Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Nach saanerischer Auffassung tuet fü̦r sich und wi̦der sich sälber ḥushaa, wer al leinig, al leinzig, mueters̆einzig oder muetersẹe̥leal leinig einsiedlert: als alta lĭ̦diga Pŭ̦rsch (s̆s̆), en alta Li̦diga oder alti, lĭ̦digi Ju̦mpfe̥r, als ein Wi̦ttlig oder eine Wi̦ttfrau, Witwa, als abg’scheidna Maa, abg’scheidni Frau.
Alle sind oder waren Familienglieder im übergetragenen Sinn von G’li̦i̦d, das ohne dieses G- auch Liid 1 heißt und z. B. im Li̦i̦dlohn 2 weiter lebt.
Eheleute sind Ee̥lüt. Der Mehrzahl Lụ̈t, bi̦ n de n Lụ̈te, entspricht in guter alter Mundart eine Einzahl: das Lụ̈t. Hierauf weisen schon Zählungen wie z. B. die säx Lụ̈tle̥ni eines Haushalts. Jedes dieser sechs kleinen Leute ist e̥s Lụ̈̆t (ein «Sproß»). 3 Daher Zurufe wie: Du bist no ch f rị n e̥s Lụ̈̆t! Eh, wä lltigs Lụ̈̆t bist dụe̥! Das Lụ̈̆t klingt uns heute ungefähr wie das Mentsch, dem aber vormals 358 der Gefühlswert noch größerer Hochschätzung innewohnte, 4 als dem heutigen männlich benannten Mentsch.
Der Neuzeit war vorbehalten, dem Mannevolch das Wị̆be nvolch erst im kollektiven, dann im individuellen Sinn 5 (als Wị̆bsbild) zur Seite zu geben und im entsprechenden Wertgefühl so und so viel Wị̆ber oder Wị̆beni, Wị̆bleni zu zählen.
Mit all der Würde eines Weibes alter Deutung 6 ist also das erste oder «ehere»: d’s ẹe̥r 7 oder das ihm folgende zweite: d’s after 8 Wị̆b zum ẹe̥re oder aftere Maa ’zü̦̆glet als nunmehrige Erbin seines Geschlechtsnamens: als Frau Schwitzgäbel (geborne Haldi) oder dgl. Als e̥s rächts Hụsmueterli heißt sie allerdings — mit der nämlien kosenden Verkleinerung — d’s Fraueli, wo möglich: e̥s guets Fraueli.
Sie fühlt eben die Grundbedeutung der «Frau» 9 noch durch und begehrt den Titel je weniger vor der Welt zu tragen, als sie ihn in der Tat verdient.
Noch energischer lehnt man den «Heer» 10 ab: I ha der Herr oder der Hẹe̥r (La., Gst.) daheime g’laße. Der Hẹe̥r ist im Him mel.
Ebenso will er von ihm bekannten Standesgenossen mit Dụe̥ angeredet sein; das Ịe̥r («d-i̦i̦r») 10a lehnt er ab: I ha nu̦mḁn eis Hämm dli aa n! oder i bin al leinig. Angemaßtes dụtze kann dagegen die Abfertigung erfahren: Wännd han i ch mit u̦ wch d’Sụ̈w g’hüetet?
Zum bäuerlichen Familienkreis gehören die Dienstboten: Diensta. Die weibliche Dienerin ist d’Junggfrau. Das war ursprünglich die 359 «junge Frau» oder Herrin als die Jung-frau, welche daneben als die Jumpfer (im Unterland als die «Jumpfer NN.» und als «die Jumpfere» unterschieden) dem städtischen Fräulein entspricht. So ist ja auch das städtische «Meitli» svw. das «Mädchen für alles» im Unterschied zum bäuerlivjen Meit-li, Meiteli und der kosend verkleinerten Meita — alles aus «Magd», was ursprünglich svw. Jungfrau war.
Wie hoch steht der Chnächt ( S. 213), e n-m brava Chnächt der bäuerlichen Sprache immer noch über dem «geknechteten» Diener des schriftdeutschen Gefühlswertes! Er ist so etwas wie der selbständig tüchtiger Leistungen fähige Kerl, Kärli alter Sprache, 11 der im Taufnamen Karl, Kari verfestigt weiter lebt. Erst nach neuer Deutung ist er der grob Kärli, der Wichtigkeit und Gewicht im schmetternden schlaa, drị schlaa, zueschlaa 12 sucht als Bengel, Pängel.
Der Bueb ist vielfach der einzige Stammhalter der Familie: ü̦nsa Bueb und speziell des Vaters: mịna Bueb.
Stolz hebt seine Würdigung sich ab von dem mit «Barbara» verketteten Bääbi und Bääbeli, sowie des Baabi und Baabeli. Zärtlich ist dagegen die Benennung übergetragen auf die Puppe als das zum bääbele einladende Ti̦ttibääbi und -bääbeli. Sie leitet über auf das verhätschelte Zịperịne̥rli, Zịperịnergä̆gi, Bipperịnli, das zimpferliche Zi̦mperịnli.
Die Mutter ist gut saanerisch (vom Pays d’Enhaut beeinflußt) d’Mamma, wie der Vater der Papa, wenn er nicht doch lieber der Elter genannt wird — mit gleichem Respekt, wie man von beiden Eltere spricht. — Kindlich lautet das uralte atta, 13 atto, der Att, d’s Atte n, dem Atte, ü̦nsa Att, d’r Att = Dratt (unterbernisch fortgesetzt als «d’r Ätti, Drätti, der Drätti, oh Drättel!»).
360 Ersetzt 14 werden Papa und Mama durch den Steifvatter und die (gottlob doch nicht immer) steifmüeterlich gesinnte Stĭ̦fmueter. Wie leicht wäre es allerdings dieser gemacht, als heimeliges Steifmüeti, Steifmüeterli ihre eigenen Kinder als Halbg’wi̦sterti, G’schwisterteni: Halbbrüeder und Halbschwästeri mit den nunmehrigen Steifchinde in einen wirklichen Familienverband zu bringen!
So würde dieser vor der Möglichkeit bewahrt, sich als eine bloß durch blindes Geschick zusammengeworfene Bande: eine Burtja 15 zu fühlen.
So sind sie als die zufällig zusammengeratenen Kinder die kollektiv so geheißenen «Pu̦u̦rst» des Unterlandes, 16 aus denen der einzelne Bursche: der Pụrsch (s̆s̆) heranwächst zur Vorbereitung auf einen Männerberuf. 17
1
Altdeutsch der und das
lith, lid, lit.
2
An daheim mitarbeitende erwachsene Kinder, (
Schwz. Id. 3, 1288 ff.)
3
Zu ahd.
liotan, sprießen, wachsen (
Weig. 2, 59;
Walde 425).
4
Mhd. Wb. 2, 49;
Gb. 474. 479;
schwz. Id. 4, 337 f.
5
Vgl. Frauenzimmer, Kamerad u. dgl.
6
Gatschet in
Aw. 408.
7
Komparativ zu ehe, eh (
Weig. 1, 405).
8
Zu got.
af = ab stellt sich (wie aber = 1. wieder [
chunnst aber?!] 2. dagegen) auch af-ter = nach, hinter, vgl. alle die After- = Aberglaube, Afterlehen, Afterklaue usw. bei
Weig. 1, 26 f.
9
Ein Wort mit «Für-st» (
fur-isto der Vor-der-ste) und altf.
frā-ho (die vor-an Stehende),
frouwa, mhd.
vrouwe, Frau.
10
Zu «hehr», ahd.
hêr gehört der Komparativ
hêr-ire, herro, hërre, Herr.
10a
«
Bund» 5. September 1927.
11
Hoops 1, 386 f.;
Kluge 238 f.
12
Der Türe, vgl.
to bang the door.
13
Vgl. Odyssee 6, 44;
Kluge 341. 344 zu Pap-st und Pfaff. Zu Mama:
Mämm und
Mämmi, Mammeli, verkürzt d’s
Ameli (Saugfläschchen als Ersatz der Brust.)
14
Einen eines Angehörigen berauben heißt ahd.
stiufan, bi-, ir-stiufan. (
Graff 6, 661;
Weig. 2, 970.)
15
Bei
Romang, s. u.; nach
schwz. Id. 4, 1635 zu «Geburt» iSv. Nachkommenschaft.
16
Lf. 280.
17
So wurde z. B. aus dem militärischen «Nachwuchs»
la recrue
der Rekrut, Regrút usw.
So erinnert die Familie an den bäuerlichen Haushalt, der seine Genossen am geschlossensten als Tischgemeinschaft, wohl auch als Wohn- und zum Teil als Arbeitsgesellschaft sammelt. Zur altdeutschen Sippe dagegen als weiterem Verwandtenkreis gehört zunächst einmal der Vetter, der Vätter als der U̦nggle. Der Vetter stellt sich zum Vatter wie der patrŭŭs zum pater, wie das «Geschwisterkind» 1 zum Ggụ̆́säng wurde. Der Begriffskreis hat sich aber derart erweitert, daß mehrere Verwandte gleicher Linie Ggụ̆sängna z’säme sị chönne. Enger geschlossen bleibt das Band mit der Ggụ̆sine und dem noch kleinen Ggụ̆́sine̥li, indes die Tanta, 2 d’Tata, d’s Danti zunächst zur Tanta eines großen Verwandtenkreises aufrückt. Als d’s Tanti und d’s Tänti und d’s Tanteli teilt sie Freuden und Leiden und Ehren und Börsenappelle des Vetter, des Vetterli.
Die chlịni Ggụsine heißt kürzer die Nịe̥ße. Das ist eigentlich die Enkelin, 3 d’s Nịe̥ßli als Gegensatz zum neveu, Nö̆vöö, Nü̦ü̦we̥. Weniger vornehm klingt der ursprünglich als « Großvatterli» 4 angeredete oncle, U̦nggle, der Etter.
361 Der Mann der Schwester, sowie der Bruder des Gatten heißt der Schwager, der Vater des Mannes, sowie der der Frau: der Schwiegervater, der Schwervatter oder der Schwẹe̥r, Schweer. Die Schwiegermutter ist d’Schwĭ̦gri, die Schwägerin ist d’G’schwịja. 5
Gut nur, wenn alle diese Bande in echt volksmäßigem Sinn eine «Freundschaft und Genoßsame» bedeuten und es nicht heißen muß: wi verwandter wi verdammter.
1
Aus «
con-svesr-inos» wurde der l.
consobrïnus, rät. der
cusrin, fr.
le cousin, wozu
la cousine:
Walde 188;
M-L. 2165.
2
Kindliche Lallwörter:
Walde 34.
3
Die l.
neptis zu «der»
nepōs:
Walde 516 f.; die
neptia, la nièce:
M-L. 5890 ff.
4
avunculus, eigentlich der Mutter Bruder; zu
avus: Ahn, Großvater, und
ava die Großmutter.
5
Alte Formen:
Weig. 2, 809. 823 f.;
Walde 719.
Die mit ihren Gemsenrevieren und Wildheuplanken großzügig vom Arnensee-Gebiet her gegen Feutersöy verlaufende Nordwestkette der Tschärzisflüeh schließt unfern der Straße eindrucksreich ab mit der breit ausladenden, hochgipfligen Spitzsäule des Primḁlód. Der bereits 1312 verzeichnete fränkische Name gilt heute ( S. 55) vorab der felsigen Gipfelpartie, deutet aber hin auf die hohe Wertung der allsommerlich begrünten Gehänge und Fußgelände als Weide und Wiese. Als solche bildeten sie ein al-od: ein erbliches «Ganz-Eigen» 1 (statt bloßes Lehengütchen), und zwar ein grundrechtlich vorgangloses: ein «erstes» Ganz-Eigen: ein «Prim-Alod», 2 erinnernd etwa an die Vorgab hoch oben an der sunnige Lauene.
Und wie solch erstes Ganz-Eigen verstanden sein konnte, deuten noch zur Stunde geltende weibliche Besitzernamen. Ein äußerst wertvoll gestaltbares Wiesenstück heißt das Mädeli, ausführlicher: die Mädeli-Vorschḁß. Das anstoßende Grịtteli oder die Grịtteli-Vorschḁß hat zu Namensgenossen den Grịttelivorbärg am Stuedeli ( S. 93), sowie die anderwärtige Grẹe̥tmátte (La.). Weibliche Namen tragen ferner der Mariaritz an Olden, d’s Lị̆seli (Gb.) als kleines Ganzjahrheim, sowie die Trụ̆deli-Vorsaß, die Weide u̦f dem Trụ̈ttli über der Tụ̈ụ̈ffi (La.) und der ganze Trutulisperch von 1324: der Trütlisbärg.
Mittelst der Weßfall Endung -en (vgl. Perreten usw.) bildeten sich zwei gut vertretene Saaner Geschlechtsnamen aus weiblichen Taufnamen. Ursprüngliches «Hĕ́lena» kürzte sich zu Ella 3 neben Elly (1355) und Ellon (1361) und setzte sich fort in Ällen (schon 1355, dann 1652).
362 Danach sind die Ällevorschḁß und das Ällembärgli benannt. Aus den Zeiten der Kämpfe um ein besseres Heim stammen Kriegerinnentitel wie «mächtige Streiterin»: Mechthild 4 (Mathilde), dank ihrer nachmaligen gedankenlosen Verbreitung bis zu Schimpfnamen 5 herabgewürdigt, wie es ja auch zu all den Lŭ̦di, Baschi, Melk usw. gekommen ist. Der Weg zu solchem «Ziel» ging über Koseformen wie Mịtzi, Metzi, und aus solcher wurde Metzenen. Willi Metzinen hieß 1487 ein Saaner Gerichtssäß. Sein Geschlecht entließ nachmals Sprößlinge ins Obersimmental und Oberhasli und teilte mit ostschwyzerischen u. a. Sippen den Namen, aber mit dem Umtausch von -en an -er, als ob es sich um einen Berufsnamen handelte. 6
Noch heute ersetzt man sich ja in vertrauten Kreisen gelegentlich das Geschlecht mit dem Namen eines weiblichen Vorfahren. Erwähnt seien z. B. neben Köbis Köbeli: Anni’s Ruedi, Zụ̈̆sis Kätheli usw. Die weibliche Stammlinie ersetzt die des Vaters, wenn der legal fehlt, früh gestorben ist oder als der Maa van der Frau NN. im Hintergrund versteckt weilt. 7
1
Hoops 1, 65.
2
Meyer-Lübke durch Hubschmied mündlich an
Marti-Wehren.
3
Hist. biogr. Lexikon I.
4
Weig. 2, 154.
5
Ebd. 177.
6
Walde 450;
Weig. 2, 176 f.;
Kluge 313.
7
Meyer-Tobler, Familennamen 59-62; Heimatklänge zu den Zuger Nachrichten, 21. 2. 26, von A. J. Lehrreihe Briefe von Prof. Dr. Hegi und Dr. Gröger. Einläßliche Studien von Albert
Metzener in Basel mit Robert Marti-Wehren.
Unter diesen weiblichen Gutsbesitzernamen ist Trụdeli, Trụ̈tli deutsch. Hinter Ger-trud steckt vermuteterweise 1 ein Name der Göttinnen, welche die Seelen gefallener Kampfhelden nach deren Paradies führten. 2 Mit Ger (Speer) 3 aber sind auch die Männernamen Gerbert (der berühmte Kämpfer mit dem Speer) und Gerhart gebildet, deren letzterer im Familiennamen (FN.) Gẹe̥re̥t fortlebt; vgl. d’s Gẹe̥re̥tli (Saali).
363 Sein irdisches Heim aber erkämpfte mit Axt und Hacke der Benenner der Oswald-Vorsaß im weltfernen Revier des Chalberhöni. Er gründete, wie sein Name sagt, sein Heim im Auftrag seiner göttlichen Sender: der Asen. 4
Den Kämpfern aber folgte scharfäugig der Adler, 5 dessen Blick dem Arin-walt: Arnold, Arni, Äärni, Äärneli eignet.
Neben Scharfsicht gebührt Kühnheit und List, welche Ruhm: hruo-m und hruo-d einträgt, dem Hruod- wulf. Einem Rudolf gehörte erstmals der Rueders̆bärg (Abl.) mit der Rueders̆bärgflueh, während andere Örtlichleiten sich nach all den Ruedi, Rüedi, Rueff und Rufi benennen. Hruod-beraht: Robert, vgl. Ru̦bisbŏ́de.
Kühnheit eignet auch dem Kuon-ec-walt, Küngolt (1677) als erstem Besitzer des Chü̦ṇgi und des Chü̦ṇgeli (La.). Willensstark ist der als schützender halm, Helm personifizierte Wille-halm, Wille-, Wilhelm, Wĭli als Eigner der Wilhälmstücke n. Stark war dagegen im Denken: täähe oder vielmehr si̦nne (s. u.): dem alten hugjan, hügen, gehügen usw. 6 der Hugo, nach welchem das Hụgeli und das Hụ̈̆geli benannt sind. Vgl. auch Hugeligraabe.
Durch sein Denken geradezu berühmt war der Hugin-beracht: der Humbert, der Umbehr als Stifter der beiden Umbehrli zu FÖ. und Ms. Ube̥rt von ChdO. Walt-hari: Walter und Welti; d’s Wälteli (Sa., Gst.); FN.: Welten.
Der Einsatz hoher persönlicher Kräfte statt brutaler Gewalt läßt den Erwerber eines Heims mit gutem Grund sich mächtig (in alter Sprache: rîch) 7 fühlen. Das sagt vorab der Gottfried Heinirîch, Heinrich, der Heini (1312) und d’s Heineli neben all den Heiri. Das Heim kann als das Adelsgut: uodal eines Uodalrîch: Ulrich gelten, wenn es auch nur das Ueliläger am danach benannten 364 Stutz ist. Dazu die Uelligervorschḁß. Sie vergleicht sich mit dem ōd, eād 8 als dem Gut eines königlichen Ed-ward gerade dann, wenn es die weltferne Einsiedelei eines Adi oder Eduaari: die Sịmne ( S. 168) des Eduard von Grünigen ist. Reginwalt: Reinoldsöy (La.), Reine̥lsöy, Reine̥rsbach.
1
Weig. 1, 686.
2
Ebd. 2, 1205: Walküren, Walhall.
3
Kluge 168.
4
Urform: Ansen (Windgötter):
Hoops 1, 130. Vgl. Answaltingen > Amsoldingen.
5
Hoops 1, 38.
6
Mhd. Wb. 1, 725 f.
7
Kluge 369.
8
Weig. 1, 403.
Neben altgermanischen haben Schule und Kirche alter Zeit römische und griechische Namen in gewissem Maße volkstümlich gemacht. Wie geläufig ist der Kriegsgott Mars geworden im Martin und im Marti 1 (FN.), der Lichtgott Apollo in der Apollonia: im Appeli (1625)! Gleich letzterem aber leuchten als bloße Menschen Lucius und mehr noch die Lucia als Zịja, Haldis Zịja neben Zịjis Hans, als d’s Zịjeli und Zeieli. Neben sie stellt sich der mit Lorbeer bekränzte Benenner der Lŏ́ränzematte.
Der Landespatron des Wallis, Theodul, ist der Joder als Schutzheiliger der Gsteiger Kirche, wie der in Afrika heimische Mauritius (s. u.) im saanerischen Moritzenhügel als dem Träger der Mauritiuskiche. Der Gebenedeite — Benedictus: der Bänz und das Bänzli benennen in kindlicher Sprache auch Lieblingstiere ( S. 198).
In anderer Weise der Kinderwelt bekannt ist der Sắmichlous als der Sankt Nikolaus: der heilige «Volksüberwinder». Nur rückt sein Erscheinen im Bart mit der Geschenke bergenden Hu̦tte und der Ruete zeitlich so nahe an die Weihnacht heran, daß er mit dem Weihnachtskind Rolle tauscht. Die Namen Niklas, Ni̦ggi und Niggeli, 365 Chlous und Chläwi, Chlaus und Chläus teilt er mit dem Unterland, während der Niklausmarkt nun wieder im Gstaader-Christmonḁtmäret erstanden ist. Wie der heilige Gallus (vgl. den Ggallemäret in Saanen) ist verehrungswürdig Sebastian, obwohl er als Basti und Baschi (s̆s̆) bis zum linkischen lingge Baschi entwürdigt wird. In der alten Würde eines Siegers lebt dagegen Viktor fort: der Namengeber des Fịckhụs (La.) und Fi̦gghụs.
Und so die «reine» Katharina: das Käthi und Kätheli, d’s Trị̆ni und die Benennerin der Trị̆neli-Vorschaß in der Simne.
(Lauenen)
D’Wä́rschịne und d’Schi̦ni setzen eine jungfräuliche Virginia fort — vielleicht eine Perle vom Wert einer Margarita, wie sie uns oben S. 361 dreigestaltig begegnet ist.
Weniger vorteilhaft verewigte man den «hinkenden» Claudius in den Glawi, Glawisguet, Glawisfäng (Ms.) und Glawis Vorschḁß. — Erst noch «flaumbärtig» aber ist Julius: der Jụ̆li und Schụ̈li, der aber doch auch in der Julie, im Schụ̈ggi und Schụ̈ggeli weiter lebt. — In anderer Weise als im Deutschen neben Adler und Wolf bereichert der Bär als der Ursus den Namensschatz. Neben als den Urs und Ursula, U̦rscheli und Ürscheli gibt es den Heiligen, welcher in der comba Ursini weiter lebt. Es ist darüber dem Böüst ostwärts der Gụmmflueh sich absenkende Gu̦mbe̥rschịị (s̆s̆ị), Gu̦me̥rschịị, umgedeutet als Gu̦mbe̥rschịịn.
Noch erwähnen wir drei Herleitungen aus Berufsnamen. Der Fleischer: carnarius lebt als Tscharner fort in der Tscharnere, der Waldmann als Silvester und der das Ruder ( remigium, le rame) führende Remigius als der Migi und der Remi, Rämi. Ein Rämi gründete die einstige Vorsaß und das durch einen Musterstall zum heutigen Ganzjahrheim erhobene Gut über den Mösern, welches d’Rĕ́mịsse̥re heißt.
Die Ausländerin: Barbara, d’s Barbli, Bääbi. Anton: Anteler, d’s Änteli (Weide im Tp.). Aurelius: Öhrli (FN.), Öhrlisvorschḁß (La., Gd.). Andreias (der Männliche): Rees, der Bĭ̦re-Rees.
1
Seit 1921 ist der Gadmer
Rober Marti-Wehren Ehrenbürger von Saanen.
In neutestamentlicher Übertragung heißt der «gesalbte» König des Gottesreichs, der Messias: Christus. Wie zu erwarten, ist Chri̦ste n ein überaus häufiger Tauf- und nachmaliger Familienname (FN.). Danach benennt sich der Christeri̦tz auf Olden. Führte Christeli zu den Herabsetzungen Chri̦gel und Chri̦ck, so sind Hi̦ttel und d’s Hi̦tteli ursprünglich nachgeahmte kindliche Lallformen. Die Ableitung Christina lebt fort in den Kürzungen Stị̆ni und Stị̆neli, wie ferner deren Spracherleichterungen 1 Stụ̈di, Stụ̈deli. Christaller lautet in Sa. Christeler.
Der legendäre Träger des Christkindes auf der Flucht vor Herodes: 2 Christo-phoros, Christoffel erscheint im Stoffel, Stöffel, Stöffeli. «Der Fels, auf dem ich gründe meine Gemeinde»: 3 der neutestamentliche Petrus, lebt fort in all den Peter und Pẹe̥ti, im Pierr-et als Perret; im FN. Päret und (Sohn eines Perret:) Perret-en. Auch Bäre̥ts Bŏ́de (Olden), Bäre̥ts Vorschḁß, d’s Pä̆rettli (La.) und die Perreta (Jaun) reden von der Häufigkeit des Namens, die zur Redensart umha pẹe̥tere (vgl. das Spielzeug dr holzig Pẹe̥ter) geführt hat.
Übertragen ist auch die «Krone»: stephanos; Steffen erscheint im FN. Stäffe.
In etwas veränderter Urform begegnen uns zunächst die legendären Weisen aus dem Morgenland: der «Schatzmeister» Kasper, der «Lichtkönig» Melchior, der «Kriegsrat» Balthasar. Wir erkennen sie wieder im Chasper und Chaspi und dem Benenner des Chasperli-mahd; im Melker (z. B. 1615), Mälch, Melk, im Balti und Balteli.
Unvergleichlich häufig erscheint der Name des Täufer Johannes (Gott ist gnädig): Janni, Jenni, Hans, das Hans-Franz-Bärgli (Almendwald), Hansli, neben Johanna, Hanna, Hanneli und Anna, Anneli. In Abl. der FN. Janz (Jahn’s), Fuhre-Janz. Häufiger als Jehovah (der Ewige) erscheint El (der Mächtige) in El-i-sabeth (ich schwöre bei Gott). So in all den Elise, Elisi, Lisi, Liseli ( S. 361), Eisi, Eiseli. Der «Gottesheld» Gabr-i-el: d’s Gabrielti, d’s Gäbi. Der Gmeinds- und der Schuel-Gäbel in La. sind der Gemeindeschreiber und der Lehrer († 1927) Schwịtzgäbel (s. u.), d. h. wahrscheinlich Gabriel aus dem Kanton Schwyz; so auch der Flueh- und der Schü̦pfegäbel. Es gibt einen Schwi̦tzgäbelbrunne und eine Schwi̦tzgäbel-Vorschḁß.
367 Samuel (Gott erhört): Sami, Sä̆mi. Mi-cha-el (wer ist wie Gott?): Michels Mịchi. Emanuel (Gott mit uns): Mắnḁwẹe̥l, Manuel.
«Der Mensch»: Adam; d’s Adamsstückli (Öy.). «Leben»: Eva ist da und dort es rächts Ee̥vi, Eeveli. Geschenkt: Matthäus sind alle die Matti (FN.) z. B. in den Mattismädere und in Mattis-Vorschḁß, während der Taufname («sehr gedeihlich») im Dewis, Dẹe̥wis, Dẹe̥wi weiter lebt. «Hinzugefügt» ist der Benenner der Josefs-Weid, sind d’s Joseli und Sepp.
Außerordentlich häufig war und ist die Gesellschaft der «hinterlistigen Fersenhalter». 4 Neben all den Jakob, Kobi, Köbel leben in Taufnamen und Familiennamen fort alle die Jaggi, sowie die Jaquemin als Zaggeming (1678); Jaquillard: Schaggeliaar, Zaggilard, Zaggeler (Gst., aus dem Ormont eingewandert).
Nur als die «Herbe» konnte Mirjam den Sieg ihres Bruders über die Ägypter besingen. 5 Mirjam wurde zur Maria, Marie zum Maaiji, Meijeli; Anna Maria Rosa wurde zum Ameróusi (Gst.), Anna Maria: Annemarei und Marianni, d’s Amarị, d’s Anemrị, d’s Amrị.
«Ansehnlich» dagegen ist Ruth; d’s Rụteli. Neben die Dent de Ruth stellt sich die Alp Ruth. Als den «Geliebten» deutet man den ersten Besitzer von Davids Matte, Fang und Vorsaß. Die «Taube» ist Jonas, nach welchem die Joni-Vorschḁß benannt ist.
Als Fremde aus Magdala aber lebt Magdalena fort: die erste Eignerin des Mädeli ( S. 361) neben Mädi und als Lẹe̥ni, Leeneli.
1
Angleichung des
n an
t und Umstellung des
ị zu
ụ̈.
2
Matth. 2, 12 ff.
3
Matth. 16, 18.
4
1. Mos. 25, 26; vgl. 27. 6 ff.
5
2. Mos. 15, 21.
Eine interessant eigenartige Geschichte wohnt dem Geschlechtsnamen Weehren: Wẹe̥ren inne. Er stellt sich zu wehren: wäre, wie wir das Verb aus der Aufforderung kennen: Cha nnst dụe di ch den n nit wäre? La ß g’sẹe̥h, wär di ch! Die Antwort kann allerdings lauten: Ja, da wär di ch gäge’ n Tüifel! Die (an «Tue-dich-um» u. dgl. erinnernde) Befehlsform lebt fort im Geschlecht Werdi, gesprochen: Wärdi. Ein Haus zu Sa. hieß bis um 1900 d’s alta Wärdihụs. Gedacht sei, wie eines Köbeli Werdi, so besonders des 1910 als Einsiedler im Armenhaus gestorbenen, geschickten und treuen Taglöhners Hi̦tteli Werdi.
Der im 17. Jahrhundert wirkende, weithin berühmte Arzt Dr. Abraham Werdi aber hieß im Waadtländer Oberland le maître d’Everdes, 368 chirurgien de Gessenay, homme de grand savoir. 1 Einen Namensvorgänger hatte er 1564 in de Werdi. Schon 1214 aber schrieb man de Werde. Damit wechselte bereits 1136 der Name d’Everdes für Edelleute aus dem Vasallenkreis der Greyerzergrafen. Ein Vertreter des Geschlechts ruinierte dieses 1349 durch einen Raubritterstreich. Ein Vertreter eines andern Zweigs brachte aber das Geschlecht wieder empor. Von Freiburg und Vanel aus verbreitete es sich über Saanen bis in die Ostschweiz unter dem verdeutschten Namen von Grünigen: vo n Grüenige n; auch wieder verwelscht: de Grunig.
Als «die Grünen»: Verdi deutete man den Namen Wer-di ch auch in der Lombardie, wo Vertreter des Geschlehts über das Wallis hinüber sich zur Zeit der mailändischen Feldzüge und Söldnerdienste niedergelassen hatten. Die Verdi leben fort als Genossen des Namens Verde (Grün), wie die Wehr-en der heutigen Saaner-Namensform als Nachkommen (vgl. Perret-en usw.) des Wehr.
Das ist nämlich eine dingwörtliche Parallelform zum Befehl «Wehrdi ch». Wer als Verteidiger eigenen und fremden Guts und Lebens sich zur Wehr setzt, Gegen- und Notwehr übt, hieß in alter Sprache der Wero, wie etwa der Beck (Bäcker) der becko usw. Aus solcher Stammbildung erklären sich — neben Hans Währen zu Oberport (1687) und Weren (1607) zu Sa. und Gst. — die Werren und Wärren zu Zweisimmen, Diemtigen, Brienz und so die Wehren im Oberhasli.
Wie aber die Wehre-Vorschḁß im Waadtländer Oberland La Verrat heißt, so erscheint ein Waro als der Varrone, welcher als nachmaliger Ansiedler im Gsteig das Warụ́ni als kleine Vorsaß gründete. Und so wurde aus War-ingen Vuarr-ens.
Dem Schwaberied (s. u.) und dem Geschleht German (1355 Germant) stehen gegenüber die Ru̦mang und die Zwahlen. Jene erscheinen 1312, 1324, 1361 als Romant, Ruman (s. u.); diese 1341 als Wala (der Walch, s. u.). 2 Daher der «Sohn des Walen», vgl. Niklaus Swala (1452), oder «d’s Walen», wie «Zbinden» 3 zusammengeschrieben: Zwahlen, Zwăle, gut altsaanerisch geschrieben: Zwahla. Aus dem Freiburger Oberland kamen die Zwahlen wie ins Guggisbergische, 4 so auch ins Simmental und Saanenland, 5 hier im Wappen den Steinbock führend. 1470 wohnte in Rübeldorf Peter Zwalla oder Zwahla; 1650 begegnet uns Margret Zwala auf dem Unterbort. D’s Zwăli ist ein Heimwesen im Turpach; vgl. auch Zwalematte, Zwalefang.
1
AvS. 1915, 2 nach dem
Progrès.
2
Vgl. die «Walcherhörner» als «Biescherhörner» (
Gw. 587).
3
Gb. 682.
4
Gb. 683.
5
Chr. 370.
Familiennamen als Herkunftsnamen. Von Abländschen, Afländsche: Wilhelm Anflentscher half 1393 am dü̦rre Sẹe̥wli den Frieden zwischen Wallisern und Saanern zu gegenseitigem Schutz der Weidetiere schließen. 1 1393 erscheint auch Wernli Affnentscher, wie 1403 Jenni Aventscher. — Aus der Ägerte: Ägerter, alt: Ägender. — Aus Aigle (†) = Älen (†): Ägler.
Bach: 1312. 1355. 1366: dou Bac (vgl. Dubach); Bache̥ne, Bachegg (1701), Bachmatte, Bachchna — Baumann 1542. — Baumgarte n, — D’s Blatti: Blatter (1662). — Durch Brand gerodete Niederwaldstellen (s. u. Kohli): Bränd, Brand, 1355: Brant; Brandsbärg — Vom Brunnen (1353), Brunner (1312), — Büel: Büelers̆ — Demieri (Gd.). — Desportes. — Dufour (1671).
Fiuchta (Fichte, Fiechte, Fiechter), vgl. Feuchtersleben: Feutersbach (1617), -öy. — Fromenting (1559. 1626); in Fromentings Gadem (wurde gespielt 1680), — Frutiger: Frutenguere (1312), Frutinguer (1355).
Gstaad: Jacobus dou Stat (1312). — Sand ( S. 32): Gander-s (1368), Gandere (1324), Ganders̆-bärg und -bärgli, d’s Ganderli, d’Ganderli-Vorschḁß. — Grụndĭ̦sch (s̆s̆): 1459. 1626. — Gruner (1751). — Hasel: Hasler-Berg-Mäder; Häsler. — Hauser (1672), de Hofstetten (1368).
Jouner (1398. 1628). — Heyni de Coffenbac (1312): Chauflisbach ( S. 34).
Lauchere ( S. 247): Lauchere, Lochere, Luchere (1312). — Yanni de la Linda (1312), Linder (1313. 1448. 1648). — Lötscher (1368). — Mooser (1525), — de Mülibach (1868). — Nägelihoore, — Pfyffenegger (1626).
370 Rick (enger Durchlaß): 2 Ricquenbach, Riquibac (1312), Ryquibach (1341), Richenbach (1368), von Reichenbach 1581, 3 Rịhe̥mbax, alle die Rịhe̥mbäx. — Romanus: Rom, Rómang, laut Pfr. Romang aus einer piemontesischen Waldenserfamilie; 4 Romang’s Vorschḁß (Kh.), d’s Possi Romang; d’s Roomguet (La.), vgl. den Römerstalde zu Zweisinmen. — Rütti: Reuteler (1420).
Burinus de Saltzwasser (1353. 1368) vgl. S. 44. — Saanen ( S. 32): von Sanon (1326. 1342. 1368); Gesseney: de Gissiney (1269), de Gissyney (1312. 1323. 1377) in Sitten, vgl. S. 32; Sanetsch, Saane̥ls ( S. 32): Jacobus Sanetz (1368), Jacobus Senenz (1312); der Senetzer in der Senetzere — Schaß-Eggli (Gst.) — Schön- (= Schon-) ried, vgl. S. 33: Burgui de Soerier, Petelly de Syonerier (1312). — Schopf ( S. 52): Schopfer (1321), Schopferebärgli und -vorschḁß, d’s Schopferli. — Schwendi (Stelle, wo Wald g’schwäntet wurde, vgl. d’s G’schwänt): Anton Schwendi (1489. 1626. 1695); Schwendener (1557); Schwenter (1570), — Seewen (1324); Seewer, Sẹe̥wer; Seewers̆-ägg (La.) -brügg, -matte (La.), -weid (La.); d’s Sẹe̥werli (Bahnhofplatz SchR.). — Brüder « de septem vallibus» erscheinen 1175 in Burgdorf und 1300 in Biezwil, Sibintal 1270, de Sibenthal schon 1166 in Frienisberg, 1329 in Bern, 1338 in Freiburg, 1345 in Worb; 1344 ein von Sibenthal in Gurzelen; 1627 lebte hier ein Sibentaller. 5 — Stalder 1368. — Am Steige 1368, Steiger 1448. — Dou Sex ( S. 52) 1324, dou Sais 1312, zum Stein 1698, Zumstein 1483, Steiner 1616, d’Steinere, Steimere ( S. 52, vgl. Schopfere); Steinerquelle, Steinerhụs (Abl.), Steinerevorschḁß (La.). — Strättlinger (1512). — De la Sauza 1812, Sụlz, Sulzer.
Die Tanne und der Tannwald = der Tann: Zur Tannen (1489, vgl. Zurbuchen usw.); die Tann-egg: der Tann-egg-er, Tannigger 1627. 1671, Tanniger 1679; Tanniggers̆- oder Tannigers̆ Fang (Gd.). Das T- als Artikel gedeutet (vgl. Annen): Anniger (1626), Aniggerfang, d’s Aniggerli (FÖ.).
Turemberg 1403. Trog 1627. 1630. 1645.
Wäffler, Wäflere-weid. — Petrus de Wallis 1368. — Wand-fluh-er: Wampfler. — Wangere 1368, Wangers̆wald. — 371 Wilpiere, Wispilione 1312: Wispiller 1511. — Jacobus Uri 1312. — Zäller (17. Jahrhundert). — Zelg ( S. 170): Zälger 1465. — Zur Zuben ( S. 84): 1560.
1
Chr. 383.
2
Schwz. Id. 6, 813-819, spez. 814 Mitte;
mhd. Wb. 2, 2, 381;
Gatsch. O. 298.
3
Drei Lebensbilder im
AvS. 1916, 22, Beilage, mit Bild. Der Schriftsteller Christian R., s. u.
4
Bern. Biographien ed. Sterchi (cf.
AvS. 1896, 28).
5
Vgl. Sibbenthal in
cons. V.
Familiennamen aus Zunamen. Aus barba = Bart: Barben 1662, -Vorschḁß Ms., Gd., Barber 1355, d’s Barbeli Gb. — Johann der Lengo 1361. 1368; Leng-Hans Huswürt 1626; Antonius Lengen 1452; Hutzli der Lenger 1650. — Peter Beis 1403; der Klein: 1700. gras: Adam Gra (1616, wie 1599), Graa (Gst.); d’s alt Graali. — Rubrius 1312, der Rot 1639. Wyß, Wyßli. Krapfen 1448, Kropf’s 1368; Kropfli 1541. 1677, Kröpphli 1368.
sin-wel, «ganz rund», si̦mbel: 1 Sinwel 1512. 1616. 1624. 1672. 1677. — mutus, muet, stumm: der Mụd, Pintelers Mụ̆d, dr Mụ̈̆dụ̆, d’s Mụ̆dli.
Zu l. « frictare» (reiben), 2 frotter, neben mhd. vruot, frôt, 3 vgl. frụtte (fäge): der kleine Saubere: 1355 Fruecy, 1494. 1689: Frụtschi, verschriftdeutscht Frautschi 1675. 1700. 1813 (Tp.). Daneben: Fruttinger 1393. 4
Eigenschaften aus den Zeiten der Wohnsitzeroberungen (s. u.): Krieg; der Chriegsgrabe (Gst.). — Eisern: Isen 1324. 1393, Christen Isen (1617), Isod 1684, Iseli, Alp Iserin (Gst.). Hart wie Messing, mhd. die messe (auch als bestimmtes «Maß» an Metall); das messinc (Bronze), von Bronce: möschin, 5 Messin, Möschig 1312, Mösching 1340, Möschings 1403; Möschings Oey 1628. Das Geschlecht Mösching, das zu Anfang des 14. Jahrhunderts «zum Sewe» in Zweisimmen begütert und alldort im Gericht vertreten war, verpflanzte sein Wappen: eine Pflugschar mit Kreuz, nach Saanen. Die Nachkommen z. B. Jenni Möschings von 1403 stellten der Landschaft eine Reihe Vorgesetzter. Christian Mösching († 1670) war 372 Venner, wiederholt (so noch 1666) Landschreiber und (1644) Kastlan. 1662 begann er seine Chronik, welche, durch Gander ( S. 32) fortgesetzt, in mehreren sorgfältigen Abschriften erhalten ist. Eine solche mit wertvollen Nachträgen stellte uns Oberlehrer Gottlieb Mösching (s. u.) zur Verfügung. Als Gemeindepräsident und Amtsschreiber diente Emil Mösching der Landschaft.
Der Viel-waltende: Manag-walt, Managold, Manigold, Mangoldsguet, Mange̥lsguet (1626), Sa.; Mangelt (1437).
Fränkisch bald (kühn, munter, rasch): afz. baud, Baud, 6 um 1445 Boo. Die Baud kamen laut Familientradition als Zimmerleute für den Saaner Kirchenbau aus der Waadt. — ahd. During: Türing 1484.
Der «gedrängte Dränger» als Recke: 7 Recko 1361 (Reckenberg). Von Wut «besessen»: Wüetrich: Wüetrichsrụ̈tti. — Diese erinnert an das Gegenteil «lieblich angenehm», altdeutsch suome mit dem Verb süemen. 8 1324 erscheint Johannes Suomi oder Sumy, wie 1524 der Schneider Sumi in Bern, der als Opfer seines heimlichen Luthertums dem Dolch eines Priesters erlag. Ein berühmter Gemsjäger war Emanuel Suemi. 9 Vgl. d’s Suemeli, Bergweide (Gb.). —
1
Stald. 2, 374.
2
M-L. 3505.
3
Wb. 3, 389.
4
Vgl.
schwz. Id. 1, 1339 f.
5
Wb. 2, 1, 159;
Kluge 312;
Weig. 2, 173.
6
M-L. 900.
7
Weig. 2, 514.
8
Mhd. Wb. 2, 2, 748. Geläufiger als
sew-mi ist uns
suo-ßi (vgl. Suso) iSv. sanft, süeß, lieblich.
9
SAC 13, 246.
Familiennamen aus Namen für Stand und Beruf. Wenigstens ein im Örtlichkeitsnamen verewigtes Cheiserli erinnert an die Art, wie in den alten Fastnachtspielen einfachste Leute einmal im Leben sich als Cheisera und Chü̦niga aufführen und von einer gelungenen Darstellung der fürderhin den Titel ihrer Rolle erst als Zunamen, dann als Familiennamen vererben durften. Ein (Heer-) Führer als Dux ( duc, Herzog, heri-zoho) vererbte sich im Dụxbärg (FÖ.). Erst recht aber die Burgwärter oder «warte» verewigten ihre dichterisch umgedeuteten Titel als die «harten»: festen, zuverlässigen «Burkharte» so zahlreich, daß sie bis zur Kürzung Bu̦rri, Bu̦ri (Bury 1615) gediehen; vgl. Burenegg. 1312 lebte ein Borcardus und ein Burquartus Regni, 1368 ein Burkardus Parras, so ebenfalls bereits 1312 ein Heini Bury; und der Bu̦rrisgrắbe ist und S. 64 als rechtsseitiger Zufluß des Chauflisbach begegnet. — Den Zehnten erhob der Cendere (1312. 1361), Zehenner (1452), Zehnder.
Als Vorläufer des heutigen Doktors als Arztes amtete der Bruchschneider als Schä̆rer.
373 Einen großen Teil der Zeit widmeten die hohen Herrschaften der Jagd. Zu ihrer Bedienung gehörte u. a. der Züchter der Jagdfalken, deren einer in Falkeners̆ Weidli (Tp.) verewigt ist.
Zum Fleisch liefert den Wein der Wymann (1493) als Reber, dessen saanerisches Heim: d’Rebere begreiflich als d’Trebere entstellt wurde. Der Kaufmann war ahd. der caufo, das Kaufmännchen: der caufilo. Ein solcher konnte am Aufstieg von Saanen nach den Gruben beim Chauflisbach seinen Stand haben. Die l. Entsprechung caupo bedeutete den Wirt, Wü̦rt als Gastwirt im Gegensatze zum Landwirt und zum Hausherren als Hauswirt, Hụ̆swü̦rt. Zu den Angestellten des Gastwirts gehört der Kellerverwalter als einstiger Chäller ( cellarius), vgl. den Chäller-Öy-Bach (La.), der heutige Chällner (alt: kellnari) neben der Chällneri.
Bei Anlässen wie den Tanzsuntige und Märete sind diese Angestellten auf Hülfskräfte angewiesen. So an den «Guigere» (1312), Gịger als einstigen Inhaber des untere Gị̆gerli bei Gstaad und des obere o b-d deṇ Gruebe. «Blasen»: l. flāre, der flātus steckt in it. il flauto, afz. la flaüte (flûte), die Fleute, Flöte und damit in Fleuti, Flöiti 1494, sowie dem Fleuteli d’s Fleuteneläger. — Wie das «rallen» der «Rälle» sich anhört: der Klapper mit stählerner Feder, welche abwechselnd über die «Rillen» und die Zwischenwälle einer Walze fährt: so tschä̆deret die lärmend lustige Musik des Ralli, Rälli, Rolli, Rölli. 1 1368 lebte ein Reyller, 1597 Uli Reler in La. Von ihm redet das Rälli als Gütchen, das Rällerli (S. 44) als aussichtsreiche Bergweide, Rällers Vorschḁß, die Rällerịị. — All diese entlegenen Plätze luden auch zu G’spässe ein, an welcher der Name Schärz (1525) erinnert.
1
Schwz. Id. 6, 864.
Der Vorarbeiter, des Bäckers: Beck beschafft das Mähl aus einer Mühle, Mü̦hli, l. mólina, als Stammsitz all der va Mü̦̆hlene, 374 von Müllinen. Der urkundliche molinarius ist der Mülliner (1694), der Mülle̥ner (1452) als Inhaber z. B. von Müllener’s Vorschḁß (Gd.). Aus ihm wurde der gut deutsche Müller. Der lieferte als Weißmüller (1690), Wịßmüller und nachmaliger Inhaber der Wịßmülleri (Ebnit) Semmelmehl. (Vgl. dagegen die Rụụchmü̦li bei Schwarzenburg). Ein Verfertiger von Beuteln bewohnte den Bụ̈ttlerbŏde.
Zum Brot das Kleid (s. u.). Solches wirkte und wü̦rkt nach alter Sprache der wurhto, würhte, der bereit gotische worstwa oder worstwja 1 (Wirker), wie er im Saanergeschlecht Wü̦rste als «Arbeiter» im edelsten Sinne des Wortes fortlebt. So gab und gibt es unter den Wü̦rstne Geistesarbeiter z. B. auf dem Feld der Schule und des Rechts. Bereits 1312 und 1355 begegnen uns die Wirstoz, 1437 und 1448 die Würsten, 1616 Hans Würstens, und im Kh. liegt die Wü̦rstevorschḁß.
In diesen Zusammenhang gehört auch der Rauber. Das aus Jaun in Abläntschen eingewanderte Geschlecht besaß dort Raubers Gúet mit einem Haus, das einen sehenswert stilisierten Einbau zeigt; heute ist es von der Familie Zbä̆re («des Bären») bewohnt. Der Rauber ist ursprünglich der Verfertiger von Raub als germanischer rauba 2 iSv. Gewand, vgl. fz. la robe: langes Oberkleid (und damit dokumentierte Amtswürde).
Schu hmacher und Schnider (1501) verarbeiten die Erzeugnisse des Gerbers einerseits, des Weber, Wäber (1689) und des Walcar (1355), des Walcher’s (1393), des Walker (1452), des Walcker (1618) z. B. auf dem Walkerlimaad (La., vgl. S. 119) anderseits.
1
Vgl. die schöne Wortgruppe in Heynes Ulfilas 326. Das
ch wurde auf seinem Weg nach der Vorderzunge über χ (s. u.) zu
sch (vgl. das gegenteilige
Mu̦chtere aus
monasteriolum (
Montreux). Das
-ja wirkte auf das zu
u verengte
o als
i-Umlaut, und an den Wortstamm trat genitivisches
-en.
2
M-L. 7090. 92.
Der Schmied, vgl. Peter der Schmit (1358), den Degenschmied im Dorf (1630), Christen Annen der Schmidt am Gstaad 1717, Ruffi der Schmid 1700, aber bereits 1403: Jacob Schmit und 1368: Schmitz (Schmied’s); dazu Schmidsfang, d’s Schmidmädli (Tp.); Faber 1312, 1355. Fafry 1557, Faffry 1671, 1688. Favre. Heinrich Kaltschmid 1450. Chäßlers̆fang (Ms.). Der Trĭ̦hel-Frụtschi. Bohren (1480 aus Grindelwald?), ein Bori (Gb.); Borisstu̦tz (Kh.), Boreṇguet (La.).
375 Die Soodersägg (La.) läßt an die Zusammenarbeit des Schmi̦i̦d, des Mu̦rer und des Zimmermanns am Sood denken. Andere Holzarbeiter wie dieser und der Schreiner sind der Schnitzler als Schnätzer (1452, 1500) und der Kübler: Chŭ̦bli als Namengeber des Chü̦̆blismoos. 1636 erscheint Moritz Kübli. 1312 Cubili, 1393: Kübli.
Dies erinnert einerseits an alle die Baumer: die Boumere z. B. von 1312, die Buemere von 1324 und den Niklas Baumer in Romangs Trauerspiel, anderseits an das um Hochstämme gruppierte Strauchwerk. Dies verfiel zu den Zeiten der Rodung dem Feuer als Lieferant von Chol als Ersatz der später in den Handel gelangten Steinkohle. Chohlplätza bot z. B. der Bahnhofplatz Saanen, wozu zu der Chohlwääg und das Chohlhụ̈sli gehörten. Als Köhler, Kohler, Kohli, Chŏli erscheint 1324 ein Petrus Coly. Vgl. Cho1is Vórschḁß und Cholis Grịnt ( S. 21).
Fünf Proben von Familien- samt Berufsnamen: Moses Ruffi, Schulmeister am Gstaadt 1697. Jakob Ällen der Färber 1651. Schmied Annen, Gstaad 1717. Niklaus Weber der Kappelenschmied 1626. Der Dühelbohrer Matti Peter von Siebenthal der Pulvermacher 1715.
Familiennamen aus Zu- und Annamen. Manch einen Hutz 1 als Anlauf, Sprung leisteten sich Ucyli 1312, 1324, Willo Huezli 1393, Hu̦tzli 1337, 1637; dazu das Hutzliguet. Die Hu̦tzliga stellten aber der Landschaft je und je Kastlane und Venner. Dem Kastlan Rufinus Hutzli wurden 1458 die Landessiegel gestohlen, und er mußte eidlich sich vor Verdächtigungen schützen. Ein Hutzli war im 17. Jhd. Venner im Oberhasli.
376 Zu rụụße als schnarchen: Rauße 1653, Rụssi 1501; d’s Rụ̈ßeli. Adam Roussi der Strụb 1695, Strụbhans (Heuberg Tp.). Frischewert, Frischliswert (La.). Fögueli 1312, Fögilli 1355, Vögeli. Lerchstafel (La.), Lerchweid (FÖ.). Blum (18. Jhd.), Bluem, d’s Bluemli. Endlich kennt auch das Saanerische ursprüngliche Neckrufe, welche (wie «Bĭ̦resti̦i̦l», «Hüenerwedel» usw.) nach Art studentischer «Cerewis» mechanisch wiederholt zu Geschlechtsnamen erwuchsen. 2 So wurde die fränkische pokka, la poche (Tasche und Schöpflöffel) und poch-on zum freiburgeroberländischen Pochon, zum guggisbergischen Boschung (s̆s̆), zum Abländschener Poschung und Poschị̆g (s̆s̆). Auch Raaflaub (1491: Rauflaub) mag ähnlich zu deuten sein. Ebenso Strähl und die Strehlsvorschḁß (1662). Mit dem Tụtli (Grundstück an der Simne) vgl. Tụttel ( S. 250).
1
Schwz. Id. 2. 1837.
2
M-L. 6631.
Der Erklärung harren: Adelim-a, -o, o’s 1312. Agredere 1324. Aherlis- oder Acherlis-Bŏ́de. De la Alta = Halten 1312. Amme̥rte-Bode und -Hoore n (Gd.).
Bay 1676. Beust, d’s Beust (Kh.). Binfen oder Pinffen. Blansche 1361. Bonzonli, Gstaad. Bossimant, Bussimant 1312. Bovmant 1355. Bowy (Bovet) 1616, Brenoz 1355. Brohner (Abl.). de Buylo 1312.
Calsimit 1312, Calsemit 1324. Champy 1312, 1324. Chendere 1355. de la Chinou 1355, dictus Chinowe 1351, Clausiman 1312. Cottier 1746, Ggottĭ, d’Ggottistift, s. u.
de Enswile 1368. Exilliere 1312. Esper 1494.
Fächts Matten (Gd.), Fechts 1617. Fitschimaad (La.). Forne 1710. Fredron 1312. Freidig 1792. Michahalem Fruonbeiß 1368.
Gaudard: d’s Gaude̥rli, der -bach ( S. 37). Gawerschin 1353, Gellet 1312. Gobelet, Goblet 1611. Gon, Gonz 1312, Conzett von Rm. 1719, Conset 1620, 1675, Gonset 1558, 1672, 1798, Gonset 1671, Gŭ̦set (La.), Gu̦nset 1626, Gu̦nßet’s Schwand (Gst.). Grischi 1368. Groners 1355. D’s Gstụ̈ssi (Weidli, Tp.) Guysin 1312.
Cono Aldi 1355, Haldi 1393. Die Haldiga gliedern sich in die Bleiki-, Gị̆beli-, Gräbli-, Gụgger-, Mist- und Mordio-Haldi; d’s Haldisbärgli (Gb.) und Haldisvorschḁß (Gd.). Hari 1437. Hegny 1312. Hennen 1437. Henchoz 1653.
Jacoretz 1368. Jerlet, 1510. 1 Jersing, Yersin 1630; Yersingberg. 377 Indrisseywy 1355, Jobort 1368. Ircos 1312. Yten 1361. Yuglars 1324.
Kabis 1483. Kabasser 1361, Cablaser 1368, Cablenzer 1312, Kablesere 1341, Kablesser 1354, 1407; Kablester 1355, Kablestere 1324. Chablessere 1353. Johann der Kinden 1368. Krapfen 1448.
Lambert, Lamberg, d’Lambärgere; Peter Lambärg. Lauw 1604, Louw 1626, 1674, 1677. Läderachvorschḁß. Lierg 1312, Lirgo 1361, Lirggo 1368. Longy 1312. Lons 1312. Lötscher 1368. Löwo 1361. Luschi 1408. Luydi 1312.
Malleret 1437. Marmet 1561, Maarmị (Abl.). Maygros 1312, Megris 1408, Migna 1312. Miniger 1628. Moyrin 1312. Mü̦rners̆-Fäng (Tp.). Mü̦tsche̥tsweid am Berschel. — Ochten 1547.
D’s Piggeneweidli (La.), Pịgge, Pịggs, Picqui 1312, 1324, dicti Pittet 1361, Pittecz, Pittez 1312, Pytz 1355. Plang 1502.
Rĭ̦be n 1611. Rịịffe 1312, -Vorschḁß, Ryffe 1312, 1324; im Rịffeli.
Schampis 1361. Saugy Rm., Schausi, Schusy 1615. Schläppi 1645. Schmolzi, d’s Schmolzeli (Gst.), Schmulzi 1546. Senecer 1324. Sydeller 1355. Synacher 1355, Synfen 1355, Synffen 1351, 1353, 1356. Sinfric 1355. Sirote 1312. Sperant 1310. Stalbo 1312. Sterchi 1626. Strụ̈ns (Abl.), Strüend’s. Stucki 1578, d’s Stu̦ckeli (Gst.), Stuodilo, 2 d’s Stuedeli (Gst.).
Tappans 1312, 1355, Täppen 1487, Däppen. Theiler. Tillere, Tilliere 1312. Tissoz 1312. Totsel 1672, Totfill 1368, Topfell 1671, Topfel 1677, 1678, am Topfe̥l (Gst.), Topfe̥ls Arsch (Gst., s. u.), Topffel 1677, Tofelsbärg, Toffyn 1312, Tofly 1312, 1355, Trog 1644. Tugen 1362. Tuller 1312, 1340, 1355, 1368, Tullere 1361.
Anti Uchilly 1355. Ulricus der Wely 1368. Wetschi 1450. Weyrer 1674. Widiman, Videman. 3 Wieland 1469. Wollet 1629.
Zamri, Zambri (17. Jhd.). Zibolt 1403. Cingrully 1324, Cinguily 1324, Zingri 1359 (Bern), 1631, Christen Zingri der Pariser 1771, Zingeribärg, Zingris 1361, Zingris Vorschḁß (Gd.), Zingre. Züllin, Zü̦llerli (Sa.). 4
1
Vgl.
Tw. 39.
2
Äbischer nach Förstemann 1367.
3
Äbischer; vgl. Förstemanm 1611
4
Hauptquellen für «Personennamen»:
Robert Marti-Wehren: Abschrift der saanerischen Grundbesitzernamen von 1312 ff.; Abzüge aus dem Chorgerichtsmanual Saanen. Die
Möschingsche Chronik. Der
AvS. 1882, 17 verzeichnete die noch lebenden Burgergeschlechter:
AvS. 1893, 24: Aus den Burgerrödeln von Saanen. — Über Personennamen: Vetter in
SAC XVIII; Kleinpaul, Bähnisch, Khüll;
Weig. 1, VII.
Anmerkung: Die Farben sind durch Buchstaben bezeichnet R=rot, B=blau, G=gelb, GR=grün, W=weiß
Phot. R. Marti
Heim: Wie heimelich klingt das Wort zumal dem Alpenbewohner! Schnee und Eis auf Fluh und Horn, in Wald und Weid, an Schlucht und Kluft sind sein Gesichtskreis und Arbeitsfeld über den Tag; was wären sie ihm ohne den Ausspann im Heim! Was aber ist Ausspann, wenn nicht Wechsel der Arbeit: Bluterneuerung im Schlaf, Geisteserneuerung im Studieren und Lesen und fördernden Gespräch, und Arbeit, welche Hände und Sinne übt. Tagesarbeit, deren Darstellung den Großteil auch dieses Buches füllt, bietet ja und fordert das weite und enge Heim in Fülle; aber Kunstgewerbefleiß: 2 Industrie als Heimarbeit zumal für die langen Winterabende haben nicht einmal die Nöte der Weltkriegszeit neu aufzuwecken vermocht.
Wie spärlich sind die Hụstuech-Wäberi über das Saanenland verteilt — von Webern gar nicht zu reden! Vgl. S. 286. Als Spinnera einheimischer Wolle zu Strumpfgarn betätigt sich, we nn sị’s scho n sụ̈̆st mache n chönnti, jeden Morgen neu aaṇgrif tig ihre Altersgebrechen überwindend, die mehr als achtzigjährige Mutter Lisi Röthlisberger- Zingri im Schönried.
Eine überaus achtungswerte Heimindustrie wurde noch vor einem Menschenalter auch in Afläntsche betrieben. Eine Kastellanstochter des Greyerzerlandes 3 erlernte von einem Tagwaner und Chorber 4 des Freiburger Oberlandes das Strou flächte z’ẹe̥rst für Bịjichörb, dann für Strouwhüet. Solche Kunst brachte die edle Tochter under 383 d’Lụ̈t und selbst in guet g’stellti Familien. Die sorgfältige Arbeit fand Absatz in drei Nachbarländern der Schweiz und brachte reichen Verdienst. 5 Vom Greyerzerland kam sie über Gálmis nach Jaun und Afläntsche. Hier blühte sie bis 1870 als regelmäßige Industrie. Noch bewahrt der Sohn des fleißigen Mütterchens Janz in der Bĭ̦re ( S. 382): der Bĭ̦re Rees die zwei hier abgebildeten Instrumente sorgfältig auf. Sind sie dem Einsiedler doch ein augenfälliges Andenken an sein Muetertli.
Hören wir, wie er die äußerst sorgfältige Qualitätsarbeit beschreibt: 6
Nŭmḁn di schönste Hälm vam Su̦mmerwi̦i̦ze hät mu̦ dḁrzue b’brụcht. Mụ ist zu n däne g’gange, wa söttigi Achcherle̥ni aaṇgsẹe̥iti oder (sogar) g’setzti 6a g’hä̆ben 7 hei u hät ’zăhlt, für törffe ga die Hälm z’näh, ẹe̥b d’Ee̥leni z’vollmụ sị zịtịgi (rịffi) g’sị. Am liebste hät mụ d’Hälm ụszoge, oder emel de nn ganz u̦f der Wu̦rze mit dem Mässer abg’hü̦wwe. D’Ee̥leni hei Mähl u Brot g’gää; d’Hälm hät mu̦ d’döör rt. An de länge Winteraaben de hät mụ g’aabe ndsịtzet, für di ụssere n-m Bletter («Blattscheiden») van de Röhrlene n abz’mache. Wen n de par Meitleni u nd-b Bosseni (Burschen) sịn daa g’sị, hein die (jene) oppa ó ch no ch mit Gare n winde und di̦si mit Härdäpfel b’schnị̆de sich abg’gää, fe̥r daß d’s Mụl nit al leinig z’tüe heigi. Ob sü̦st no ch äppḁs g’gangen ist, hei we̥r niena ụfg’schrĭ̦be’s funde.
384 Uber e Tag hei iezen di Strouflächteri di Stroutụ̈̆te̥le̥ni 8 (Halme) dur ch de n Strouspalter dü̦r’zoge, daß’s ụs eimụ vieri bis säxi hät g’gää. Die schmale Streipfeni hät mụ g’li̦schschet, wollt säge: lind u gli̦mpfig g’macht wi̦ Lische ( S. 94). Für das hät mụ en eigeni Stroulischsche g’hä̆be. Un ḁ lsó hät mụ äntlich chönnen a d’s flächte hịṇgaa: Mụ hät mit däne fịịne, g’schichte Fingere geng vier van däne Streipfe̥le̥ne z’säme ’trü̦tschet. 9 Das ist g’gangen an es hä̆mele 9a va früei bis spẹe̥t; mụ ist nu̦me hu̦rtig dḁrva äppḁs z’ässe’s ga tranggle ụn u̦mhi dḁrzue — nit lang, su̦ ist eṇ ganzi längi wịßi Schlange der ti̦fige Flächtere zu n de Füeße g’lä̆ge un ist je lenger-sch ti lenger worde. So n es Marịị hät bloß dann e̥t wann en Auge nplick uf de n Pfäästersi̦nze g’gu̦gget, wḁrum d’s Bụ̈ßi nit mẹe̥h spi̦nni; das alt Bbääbi de̥rnäbet hät sich flịßiger (häufiger) versụmt: es hät wĭ̦der e̥mál drüi Fingera Schnụpf i d’s rächt Naaseloch uehi müeße stu̦ngge.
Phot. Arnold Seewer
«Strohflechten für Sessel im Gsteig pro Stück Fr. 4.50 bis Fr. 5» finden wir 1920 als Heimarbeit angeboten auf der Station Saanen. Der Gemeinderat dieses Ortes nahm bis 1. Juli 1920 Angebote entgegen für Stickerei als Haupt- oder Nebenberuf. Er handelte damit im Auftrag der oberländischen Volkswirtschaftskammer.
Eine ähnliche Zierarbeit aus dem Gebiet der Textilindustrie wie dies prödiere ( border als ursprüngliche Saumzier) ist die Spitzenklöppelei mit den (bis 80) zierlichen Holzklöppelchen. Es ist das ti̦ntle: 10 385 das Herstellen von Spitzen als Nachahmung von «Säge-Zähnchen» ( Zändlene): dentelles, also das dent-ill-are, denteler.
Außer den üblichen Handwerksarbeiten seien u. a. erwähnt: Die Schnätzerii von Sẹe̥wer und Urfer, die Drẹe̥ijerii von Bratschi.
Sei es aber welche Heimindustrie es wolle: Nur Qualitätsarbeit bringt unserm Ländchen bleibenden Gewinn. Jedes Werk soll den Stempel edelstolzen Arbeitsgeistes tragen, den der Kenner mit dem Worte herausliest: Daas hät nu̦men däär und nu̦men dịe̥ so chöne mache.
Schaffen u hụse hät d’s Saaneland b’habe. Ja, es hät’s g’laßen oben ụf choo.
Phot. Seewer, Gsteig
Jede Arbeit ist ehrenvoll, auch die des Tagwaner. Der tagwanet («tawnet») im Tagwan, indem er im «kleinen» Taglohn für einen Arbeitgeber schaffet und an seinem Tische ißt, oder beim «großen» Taglohn sich selber verköstigt.
1
Vgl.
Bichsel, alt Sekundarlehrer in Brienz: Volkswirtschaftliches aus dem Oberland 1926, Selbstverlag.
2
Heyse.
3
Von
Tour de Trême, laut Hans Brugger, am Moleson 16.
4
Peroullat. Laut
Pierre Scioberet in Nr. 44, S. 1-67 der Guten Schriften, Bern.
5
Küenlin 117.
6
Vgl. die edle Flechterin Marie bei Hans Brugger.
6a
Auch im Simmental wurde
Chorn g’setzt statt gesäet: die außerlesenen Getreidekörner wurden im Frühling in fingerslanger Distanz
stötzlig in kleinen Furchen eingedrückt und benetzt, um ihre Bestockung zu sichern.
7
Allgemein oberländisch
g’hä̆be statt saanerisch
g’habe zum Boltigerzug (s. u.) des Alemannischen.
8
Vgl. der
Tụtel,
S. 250.
9
D’Trü̦tsche (Zü̦pfe),
trü̦tsche (züpfe, flechten).
9a
flink arbeiten,
hämnele
n, «schnell und trippelnd gehen», vgl.
schwz. Id. 2, 1269.
10
Gw. 489.
Die ältesten Verbände des Saanenlandes sind seine vierzehn Bụ̈rteni und zugleich Schulkreise: Lauene, Gsteig, Feutersöy, Grund, Gstaad, Äbnet, Saane oder Dorf, Chalberhöni, 386 Gruebe, Schönried, Saanemöser, Tu̦rbach, Bi̦sse und Afläntsche. Lauenen bildet zugleich eine Einwohner- und Kirchgemeinde, ebenso Gsteig und Feutersöey zusammen. Abläntschen ist eine Kirchgemeinde, gehört aber mit den zehn andern Bäuerten zur Einwohnergemeinde Saanen. Diese drei Einwohnergemeinden bilden zusammen den Amtsbezirk Saanen. U̦na im Dorf steht das Amthụs. Da amtet seit 1. August 1926 der eine und selbe Beamte als Regierungsstatthalter ( Regieriger, Statthalter) und als G’richtspresidänt. Kriminalisierte wandern nach dem wịße Vorschḁßli: dem unschön g’wịßgete Tu̦re n auf voller Höhe des Dorfanstiegs. Gerichtliche Schuldforderungen erledigen der Betrịber und der Weibel.
Bis vor einem Jahrhundert aber bildete das Saanenland die Landschaft Saanen. Diese Rolle der Landschaft ist noch heute nicht ausgespielt. In alle Zukunft hinein hat die Landschaftskumission die wohltätige Vergabung der Cottie r-Stift 1 zu verwalten.
Pierre Cottier von Vivis und Rothenberg und seine Frau Esther geb. Bovay zogen um 1720 als reiche kinderlose Eheleute nach Saanen. Dort bewohnten sie das Haus in der Öy, welches 1920 im Bau erneuert wurde. Hier erfuhren sie mannigfache Erweise von Hochachtung und Freundlichkeit, so daß Cottier seinen Dank im Testament vom 8. Januar 1725 kundgab. Damit vermachte er den Schulen von Saanen, Lauenen, Gsteig und Abläntschen seine in der Gemeinde Rougemont gelegenen Weiden Martigny und Plantière am Fuß des Rüeblihoore. Aus den jährlichen Einkünften sollten vermögenslosen Schülern Bi̦bleni, 1a Psalme-m-büecher und andere geistliche Schriften, allen Schülern sodann öppis aṇ Gält verabfolgt werden. D’Landsg’mein und der Landsvenner durften über die Erträge noch anderswie verfügen. Frau Cottier testierte für die Schulen zum nämlichen Zweck 1600 Chrooni. Die Landschaft Saanen dankte am 15. November 1746 mit der Errichtung eines Chilchestuehl. Das Ehepaar bestätigte seine Vermächtnisse durch Erläuterungs-Nachträge; durch das Kodizill vom 7. November 1747 wurden die Berge Ouges und Comballet in Rougemont den Armen der Landschaft Saanen vergabt.
An 28. November 1747 starb Pierre Cottier. Nun vermachte — am 5. November 1750 — die Witwe ihre noch übrigen Liegenschaften den Armen der Landschaft. Nachdem sie — am 6. Mai 1760 — die Augen geschlossen, versuchten ihre Verwandten die letzten Verfügungen 387 der Eheleute Cottier anzufechten. Es kam ein Vergleich zustande, in welchem die Landschaft auf die Planard-Vorsaß verzichtete und 200 Kronen als Entschädigung bezahlte, ihr aber alle andern Vermächtnisse verblieben.
1827 wurde das Vermögen der Landschaft unter deren drei nunmehrige G’meini oder G’meindi ( S. 386) verteilt. Unaufgeteilt aber verblieb die Cottierstift, von deren Erträgen damals nichts, nicht einmal das schlagreife Holz veräußert werden durfte. Die Ggottistift blieb darum der Landschaftskumission unterstellt.
Als 1843 zum Zweck einer Marchverbesserung mit Aastööße (Anstößern) ein Waldstück ausgetauscht und 1861 ein Holzschlag unternommen wurde, traten eindlif Nachkommen des Bruders von Pierre Cottier als Kläger auf. Ja, sie forderten die Herausgabe der gesamten Cottierstift. Und prozidiert hät sölle wärde vor waadtländischen Gerichten. Hiergegen beschwerte sich Saanen beim Bundesrat durch Fürsprech Rịịhembach von Gstaad in Burgdorf im Oktober 1861. Am 15. Mai 1862 antwortete der Bundesrat abweisend. Da appellierte Saanen an die Bundesversammlung. Die entschied: die Klage gehört vor das Gericht, in dessen Marken der Erblasser wohnte. Da hei d’Chleger lu̦gg g’laße und d’Chöste ’zahlt. Ungehindert konnten fortan die schönen Vermächtnisse dem Schul- und Armenwesen zugewandt werden: Saanen erhält sieben Neuntel der Erträgnisse, die beiden andern Gemeinden je einen Neuntel.
Der Cottier-Stift reiht sich die Matti-Stift würdig an. Am 20. Februar 1833 testierte Emannel Matti von Saanen, gewesener Amts- und Gerichtsschreiber zu Belp, je säxhundergg Chrooni: 1. für den Unterricht in den Bäuerten Saanen und Ebnit wohnender unbemittelter Mädchen in Haushalt und weiblicher Handarbeit; 2. für 388 tüchtige Berufsbildung unbemittelter burgerlicher Knaben aus dem Dorf und den Gruebe. D’Gmeinsmanna sollen für Plätze bei tüchtigen Meistern und nachher für gedeihliche Wanderschaft der Burschen sorgen. Die 1200 Kronen sind, nach Entrichtung der vorgeschriebenen Lehrgelder, sowie nach Vorschüssen auch an Studierende, am Neujahr 1917 auf den Reinbetrag von 14,000 Franken angewachsen. 2 Noch sind aus dem Gsteig zu erwähnen: D’Linder-Militärstift für arme, im Felde stehende Soldaten und ihre Familien, d’Räber-Romang-Üelliggerstift für «Räberbrot» als Gratisbrot an Arme.
1
alt:
diu stift, stifte.
1a
Bi̦bleni: Bibliji, Biblii, neue Mehrzahlformen zu
Bịblị (aus gr.
biblia als Mehrzahl zu «das»
biblion: Buch aus Blättern von Papyrusbast).
2
Über das
Vallize-Gut s.
AvS. 1926, September.