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Lies dazu »Die Glocke von Speyer« in Martin Greifs Gedichten. VI. Auflage.
Zu Goslar auf einsamem Lager
Der junge König ruht,
Vor Sorgen bleich und hager,
Im Auge düstere Glut.
Er hat die Krone gerissen
Von seines Vaters Haupt,
Nun soll er die Treue missen,
An die er selbst nicht geglaubt.
Denn überall gährt's im Reiche,
Die Zwietracht schüret Rom: –
Des Vaters gebannte Leiche
Liegt fern zu Speyer im Dom.
Die ihn erhoben hatten,
Sie wollten ihm Diener nicht sein:
Als eines Herrschers Schatten
Ritt er zu Goslar ein.
Und da er Schlummer nun suchet,
Versammeln sich Wolken dicht,
Als wenn der Himmel ihm fluchet',
Als nahte das Weltgericht;
Dem König lehnt am Bette
Das Schwert mitsamt dem Schild,
Daß er zur Hand sie hätte,
Wenn sich's zu wehren gilt.
Da drohen eilende Blitze,
Da zucket ein Wetterstrahl
Und fährt in des Schwertes Spitze
Und trifft den Schild zumal.
Der König, gestreift von den Flammen,
Liegt lang des Schreckens Raub,
Dann rafft er sich zusammen
Und kniet sich in den Staub
Und faltet beide Hände
Und fleht demütiglich,
Daß sich das Herz ihm wende: –
Von Stund an bessert' er sich.