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Notgedrungen der Kürze dieses Buches das hochwichtige Kapitel über Bienenzucht zum Opfer bringend, gedenken wir doch hier eines Saaner Bịjeler, der einer langen, schweren Krankheit eine feinsinnige mundartliche Arbeit über altsaanerisches bịjele abgewonnen hat. Der Held im Leiden: der im Chalberhöni dahier aufgewachsene stadtbernische Primarlehrer Robert Würsten (1860-1925, 16. Oktober) 1 fand in dem ebenfalls stadtbernischen Lehrer Dr. vet. h. c. Fr. Leuenberger einen Kollegen, der auf Grund neuester Forschungen über das wundervolle Leben des Biji die modernste Bienenzucht lehrt. 2
Ihren Weisungen folgen heute eine erfreuliche Anzahl Männer und Frauen auch aus Gsteig, Lauenen und Turbach, die dem saanerischen Bienenzüchterverein angehören. Diesem wird es einst zu danken sein, daß grad auch in der Saaner Flora kein Hu̦ṇgch bietendes Blümchen unbesucht bleibt. Dann wird im Saanenland, wo wi niene süst Milch und Honig fließt, dank der unerläßlichen künstlichen Blütenbestäubung 3 durch die Biene auch der 176 Obstbau einen neuen Aufschwung nehmen. — Verschwinden muß aus diesem vorläufig letzten «Bärndütsch» auch das Kapitel «Hund u Chatz», diese Vermittler zwischen Haustier und Wild.
Das Edelwild ist im Saanenland vertreten durch das Reh und die Gämsche des Tschärzis, des Oldengebiets usw.
Redet der im Wolfhund veredelte Benenner der Lauener Wolfägg von ferner Vergangenheit, so ist dagegen der Silberfuchs mit seinem kostbaren Bälz ein angehendes Haustier.
Wie diese Wildtiere wenigstens ihre Benennungen auf Haustiere übertragen, so reichen letztere mit ihren gelegentlichen Rückfällen i d’Wildi in die seelische Art ihrer ungezügelten Gattungsgenossen zurück. Ist «Muni böös», so sti̦cht er den vertrautesten Pfleger mit den Hörnern, wie das Roß als Schleger mit wohlgezielten Fußhieben. Stächchigs u bịßigs, kann es auch heimtückisch den es nicht genau durchschauenden Pfleger a d’Wand und z’Tod drücke.
Phot. Nägeli, Gstaad
Als interessante Übergänge zwischen wild und zahm seien hier einige Nagetiere erwähnt: neben den ẉiße Mụ̈se d’s Eihore oder das Eihörli, 4 Eihe̥rli, das so lebenslustig seine «Trü̦lle» dreht. Dann die «Bärmaus» ( Arcto-mys), die «Bergmäuse» ( mures montani), ahd. der muremunto oder das murmenti: das Mu̦rme̥li, als umgedeutetes «Murmel-tier» an das Ren-, Elen-, «Maul-tier» erinnernd. Wie gern das Tier alpines Wildleben an das eines Haustierchens tauscht, zeigt unser Bild: ein Mu̦rme̥li auf dem Arm eines siebenjährigen Mädchens der Familie Bach im Äbnit, welche im Sommer die eine Hütte des Ober-Meiel bewohnt. Als sie im Sommer zur Bestoßung der Alp 177 aufrückte, fand sie das Stafel bereit b’sätzts von einer Murmeltierfamilie, die sich da häuslich niedergelassen hatte. Die beiden Alten stoben davon, die Jungen dem Chüeijer hinterlassend. Der zog sie groß und freute sich an der Zutraulichkeit, womit sie jeweilen zur Melkzeit u̦s dem Chü̦bli sich ihren Teil holten oder sogar aus der Pfanne die Röösti schmausten. Dazwischen spielten sie wi̦ jungi Chätzeni mit den kleinen Kindern. 5
So nahe rücken zusammen des Waldes Wild und das «zahme» Tier des «Hauses». 6 In die Hände fällt das eine dem J̣e̥ger, das andere dem Mätzger; beide sind, wenn sie nicht Schinter oder Schlịchịe̥ger oder Aasjäger heißen wollen, Tierfreunde.
Das ist des Jägers Ehrenschild,
Daß er beschützt und hegt das Wild.
7
Der rechte Jäger ist zugleich der beste Wildhüter, der für Notschirm und Notfutter in Zeiten des Tiefschnees und der Lawinengefahr sorgt. Das können für das Waldwild auch Holzer tun, wenn ihre beschwerliche Arbeit mit der houwig g’fielete Waldsaage, dem Fuxschwanz, all den Scheidwägge, dem g’stẹe̥chlete und g’schliffenem Biel, dem Ggu̦ntel 8 zum ggu̦ntle der Fichtenstämme auf flachem Boden, mit dem Troolggu̦ntel (dessen Drehgelenk das seitwärts abtroole verhindert) eine gedeihliche Muße zuläßt.
Die Vorstellung vom Tier als dem wilden auf das Haustier übertragend, redet der über ein solches unwillig gewordene Pfleger wohl vom Roßtier, Geißtier, Chuetier. 9 Ein solches ist ihm auf der Weide fu̦rtg’lü̦ffe, hat im Stall Unheil angerichtet oder sü̦st äppes b’böösliget. Kurz, es ist es Tonnders̆ Geißtier, ist als Angehöriger einer ganz fremden Klasse doch es Sụtier usw.
Etwas ganz anderes als alle solchen Tieri ist das Tier als der treue, liebe, anmutig sich gebärdende, gehätschelte Liebling des Pflegers. 178 Solche Tieri können alle Arten und Größen der Pfleglingschaft vertreten vom Hüendscheli bis zum hochaufgezäumten Roß. Was dagegen ohne solche persönliche Schätzung seinem Wesen gemäß lebenslang klein bleibt oder als Junges noch klein ist, heißt es Tieri. Auch solche Tiereni wachsen ja freilich mit ihrer eigenen Pflegebedürftigkeit dem Eigner ans Herz.
Allerdings sind für diesen alle die Tieri und Tierleni des Nutzens halber da (s. u.). Das den Nutzen bringende oder abwerfende Tier aber kann — wie der Hund — den «Lohn der Welt» zu erfahren bekommen als «der Mohr», der cha nn lauffe, der eimụ cha nn g’stŏhle wärde, wenn er für eine Weile wieder «seinen Dienst getan». Es ist das für seine Rechte sich nicht wehrende dumm Roos, 10 wie gleicherweise der gutmütig sich in jede Unbilligkeit schickende Mensch.
Im Tier, und zumal in dem wunderbar entwickelten höhern Tier, entdeckt mancher ein Seelenleben, das auch und erst noch recht des Studiums und der Pflege wert ist. Da ist denn e̥keiß wi̦ di andere. Jedes ist ein Individuum, dessen Eigenart sich beobachten und zur Grundlage des Verhaltens ihm gegenüber sich feststellen läßt. Dies Seelenleben des Tieres wird von seinem Chopf regiert. Auch es hät si Chopf u macht der Chopf: der Gri̦nd; vgl. den Gri̦nt ( S. 59). Es gefügig, g’fölgigs z’mache ist darum eine Kunst, die der Pfleger aus seiner eigenen Persönlichkeit heraus mueß lẹe̥hre. Mehr als ein Saaner wird es jenem Bauern nachmachen, dem der Mu̦ni böösa worden ist und de n Chopf g’flü̦schet (s̆s̆, geschüttelt) het, als wollte er mit Gwalt a bd der Chötti choo. Der Bauer versetzte ihm einen Stockschlag auf ein Horn, daß er g’wüsse het, wa’s dü̦rhi geit, u wi alt u wi tụ̈ụ̈r. Bald aber redet er ihm mit der ganzen Wärme und Zartheit der Seele zu, als hätti’s na schröckelich d’dụret, und als wollte er ihm die Züchtigung abbätte: Jä, ggu̦gg, wennd du nit so n em Bockbeiniga wẹe̥rist, so chönnte wịe̥r z’säme d’s schöönst Läbe haa; wịe̥r chönnte sị, wị m Brüeder.
Wie der däwääg Angeredete, war dem Bauer jedes Tier im Winterstall und auf der Sommerweide ein Hau pt; er hatte so u so mäṇgs Hau pt, oder Stück. Es ist der Teil eines Ganzen: einer zusammen passenden Kuppele, Tschu̦ppele oder doch eines bescheidenen Chü̦ppeli, Tschü̦ppeli, 11 Trü̦ppeli. Das letztere ist auch 179 das unterbernische Wäärli: die vor Schaden zu «wahrende» 12 Waar des Viehhalters. Ist es doch neben dem Grund und Boden, den er «besitzt», beinahe das einzige, was er hat: seine Habseligkeit und Habe: sị Haab oder doch sịs Haabli. Zu dieser Bedeutung ist auch ein ursprünglich andersdeutiges Wort gelangt.
Veeh, G’vi̦chtli, «Veich» (1710) oder Vẹe̥h, wie der Lauener und Gsteiger sagt, Vieh, wie man schreibt, ist das altgermanische fëhu und bedeutet schon dort Hab und Gut, sogar Gelt. 13 Das Wort ist urverwandt mit dem uns so vertrauten «pekuniär», mit den Pekulien (Geldgeschenken) usw. und geht zurück auf l. «das» pĕcŭ oder pĕcŭs. Das ist svw. Vieh, spezieller aber Kleinvieh und insbesondere, ja ursprünglich einzig das Schaf als Lieferant der Wolle, die man zum nachherigen Verspinnen krempelt. Dies geschieht nun mit den Charte (s. u.), wie vormals mit dem auch hiezu geschaffenen Kamm. Das war das pëctĕn (le peigne). 14
Uns ist nun das Vẹe̥h hauptsächlich das Großvieh, speziell das Rindvieh. Der Bauer hält e Stall oder e Stallete Vẹe̥h. 15 Von solchen unterscheidet sich das Schmalvieh 16 und das Federvieh.
1
Sein Bildnis und Lebensbild in der «Bernerwoche» 1925, 736 f.;
AvS. 1925, 2. Dez.
2
Sein Radiovortrag erschien in verschiedenen Tagesblättern.
3
Hierüber hielt Amtschreiber
Würsten in Sa. einen äußerst lehrreichen Vortrag.
4
Walde 410;
Weig. 1, 410.
5
Vgl. (im «
Bund») die anmutige Beschreibung des durch einen Oberhasler Hirten einem Raubvogel entrissenen und zutraulich gewordenen Tierchens.
6
Weig. 2, 1299; zahm zu
domus (Haus).
7
Reichenbach: Wild und Jagd in unsern Bergen, Vortrag im
SAC, s.
AvS. 1925, 14-20.
8
Stück Eisen, womit verschiedene Holzstücke, z. B.
Trämel, zusammengehalten werden.
Gb. 65;
Gw. 670.
9
Weig. 2, 1045;
Kluge 458.
10
Schwz. Id. 4, 818.
11
Zu
ap-tus (passend):
co-ap-ula, côpula; vgl. kopulieren. Das
ku- als
Tschu- behandelt wie
ka- als
tscha-:
S. 33.
12
Weig. 2, 1201. 1212.
13
So ist bei Ulfilas
fëhu-gärus: habsüchtig, das
fëhu-gaworke der Geldgewinn, der
fëhu-skula der Schuldner usw.
14
Eines Wortstammes mit
pecu als Schaf, dann Vieh, Haustier, Tier:
Walde 568.
15
Stucki 58.
16
Wie der Küchenmeister «Schmalhans» und wie
schmääle als heruntermachend schimpfen zeigt, ist das mit l.
malus (schlecht, d. i. ursprünglich schlicht, vgl. schlecht und recht) verwandte
s-malo, schmal svw. karg gemessen, dann bis zur Verächtlichkeit klein, und erst heute im objektiven Sinn svw. nicht breit. Vgl. jedoch noch:
i bi nit breita: besitze wenig Geld.
«Federvieh» — wie abschätzig klingt die Benennung! Und doch gehört die Fä̆dere zur edelstolzen Wortfamilie der Fittiche, 1 die, «offen ausgebreitet», 2 die hülflos Zuflucht suchenden Jungen decken, «wie eine Henne ihre Küchlein unter ihre Flügel sammelt». 3 Dem mit «rauschendem» 4 180 Flügelschlag zum Flug sich anschickenden Adel-Aar, Adler, der dann lautlos auf Beute lauernd sich im Äther wiegt, reiht sich in königlicher Würde der als «Sänger» 5 benannte Hahne. Nach demselben benennt sich das Hahneschritthoore. Zur Wildhorngruppe gehört ebenso das Hüenderhoore oder -höörndli, wie denn dem altdeutschen hano «der» oder das huon, Huen 6 gleichwertig zur Seite stand. So benennt das Huhn auch das Hüenderspi̦i̦l auf dem Hornberg und am Perzgụmm.
Das weibliche Tier aber ist die «Hähnin»: d’Hä̆ne, Henne als Haustier, dära mụ mit «bi bi» chöttet, das Bịbị und das Bụ̈tti (Kosenamen für das Huhn).
Diese Bụ̈tteni, wie sehr bedürfen sie in entlegenen Berggehöften des Schutzes gegen Räuber wie den Hüendervogel als den Taubenhabicht, welcher gleich der Habichtweihe, dem «wehend» fliegenden Hawéih die ahnungslose Beute «hebt» und packt. 7
Als Schmarotzer des Hausgeflügels stellt unfehlbar der Spaß sich ein: e sufe̥ra Fink neben den edlen Vertretern dieses Geschlechts und namentlich neben den lieblichen Meisene. Kein Landmann mit warmem Herzen für die gefiederten Freunde wird solche Insektenvertilger im Winter ohne im Hängenetz gespendete Nahrung lassen, und im Frühling ohne richtig angebrachte Nistkästchen zur Sicherung der Brut.
Der im Freien zugebrachte Winter ist für all diese unentbehrlichen Mitarbeiter des Landmanns noch hart genug, indes das Haushuhn im Hüenderstall oder sogar im Hüenderchrome in der Küche, wenn nicht in der Wohnstube, die kalte Jahrzeit verbringen darf und zur Selbsterwärmung das ụfg’haacht Fueter erggụmpet oder erflụ̈gt, oder gar aus mitgestreuter Asche d’Bröösmeleni fürha schar ret. (Hinderschig, wie ein beliebter Spaß beifügt.)
Im Frühling sodann heißt es allerdings: Ụsi mit n u̦ch! Wo noch nicht der Hüenderbann Wiesen und Gärten gegen das zergore schützt, sucht das Huhn das Ergänzungsfutter und die Steindleni zur Erhaltung der Magentätigkeit selber.
Rechtzeitig aber z’Sä̆del, anstatt des umha z’hüendere! Im Sommer bi̦’m aabene, im Winter bi̦’m vernachte: um fü̦ü̦fi! Wenn sie nicht rechtzeitig ihre schmalen Sitzstangen erfleuge, den n ist z’mornde̥rist nit guet Wätter! Die Tiere märke’s und verbessern die vorausgesehene magere Weide durch verlängerte Aabe ndweid. Es sei denn, daß das Hüendertrü̦̆gli für den Mangel aufkomme. Denn um der erstaunlichen Magenkraft, wa Chĭ̦selsteina 181 verwärchet, Arbeit zu liefern, muß der Chropf vol la sị. Sonst wird die getäuschte Bäuerin ihra Chropf lẹe̥re (ụsa mit ’mụ, süst gi bts e Chropf), weil der Eierertrag dḁrnaa ch ist.
Und allzeit sụfers̆ Wasser her! Wie für die vormalige Grasverzehrerin der Gansweid in deṇ Gruebe, wo vielleicht (wie noch 1826 im Grund) der Genshirt seines Amtes waltete.
Aber dụrstig wi̦ n e Fisch ist das Geflügel gẹng u nd g gẹng. Das Wasser gehört auch ihm zu wirklicher Nahrung. Man gewahre nur, wie schwi̦ttig das Huhn Schnabel um Schnabel voll ị nschnaderet und den Kopf hebt, um es wohlig laa abhi z’rün̦ nele.
Gut gehaltenes Geflügel wird dann auch räntiere, und daas wịe̥! Zunächst weiß die richtige Hausfrau d’s frisch Ei zu schätzen und von den im Handel vertriebenen Chi̦steneiere zu unterscheiden.
Außer der Mauser (s. u.) söllti e gueti Hä̆ne jeglicher Rasse all Tag es Ei lege. Die Hausfrau kennt sie übrigens schon an ihrem Tun: Häni, wa brav gaggle, läge flịßig und verkündigen sofort jede neue «Tat».
182 Die guten Legerinnen kennzeichnen sich aber vorab durch den Körperbau: glänzende Augen mit großen Augsstärne, die guet fürhastaa aus dem kleinen Kopf. E fịna, sịdiga, fụ̈rrota Cham me, dünn, glatt, nicht zu groß. Halsläppeleni fest sitzend. Der Rü̦gg rächt länga u breita. Brust und Hinterteil breit. Der letztere schwu̦mmig u füecht. Bei churzi, aber gredi ụf. Eso rächt es flumigs Fü̦di.
Gute Legerinnen wechseln ihr Federkleid oder sie mụße sich spaat u nie ganz. 8 Solches sich mụße läßt die Tiere begreiflich auch mụßig herum stehen. Der kurzzeitige Eierausfall aber wird entschädigt durch Verwertung der ausgefallenen Federn, wenn diese auch nicht flụmigu sich anfühlen wie die weichen Bauchfedern anderer Vögel.
Ihr Ausfall läßt die Hüenderhụt hervortreten. Diese erinnert an die bei Menschen bis i d’Zẹe̥ijen ụsi sich kräuselnde Hüenderhụt beim Anhören grausiger Gespenster- und anderer Geschichten, sowie bei Kälte. Die Bezeichnung trug sich über auf g’rü̦̆beleti Chuchchitüechleni u. a. Stoffe. 9
Einen andern Eierausfall muß die Hausfrau über sich ergehen lassen, wenn sie nicht durch künstliches Näst-Ei dafür sorgt, daß d’Hä̆ne gẹng ei ns als Genosse des neu zu legenden vorfindet. Sü̦st verleit si an bisweilen recht schlau ausgesuchte Verstecke. Dort sammelt sie sie zum brüete als Ersatz derjenigen, welche der brüetige Hä̆ne underg’leit werden. Als musterhaft ausdauernde Brüetlera — als erchranketi wohl einmal von dem tapfern Hăne erlöst (abgelöst), grụppet si da, chẹe̥hrt d’Eier und tuet die ụssriste z’inndrist. Die nach 21 Tagen ụsg’schloffene Hüendscheni bemuttert sie mit wahrhaft rührender Sorgfalt.
Welchen Anblick bieten aber auch diese Jungen!
Bei der geringsten Gefahr oder bei Chelti u Nässi: wie n e Schwi̦ck sind sie unter den gebreiteten Flügeln der Mutter geborgen. Nit lang, so ggü̦ggelet eis fü̦rha; ein zweites und ein siebentes sträckt d’s Chöpfi ụsa, und neu beginnt die emsige Suehi im freien Grün. Glụgg, glụgg! ruft die Glụggera bei jedem neuen Fündlein, und der Wettlauf der Kleinen beginnt: wäl chers ẹe̥hnder?
Anblicke, an welchen auch das Auge eines Mannes sich weidet, wenn nicht das Große und Erhebende ẹe̥rst mĭ̦t ị̆mụ̆ sälber aafẹe̥t.
183 So erlebt die Kückenmutter zwei, drei Meiembrueti von Jungen, die im Christmonat aafaa läge. Junge hinwieder, die von Sommer- und sogar Augstembruete abstammen, müssen vom folgenden Frühling an das tụ̈ụ̈r u chöstlich Winterfutter abverdienen, um räntabel zu werden.
Älter als höchstens drüijĕhrig geworden, leistet das Huhn noch seinen letzten Dienst als Ersatz des eigens gezüchteten Suppehuen.
An ornithologische Ausstellungen gehören zum Federvieh Pelztiere mit Nagezähnen bewaffnet, die ihr Futter behaglich g’nage, statt wie jene, es gierig abhi schnable. So auch gesellen sich im Hochgebirg zum Auer- und Birk- und Schneehuhn das Mu̦rmeli ( S. 176) und der Hase̥. Zum Geschlecht des letztern gehört auch «der» seinen unterirdischen Gang grabende und nach sich mitbenennende cunïculus: der Chü̦ngel, dessen Junges das Chü̦ngeli heißt. Auf sein Wildleben deutet noch das Chü̦ngelloch in den Felspartien ob Gsteig.
Dürfte nur auch das zahme Hauskaninchen etwas von dieser Freiheit genießen! Chü̦ngelfleisch, und Belz und Gemüsedünger würden dann an Wert gewinnen. Vor Hitz u Nässi u Luft (Wind) würde auch ein Stäl li sie schützen, das einen eingehegten Freilauf böte. Zu Gras und Heu müssen Haber u Rüebleni und alts Brot zum abwätze der Zähne kommen. Sụfers̆ Wasser und ab und zu g’chocheti oder rohe Milch dürfen auch nicht fehlen.
1
Kluge 129. 137.
2
Prellw. 366.
3
Matth. 28, 37.
4
Prellw. 337.
5
«Hahn» zu
can-t-are (chanter)
6
Kluge 215.
7
Kluge 186.
8
Katharina von Sanden.
9
Aw. 180.
Wichtiger als Federn- und Pelzträger erscheinen vorderhand der Bäuerin und ländlichen Gewerbsfrau die Borstentiere. E Stall vol la Sụ̈w hält die Bäuerin. Als chlịs Stölzeli hält die kleine Gewerbefrau zweu Sụ̈wleni. Hier wie dort als möglichst kurzlebiger und zugleich vollwichtiger Fleisch- und Specklieferant verbringt das Tier seine Tage in Gefangenschaft des Sụụstall oder der Sụụstịge 184 (Schweinestall). 1 Und die ihm auf der Alp gewährten — auch für den Fleischansatz äußerst vorteilhaften 2 — Weidestunden gemahnen wenig an seine Abstammung von der Wildsau, wie solch eine im Frühling 1921 sich im Revier der Gruebe und im Turbachtal bemerkbar machte. Auch der Saugrabe, sowie das Schwịịnsloub, Schwịịnlaub, Schwĭ̦laup über Abläntschen reden von einer fernen Vergangenheit, die bloß in der Freilaufzucht Witzwils verjüngt wieder auflebt.
Was von dem oder der l. sû-s kommt oder zu ihm gehört, ist l. su-ïn-um, altdeutsch sw-in. Das Eigenschaftswort rückte zum Dingwort auf: das Schwịịn, Schwein; davon: schwị̆n-ig, schwị̆nigs Fleisch, Schwị̆nigs. Schwịntouba aber wird ein plötzlich erzürnter Mensch.
Einmal an das fụl plegere gewöhnt, bietet das von Natur so anmutig lebhafte Tier schon als ganz junges den Anlaß zum Bild: glücklich wi̦ n es Mastsụ̈wli. Den Gipfel seines Glücks würde der Rollentausch bilden, wonach es die grächte Härdöpfla (Speisekartoffeln) b’bräglet bekäme, indes der zum Sụtier erniedrigte Eigner die aag’charstete u bööse, chranke Sụgagli für sich behielte.
Zum wenigsten wären nach solchem Spott die dem Tier zugedachten bis u̦f di läste u hi̦ndriste zu schälen: z’schööne; eine besonders sorgliche Arbeit an den Sụgăgle und Sụgage̥le̥ne. Die Mühe erspart sich allerdings, wer dagegen die als Gemüse trefflich schmeckenden Sụbohni (Pferdebohne, Vicia faba, fève) dem Tier überläßt wie die sonst unverwendbar gewordenen Gartenabfälle als das Sụchrụt.
Alles das wandert als der Sŏ́drich, der langsam sodri̦chet, in den Sụhafe, von da als größerer Vorrat in die Sụstande, als kurzzeitiger in den Sụzü̦̆ber, zu einmaliger Verabreichung in die Sụmälchtere. Als dünnes Sụtraach wandert das G’schlapp in den Sụtrog oder das Sụtrü̦̆gli. Dieser oder dieses ladet die Stallgenossenschaft zur «Tafelrunde», an welcher die Gleichheit der Interessen allen sonstigen Zwiespalt ausschaltet. Drum sagt man von zweien oder mehreren, die über eine Angelegenheit gleicher Meinung sind: sị frässen us em glịche Trü̦̆gli.
Rascher mästende Beigaben einerseits: nicht verbackbares Mehl, sodann Tafelabfälle u. dgl. können aber auch das Tier derart verwöhnen, daß man von daher sagt: d’s Müller̆ Sụ̈w u Roß u d’s Würts 185 Tächteri sị̆ n-m böösụ nahi z’haa. (Es ist schwierig, mit ihnen einen schlichten Haushalt zu führen.)
Wenn dagegen im Gsteig der Spott umgeht: mager wi̦ n en Ermu̦nt-Su̦w, so gilt er der una nschlẹe̥ijge Landrasse, bei welcher auch die beste Pflege nit anschlẹe̥t, 3 wie ihre kurze Frist es fordert. Darum ihre fortgesetzte Kreuzung mit dem Yorkshire als dem «weißen Edelschwein» der Westschweiz. 4
Zur richtigen Aufzucht gehört natürlich auch ein Raum, in welchen das Tier sich cha nn vertue, un es Äggeli findt, in welchem es seiner natürlichen Sụ̈̆ferlịhị Genüge tun kann. Gewiß ist dem Sụtier und dem Vorbild des «Sụhund» sụ̈wliwohl im Schlamm, in welchem es sich am heißen Tag so recht behaglich umhatröölt. Und wie gierig nüelet d’Sụw im Bode, um under d’Zänd zu kriegen, was sie so begaglich chnätschet u rätschet! Warum? Weil man ihr alle und jegliche Nahrung zu einem Brịị ohne Chnü̦̆beleni zerdrückt, damit sie ja nicht sich uberschlü̦cki. Natürlich: mụ hät ’ra d’Zänd abbroche und d’Nase g’ri̦nget: dem Sụ̈wli e Ring oder e Ri̦ngge dür d’Nase ’zoge, damit es das Wühlen und Nagen im Stall unterlasse. Als ob das nicht auch unterbliebe, wenn das freigelassene Tier mit zerbịße va Chirschsteine d’Zänd abwetzti!
Richtige Behandlung auch hierin wird Übertragungen auf Personennamen (Michael, Balthasar, Nikolaus) vergehen lassen, wie: sụ̈wischer a ls der Sụmichchel, Sụpaalti, Sụni̦ggel, welchen die Sụhäx und Sụtäsche (s̆s̆), der Sụbock und Sụbaarg sich anreihen. Was die berühren, ist verbaarget oder versụwet oder versụ̈wlet ohni glịhe. Durch sie wird dü̦re̥wägg es G’sụw ag’ställt; sụụmẹe̥ßig und schwịnhaft geht alles zu. Damit geht auch ein reicher Haushalt z’nụ̈te. Wa g’nueg ist, chan n e Sụw hụse — wenn es ẹmel ja im Wi̦derspi̦i̦l zu dem goldenen Satze zugehen soll: Bin de Rịhe lẹe̥hrt mụ hụse.
Wie gut, stellen sich all diesen unanmutigen Vorstellungen heimeliherụ gegenüber! Diese um die Mutter sich scharenden, in ihrer Geschäftigkeit das Schwein als ursprüngliches Lauftier aufzeigenden Fä̆dscheni! Ihre Bezeichnung ist gleich interessant wie fädsche̥ne (junge Schweine werfen). Das «Fädschi» ist verkürzt aus «Fäärch-tschi»; tschi ist die in Chälb-tschi, «Lämm-tschi» usw. sich wiederholende Verkleinerungssilbe, welcher als -el eine erste vorausgeht in «Ferk-el», alt: värkel neben neu verkleinertem värk-el-în, unterbernisch: Fäärli. 186 Zugrunde liegt altes varch, das schon selber junges Schwein bedeutet. Saanerisch ist der Barg, das männliche Zuchttier: der Eber (l. aper), unterbernisch aber der verschnittene Eber. Die Mutter der Jungen ist die Moora; ein Name, der — zumal in Sụmoora — auch wieder als Scheltwort dient, wie in verkleinertem Maß das Moori, Mööri und Mööreli. Dies dient aber auch als Kosewort, wie vollends «möörelig» etwas überaus Anmutiges bedeutet. Wer dächte hierbei nicht eben an diese Jungen, die auch nicht selten ihrer Mutter buchstäblich zum frässe lieb si̦.
1
Vgl. die alte
stiga
Gw. 421.
2
«
Schwz. Bauer» 23. Jan. 1925.
3
AwMb. 1903, 142.
4
Duerst.
Vom Kleintier, das einzig mit dem Tode nützt, zum größten Haustier, das um seiner Trag- und Zugkraft willen gehalten wird. Vom Vielhufer zum Einhufer. Von dem während dreier Jahre (1918/21) in der Schweiz fast um d’s halba (auf das Doppelte) gestiegenen Zahl der Schweine zum mindere der Pferdezahl.
Es Roß haa ist d’rum hụ̈tigstags es tüürs̆ haa; und wer ihm nit so z’sägen all Tag z’tüe hät, hät bald ụsgfuehrwärchets.
Wie anders vor dem Aufkommen der Eisenbahnen, als die Schweiz mit ihren zur Fohlenzucht wie geschaffenen Weiden Pferde alljährlich zu Tausenden ausführte! 1 Da standen Rŏß zur Auswahl für schweren Zugdienst, zum ụsfahre (wä́gele), zum rịte in Feld und Weg.
Das fast alltäglich im schweren Gang vor dem Lastwagen, im Trab vor Rị̆twä̆geli oder Gụtsche, im Ggalópp unter dem Reiter die Straße, den Weg oder «Nichtweg» stampfende Roß hätte seine Hufe bald abtrappet ohne Eisenbeschlag, D’Hüef vam Roß 2 mueß mụ b’schlaa; d’s Roß wollt b’schlage sị. Das ist eine in schwerer Lehrzeit erworbene Fertigkeit. Schon das richtig angepaßte Hufeisen: Ro ßsị̆se ist ein kleines Kunstwerk. Drum seine Bedeutung im Volksglauben. 3 Von seinem exakten Bau sticht etwas grobiänisch, der dickköpfige Roßnagel ab, der mit wenigen geschickten Trääfen i ng’schlagen u umg’chrü̦mmt wird, um dem B’schleeg Halt und Dauerhaftigkeit zu geben. Roßnagel heißt von daher die Kaulquappe, und roßnagle bedeutet: nachlässig und unbedachtsam so sprechen, daß man z. B. im gleichen Satz einen Angeredeten duzt und ihrzt: Das heit Ie̥hr doch g’wü̦sse, daß Dụ gäster hättist söllen da sị. (Vgl. «Halblịịn mache».)
187 Der Hufschmied gilt wegen des empfindlich feinen Hufs überhaupt als Hufarzt und, wo wit u nd-b breit kei Vẹe̥hdokder ist, mehr oder weniger als sein Notvertreter. In entlegenen Orten, zu denen aber in dieser Hinsicht selbst Saanen und Gstaad gehören, ist er der Schmi̦i̦d überhaupt, der da und dort auch noch den Schlosser und Mechaniker mueß mache. Ein «Huffschmid»: Niclaus Weber wohnte und arbeitete bereits 1626 4 uf em Chappeli nahe der Abzweigung vom Saanen-Gstaad-Weg nach den Gruebe.
Gottlob ist oder geht die Zeit vorüber, wo dem Schmied auch die Tierquälerei oblag, z’gụpiere, wenn nicht sogar den Schwanzstummel zu einem Ratteschwanz kahl zu scheren. Ein wackerer Tscharieder, dem solche «Verschönerung» van eme brave Brụụchroß angeraten wurde: «es wẹe̥ri tụụsig Franke mẹe̥h wärt», antwortete schlagfertig: U mịe̥r wẹe̥ r’s tụụsig minder wärt!
Dagegen empfehlen Kenner, im Sommer den Fessel 5 z’schäre und im Vorwinter die ersten Winterhaari zu stutzen; dies, um ein vorschnelles schwi̦tze bei anhaltiger Anstrengung zu vermeiden. Daß das und’däckt vo̥r u̦ßna blịbe staa in Nässe und Kälte die huestige, dämpfige und strängeliche Roß bringt, ist bekannt; ebenso, daß g’häbereti und habernịdigi (auf Haber erpichte) 6 Roß, die man vor Niereschlag bewahren will, nicht zu lang müßig stehen dürfen.
Die Art, wie das so außerordentlich, feinfühlige, nervös veranlagte Tier mit seinen Bewegungen und mit seiner Stimme ( rü̦̆hele, weiße, schnar re) sein Befinden kundgibt, entgeht dem kundigen Pfleger nicht.
Ein unschätzbarer Wegweiser ist ihm diese Feinfühligkeit zumal z’Nacht und grad i n stockfeisterer Nacht, wo er nit d’Hand vor den Auge g’sẹe̥ht. Da sieht das Pferd, dieser Nachgeborne einstiger 188 Nachttiere. Zu dem nachts so scharfen Sehsinn kommt aber das ausgezeichnete g’hööre, schmäcke (riechen), g’spü̦re und der unvergleichliche Orientierungssinn. Da gibt der Reiter und Fuhrmann Zaum und Zügel frei und «laat Choli walte».
Solche Vorzüge kommen dem Pferd — wie dem Rind — auch zugut, wenn es auf der Alp tagsüber als Bärgroß gedient hat und nun die Atzung mit Nachtweid verbessern darf. Am besten geschieht dies auf eigener Roßweid, damit nicht das Pferd den Rindern d’s Bästa vor e̥wägg frässi und die also Geschädigten noch verfolge. Auf dem Stieretungel allerdings, wo die Küher reitend die Stiere zusammentrieben, blieben als Weidetiere die letztern Meister. Dḁrfü̦r lernten von ihnen die Pferde unter sich um den Vorrang kämpfen: 7 wel chers̆ stercher?
An Namen wie Roßfä̆l li (Roßfel li), Roßbode, Roßgraabe (mit der -lücke) reiht sich der Gụm mäsel ostwärts der Gụmmflueh. Den Äsel selbst als dieses Lasttier kennt der Saaner bloß als den landläufigen Vertreter des ung’schlachte drịfahre: des dḁrhar cho z’äs1e. Genauer kennt zumal der Gsteiger die Maultiere: Mụụlteni, Mụ̈leni (Einzahl: das Mụụlti, Mụụli, Mü̆li) 8 von den Zügen der Walliser nach und von ihrer Wi̦spi̦le und den nächtlichen Stationen in ihrem Dorf. Hässigi und lụ̈nigi, stächchigi und bịßigi wie sie zuerst auch dem ihnen Flattierenden entgegenkommen, spiegeln und vergelten sie ihre Behandlungsweise. Kaum mehr bietet sich heute der Anblick von ebenfalls g’sattlete Walliser Ochsen. 9
1
Duerst im «
Bund», 13. Sept. 1925.
2
Objektsverschiebung wie
d’Uhr ụụfzieh u. dgl.
3
Schwz. Id. 1, 539 f.
4
Chorgericht.
5
Aw. 409.
6
«Mißgunst» führt über zu ältern Bedeutungen von «Neid»: Eifersucht, Wetteifer, Strebsamkeit (
Weig. 2, 283).
7
von Rütte.
8
Das «Maul-tier» (
S. 177) ist l. der
mûlus (zu gr.
mychlōs, Zuchtesel, s.
Prellw. 304;
Walde 501),
la mule und
le mul-et, das
Mụ̈ụ̈li (
schwz. Id. 4, 184), das Walliser
Mü̆li und
Mụ̈ụ̈lti
9
Widmann bei
M. 44 a.
Der 2046 m ü. M. gelegene, noch 1862 besonders für Pferde bestimnte Stieretungel (s. o.), der aber schon 1760 auch 190 Kühe herbergte, führt über zum Rind als hauptsächlichstem Gegenstand der Viehhaltung und (s. u.) speziell der Rassenzucht. Es schließen sich an den Stiere-tungel der -bärg, -riß, die -weid, das -schlündi, die Ochseweid, sodann der (1778 für 140 Kühe Weide bietende) Chüetungel ( S. 31), sowie der Chalbergarte 1 (Gd.), dem das chalberochtig tue seiner Besiedler nụ̈t schadt.
An das Rind chließt sich als Milchtier die in den Geißchẹe̥hre und im Geißmoos (ó) verewigte Ziege. Die Moosgeiß g’hööre 189 d’Lauener uf em Schachche bbäägge. (Über die Saaneṇgeiß s. u.) Als nunmehr bloßer Wollen- und Fleischlieferant sei hier gleich der Namengeber des Schafhörndli oder -hoore, des Schaf-stei und -niese, der Schafmatte ( Les Avants) kurz besprochen.
Eine Art Überleitung vom Rind zum Schaf bietet der drollige Übername Chüelamm. Das ist ein junges Schääffi, das beim sụge mit mü̦pfe u stoße seine Mutter u̦lịdigi macht und die Altersgenossen im engen Chrome als langwinterlichem Gefängnis helkt u plaget. Wie gut, wenn es endlich im Freien cha nn sịner Ggü̦mp verfüehre und als Stackli oder Auli, als künftiger Stacke 2 oder künftige Au 3 die Eigenart seines Geschlechts entfalten.
Unter all den Rassen und Sorten, 4 welche für die stark im Rückgang begriffene Schafhaltung in Frage kommen, ist von sprachlichem Interesse das vlämische Schaf: der Vläämer, Fleemscher, Flẹe̥mscher (s̆s̆), dessen Wolle ins Stahlblaue oder Graue hinüberspielt. Da nun der Bärgler, zumal der Bewohner des sonnenreichen und nebelarmen Saanenlandes gewohnt ist, alle Gegenstände in deutlich bestimmten Farben vor sich zu sehen, und ihm alles U̦fäärbiga, alles unbestimmbare «Grauw» zuwider ist, so belegt er den Menschen, bei welchem er nit weiß, warán er mi̦t ’mụ ist, ganz besonders aber den scheinheiligen Frömmeler, mit dem Attribut Flẹe̥msch, Flẹe̥mscher. 5 So heißt ihm aber auch schon das Kind, welches eine bedenkliche Gleichgültigkeit an den Tag legt, welchem alles gleichgültig oder grắ d-g-glịch ist, und welches darum auch selber als der Gragglịch gescholten wird.
190 Feinere Wolle erzielt man auch durch Kreuzung mit südschweizerischen Schafen, wie größere Mastfähigkeit durch solche mit englischen, besonders aus Oxford. Aber i̦ n-m bẹe̥dem ni̦t z’wịt gaa! mahnt der erfahrene Züchter. Sonst verliert das Saaner Schaf seine kräftige, robụ̈́sti Natur. Diese verleiht ihm seine Eignung zu äußerst ergiebiger Ausnützung der Weide. Das von solcher ins Tal zurückkehrende halb- bis anderhalbjẹe̥hrig Tier aber wird als Saaner Bärgschaf das beste Fleischschaf. Seine Wolle dagegen erreicht ihren höchsten Wert nach einem Wachstum von drei bis vier Monaten; später wird sie rụhi, und ihr Handelswert erliegt der Konkurrenz der fremdländischen Wolle. 6
Solche auf ein richtigeres Maß zurückzudämmen, macht sich die Schafzuchtg’nosseschaft des Saanenlandes zur Aufgabe. Sie dringt, wie auf Verdrängung wilder und planloser Zucht, auf rationelle Ausnützung der Schafweiden.
1
«Garten» ist überhaupt zunächst Umhegung, dann umhegter Platz (
Weig. 1, 624.)
2
Also der Wi̦d
der: in der Grundbedeutung der «Jährling» (
Kluge 492), der vor seiner Geschlechtsreife geschlachtet wird — gleich dem kastrierten Schafbock, der im Unterland der «Urfel», «Urfe̥l» heißt. (Der «Ent-gänzte»,
schwz. Id. 1, 415).
Stald. 2, 389. Vgl.
S. 186 den Barg als unterbernisch verschnittenen, in Sa. als Zucht-Eber, ursprünglich überhaupt Schwein.
3
Die Au, «Aue» ist l.
ovis als Schaf überhaupt.
4
Duerst im «
Bund», 13. Sept. 1925.
5
Vgl.
schwz. Id. 1, 1199;
AvS. 1911, 34.
6
Vgl.
AwMb. 1903, 65.
Auf strammer Bergreise allzeit voran, macht der zwölfjährige Háns Ruedi zu hinderst im ständig bewohnten Chalberhöni abseits vom Weg eine Entdeckung, die er flugs zu melden kommt. Wir schauen: hinter der geschlossenen Pforte eines Pferchs ragt das Schindeldach eines «Chüestall» auf. Wa si d’Chüe? Südwärts draußen lĭ̦gen oder staa si — wị mụ will — in stattlicher Doppelreihe: zwänzgụ vor draa, es Dotze nd hinde nahi. Keis Mụ̈xeli ghöört mụ — natürlich: es sind Tannzäpfi. «Tannbänze», mit vorklingender Angleichung «Tanzbänze» nennt der Grindelwaldner diese Kinderspielgegenstände, in welchen der «Bänz» als der «gebenedeite» Bendicht erst das Lieblings- «Buebeli», dann das Lieblingsschäfchen und besonders den Widder vorstellt. Im Land der Rassenzucht ist es natürlich deren Hauptgegenstand: das Rind und die Ziege, welche die kindliche Vorstellungswelt großenteils erfüllen, 1 das kleine Herz erfreuen und die Händchen im Formen üben. Seit wie lange schon! Mit Vergnügen erzählt von Bonstetten 2 vom Weidespiel saanerischer Knaben: Auf einem Stück Holz, das den Bärg und, auf Redlene fortschiebbar, zugleich den Zü̦gel vorstellte, erfreuten die in Horn geschnitzten Tiere sich der Weide.
Bemerkenswert ist das Geschick, mit welchem oft seelisch invalide Menschen Tierfiguren zu schnitzen imstande sind. So ein Taubstummer zu Saanen, so ein seelisch Befangener zu Schönried. Neben fein ausgearbeiteten 191 Molkereigeräten als Kinderspiele schni̦tzlet oder schnätzet der letztgenannte, ein Perreten, Kühe, die alle das Attribut «ausgezeichnet» verdienen könnten, wenn die schwierige Ausarbeitung des Vorderkopfs kunstgemäßer geriete. Der Mann schnitzt mit gleicher Fertigkeit Gemsengruppen samt der auf erhöhtem Standort postierten Wachtgeiß. Der Absatz der g’schnätzete Chüeh zumal ist um so gesicherter, als ja solche G’vatterchüeh beim Kinderspiel: beim g’vattere («g’vätterle»), im Bergrevier eine Hauptrolle innehaben. Erwähnt seien auch hier die mit der Schere ausgeschnittenen Alpaufzugsszenen des unvergeßlichen Hụswürth.
Scherenschnitt von J. J. Hauswirth
1
Spielzeug: Kühe und Ziegen:
AfVk. 1916, 331 ff.
2
M. 27.
Der Viehzüchter «führt» oder zieht Jungtiere dem Ziel möglichst baldiger und voller Leistungsfähigkeit entgegen; aus ihrer für ihn nur Sorgen bringenden Jugend heraus er-zieht er sie «auf» die Höhe ihres von ihm bestimmten Lebenswertes.
Die Aufzucht gilt zunächst dem männlichen Tier: dem Hengst, dem Barg ( S. 186), dem Mu̦ni ( S. 178), dem Bock, Böckel (s. u.), dem 192 «steckköpfigen» Stacke 1 als dem Schafbock. Als stackochts Tier entfernt dieser sich, we n’s mụ d’rum ist, von seiner Herde. Weite Gänge unternehmend, chu̦nnt er dḁrhar z’stackne als Urbild eines menschlichen Hochmuetsstacke. Wie stackehor nigs Bapịr aus dickem, filzigem Karton, das sich nicht glatt falten läßt, laat er sich gẹng wider ụf.
Drum auch das ụs- und ịṇgaa wi̦ d’Schaaf als Bild für ung’rägelierts z’säme sị. Der Milchtier- und Zugviehzüchter hält dagegen auf stramme Vererbung anerzogener wertvoller Eigenschaften und meidet aufs strengste verpastereta Zụ̈̆g, meidet Paste̥ra (Bastarde),
Was nit z’säme soll, wird van enandre ’taa mittelst der Ver«schläge», deren Pföste man wie die der Ị nschlẹe̥g im freien ịschlẹe̥t. Wie die «Underschlacht» im «Trögli», in welchem man streng zu wahrende, weil kostbare und rare Sachen gleichsam underschlẹe̥t, müssen die Urheber wertvoller Tiere wie diese selbst guet gschlaaget sị, von gutem Schlag und G’schlächt. Die dürfen nicht u̦s der Art schlaa, wie selbstgefällig eigenwillige Menschen von ihresgleichen sich absondern und sich ván ne schlaa 2 Sie sollen guten Vorbildern nahischlaa. Dafür sorgen aaschlegigi Mittel, welche aaschlaa. 3
Durch den Tierarzt ab’bundni, g’chnü̦pfti, oder durch den Sụheiler g’hei-lti 4 männliche Tiere (der Mü̦nch, der Mu̦tz oder Motz s. u., der Ụrner, Ochs oder Stier) finden sich rasch in ihren Zustand, während der spät kastrierte Ziegenbock immer noch trị̆bt und, zur Ruhe gewiesen, schmollt: tŭ̦blet, der Tŭ̦bel macht, den Tŭ̦belgrint aufsetzt. 5
Wie der Wid der eigentlich ( S. 189) der noch junge Schafbock ist, so hieß altsaanerisch 6 der noch nicht sprungreife Zuchtstier der Ụụrner (Abl.) oder Ụrner. Wie aber der saanerische Baarg ( S. 186) als Zuchteber unterbernisch der verschnittene Eber ist, so ist heute der Urner der Kastrat, an welchem das ụrne oder u̦rne 7 geübt worden ist.
Auf ursprüngliches «ausfeuern», alt urfar-jan weist noch der U̦rfer oder U̦rfe̥l als der g’u̦rflet 8 Wid der. Zwittergebilde beim 193 Hengst und Bock werden zum Chịber, 9 während der weibliche Zwitter Zwick genannt wird.
Den «verstümmelten» Tieren stellt man gegenüber der ganz Stacke, der ganz Bock als Genossen z. B. des Mụni, der vom chlịne Mụneli oder Mü̦̆neli zum «Dorfmuni» gedeihen kaun. Ebenfalls nach ihrer Stimme heißen die Mu̦niga auch die Brummler, 10 wie das zum Brausen (mhd. burren) anwachsende Gebrumm auch ihnen den Katernamen Bu̦rre eintragen kann, gleich dem männlichen Hund und Kaninchen.
Phot. Nägeli, Gstaad
Das Weibchen dieser letztern, sowie der Katze ist die Bri̦nga, dasjenige des ursprünglich schwarzen oder doch dunkelfarbigen Landschweins: die Moora, Fädschimoora; des Pferdes: die Mähra.
Das den Menschen «kleidende» 11 Schaf heißt gr., l. usw. die ovis; 12 und der eigentliche «Ausdruck» für «schääffig»: mhd. 13 das öw-ec, öwig bedeutet ebenso das «Schaf», wie su-in das Schwein geworden ist ( S. 184). Daneben spezialisierte sich aber das nämliche Wort zur ahd. awi 14 und die mhd. owe als dem Mutterschaf: zur «Aue», Au, zur Lammerau als Parallele der Fädschimoora, zum noch kleinen Auli und dem gehätschelten Aueli, Auwi.
Geiß und Ziege, Gịtzi und Zicklein machen den Eindruck 15 von unter sich umgestellten Formen aus einem Stammwort, das z. B. in l. haedus (Böcklein) ursprünglich springen ( ggu̦mpe) bedeutet. 16
1
Vgl.
Stald. 2, 389.
2
Vgl.
Walde 561. 707.
3
Schlagen:
Mhd. Wb. 2, 2, 306 bis 391.
4
Dieses zu «heil und ganz machen» gegensätzliche «hei-len» ist ein «Wegbrennen»: gr.
kai-ein;
Prellw. 203;
schwz. Id. 2, 1145 f.
5
Stald. 1, 322;
schwz. Id. 2, 768.
6
Nach Emanuel Schwitzgebel.
7
Nach
schwz. Id. 1, 464 vielleicht nach zuerst in Uri geübter Weise. Vgl. den aus der Wallachei verhandelten Wallach und
les hongres aus Ungarn.
Kluge 481. In der dritten Bedeutung der Ungeschlechtigkeit vgl. den Urning mit dem Herm-Aphrodit bei Crusius-Seiler, homerisches Wb. 96. 199.
8
Schwz. Id. 1, 444.
9
Ebd. 3, 105 f.
10
Ebd. 5, 316 f.
11
Prellw. 325.
12
Altindisch «der» und «die
ovi».
13
Wb. 2, 1, 456.
14
Graff 1, 505.
15
Vgl.
Kluge 165. 506.
16
Vgl.
Walde 359.
Der zum lade bereite: ladig Fasel oder das Gfĭ̦sel 1 geit ga reihe (holen). So die stierigi Chue, die bockigi Geiß, die rụ̈ssigi oder rụ̈ụ̈ßigi 2 Moora, die läuffigi oder stäupigi Au (auch Hündin), 3 die ramligi (s. u.) Hündin und Katze, das ebensolche Kaninchen, die rossigi 4 Määra usw. Bei der Kuh, welche stieret, achtet sich der Züchter auf nur ihm bekannte Anzeichen: Gut, wenn das erste zuelaa gleich Erfolg bringt und das Tier richtig g’früchtets ist. Aber wie oft verhindern allerlei Geschlechtsfehler dieses natürliche ufnäh: d’Chue ist no ch nit sụferi, si het der wịß Fluß, sie fallt ịị n u gruebnet, hät Zịịschte oder Gälbkörper; es mues s guet gaa, we nn si nit ganz ị nghịt un d e Brü̦lla wird. Mängist ist si ooch e ntbrännti (leidet an Knötchenseuche), het Bläschesụ̈ch, und mụ mues s sa z’erst la’ behandle. Verdrießlichkeiten bereiten dem Züchter der Vorfall des Müeterli (des uterus): das bị̆re (bĭrde, birhe) als Schwächeerscheinung oder Erkältungsfolge. Eine solche Krankheit ward ihm auch etwa verheimlicht, als er das Tier u̦f Währschaft (s̆s̆) hi̦i̦ für g’sunds u g’rächts kaufte.
Solche Störungen nötigen den Züchter, den nächsten Spru̦ngg und häufig auch das nachfolgende traage z’uberspringe, das Tier ŭ́bergẹe̥nds oder ubergéhnds z’laa; bleibt die Kuh untraagen di; sie wird eine U̦bergeng’ra oder Übergehndi.
Durch abluege abnormer Gebilde vermehren leicht erregbare Muttertiere die Zahl der Mißgeburten: 5 Chalber mit zwööne Chöpfe; es Gịtzi mit acht Ohren und acht Beinen, eins mit o bsig g’waxne Hinterbeinen usw.
Erfreulicher sind die nicht seltenen Zwillinge, Drillinge, Vierlinge. 6 Wenn dann nur jedes Zwĭ̦li und jedes Drĭ̦li weiterhin sich guet aalaat, wenn alle die Zwĭ̦le̥ni und Drĭ̦le̥ni, die Vier- und Fünflinge ihrem Eigner Freude machen!
Der Züchter hat es kaum 7 in der G’walt, z. B. Chüeli- oder Stierchalber zu erzielen. Mehr liegt ihm allerdings am reise der 195 Wurfzeit in den Vor- und Mittelwinter (s. o.); er wünscht e̥s guets G’reis, e̥s guets G’fert der Muttertiere.
Gemäß dem Naturgesetz, daß d’Chue na ch nụ̈n Monḁte d’Monḁta hät und dann no e Wu̦chche dazu und drüi Wu̦chchi ụf d’Weli hi̦i̦ auf kurze oder lange Sicht sich, vorbehält, wird in der ( dicke) Pratick 8 oder im ( dünne) Kaländer sorgsam g’notiert, u̦f wennd der Züchter da zueha sị oder nahi sị: die Näähigi des Wurfs soll e rwarte nd sị. Dann geht’s an’s gitu̦ldig wächtere: ein Durchwachen sogar mehr als einer Nacht, ein häufiges ga gu̦gge über Tag. Bei der Moore ließe ein Überschreiten der ordnungsgemäßen 16 Wochen es schlächts fätschene befürchten. Eindle̥f Monḁt treit d’Mähre usw.
Wie sollte aber auch die Krisenzeit eines Tieres, in welchem das kleine Pụ̈rli sị’s halba oder fast sịs ganz Gälteli stecken hat, nicht seine und seiner ganzen Familie hochwichtige Angelegenheit sein! Zumal die Chalberchue wird scharf beobachtet. Das i ng’hịta Tier macht d’Gruebe, wird g’gruebnets und chu̦nnt in den Ịịschbeinen (Beckenbändern) ahi. D’Ggauwe wird lindi. D’s Ụtter waxt rasch: d’Chue ụtteret, und sie zü̦pft sich 9 in der Anz. 10 Die Wege des Ankömmlings lasse sich u̦s enandere: e ntschülfere, e ntschü̦rfle sich. 11 In übertragenem Sinn e ntschü̦̆rflet sich, wer das ihm beengende Gewand abwirft, und wer aus einer Befangenheit heraus zu rascher Durchschau einer Lage, zur Geistesgegenwart vordringt.
Wenn nur die sich öffnenden Wege nit verchachtle: 12 schlaff und schlampig offen bleiben, sondern die richtig straffe «Geschlossenheit» wieder finden! Von Chalberwẹe̥h befallen, g’het si ch 13 d’Chue; sie stämpfelet u träppschet in einem fort. Das Werfen geschieht meistens li̦glige, hin und wieder ụfrächt, stẹe̥ndlige.
Die Vorboten: Das werfende Tier macht Schlier (Lehm; s. u.). Es kommen d’s Wasser und d’Wasserblaatere, sodann d’Fueßblaatere als Einwicklung der Vorderbeine, weiter: d’Schlịmhụt, fachmännischer allerdings: d’s Häm dli (s. u.).
196 Dies wird z’ru̦gg’zoge, um die Lage zu prüfen. Hoffentlich kein Uberwurf! D’s Müeterli nit uberschlắge ns, so daß es si ch nit ụftẹe̥ti und man zur Quälerei schreiten müßte, das Tier z’ubertrööle!
Doch, d’Sach ist rächt, und ein anmutvolles Bild erfreut den Besitzer: Wie beim schlafenden Hund birgt sich der Vorderkopf auf den Knien der ausgestreckten Vorderbeine. Die sieht wenigstens der Scharfsichtige. Drum das Selbstlob eines Menschen, der eine verwickelte Sachlage durchschaut: I ha ’mụ scho dänn d’Füeß g’sẹe̥h!
Nur ein sehr gewiegter Fachmann in weltentlegenem Heim kann notdürftig den Tierarzt ersetzen, der z. B. e̥s Chürpeli entfernt. Was ist das? Ein im Mutterleib abgestandener und eingetrockneter Fötus. 14
Der normale Verlauf erfolgt va sälbste, und der Züchter hat einfach für äußerste Sauberkeit des Jungen zu sorgen. Nabelstränge, welche bis zum abdorre nicht peinlich sauber gehalten werden, bringen zuweilen die zumeist tödliche Gelenkgicht. Und der Pfleger, der nicht mit abwüsche (s̆s̆) und ab’pu̦tze eifrig zur Hand ist, verdient einen so scharfen Abpu̦tzer, daß er ab’pu̦tzta oder abg’wüschta dḁrva chu̦nnt wị n es nasses Chalb. So streng wird er abg’sụ̈̆feret.
Sich sụ̈̆fere oder sich reine tuet dagegen allmählich das Muttertier, indem es die placenta, die Sụ̈̆feri, absondert. Dem Naturtrieb folgend, beleckt auch das Haustier sein Junges, was bei der Kuh als Schläcksucht oder als Chalbergauhigi 15 verurteilt wird.
Um das Tier nicht chalbergauchigs werden zu lassen und ihm den Anreiz zum säugge fern zu halten, entzieht man ihm das Junge. Nun mundet dem wackern Tier auch ein wohlverdienter Leckerbissen: Wie vor und nach dem Werfen die stärkende Zĭ̦belesuppe, so nachher es frisches Ei mit sannt der Schale, Glüewịị u warma Wasser oder es Pappeletraach. Dafür liefert sie nun e Schwetti Milch. Zuerst allerdings in kleinern Mengen den Bienst.
Und nun die Kleinen! Wie Gemschen 16 siehst du Lämmeni und Gịtzeni fast sofort u̦f de n-m Beine staa; Chalber u Fü̦̆l leni tun 197 dies nach kurzer Zeit. Ein vier- bis fü̦ü̦ftägigs Chalb lauft eine Stunde weit dem Meister nahi; e̥s drụ̈i Tage n alts Fü̦̆li aber chan n e Maa z’Tod schlaa.
1
Kluge 127.
2
Im
schwz. Id. 6, 1447 das Adjektiv rụụß, rụụs, wozu die Rụụß, zu rụụße, mhd. (
Wb. 3, 825)
ruzen: lärmend schnarchen, summen, grunzen, auch schelten: einen
rûß erteilen (einen anschnarchen).
3
Vgl. laufen als stieben; är ist
gstobe «als wie vom Sturm zerstoben»; also sich rasch bewegen, fliegen wie der Staub,
stoup (
mhd. Wb. 2, 2, 647 ff.).
4
Roß, engl.
horse zu
currere (courir):
Kluge 377.
5
AvS. 1885, 13; 1886, 42; 1895, 8.
6
Wie dem Schwein eine
Bu̦rdi von 23 Ferkeln von der Nährkraft sonniger Alpweiden zeugt.
7
Doch laut Rüti-Direktor Klening (im
AvS. 1888, 20) mit 80% Wahrscheinlichkeit!
8
In den Ratschlägen für «praktisches» Verfahren in wirtschaftlichen, medizinischen u. a. Dingen.
9
Aw. 103;
Lf. 344:
si
ch züpfe.
10
Vgl. den
uncus und
ancus, anus (Ring, Afterring, After):
Walde 40. 49. 850.
11
Gleichsam wie der durch «schürfen» geschaffene Weg zu Erzgängen: der Schurf. (
Weig. 2, 802 f.)
12
Wie eine
zerchachtleti, verchachtleti Angelegenheit, d. h. verdorben durch die gleiche Zerfahrenheit und Unachtsamkeit, welche im Haushalt
Chachtli und überhaupt Kachelgeschirr (s. u.) in Scherben gehen läßt.
13
«Sich gehaben» im speziellen Sinn der Kundgebung von Unbehagen, Leiden, Unlust.
14
Vgl. (nach
schwz. Id. 5, 906) die bemalten und im Freien als Denkmäler aufgestellen Leichen- oder Re-Bretter. Das Ree ist das ahd.
hrëf (vgl. das an ein Gerippe erinnernde
Rääf), urverwandt mit l. (das)
corpus, Mehrzahl:
corpora. Das ist nun allerdings der entlehnte «Körper», aber als der alte Körpel und das
Chürpeli svw. toter Körper. Vgl.
Walde 194;
Kluge 259.
15
Der Gauch war mhd. der Kuckuck, der bei Nachahmung seines Rufes scheinbar dumm (in Wahrheit nach einem Feinde spähend) aus seinen Versteck
fürha ggu̦gget. Als solche «Dummheit» deutet man die Anhänglichkeit der Mutterkuh an ihr Junges, das naturgemäß sie von der nach Entleerung drängenden Milchfülle durch Saugen befreien sollte;
schwz. Id. 2, 103.
16
Gw. 214.
Wäm d’s Glück will oder wär G’fäll hät, däm chalberet der Schị̆tstock u macht no n es Chüeli: sogar ein weibliches Kalb — als das Geschätzteste, was einem Viehzüchter das blinde Glück in den Schoß werfen kann. So darf es auch heißen: Die Chue ist ni̦t z’tụ̈ri, si macht fast geṇg Chüeleni. Der auf die Erfolge ausdauernder Arbeit und Sorge Angewiesene darf aber überhaupt zufrieden sein, wenn ihm wieder e frisch g’chalbereti Chue und damit e̥s versorgets Tier (s. u.) neben dem aufzuchtfähigen Jungen an der Krippe steht. Vorausgesetzt allerdings, daß das letztere nicht im Verlauf der Pflege e chlịna Pu̦nti («Bündel») bleibe, als es chlịlochts oder chlihịe̥rs Tierli d’Gattig machi, nie groß zu werden, ja als hinder’bli̦bes G’schöpfli alle Hoffnungen enttäusche.
In gleichem Maße spannen sich die Erwartungen des Pferdezüchters, wenn sein gehätscheltes Mähri fü̦̆l lenet; der Bäuerin, wenn d’Moora fädschenet oder fäärlenet («fäärlet»); des Geißepụ̈rli, wenn die Ziege gị̆tzenet oder geißenet; des Schäfers, wenn d’Au lammeret; des Jägers, wenn sein Hund, sowie des Knaben, wenn sein Chü̦ngel jungenet.
Im zweiten Lebensjahr wird das junge Tier zum Määschi, das erstmals trächtig wird. Damit hierzu der Leib si ch schrecki und sein Wachstum nicht durch einseitig starke Knochenbildung ( waxen i d’Bei) gehindert werde, muß die zu verabreichende Milch in Quantum und Gehalt richtig abgemessen sein. Genau wird auf das erste abbịße als Abwechslung des Trinkens g’achtet. Die Freßlust wird geweckt und gefördert durch Bewegung im Freien, die bei diesem Tier zum chalberocht tue sich steigern darf — als Vorbild des unbesonnenen Menschen, der gẹng äppis umha chalberet und wichtige Angelegenheiten verchalberet.
An den beiden Talseiten des Chalberhöni ( S. 49) ließ sich von jeher besonders sicher beobachten, wie ein und dieselbe Kuh gẹng d’s eint Jahr es Stierhalb und d’s ander Jahr es Chüeli (Chüelichalb) werfen kann.
Bemerke hierbei die Mehrzahl Chalber, wie (neben Lämmer) Lammer: die Stacke- und Aulilammer zur Einzahl «das» 198 Lamm, älter Lamb, Lamp. 1 Als «Lammergägeli» bezeichnet der Jauner hochpoetisch das Vergißmeinnicht, und wie die Lammerau lamme̥ret, lamme̥ret de̥s u̦mha der schlendernde Mensch. 2
So stehen auch als Verkleinerungen das Lämmi, Lämmeli und Lämpscheli, das Chälbschi, wie das Schääffi und Schääffeli neben der Mehrzahl Lämmeni, Chälbeni, Chälbscheni, Schääfeni und Schääfeleni.
Dabei ist das Schääffi noch ein Lamm, während das Schaaffli älterer Sprache auch ein erwachsenes Schaf sein kann. Schääfeni oder Schääfeleni aber bilden eine anmutige kleine Lämmerherde, wie die Läm meni. Wie das Läm mi, klingen kosend das Chälbi und erst recht das Lämpscheli und Chälbschi, entsprechend dem Fätschi, Fü̦lltschi, Hüentschi. 3
Es reihen sich an: das Bänzi 4 ( S. 190) und die Bänzeleni als Lämmer und Lieblingsschafe uberhaupts, das Geißi und der jaunerische Bĭ̦gel oder Bị̆gel. 5
Nach Lockrufen werden benannt: das Schaf als d’s Hä̆li und d’Hä̆le; das Schwein als d’s Gụ̆ri und Gụschi, Gụ̆si, Gụ̆seli; die Henne als die Pụtta (Gst.) und d’s Bụ̈tti, der Hahn ( Hăn) als d’s Häni, d’s Häneli.
1
Weig. 2, 11.
2
Vgl.
Braune ahd. Gr. S. 16 f.
3
Vgl.
S. 178 und Dr. Wißler: das Suffix
-i.
4
Gw. 653.
5
Umstellung aus Gịbe,
Gibi; vgl.
S. 188 und
schwz. Id. 4, 1059.
Im dritten Jahr erwächst die Määsche 1 zur Zịtchue oder zum Rind in dieses Wortes engerm Sinn. Määsche und Rind werden beide auch Gu̦sti oder Gü̦̆sti genannt. Im weitesten Sinn ist gu̦st, was die von ihm zu erwartende Leistung zeitweilig versagt. Dem Grindelwaldner ist Ödland «gusta Bode», dem Freiburger «e guste r Brunne» ein versiegender; 1a und «gụst geit» oder galt ist die hochträchtige, drum ihre Milch versagende Kuh.
199 Junglochtig wie das Gu̦sti ist die Stäärle: das jetzt noch «sterile», also unfruchtbare weibliche Zicklein. Dem Wort entspricht die «Stär-ke» als junge Kuh und der ahd. stero als junger Widder.
Sind das Rind und das Gịtzi noch untrageni, so «über»schreiten sie die Zeit, wa si chönnte trangen di sị, und weiden zum Uberrind bzw. zur Zịtgeiß.
1
Das erst noch so und so viel Monate (l.
menses) alte Rind.
1a
Schwz. Id. 2, 493;
Weig. 1, 669.
Nach und neben der Aufzucht ist nun die Pflege ebenfalls f rịị n e chlei e Pflicht. 1 Wie der Pfleger sie auffaßt, zeigt er mit der Regelmäßigkeit seiner alltäglichen Gänge, sowie mit der individuellen Behandlung seiner Tiere. Wie verschieden die sind! Daas da ist e Fụ̈rtụ̈ifel, der auf der Weide de̥s umha fĕhrt wi n e Fu̦rz in ere Bränte. Dies ist so seelenweicher Natur, es schịnt d’s lụter Wasser z’briesche, wenn es aṇg’hässelet würd. Dies absu̦rt Tier, wie soll der Pfleger mit ihm verfahren? Er ist mụ no ni̦t ganz dru̦ff (oder drụụf); es chu̦nnt ’mụ den n oppa ung’sinnet z’troole. Ein anderes tuet u̦schafflich un affetụ̈ụ̈rig, 1a macht sich uṇgäbig und ist flịßig (oft und angelegentlich) 200 draa, tumm z’tue und uwatlich (s. u.) sich zu geberden, där Wuest! Da würde es dem Pfleger manchmal verleide, sị’r Läb etaag an de Chüesti̦i̦le z’hange, wenn er nicht wüßte, daß jeder Stand und Beruf auch «eine Last» mitbringt. Hat dieser Geißhirt es schöner, wenn seine Tiere z’säme zäpplen u schnauwe? Dieser Stierhalter vollends, dessen lụnig gewordener Pflegling drohend si ch ställt, sich flü̦deret u flü̦schet (s̆s̆), si ch poogget u brooget (sich größer macht als er ist), im Schrage steit (sich verställt wie die gespreizten Beine eines Schragens) und unheimlich u̦na fü̦rha gu̦gget, d’Auge fü̦rha blẹe̥it («bläht»), der Grint únderhi nimmt, d’Ggauwe stützt, mit einem Vorderfuß schabt, wie er schon gestern g’schabe hät? 2 Dazu das böögge und brummle bald hööij, bald teuff. Ru̦mpelsu̦rriga ist er namentlich geworden, seitdem das Alter (über vier Jahre) ihm d’Böösi b’braacht hät. Gut, wenn er etwa durch einen Sumpf gelockt werden kann, in welchem er sich müeda lauft. Sonst bleibt er in seiner Stellung, mụ chönnti Zụstäcke u̦f ’mụ zerschlaa, ohne daß er auch nur um enes Jota sich erbrẹe̥wti (s. u.). 3
Dies junge Rind schnụtzet mit der Schnauze (Nase) den jugendlichen Führer von seiner Seite weg. Gegen den Stärkern hinwieder macht’s der Gri̦nt: es grintiget (La.), grindiget (Sa.). Am Strick geführt läuft es drẹe̥ilige: es windet und dreht sich; es dreht damit den Strick: drẹe̥ist ’nḁ, drillt ihn, trü̦llet. So sucht das Tier z’e ntg’gaa, z’e ntwü̦tsche.
Eine Kuh ist vielleicht chü̦tzligi und darum auch zum Melken untrụ̈wi: der Melker darf ihr nicht trụ̈we; er muß besorgen, daß sie gäge ’nen ụsschlẹe̥iji oder ụfzieiji (die Milch zurückhalte). Ist zudem das Tier leicht erschreckbar: chlu̦pfigs, so flü̦deret’s e̥s oder es schü̦ttlet’s e̥s wi̦ n e̥s aspigs Laup. Fühlt es die Glieder frei, so rennt es wie gejagt: u̦mha g’feuzt, ziellos umher: es bị̆set wie Jungrinder tun, wenn ’s Wätter dampfigs und d’s G’fleug bös’s ist.
Damit stellt es sich zu den zuverlässigen Wätterprophẹe̥te, wie alles Weidevieh mit seinem nidsi chzieh vor Regen (s. o.) und obsigzieh vor schönem Wetter; wie d’Bịjeni vor dem Sturm ni̦t wi̦t fleuge; wie der Grünspecht als «Regenvogel» lachet usw.
201 Alle diese Eigenschaften und Launen stellen des Pflegers seelische Ausrüstung auf harte Proben. Vor allem wird er sich hüten, als e Thịraan (á) den Tierbändiger spielen zu wollen. Denn mụ schlẹe̥t ringer sĭ̦be Tụ̈ifla i̦ sị i̦nhị, wan eina ụs ’nen ụsa. Dagegen wird er ’nen de n Meister zeige, über sie si ch Meister mache durch gleichmäßig ruhigen Umgang mit ihnen und folgerichtiges Verhalten. Der Stäcke bleibt ungebraucht in Sicht, wie d’s Roß d’Geißle gẹng mueß g’sẹe̥h, und wie d’Ruete hinder dem Spiegel steckt. Viel stäckne stumpft ab, und mit den Stu̦ffel 4 der Mụni ụfjage, cha ’nḁ ṇ grad bösa mache. Gilt’s aber einmal, mit einem d’s Nüni z’zieh und e Sprungg mit ’mụ z’haa: dann zur Sälteni mues er b’brätschet sị, bis der Gezüchtigte sich ergi bt!
Vorbauende Mittel, wie etwa der Ring du̦r ch d’Nase z’zieh, ist bi’m böse Mu̦ni notwendig.
Flattier e̥kei’m, wa d’ nịt b’chännst! Het’s es Bobo, mach nüt d’ra (laß’s sị), wenn d’ doch nụ̈t channst d’ra mache (wenn du es nicht heilen kannst).
Aus verpöntem Platz wird der Eindringling mit der nötigen Energie fort g’schụijet: tschụ! tschü! gsch! Um so freigebiger sei die Gewährung wohlklingenden Ohrenschmauses: jụtze, singe, lụ̈te, trĭ̦hele! Das macht alle Haustiere anhänglich gegen die mit ihnen verkehrenden Lụ̈̆t: lụ̈tigi. A lsó rächt chomlichi Tieri het dä, wa geng mit ’ne b’brichtet.
Eine alte, sehr gute Milchkuh war ihrem bejahrten Meister so anhänglich, daß sie als Heerkuh bei jeder Zụ̈gli durchaus nur hinter ihm her gehen wollte. Als der Greis die Leitung der Herde seinen Jungen überließ und mit Roß und Wagen hinter ihr her nach und von der Alp fuhr, verzichtete das Tier auf seine Führerwürde so entschieden, daß es nicht an der Spitze des Zuges zu behalten war, sondern es durchsetzte, hinter des Meisters Fuhrwerk her trotten zu dürfen. Und weder G’fleug noch Tageshitze hielt es ab, wie ein Hund dem Meister über Flur und Feld zu folgen.
Gar trụụrmüetig nahi b’brüelet hat eine Kuh ihrem alten Meister, zu dem sie aus dem neuen «Heim» stundenweit fụrt glü̦ffe g’sịn ist, und der sie dem nunmehrigen Meister wieder zugeführt hatte.
Lieblich ist die Beobachtung, wie das z’sämehaa von Pflegling und Pfleger sich in rasch eingewöhnter Oornig kundgibt. So z. B. beim sich ịställe an der Baarni nach Weidgang oder Tränke. In ere Wu̦che kennen die durch den Sommeraufenthalt im Freien merkig 202 gewordenen Rinder ihren Platz im Stall, zu dem sie anfangs einigemal an sanft ergriffenem Ohr oder G’lụ̈triemli hingeführt worden. Van ’ne sälber, wenn nicht eines ruhigen «zuehi, Blösch! zuehi, Munter!» gewärtig, füllen Nachzügler die für sie offen gelassene schmale Lücke zwischen zwanzig und mehr bereits dastehenden Gefährtinnen.
Beim Weidgang läßt sich ein musterhaftes warten u̦f enandere beobachten, wenn es schwierige Stellen zu überschreiten gibt. Da kann der Ungewohnte von den Vierfüßlern lernen, jede neu zu betretende Stelle sorgfältig abzutasten für das ụfsätze von Fuß um Fuß, und das kaltblütige Vorwärtsschreiten.
Denn chlu̦pfigs ist in der Regel das Rind nicht, wie dagegen das so nervöse Pferd. Dämụ wird manches ụsschlaa als Bosheit angerechnet, was bloßes erchlü̦pfe zum Grunde hat. Das weiß u. a. der Stallknecht. Der schreitet hinter keinem Pferde vorüber, ohni ’mụ es Wort z’gää: durch irgend einen Anruf sich vorzumelden. Sonst riskiert er einen Hufschlag und ein kreischendes wi̦gge des Tieres, das in andern Stimmungen weiet, wịhe̥net.
1
Einheit beider Wörter:
Kluge 348.
1a
Hier: kampfeifrig. (
Weig. 1, 548.)
2
Mhd. (
Wb. 2, 1, 59 f.)
schabe schnop schnoben geschaben.
3
Mit keiner Wimper zucken, regungslos dastehen: sich nicht braawen oder entbraawen. Saanerisch als Verb mit der alten Faktitiv-Endung
-jan behandelt und daher umgelautet:
si
ch nit e
ntbrẹe̥we. (
Kluge 68. 494;
schwz. Id. 5, 1027-1033.) So hat auch die Quecksilbersäule des Barometers, bzw. «dieses selbst» bei ständigem Wetter
si
ch nit erbrẹe̥wt, «sich nicht vom Fleck gerührt».
4
Wie der Stif-t an Stock, wie der
Stäfz-ge am Wanderstab
stịf = steif ist, so die
Stụffel (
Stald. 2, 413) als die Stoppel l.
stupula, stipula (
Kluge 445).
Viele Weidetiere rangge und rämpe (sich) an Bäumen, Säulen, Pfosten usw. als wüesti Ranggeni, die bitter über Unbekanntschaft mit Striegel und Bürste zu klagen scheinen.
Unberührt von solchem rangge bleiben natürlich die eigenartigen Schenkelzierden der Misttschole, von denen ein pfenniggroßer Tschole (eine Scholle) oder Plätsch am andere hanget. Derber Älplerspaß erklärt allerdings solche Schuppen angetrockneten Stalldüngers als «G’wand» und trägt dies auf die Ausstattung einer reichen Bauerntochter über: die ist nit blụtti, die hät de nn no Tschole! Dagegen ist e̥s tscholigs Tier, dessen Schenkelbelag an das Ragg, Tannragg (s. u.) erinnert, ein Gegenstand unwilliger Kritik seines Pflegers.
Bü̦rsten u strĭ̦gle gehören darum so entschieden zum Minimum der Tierpflege, daß sie in bekannter Weise auf das härnäh von Menschen übertragen werden. Veraltete «Fälle» erfordern ein tüchtiges frụtten u flụ̈sche (s̆s̆) und ein energisches ụsschweiffe 1 (ụsschü̦ttle) des Lumpe oder Hŭ̦del, worauf die verschmu̦sleten Arme und Hände sich zu sụ̈fererem hantiere rüsten.
203 D’s ander Meitli («jenes» Mädchen) hät ụm sị Stĭ̦fatt (von seinem Stiefvater sprechend) g’meint: Statt zu studieren, worin er es doch zu seinem Ziel gebracht, hätti är gschịder ’taa, daheim z’blĭ̦ben u de n Chalbe̥re z’lụse. Ist es doch ebenfalls eine starke Probe der Ausdauer und wenigstens der Augenschärfe, alle Haare eines Felles u̦senandere z’näh und z’erlä̆se. Drum wird auch eine sehr verwickelte, schwierig zu durchschauende Sachlage zerlụset.
Des Züchters warten aber noch viele andere verwickelte Aufgaben. So die Pflege der äußerst ku̦mpliziert 2 gebauten Klauen: der Tschaagge ( S. 228). Die werden im Stall und auf der Weide äußerst unglịchlig abg’nu̦tzet. Die auf undurchlässigem Stallboden allzeit mit Mist durchsetzten und spärlich durchbluteten Teile werden zerstört vor den andern, die deshalb allerlei Verstauchungen und Verdrehungen erleiden. Man gewahrt dies zunächst am unregelmäßigen abtrappe, am immer müehseligereṇ gaa und schließlich am nit mẹe̥h fü̦̆rers̆ chön ne Solchen Leiden begegnet man wohl grobiänisch, indem man im Frühling vor dem Weidgang regelmäßig b’schrootet: es paar Santimeter vórnahi abhaut. Eine richtige Klauenpflege trachtet grad äbe nach Bewegung der Stalltiere. Wo sich irgendwie gegen Erkältungen (namentlich bei Bịslu̦ft) Schutzvorrichtungen anbringen lassen, sollte dem ịträähe (im Stall) das ụsträähe (am Brunnen) vorgezogen werden. Der mit B’schrootịse und andern benötigten Instrumenten, wohl auch mit Pfliete oder Aderlaßmesser versehene Züchter könnte damit gleich seine Fueßvisitazion und übrige Gesundheitsinspektion verbinden.
Dieses ụsträähe, namentlich im Winter mit ịschechaltem Wasser, bringt aber den Tieren oft Beschwerden, wenn nicht Krankheiten. Da ist das ịträähe vorteilhafter, weil das Wasser nach Bedürfnis stallwarm thämperiert werden kann. E n stallwarm ’träächti Chue gi bt e Viertel mẹe̥h Milch als eine bi’m Brunne (kalt) getränkte.
1
Altdeutsch
sweifen: in drehende Bewegung setzen; der
sweif: Schwung; vgl. Umschweif. Erst neuer: der langhaarige und damit leicht schwingbare Pferdeschweif.
2
AwMb.
Ein ohne Not schlecht gehaltenes Tier ist ein Gräppel oder Megerlig. Es g’sẹe̥ht magerlochtig ụs, vielleicht gar hu̦ttemager: wie eine Hu̦tte, an welcher man die senkrecht stehenden Geflechtträger cha nn zelle, wi an der Chue d’Rü̦ppi. Einmal mager ’taandụ, 1 scheinen sie immer noch g’ringer zu werden: 204 sie g’ringe n, schlächte, liechte; sie sor re, soren ab, versore, versärble (verelenden); sie zeigen den Geißrü̦gg, den langen schweren Hängebauch (wie das schlecht gehaltene Roß den Höuwbụch). Brust und Widerrist sind schmal: vom engen Flotzmaul hebt sich die breite Stirne ab, wie die stark entwickelte Wamme, die dann den Namen Lämpe erst recht verdient. Derart verhi̦gget (schlecht genährte) Mu̦niga können eine ganze Zuchtfolge verderben.
Wieder aber isch e̥s ni̦t z’schü̦he, wenn sü̦st g’sunds Galtvieh die Alp mit länghääriger und gängiger Haut verläßt. Nur nicht uberfahrni Tier mit brättochter Haut. Wie bald macht richtige Winterkost s’ es glatts im Haar und guets im Fleisch! Weh dagegen, wenn es verwinterets: ụsg’hungerets den Frühling antritt!
Aber auch unnatürlich feiß auf die Alp kommende Tiere gedeihen dort oft nicht. Namentlich solche, die im Winter verhäschelet und mit Gläck z’starch g’füeteret worden sind. Diese sind dort nicht täätigi, sie tüe nit (s. u.; sie tüe nit guet); sie tüen der Chnopf nit ụf (wie die Pflanze die Knospe öffnet), sie trüeije nit, sind nicht trüeijhafti. Das an sie gewandte Futter b’schießt oder b’schụ̈ßt nụ̈t. Noch nach Monaten hei sị nụ̈t g’waxe: der Wax bleibt aus; ebenso die Gewichtszunahme: der Ụfgang und Ụftri̦i̦b, nach welchem man z. B. die Sömmerungsgebühr für Schweine berechnet (s. o.).
Ein vollendeter Mißgriff ist die Mu̦nimesterii für u̦f d’Zeichnigi (s. u.) und uf de n Märe̥t. 2 Wird hierzu neben Milch gar noch weißes Brot vergeudet, so zahlt sich der Unsinn doppelt heim. Es übermästets Tier leidet gäre. Dann ist der erhoffte Prachtskerl — e n zerschri̦ssena Hund. Das aufgepäppelte: verhootscheleta, 3 verpịpẹe̥perleta Tier ist — e leida Äsel.
Überhaupt werden ’trĭ̦bni Jungtiere nie fịni u schöni. Dazu werden überfette Stiere früh unfruchtbar. D’Fẹe̥hler zeige sich denn um so besser, wenn der Schmutz si nit meh däckt.
Dagegen sind richtig genährte Tiere hübsch, wohlg’habni u b’haachti: es ist und es hanget äppes an ’ne, nur nicht zu viel.
Insbesondere nennt man zu Abländschen ein gesundes, lebhaftes, bu̦spers̆, chächs, dazu waxigs und obendrein hübsches Tier e̥s ẹe̥ters̆, zu Saanen: es eeters̆ (aufgewecktes).
205 Stoff und Maß und Art der Ernährung richten sich zunächst nach der Frage, ob es Mast oder Zucht mit dauernder Leistungskraft zu fördern gelte. Demgemäß gilt hier ein abgewogenes zuehi haa, dort ein g’stochche volls, färms, tolls Määs, je nach Umständen fuerigs, mastigs, u̦f de n Vorrat und für d’Fụ̈rsorg für Fleisch und Fett notwendiges Futter.
Phot. Marti, Bern
Festliche Freuden und zumal Genüsse hält der Tierfreund auch seinen Pfleglingen zu: ie̥hr müeßet hụ̈̆t ooch öppis Bässers haa! Und was denn Bessers als Ee̥md mit Bärghöuw gemischt! Jaa, gället, das chan n u̦ch’s! Das macht euch hu̦ttụ́ụfu z’wääg! 4
So können gutartige Tiere ihrem Meister ans Herz wachsen: sị waxe ’mụ aan. Nicht so die «Herren-Art» zur Schau tragenden: die hẹe̥rrschlächtige, wählerischen, schnader- oder schnäderfrẹe̥ßige und g’schäntige, 5 die das Futter vergeuden. Wählerische Tiere u̦rschne; 6 und der U̦rschestacke hat dann die Ehre, in dem hier gegebenen Ursinn alle die Urschi ụsz’frässe. Das u̦rsche und 206 u̦rschne ist beim Menschen ein appetitloses Herumwälzen der Speisen im Mund: es ist das (lautnachahmende) mämschele (unterbernisch: mäisele, appetitlos essen) des Mämscheler und der Mämschelera, welche als Genossen des nämlichen Titels ohne Arbeitslust an einem Werk herum hantieren.
Welch anderes Zuschauen, wenn «ehrlich hungrige» Tiere ihr Futter brụhe u pịrẹe̥t frässe (gierig fressen)! Nur doch nicht, bis e̥s si chleckt: bis sie platzen!
Bekömmlich wird alle Nahrung erst durch gründliches kuwen, kauen, chöuwle, chü̦we, wonach e̥s Mụl volls Brot auch e̥s Chụ̈wi (ụ̈) oder Chuwi Brot genannt wird. Dagegen ist chü̦wle die zweite Futterverarbeitung durch die Wiederkäuer. Wenn die chöuwle, so sị sị z’wäg, während wenn eis e schlächta Chöuwel hät, die bedenkliche Frage sich regt: Wa fẹe̥hlt’s ’mụ ächt?
Solches Kauen muß beständig angeregt werden durch grünes und dürres Langfutter. «Großes vich wil michel gras.» 7 Solches muß mit der Sense ịṇg’graset werden für Kühe, welche fast va Chalb ụf als Heimchüeh die frische Milch ins Talhaus liefern. Es wird vorteilhaft ergänzt oder ersetzt durch Haber, welcher eben Ähren anzusetzen: i n d’Ee̥leni z’schieße im Begriffe steht.
Vor ụslaa zur Talweide im Frühling und Herbst wird e̥s Baarne̥tli guets Höuw verabreicht. Ist dies so frisches oder nụ̈w’s, daß es Blähungen erzeugen könnte, so muß es a mĕ́ṣüre̥ mit altem Heu oder Stroh vermischt werden.
Z’g’rächtmụ hinder de n Höuwstock geit mụ erst bei beginnender Stallfütterung. Da soll dem jeweils übrig bleibenden Stock der kostbare Duft möglichst erhalten werden. Es wird deshalb derart e ntgu̦n ne (das e ntgĭ̦n ne = anschneiden, vollzieht sich so), daß bloß für den jeweiligen Tagesbedarf eine schmale Säule abgsch’roote würd, auf deren Oberfläche mụ grad mag z’Chẹe̥hr choo. Das hier noch nicht durch Massendruck beschwerte, also lu̦gg, flŭ̦cher liegende Emd wird als luggs G’flu̦der mit der Gable ab’tröölt. Und so ist e Schroot abtrööle ein Bild für eine rasch und glücklich erledigte, oder für den guten Anfang einer Arbeit. Wie aber ein solcher Schroot Höuw ein immerhin ansehnlicher Haufe ist, so der spaßweis vollmundige Schroot Gäld. Der Schroot, genauer freilich der Höuwschroot (die unterbernische «Schroote») ist aber auch das Höuwịse.
Am 2. Februar: z’Liechtmäß soll der Pụụr no d’s halba Höuw und ’s Chalberhöuw u̦f der Dịli haa. Laut gesagt, seufzend 207 gedacht, wenn in Fehljahren die Winterung einer Kuh glịch tụ̈r chụnnt wie die Kuh selber und man gleichsam (statt des Kaufpreises) d’Chue zum Lü̦ü̦sch (Loch in der Ti̦li) ahi fällt.
Wohl dem Tier, das bei der alsdann nötig werdenden exakten Abteilig des Futters am Lụ̈ụ̈sch b’bundes ist, oder auch nur unterhalb desselben am Tänndsgang statt ihm gegenüber a d’Wand. Fällt doch jenen Bevorzugten der Vorteil zu, liegen gebliebene Räästen dru̦ber ịị zu erhalten oder sich vor der Teilig zuehi z’mache.
Alles Futter verteilt man in der Baarni, welches den «Baare» und die «Chrü̦pfe» des Unterlandes zugleich vertritt. Zwei oder drei ịg’stäckt Spittla (Holzstäbe) und eine Uberbaarni nötigen schlärmig und hẹe̥rschlächtig und schlü̦rmig und ung’schlacht (schnäderfrẹe̥ßig) Geiß, das Futter schön vor e̥wägg z’näh, statt es wählerisch z’ubershnár re. Ähnlich hindern Querriegel über dem Su̦truog, den Küchenspülicht: die Aabwäschi, mit welchem so gäbig g’flingg de Sụ̈we g’ru̦sts ist, mit den Vorderfüßen z’versụwe.
Nicht so nebenbei geit im gliche fueteren ụs die Ernährung der zu alltäglichen Leistungen angehaltenen Tiere. Der spätestens um fü̦fi sein Bett verlassende Pfleger verabreicht zunächst e Baarnete Höuw, dann vor dem mälhe nochmals soviel Mischel (Bärghöuw und Emd). Dann wird ’träächt ( S. 203), und e n-m Bitz Ee̥md beschließt die Mahl- und Melkzeit. Jungvieh bekommt nur Heu, milcharme Ziegen Ụsfueter ( S. 116). Das Zug- und Reitpferd aber muß g’haberets, g’häberets sị. 8
Weidetiere sind raasig uber d’s läcke. Schläärmig, wie sie gedankenlos gescholten werden, b’läcke sie, was irgendwie nach Salpẹe̥ter oder Salz riecht: an der 208 Baarni, an der Grächche (s. u.), am ersten besten Zụnstü̦̆dli. Wie stimmt dann Gläck und Glück zusammen, wenn das Tier wirklich e̥s G’läck erwü̦tscht hät!
Es gibt dann auch für so n es g’lustigs Tier keinen erfreulichern Anblick als den der G’läckdru̦cke und des aus ihr immer wieder nachgefüllten Gläcksack. Dieses Hirtentäschchen heißt aber gut saanerisch die Mieter (der «Mietel») 9 oder die Gläckdrucke. Sie birgt Salz, Chrü̦ü̦sch, b’brochna Haber, Häckerlig als Heu oder Haferstrohhäcksel. Das ist dem Wiederkäuer, was dem Roß e nm Bitz Brot oder gar e̥s Zü̦ckerli.
So «g’b’läcket», bb’läcket der Züchter seine Tiere täglich wenigstena mit Salz. U̦f dem Bärg dagegen tüe bb’läcketi Tieri nịt (sie trüeije nit).
1
Vgl. «die Recken wol getan», «Tun» als «hinstellen» (s. u.).
2
Dettw. 29.
AwMb.
3
Vgl.
footschle (
schwz. Id. 1, 1142) zu fosch (faul, mürbe).
4
Unternehmungs- und wanderlustig, wie einen Menschen, der wohlgemut d’«Hutte uf» e Rügge nimmt und sich «zu Wege»: auf den Weg macht.
5
«Zuschanden machend» statt «zu Ehren ziehend».
6
Jaun: Urße̥ni, aus «die Uräße»: was
ụsz’ässe wäre. Das durch Ausfall des stammhaften ä an r gerückte ß wurde auch hier s̆s̆. Vgl.
schwz. Id. 1, 468 f.;
Stucki 161.
7
Ring 20 d, 27.
8
Warum:
St.-Schr. 1, 15.
9
Miete ist Preis, Lohn, Lockmittel (Miet und Gaben):
Prellw. 296;
Kluge 314;
schwz. Id. 4, 565. 567:
Stucke S. 117.
Den Ersatz des Euters bietet dem Kalb das jaunerische Hịrhi, das saanerische Ịrhi, Chalberịrhi, der (ebenfalls lautmalende) Chalber-Sü̦rggel de Simmentals. Die halbfußlange Holzspule, dem liechtere putze zulieb manchmal in zwei g’chännleti Hälften zerlegbar, läßt die Milch beim Saugen aus dem Milchchü̦̆bel oder Chalbermälchterli wie einen Zitzenstrahl durch. Außer Gebrauch werden diese I̦rhe̥ni im Wasser gereinigt und zum Trocknen weggelegt, um alles sụre, auch nur sụ̈̆rele, zu verhindern. Sie erinnern an das Tschu̦ggi oder das Ammeli als Kindersaugfläschchen, mit dem Saugende am Ausflußschnabel eines Gefäßes: den unterbernischen Zuegge oder das Züeggli, den adelbodnerischen Gu̦ụte, den Ggoutel. Wirkliches Saugen am Euter (und nachheriges ụsmälche) würde allerdings wirksamer sein und das Darmpäch mittelst der Bienstmilch ( S. 88) sụ̈̆ferer entfernen. Solches Saugen wäre eigentlich die gedeihlichste Art der Aufzucht des neugeborenen Tieres und würde manche Krankheit verhüten.
Mụneleni, die zur Aufzucht bestimmt sind, erhalten während sechs Monaten Tagesgaben von 1-10 l Milch. Nach 5-6 Wochen erhalten sie eine Zugabe von Haberchäärne- oder Haberflocke-Suppe. Dagegen dauert das abträähe der Chüchle̥ne etwa fünf Monate. Bei den heutigen Viehpreisen ist das Milchjahr für d’Mu̦neleni auch kürzer — nicht zum Schaden der Rasse; denn die parteiische Bevorzugung des Munichalbs vor dem Chüehli war nicht vom Guten.
Farbige Zeichnung von A. Jäger-Engel
209 Damit das hungrig werdende Mastchalb nicht Hälm seines Strohlagers i’ n lätze Hals ịzieiji, wird ihm der Mụlchratte vorgebunden.
Mit Nägeln beschlagen oder mit Räckholder überflochten, hindert überdies der Chalbermu̦sel (Maulkorb) ein Saugen an der Mutterkuh. (Denn die schlẹe̥t ụs.)
Zwischen das wohl läbe an der Muttermilch und die Leiden und Freuden der Bergweide tritt als Uberlauf die Entwöhnung: das e ntwenne oder abbräche: die Abbrụchchalber und übrigen Abbruchtieri werden ab’broche, e ntwö̆hnt, e ntwännt.
Am einfachsten läßt sich zu gewollten Fristen d’s Fü̦̆li van der Märe näh. So z. B. wä nn mụ z’Winter ställt. Schon zwü̦scht dem sụ̆gen i̦nhi befreundet das Tier sich allmählich mit der Weide, und wie ergötzlich! Die Mutter läßt sich Heu in der Barni, Gras am Boden trefflich munden: ist das denn auch so schröckelich guets? Das junge Tier will’s ó ch wịse (versuchen, goûter): Pwww! Heuhälmchen oder Häärd u Staub in den Nüstern. Das Tier schnụtzt unwillig. Ist daas allz! Das fortgesetzte Beispiel der Mutter befreundet aber das Junge mit ei’m Chöreli, Hälmli, Greßli na’m andere, und es wird zum «radikalsten» Ausnützer selbst der fahlsten, kahlsten Vorwinterweide.
Erführen die Tiere nur nie das erchranke selbst auf so prächtigen Alpweiden wie des Saanenlandes!
Heutzutage ist es speziell die Mụl- und Chlauwesụ̈ụ̈ch (die waadtländische sur-langue als fièvre aphteuse), welche immer wieder auch das Bernerland 1 heimsucht. 1919 blieb es im Saanenland bei einem rasch erledigten Fall, 1925 aber wurde eine Anzahl fleißiger 210 Züchter schwer heimgesucht, wie 1881. Damals ward das Übel noch vermehrt durch allerlei Liederlichi. Man ließ es oft an peinlicher Sụ̈̆ferlihi im Stalle fehlen. Ja, u̦s Tụ̈ifelsüchtigi suchte einer einem glücklicher dḁrva choone das Unglück az’reise: dää Tonnder cha nn’s ó haa! 2
Ein anderes Übel sind die in Jaun als «Viehsucht» bezeichneten Blaateri, ansteckend wie die hoffnungslose Rinderpest, welche 1898 sich als Lungepest bemerkbar machte: an der Lụngge, im Hals als der Kehle, im lätze Hals als der Luftröhre.
Eine ähnliche Krankheit ist der Dampf als Krankheit der tampfige Roß.
Eine der Su̦cht der Kälber und Hunde verwandte Krankheit der Pferde ist der Strängel. 3 Strängelegi Roß werden mit Ụfschleege auf die Kehle behandelt. Gelingt diese Kur, so werden strängelig gewesene Pferde die widerstandsfähigsten Tiere.
Von Schleimhaut- und Hirnentzündung begleitete Katarrhalfieber von Kühen und Pferden, welches Maul und Augen blaßgelb erscheinen läßt, wird als die wịßi oder rooti Hau ptmü̦rde 4 bezeichnet. Das Mord heißt das stopfende Blutgerinsel beim Auseinandertreten der Hauptschlagadern in den Kreuzpartien des überfütterten und dabei zu lange müßig stehenden Pferdes. Der schlagartig plötzliche Tod des Tieres ( Mordschlag, d’s Mord hät’s g’schlage) ist als Blutkrankheit dem Aaṇgri̦i̦f (Angriff) 5 und mit dem Rụụschbrand 6 verwandt.
Als d’s nụ̈t Gueta, d’s Böösa, d’Plaag, d’s G’reiß, anderwärts «d’s gääch Bluet» 7 geheißen, sind der Rauschbrand und der besonders ansteckungsgefährliche 8 Milzbrand bösartige Blutvergiftungen, wie die durch Wolle verschleppbare Schafmilzkrankheit, die amerikanische Wildseuche, wie die Halsbrụ̈ni, Brụ̈ni der Schweine. Die letztere suchte im Winter 1881/82 das Gsteig heim, der Roßmilzbrand 1884 Saanen überhaupt; und noch 1893 9 war die Grispacher Schü̦pfeweid eine gefürchtete Rauschbrandalp. Die Krankeit herrschte auch am Stieretu̦ngel. 10
Ihr Nährboden ist der Dräck vom Vieh versụwets fließendes Tränkewasser ( S. 166) zumal auf Sümpfen, wo sich die Tiere auch 211 ansteckende Huf- und Hautschürfungen holen; ferner von verwinteretem Jungvieh gierig gefressenes Gras auf Plätzen, wo gefallene Tiere nicht volli säx Schueh teuff verlochet wurden usw.
Nun wird auch dieser Seuche durch impfe vorgebaut. Seine Unterlassung verwirkt die Entschädigung aus der Seuchenkasse. 11
Weniger schreckhafte, aber für die Patienten außerordentlich quälerische Blutkrankheiten sind alle die als Gli̦dersucht bekannten Rheumatismen, welche die Weidetiere sich nachts auf naßkaltem, wohl gar gefrorenem Boden und handchehrum in überheißen Ställen holen. Liegen obendrein die Milchtiere auf strotzendem Euter, so gesellt sich dazu der Viertel als partielle Milchdrüsenentzündung, welche wịdesụri, rẹe̥zi (salzige) und klotzeti Milch liefert. Krankhafte Milchversorgung des gesamten Ụtter ist die krankhafte Gelti, Gäälti ( S. 198), zumal die chaalti als Folge von Nieren- und Blasenentzündung. 12
Andere Quälgeister stören den Haustieren die Verdauung; vor allem den Wiederkäuern als die Trommelsucht: das bleeije, blẹe̥ije, das b’blaat oder b’blẹe̥ijt werden. Geblähte Tiere haben entweder sich uberfrässe, erkältet oder durch übermäßige Kohlensäureentwicklung Magen und Darm gefährdet. Da muß als letzter Notbehelf der mit Saugrohr versehene Windabzapfspieß her mit den «drei statt vier» Kanten seiner Spitzsäulenform: der trois-quarts, Trocar, Troggaar.
Mit stiller Völli belastet der wiedergekaute Speisebrei den Blättermagen, den Psalter oder das wie ein Buch mit hochstehenden Blättern aufgeschlagene Lä̆si, indem die entzündeten «Blätter» ihren Dienst der Vorverdauung und der Beförderung in den Labmagen einstellen. Solcher Läsibrand wird mit Pappeletraach (s. u.) und Flachssamen kuriert.
Das mit Darmkatarrh geplagte Tier zerfüehrt’s: Es zŭ̦dlet (dünnen Kotabgang) bis zur Erschöpfung und erinnert an den in gleicher Lage steckenden Menschen als en arma Zü̦ttel,
Bedenklicher ist die Chalberruehr 13 und die durch schildlausartige Schmarotzer 14 im Dickdarm erzeugte rooti Ruehr, welche mittelst des Grases ansteckend wirkt. Die letztere wird erzeugt durch Fressen von Giftkräutern und Pilzen und Trinken von unsauberem Wasser.
Rechte Pferdequäler sind Darmsteina, 15 sowie die krampfartige Gicht des Grimmdarms (welcher gr. das kōlon heißt): die Kolik. Es 212 kann sich aber unter deren Anschein und Namen noch Traurigeres bergen: Magen- und Darmriß infolge plötzlichen Niederliegens auf harte Lager. Da hilft dem todmüden, schweren Tier nur eine hohe Schicht von Ströuwi und der sofort gerufene Tierarzt. 16
Auch der kann freilich nicht helfen in all den Fällen, wo Fremdkörper lebensgefährlich eingedrungen sind. Wo z. B. das Weidetier äppes ịg’frässe hät, wie Zaundrahtstücke, Nägel u. dgl.; wo Würmer u. dgl. als der Gri̦nd, als die Drehkrankheit usw. das Hi̦rni heimsuchen. Gefährliche Blutvergifter können Stächmụggi und Fleugi werden; der Älpler weiß, warum er ein Freund z. B. der Singvögel, sowie der Frösche sein soll. 17 Gleich gefährlich sind alle die von Hirten zu wenig in acht genommenen Klauenverletzungen 18 ( S. 203), sowie Huffehler, z. B. Hornspalt der Pferde.
Aufmerksam auf solche Qualen wird der Pfleger durch die Lĕhmmi des sich mühsam fortzuschleppen versuchenden, vielleicht sogar stocklahmme Tieres.
Der Untersuchende entdeckt dann — hoffentlich nicht Fueßfụ̈̆li, sogar Dü̦ü̦r chfụ̈̆li oder andere unheimliche Übel, etwa einen Strịme oder eine Schnatte als Folge eines Schlags, wohl gar einen Schlanz (Schranz, Riß): ein Stück Haut ist ụfg’schlänzts. Geronnenes: g’stu̦rnets, g’stockets Bluet, ein verdeckter Chräwtsch: eine kleine Kratzwunde — wenn nicht eine große Wunde. Eine andere solche ist vielleicht am verheile, aber das Tier ist noch schmerzempfindlich: seer (s. u.). Seerfüßigi kommen die dünnhufigen Weidetiere vom Berg. Sie zü̦cke bei jedem Auftreten. Andere sind sonst nit zwäägigi; sie hirte sich schlächt, ganz langsam: tausam, «dŭ̦sem». 19
Hierher gehört wohl auch das durch doucement beeinflußte «dußemangig». Die Tiere mụ̆dere und largge (kränkeln) nu̦me, statt mit Appetit zu fressen und überhaupt Lebenslust zu zeigen.
Wohl u nd-g guet, wenn eine Wunde g’ni̦st oder no ch cha nn g’nääse; wenn ein widerstandsfähiges Tier nach einer Heimsuchung si ch b’chịmt oder b’chịmet, statt elend sälber z’toode, z’verchi̦che, wie ein erlöschendes Licht z’gräpiere! 20 All diese «so schön» klingenden Wörter für das Sterben eines wertvollen Geschöpfs werden 213 gekrönt durch das «verlochche» des Plag ( S. 159) im Plagfang oder u̦f em Schintplatz durch den Abdecker oder Schinter oder Wase nmeister. Der war vor Zeiten, gleich dem Henker, von aller menschlichen Gesellschaft und Geselligkeit ausgeschlossen und hatte sogar seinen abgesonderten Platz in der Saanerkirche unter der Tu̦restäge.
1
Aw. 350 ff.
2
AvS. 1881, 22. 33.
3
Stald. 2, 409.
4
Das mit l.
mori (mourir) usw. wortgleiche ahd.
mord, mhd. das und der
mort, sowie die
Mürdi bedeuten auch Qual. Vgl.
schwz. Id. 4, 396 ff;
mhd. Wb. 2, 1, 220 ff.
5
Schwz. Id. 2, 711.
6
Kluge 367;
Schwenck 510. Zur Sache: Tierarzt
Würsten im
AvS. 1894, 15;
AwMb. 1893, 195 f.; Schatzmann im
AvS. 1884, 37.
7
Schwz. Id. 2, 99.
8
AvS. 1884, 40.
9
AwMb. 197.
10
Weiteres:
AvS. 1884, 37.
11
AvS. 1885, 7.
12
Vgl.
schwz. Id. 2, 238.
13
AwMb. 1894, 311 f.
14
Coccidien:
Schmeil 394.
15
Zusammen 21 Pfund in einem Tier:
AvS. 1883, 30.
16
AwMb. 1908, 72.
17
AvS. 1904, 208.
18
Ebd. 1904, 182; 1908, 10 ff.
19
Zur Wurzel
dhus (woher auch der Tŏr, töricht:
Kluge 104) gehört auch der Dusel als Getrübtheit und «dusem» (
Stalder 1, 330) als «trüb» im ganzen Begriffsumfang, besonders auch iSv. seelisch gedrückt wie hier. Vom Wetter:
Gw. 151.
20
Wie z. B. eine Rakete unter knattern und knistern
crepat, crève.
Mit der in Lied und Spruch gefeierten Hingebung waltet als Träger des stimmungsvollen Titels der Hirt seiner B’hi̦rtschaft. Er b’hi̦rtet oder hi̦rtet seine Häärd, 1 sị’s B’hi̦rt oder G’hi̦rt oder doch sị’s G’hi̦rtli, das denn auch unter sorglicher Pflege gedeihlich sich h̦irtet.
Ein anderes ist solches hi̦rte im kurzen Sommer auf der Alp, ein anderes während des siebenmonatlichen Winters im Stall. Da ist das hi̦rte, d’s G’hi̦rt mache (fuetere) ein allmorgendlich und allabendlich siebenfaches Werk: z’frässe gää; miste; mälhe; putze; träähe; d’s Gläck gää; ströuwe.
Dies gehört bei dem zahlreichern Viehstand eines Chüeijer auch zum winterlichen Tageswerk des Knechts, der damit ebenfalls chüeijeret. An den hohen, alten Wortsinn 2 des Chnächt erinnert der des rächte Pu̦fi — er ist f rịị n e n Pu̦fi 3 — als des wackern, tüchtigen Kerls, der zwar nicht planlos, übergeschäftig bu̦flet, aber im Pụrehụs 214 gẹng öppis z’tüe findt. Zwischen zịtigem Fịraabe und zeitigem Morgenwerk — früeij nĭ̦der u früeij ụf — wird der Tag mit Arbeit ausgefüllt, und (noch) am Aabe nd-m bịịsen (eilen) di Guete. Und während der Träge nie d’Zịt hät zu einer Dienstleistung, sagt sich wer d’Minute z’Ehre zieht: Du häst Zịt u häst der Wịịl! (Du kannst und sollst das tun!) 4
Viel kostbare Zeit aber geht verloren in müßigem geselligem Zeitvertreib: eina mag g’choo; zwöi hei z’schaffe; drụ̈i möge’s gar nit g’mache.
1
Zur ahd.
herda, Herde gehört der
hirti, Hirte, sowie der Hirter (
Weig. 1, 871).
2
Vgl. engl.
knight als ritterlicher Adeliger;
e brava Chnächt; der Knecht Gottes (Jes. 53).
3
Benennung eines unbeholfenen Menschen.
4
«Zit» vielfach als die höchste Zeit und die letzte Frist, während
Wiil, Weile den Zeitraum bedeutet, in dem man gemächlich eine Angelegenheit erledigen kann und nach gut volksmäßigem Empfinden soll.