, und es kamen ihnen hiebei gelehrte Vorarbeiten ihrer Vorgänger, Kirchenväter und Kasuisten, Grammatiker und Lexikographen, Glossatoren und Philologen, trefflich zu Statten. Wir werden hievon am gehörigen Orte das Nöthige mittheilen.
Nicht unmerkwürdig ist der Umstand, daß vor allen Sprachen in der Welt die deutsche als bei weitem die reichste an bezeichnenden Ausdrücken für jeden möglichen Schlag-Begriff sich darstellt und daß sie die feinsten Nüancen dieses Aktes auf meisterhafte Weise auszudrücken vermag. Und außer den schriftgerechten und allgemein angenommenen Benennungen finden sich noch eine Menge von charakteristischen Provinzialismen, welche der Sache zu Vermeidung auch des kleinsten Mißverständnisses weiter helfen Die Zeitung für die elegante Welt bat vor einigen Jahren einen sehr humoristischen Aufsatz, die Synonimik des Schlagens betitelt, geliefert; doch übersah derselbe noch manches, besonders von Provinzialismen.. Selbst daß man einen Begriff, oder ein Urtheil, das alle logischen Regeln streng erfüllt, einen »schlagenden Begriff,« ein »schlagendes Urtheil« nennt, weist auf die hohe Vervollkommnung unserer Nation in diesem Zweige und das Gerechtigkeitsgefühl ihrer Nachbarn, der Franzosen, schuf daher, in völliger Anerkennung solches Verdienstes, sogar eine eigene Benennung: battre à l'allemand.
Die Ehre, das Prügel- oder Flagellationssystem (welche Bezeichnung für alle die verschiedenen Arten gelten soll), nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch mit Raffinement, am weitesten ausgebildet zu haben, gebührt demnach den christlich-germanischen Völkern vorzugsweise, wiewohl die romanischen auch nicht darin zurückblieben und die slavischen, wendischen, estischen, lettischen, mongolischen und tatarischen, was die Sache im Allgemeinen betrifft, nach und nach sie überflügelt und für die größere Einfachheit durch verdoppelten Nachdruck Entschädigung gewonnen haben. Die Bastonade ging als besondere Abtheilung in das Heerwesen und in die Rechtspflege über, während die Flagellation und die Disciplin im Kirchen- und Schulwesen die Oberhand erhielten. Das finstere Mönchthum bildete erstere, der feinere Jesuitismus letztere zu einem sprichwörtlich gewordenen Grade aus.
Es widerstritte der Wahrheit, wenn man behaupten wollte, daß das Flagellationssystem in seiner allgemein umfassenden Bedeutung eine Erfindung des Christenthums sei; wir finden seine Spuren bei mehreren alten Völkern, bei Hebräern, Persern und Indiern, und namentlich auch bei Griechen und Römern. Von diesen hauptsächlich so wie den Hebräern ging es in das christliche Leben über, aber als ascetisches und als Pönitenz-Heilmittel in seiner nachmals so fanatischen und verderblichen Uebertreibung, nicht gleich während der ersten Jahrhunderte. Wir geben zuerst einen Ueberblick jener Spuren aus der Geschichte der beiden klassischen Staaten des Alterthums, um sodann von den Hebräern auf das Christenthum überzugehen.
Bei den Griechen und Römern war das Prügeln, Peitschen und Geisseln der Sclaven und Sclavinnen sehr üblich; ebenso wurde es, selbst unter den bessern Ständen, in den Schulen und als Hauszucht, bei den Soldaten, als Schimpf gegen Gefangene oder als Zugabe der Todesstrafen gegen Verbrecher, man denke nur an die Fasces der Liktoren, angewendet Plutarch hat eine große Zahl dahin bezüglicher Stellen..
Die schönen Griechinnen, deren natürliche Reizbarkeit durch die Strenge des Gynäzeums, in dem man sie hielt, noch gesteigert werden mußte, gingen oft, wie aus manchen Stellen bei Plutarch und Athenäus, so wie bei den Tragikern und Komikern erhellt, unbarmherzig mit ihren Dienern und Zofen um. Daß sie selbst von ihren Männern geschlagen wurden, kann nicht bewiesen werden, wiewohl die Scene, welche Jupiter der milchweißarmigen Hera bei Homer spielt, einigen Verdacht erregt und heftigen oder eifersüchtigen Naturen ein schlimmes Beispiel gegeben haben konnte; man weiß, daß er ihr mit Schlägen gedroht, und in welch schrecklicher Situation, zwischen Himmel und Erde. Plutarch jedoch erzählt, was das Benehmen brutaler Männer gegen fremde weibliche Individuen betrifft, allerlei, theils tragische, theils lustige Geschichten. Niemand wird wohl ungerührt vom Schicksal der schönen und tugendhaften Eleerin Mykko bleiben, welche Lucius, ein Anführer des Tyrannen Aristotimus, so schändlich behandelte und auf des Vaters Schoose schlug, sodann ertödtete; eben so wenig von den Leiden der übrigen Frauen jener Stadt unter den Händen der Soldaten, bis Magisto das Zeichen zum Aufstand und zur Freiheit gab Plutarch: moral. Abhandlungen. (Von den Tugenden der Frauen.).
Die Männer, welche sich selbst, bei geringen Streitanlässen, Prügel antrugenMan erinnere sich auch der Verabschiedung des Thersites durch Achill bei Homer., züchtigten die Jünglinge oft für Ungehorsam, oder Untreue, Alcibiades stand mehr als einmal in Gefahr. In Jedermanns Andenken ist wohl der wunderliche Gebrauch der Lacedämonier, die Starkmuth ihrer erwachsenen Knaben und Jünglinge zu prüfen, dadurch, daß sie selbe von Zeit zu Zeit vor dem Altare der Diana Orthia, welche an derlei Exercitien ein großes Gefallen gehabt haben mußte, oft so lange geisseln ließen, bis sie den Geist, lautlos und ohne Klage, aufgaben. Eine solche Radikalkur schien zugleich auch ganz geeignet, die etwaigen nachtheiligen Wirkungen des Anblickes der nackten Jungfrauentänze auf die Phantasie des Betreffenden, im Schach zu halten. Auch beim Kulte der syrischen Göttin wurden dergleichen gymnastische Uebungen mit Geisseln und Ruthen von beiden Geschlechtern vorgenommen und je stärker der Andachtstrieb in den Feiernden erwacht war, desto wackerer zerfleischten sie sich die Haut. Die Priesterin, welche das Ganze leitete, und in behaglicher Würde zusah, hatte unterdessen eine kleine Statue der Göttin in Händen und mochte – wie jene delphische Pythia – wohl mehr als einmal über den frommen Wahnsinn der Menschen im Stillen gelächelt haben. Sogar Peregrinus Proteus machte diese Andacht mit, um seinen Kredit bei den Gläubigen zu verstärken; daß es jedoch bei ihm kein bloßer Kitzel, noch eitle Spielerei war, bewieß der Nebenpunkt, zu dem die Uebereifrigen sich bisweilen bequemten, nemlich die Einschnitte in das Fleisch Apuleius..
Die milesischen Priesterinnen trieben das Geisseln ebenfalls bei ihren Mysterien; allein dabei mochten wohl andere Absichten vorgewaltet haben, welche wir nicht zu beschreiben uns unterfangen. Uebrigens können wir den Anlaß nicht vorübergehen lassen, ohne zu bemerken, daß man die arme, phantasievolle, erhabene, liebeglühende Sappho fälschlich an die Spitze jenes wenig erbaulichen Institutes gestellt und mit einer spätern Sappho verwechselt hat Vergl. die Schrift: Sappho und Erinna von Förster Am abscheulichsten versündigte sich in dieser Hinsicht ein zu Anfang der franz. Revolution erschienener Récueil historique gegen das Andenken der herrlichen Dichterin..
Merkwürdig war die Verfügung der Chäroneer, welche noch zu Plutarchs Zeiten in Kraft bestand, und nach welcher jeder Sclave und jede Sclavin, die den Tempel der Leukothea betraten, von den Thürhütern die Peitsche bekamen Plutarch: moral. Abhandlungen..
Die Religionsgebräuche der Römer brachten nicht minder häufig die Geisselung mit sich. Schon zu Evanders Zeiten geisselte man sich in Alt-Italien mit frischen Nesseln oder scharfen Dornzweigen Petronius im Satyrikon.; auch erzählt die Mythologie von Faunus Barbarei gegen seine Gemahlin Fauna, die er wegen eines Versehens oder aus Eifersucht, mit Myrthenzweigen zu Tode peitschte Ramler's Mythologie.. Später geschah das von Petron erwähnte, zur Versöhnung des Zornes der Meergötter, von Seite der Schiffsleute, und zwar auf höchst blutige Weise.
Die Strafmaßregeln gegen die Vestalinnen sind allbekannt. Jede Nachlässigkeit bei der heiligen Feuerhut ward mit Ruthenstreichen bestraft und zwar also, daß die Schuldige den Körper bloß mit einem dünnen Flor bedeckt hatte. Der Oberpriester selbst nahm den Akt an einem dunkeln Orte vor Livius. – Dionys. von Halikarnaß. – Valerius Maximus u.. Verschiedene der Unglücklichen, die solches Loos traf, werden von den Geschichtsschreibern namentlich aufgeführt. Die leichtfertigen Spöttereien Kozebue's darüber verdienen kaum eine Beachtung Geschichte der Vestalinnen (in dem ältern Freimüthigen).. Härter erging es dem Verletzer der Keuschheit, welche an der Vestalin mit unterirdischer Einthürmung geahndet wurde; er ward von den Priestern öffentlich bis zum Tode gegeißelt.
Von eigenthümlicher Art war das Institut der Luperkalen. Vielfach wurde darüber von ältern und neueren Schriftstellern geredet und gefabelt. Bayle Dictionnaire historique et critique T. III. widmete ihm einen eigenen Artikel, worin er mit vergnüglicher Ausführlichkeit sich über die Materie ausbreitet. Jedes Jahr liefen, wenn das Fest begangen wurde, junge Leute mit Peitschen in den Straßen herum, und schlugen die vorübergehenden Damen. Ein herrschender Aberglaube ließ dadurch die Fruchtbarkeit befördert werden. Er rührte schon von früheren Zeiten her, und kam, nach Ovid Fasti. L. II. 441., in Folge eines Orakelspruches auf, welchen die italienischen Mütter, welche, um jene Gnade zu den Göttern flehend, auf den Knieen lagen, mit Riemen aus Bocksfellen zu schlagen gebot. Das Mittel führte zum Zwecke. Die Nachkommen brachten die Sache in etwas feinere Form; allein im Verlaufe der Zeit kam mancherlei Unfug dazwischen. Die jungen Leute trieben und übertrieben aus Muthwill, was früher aus Andacht geschehen; ja einige, wie selbst der berühmte Triumvir Antonius, liefen bisweilen völlig nackt herum und erschreckten das schöne Geschlecht, statt es zu erbauen. Statt der Riemen gebrauchten sie Ruthen und schlugen, wohin es ihnen gerade gelüstete.
Das Fest erhielt sich zu Rom auch während der christlich-päpstlichen Periode, und hing mit dem Fasching zusammen, welches im Grunde nichts anders, als eine nachahmende Verschmelzung der Saturnalien und Luperkalien war Die Schweinblattern an den Stöcken, womit, namentlich in katholischen Ländern, als Narren verkleidete junge Leute die Vorübergehenden zu schlagen pflegten, rühren offenbar von letztern her. Ruthen und Peitschen wurden von der Polizei verboten.. Man stritt vielseitig hin und her, wie weit die Freiheit der Luperkalien getrieben worden sei, besonders da der Pabst Gelasius auf das Strengste den alten Mißbrauch untersagte, jedoch nicht als unsittlich, sondern mehr als Ueberrest heidnischen Aberglaubens. Der Scharfsinn Bayle's nimmt an: die römischen Ehemänner hätten sicherlich kein Interesse dabei gehabt, ihre Frauen öffentlich und nackt von jungen Leuten schlagen zu lassen, wie Einige vor ihm behauptet hatten; er meint vielmehr, wenn die Züchtigung sich auf etwas mehr, als auf eine Berührung der Hände erstreckt, so sei dieß (als medizinisch-mystische Handlung) in Gegenwart der Männer und »sous la custode« wie bei den Vestalinnen, geschehen. Allein er hat hier das von ihm übersehene, wichtige Zeugniß eines frommen und gelehrten Schriftstellers gegen sich. J. B. Mantuanus in seiner klagenreichen Beschreibung des kirchlichen und sittlichen Verderbnisses der Stadt Rom, sagt ausdrücklich: die Frechheit schreite maskirt durch Straßen und Häuser; man greife Weiber und Mädchen auf und stäupe sie, nicht etwa auf die Hände und den bedeckten, sondern auf den unbedeckten Leib. Kurz, die Masken theilten denen, welche sie erwischen konnten, förmliche Schillinge aus.
Dieser Brauch erschien später durch den Knecht Rupprecht in vielen Gegenden Deutschlands und durch die Innocens bei den Franzosen ebenfalls repräsentirt, jedoch mehr als naiver, derber Volkswitz, denn als Handlung der Indezenz, wenn auch manche einzelne Ausnahmen von der Regel nicht fehlten Vergl. die an Curiositäten reiche Abhandlung von Schütze über Gebräuche etc. der nordischen Völker und das Dictionnaire des Proverbes vom Jahr 1825 oder 1826, nebst den krit. Bemerkungen in den Leipz. Litter. Unterhaltungsblättern über das Schlagen der Frauen in Frankreich. F2 Dieselbe redet überhaupt viel vom châtier; dennoch war sie mild und gütig und bei aller Freimüthigkeit der Zunge anständig in Thun und Wandel. Kleine Galanterieen müssen ihr verziehen werden.. In Frankreich insbesondere bildete es einen stehenden Familienscherz; das Frauenzimmer, welches am Sylvestertage im Bette ertappt wurde, bekam von den übrigen Hausgenossen oder den Verwandten, die sie darin überraschen konnten, die Ruthe; dieß nannte man donner les Innocens, oder innocenter, was zugleich in anderer Beziehung synonym war mit: Jemand für unschuldig, einfältig u. dgl. erklären. Die Deutschen übersetzten es mit »Pfeffern.«
In Deutschland trieb sich der oft sehr handgreifliche Witz meist bei den Mägden herum; unter den Katholiken wiewohl in etwas glimpflicherer Form, meist bei den Kindern, in Gestalt des St. Nikolaus, welcher den Gutartigen Gaben, den Schlimmen die Ruthe brachte. Wie wenig die Innocens bei den Franzosen Anstoß erregten, beweist das von Clement Marot an die Königin Marguerite von Navarra (seine Geliebte unter dem Namen Anna) gerichtete und mit jenem Wort überschriebene Gedicht und eben so die etwas stark aufgetragene Novelle in dem bekannten Werke jener FürstinF2. Um von diesen Bemerkungen der römischen Luperkalien und ihre späteren Travestirungen auf andere Gegenstände zurückzukommen, müssen wir besonders der vielen Anspielungen der Redner und Dichter über das Schlägeaustheilen in den Schulen erwähnen. Horaz vor allen klagt stark über seinen ehemaligen Schulmeister Orbilius, welcher das ehrbare Geschäft des Hautdurchgerbens mit bewunderungswürdigem Eifer betrieb, und von welchem das pädagogische Ruthensystem nachmals den Namen »Orbilianismus« erhielt Es existiren lateinische Abhandlungen darüber, von deutschen Gelehrten; Graf Lanjuinais wünscht sehr ihren Wiederabdruck und meint: es gäbe eine gute Buchhändlerspekulation.. Quintilian ärgert sich sehr über das Zweckwidrige des Peitschens der Knaben und belegt seinen Unmuth mit scharfsinnigen Gründen. Ein interessantes Gegenstück hiezu bildet die Erzählung des Livius von dem Schulmeister der Faleräer, welcher auf Camillus Befehl von seinen eigenen Zöglingen in die Stadt zurück gestäupt wurde, wie in vielen Bilder-Chroniken erbaulich zu sehen ist. Daß übrigens auch Frauenzimmer von ihren Ehemännern und Geliebten für Widerspenstigkeit oder Untreue oft Hiebe erhielten, lehren uns Tibull, Properzius u. A. Die dahin bezüglichen Stellen in ihren Gedichten lauten ungemein ergötzlich Besonders diejenige, wo er über den trunkenen Landmann klagt, welcher seinem guten darüber zürnenden Weibchen die Kleider zerreißt und es gemüthlich abbläut.); es gehörten derlei Dinge zum Gewürze des Verhältnisses; bisweilen machten die Damen auch Kehrum, zum mindesten mit Faustschlägen, Ohrfeigen und Kratzen.
Außer den Kult-Geisselungen und Schuldisciplinen bei Griechen und Römern, stoßen wir auch noch auf solche freiwillige, die in keine Kategorie recht zu bringen sind. Sowohl Plautus, als der heil. Hieronymus in einem Briefe an die fromme und gelehrte Paula, seine geliebte Freundin, der er manch' wunderliche Dinge erzählt, beschäftigen sich mit den närrischen Wahrsagern, welche auf öffentlichem Markte sich den H ... zerpeitschen ließen; auch spricht Suidas von einem Philosophen Superanus, Schüler des Lascaris, welcher, nachdem er um die Redner zu studiren, im 30. Jahre noch in die Schule ging, sich die Argumente corrigiren und von den Lehrern, gleich den übrigen Mitschülern, den kleinen Knaben, mit der Ruthe züchtigen ließ, so oft er etwas übersehen hatte. Hie und da gab er sich wohl auch selbst die Disciplin in den Bädern, wir wissen nicht, aus philosophischer Zerknirschung, oder aus einem der Gründe, welche der ehrliche Meibomius entwickelt hat Boileau: Histor. Flagellantium.).
Der Grammatiker Sextus Pomponius Fessus erzählt von einer eigenen Sekte Flagellanten in Rom, welche für Geld sich geisseln ließ; allein der gelehrte Dacier in seinen kritischen Anmerkungen zu Fessus belehrt uns dahin, daß dieß Leute gewesen, welche für Geld Andere peitschten Boileau: Histor. Flagellantium.; vielleicht eine Art öffentlicher Büttel, oder auch Bad-Adjunkten, wie die in den russischen Bädern, mit den Birkenzweigen beim Frottiergeschäfte angestellten.
Nicht zu übersehen ist der Umstand, daß Plautus, voll gemüthlicher Laune verschiedenen Personen in seinen Komödien lauter Benennungen von Peitschmaterialien giebt.
Soviel von Griechen und Römern. Aber auch bei den Indiern, Persern, Lydiern, Parthern u. s. w. finden sich allerlei Spuren des Flagellantismus, besonders in den Gesetzbüchern, bei den Schwärmern, Fakirs, Zauberern u. s. w., sodann als häusliche und Schulzucht. Bei den Indiern durfte ein Mann seine Frau, seine Tochter, seine Schwester, seine Magd, ja seine eigene Mutter wenn sie Wittwe, schlagen Lanjuinais de la flagellation et bastonnade.; damit war die Autokratie seines Geschlechtes und die Unverbrüchlichkeit des Gehorsams gegen den Beherrscher des Hauses ausgedrückt. Der Bambus spielte hier die Hauptrolle. Bei den Lydiern und Persern war es eine Hauptschmach, mit Ruthen gezüchtigt zu werden, und erst Artaxerxes Langhand milderte die Sache dahin, daß vornehme Leute (selbst erwachsene Staatsbeamte waren oft nicht ausgenommen) künftig nicht mehr auf den entblößten Leib, sondern auf die Kleider gestäupt werden sollten. Die parthischen Könige hatten die seltsame Mode, wenn sie ihren Lieblingen eine rechte Auszeichnung gewähren wollten, sie in ihrer Gegenwart mit Ruthen streichen zu lassen und die Jünglinge stritten sich um diese Ehre. Auch von den Lydiern wird so etwas erzählt Athenaeus: Dipnosophist. etc. Erheiterungen von Zschokke.. Die Chinesen mit ihrer wohlgeordneten Schlag-Hierarchie sind allgemein bekannt; vom ersten Minister abwärts bis zum gemeinen Bauer genoß und genießt jeder chinesische Staatsbürger das beneidenswerthe Recht, immer nur von einem im Range über ihm stehenden Individuum Prügel zu erhalten.