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Das vorhergehende Kapitel hat den höheren, mittleren und niederen Werth der Nährstoffe im Allgemeinen auseinander gesetzt; die Speisen und Getränke, die gewöhnlich genossen werden, wurden in drei Klassen eingetheilt, und zwar habe ich, da das Wichtigste für die Erhaltung eines festen, ausdauernden Körpers der Stickstoff ist, sie hiernach eingetheilt in stickstoffreiche, stickstoffarme und stickstofflose. Wer die meisten Nährstoffe von der ersten Klasse wählt, der wählt am besten für seine Natur. Wer aus der zweiten Klasse wählt, kann gesund bleiben und lange leben; er wird aber etwas mehr Nahrung zu sich nehmen müssen, um den erforderlichen Bedarf an Stickstoff zu decken. Wer nur stickstofffreie Nahrung und Getränke genießt, muß erwarten, daß seine Kraft früh erliegen wird. Auch das soll man nicht übersehen, daß der, welcher stickstoffreiche Nahrung wählt, mit kleineren Portionen zurecht kommt. Wer wollte nicht gern lange leben und gesund und kräftig sein! Möge man deßhalb die rechte Wahl treffen in der Nahrung und in den Getränken und das Werthlose und Schädliche meiden und fliehen!
Es ist nun vielleicht den Lesern dieses Buches angenehm, wenn ich eine Art Küchenzettel für die drei Tagesmahlzeiten hier niederschreibe. Ich will es thun. Da ich es aber immer noch mit den alten Sitten und Gebräuchen halte, so werde ich die ehemalige Lebensweise darstellen und das zu unserer Zeit Gebräuchliche bei dieser Gelegenheit in seiner Verkehrtheit recht beleuchten. Ich will auch bei der Eintheilung in drei verschiedene Tageszeiten bleiben, Morgen, Mittag und Abend. Wenn ich dabei hauptsächlich Rücksicht nehme auf die allgemein herrschenden Gebräuche, so thue ich das aus dem Grunde, weil früher im Volke so wenig über Blutarmuth geklagt wurde, während diese jetzt allgemein ist. Ein Arzt sagte kürzlich: »Es ist erbärmlich, wie das Landvolk so blutarm ist und bejahrte Leute von 70 bis nahezu 80 Jahren blutreicher sind, als viele junge Leute von 24 Jahren.« Fangen wir mit dem Frühstück an und fragen wir: Worin bestand dieses einstmals, und was ist heut' zu Tage gebräuchlich?
Das Frühstück der Landleute war gewöhnlich eine Suppe: Milchsuppe, Brodsuppe, Brennsuppe oder Erdäpfelsuppe. Diejenigen, welche schwere Arbeiten hatten, wie Dienstboten und Knechte, bekamen Habermuß und Suppe, oder auch Muß und Milch, auch Suppe und Milch. Weil am Morgen die Natur ausgeruht hat und somit kräftiger ist, so war diese Mahlzeit vollständig ausreichend. Die nicht besonders schwere Arbeiten hatten, aßen vom Frühstück bis Mittag nichts mehr; die aber schwer arbeiten mußten, bekamen noch ein sogenanntes Unterbrod, welches gewöhnlich aus Milch und eingebrocktem Brod bestand, oder auch aus Erdäpfeln und Milch. Die ärmeren Leute, die keine Dienstboten hatten, nahmen ein Stücklein schwarzes Brod oder ein Stücklein Brod und Erdäpfel. Wie gut war diese Wahl! Enthält doch das Brod alle Nährstoffe, die man braucht! Deßhalb ist auch die Brodsuppe so gut für den Körper. Die Milch, wie bereits erwähnt, ist stickstoffreich. Hat man noch Brod dazu, so hat man eine Mahlzeit, die dem Körper recht viele und kräftige Nährstoffe bietet und auch gut verdaulich ist. Die Brennsuppe wird also bereitet: Gesundes Mehl wird in einer Pfanne geröstet wie Kaffeebohnen, nur nicht so braun, dann mit Wasser gekocht. Nimmt man Brod dazu, so hat man ein kräftiges, nahrhaftes Frühstück. Besonders wurde diese Suppe aus Hafermehl bereitet, und sie wurde stets für die vorzüglichste Nahrung gehalten. Das Muß enthält recht viele Nährstoffe und ist deßhalb für den angestrengt Arbeitenden ein sehr gutes Frühstück. Zu dem Mehl, woraus das Muß bereitet wurde, verwendete man etwas Gerste, hauptsächlich aber Hafer. Es wurde gekocht mit Wasser, wenn man keine Milch hatte, sonst mit Milch, oder mit halb Milch und halb Wasser. Die Dienstboten wären ohne solches Muß nicht auf ihrem Platze geblieben. Zu diesem Muß kam noch eine kleinere Portion Brodsuppe. – Du siehst also, lieber Leser, wie einfach und kräftig die Nahrung und wie gut die Wahl getroffen war. Bei diesem Frühstück konnten die Dienstboten von Morgens 4 Uhr, ja oft von 3 und 2 Uhr an, falls sie noch ein Unterbrod erhielten, bis Mittag ihre Arbeiten gut verrichten, ohne geschwächt zu werden.
Welche Frühstücke hat aber unsere Zeit gewählt? Die arbeitende Klasse auf dem Lande ist auch jetzt noch großentheils, wenigstens bei uns in Schwaben, bei jenem Frühstück geblieben, hat aber leider mit demselben auch schon Schädliches verbunden. Es ist sogar in verschiedenen Orten Sitte, daß man nach dem Frühstück ein Glas Schnaps nimmt, wodurch die kräftige, nahrhafte Kost theilweise wieder verdorben wird. Mit Ausnahme dieser Klasse hat man sonst fast allgemein den Kaffee, weniger Chocolade, zum Frühstück gewählt. Was bekommt aber die Natur davon? Erstens hat der Kaffee, wie gesagt, keinen Stickstoff, und zweitens geht er halb verdaut aus dem Magen wieder heraus und nimmt Milch und Brod mit sich fort. Der betrogene Mensch aber hat von ihm bloß einen angenehmen Reiz und eine scheinbare Kräftigung bekommen, aber keine Nährstoffe, die seine Kraft erhalten oder vermehren. Also ein künstliches Reiz- und langsames Abführmittel hat man eingenommen mit der Täuschung, man habe gut gefrühstückt. Das Traurigste aber ist, daß gerade schwächliche, gebrechliche Leute ganz besonders dieses Frühstück gewählt haben und nothwendiger Weise durch dasselbe zu noch größerer Blutarmuth und Gebrechlichkeit kommen. Selten trifft man eine Näherin, die gesund und kräftig ist. Der Grund liegt neben der sitzenden Lebensweise zum großen Theil darin, daß diese Leute dem Kaffee zu sehr ergeben sind. Ich weiß von solchen, die nie mehr in einem Hause genäht haben, wenn man ihnen nicht vorher Kaffee versprochen hatte. Wenn es mit der Menschheit besser werden und die Blutarmuth gehoben und eine kräftigere Gesundheit erreicht werden soll, dann ist zu allererst nothwendig, daß man ein gesundes, nahrhaftes und kräftiges Frühstück genießt. Vertausche also den Kaffee in der Frühe mit einem guten Frühstück von der angegebenen Art! Willst du das nicht, dann lasse es bleiben, beklage dich aber auch nicht mehr über dein Elend, deine Armseligkeit, und wenn die Hütte deines Körpers zusammenbricht, dann sei überzeugt, daß du selbst das Meiste dazu beigetragen hast. Wem aber der Kaffee so sehr am Herzen liegt, daß ihm schon das Wort Kaffee allein ein Labsal ist, der möge zum Frühstück Malzkaffee, Eichelkaffee, Roggenkaffee oder Waizenkaffee nehmen; er hat eine große Auswahl, und die genannten Arten sind das reinste Gegentheil vom Bohnenkaffee. Schnaps zum Frühstück ist, wie schon gesagt, höchst verderblich; er entzündet den Magen und regt auf. Der Alkohol ist und bleibt ein Verderben für den Körper.
Es gibt viele Gegenden, wo man zum Frühstück Kaffee nimmt und Brod dazu, auf welches Butter gestrichen wird. In andern Gegenden nimmt man Honig statt der Butter. Welchen Werth hat bei diesem Frühstück die Butter und der Honig? Butter wie Honig sind ohne Stickstoff und nähren nur in soweit, daß das Leben erhalten bleibt; aber es wird keine erhebliche Vermehrung der Kräfte durch sie bewirkt. Zudem ist Honig nicht nur ein Reizmittel, sondern auch wie der Kaffee ein gelindes Abführmittel. Der Werth des Honigs liegt eben in seinem Charakter als Arzneimittel; als Nährmittel kommt er nur in geringem Maße in Betracht. – Im Schwabenlande ist die Butterwirthschaft allgemein. Es werden Tausende von Zentnern verkauft und in andere Länder geschickt; aber Niemand glaubt dort, daß das Brod ohne Butter nicht nahrhaft und kräftig sei. Wie theuer kommt überdieß in einer Familie diese Zugabe zu stehen, die ganz gut entbehrt werden kann! Ich möchte wirklich allen Butter- und Honig-Essern sagen: Laßt diese Nebensachen weg und bringet das dadurch Erübrigte entweder in die Sparkasse, oder kauft Euch auch noch ein gutes Stück Brod dazu; dann seid ihr viel besser daran.
Doch man wird entgegnen: Diese empfohlenen Frühstücke sind mir zu schwer, sie blähen mich auf und verursachen mir Magendrücken. Ich antworte dir: Hast du schwere Arbeit, so wird es dich nicht lange drücken. Hast du aber keine schwere Arbeiten oder gar eine sitzende Lebensweise, so darfst du nur wenig nehmen, dieß wird dich nicht belästigen; denn fünf bis sechs Löffel voll kräftiger Suppe bringt dir mehr Nahrung und Kraft, als ein ganzes Frühstück mit Kaffee.
Dieses bestand einst aus Milch und schwarzem Brode; die Armen hatten gestockte Milch und schwarzes Brod, zur Winterszeit Kartoffeln und etwas Brod oder Milch dazu. Diese Mahlzeit war gewöhnlich in fünf bis sechs Minuten vorbei, und rüstig ging man wieder an die Arbeit. Heut' zu Tage kommt es häufig vor, daß man statt Milch und Brod oder Erdäpfel Bier und Brod nimmt, was sehr gefehlt ist; denn das Bier wirkt bloß durch Reiz und hat nur wenig Nährstoffe. Selten ist überdieß das Bier, welches man zum Unterbrod gibt, ein gutes, kräftiges Bier, ja öfters ist es geradezu verfälscht. Daher rathe ich den Arbeitern recht dringend: Kaufet euch statt des Bieres Brod und Milch und laßt dadurch eurer Natur eine gesunde, kräftigende Nahrung zukommen! Der halbe Liter Bier kostet 12 Pfennige; wenn ihr dafür Brod und Milch kauft, dann seid ihr viel besser genährt als mit jenem Getränke.
Eine Unsitte ist es auch, wenn besonders Handwerksleute zu dieser Zwischenmahlzeit ihr Glas Schnaps bekommen, da dieser ja nur verderblich wirken kann, wie oben bemerkt; das Traurigste aber ist, daß der Schnapsgenuß auf diese Weise zur Gewohnheit wird. Bedenke doch Jeder: Wer für die Hälfte dessen, was Bier und Schnaps kosten, Milch und Brod kauft und genießt, wird viel gesünder und kräftiger sein als der, welcher jene Getränke zu sich nimmt.
Die Mittagsmahlzeit ist ganz verschieden, bei denen, die Mehlspeisen genießen, und bei denen, die vom Fleischgenuß leben. Auch herrscht eine Verschiedenheit in diesem Punkte in den einzelnen Ländern. Man kann wohl sagen: So verschieden die Sprache, so verschieden ist auch der Tisch. Ich will zuerst schildern, wie es einst im Schwabenland war und theilweise auch jetzt noch ist. Gerade hier besteht der Fleischgenuß am wenigsten, obgleich man viel und schönes Vieh hat. Selbst dann, wenn das Vieh billig ist, kann man doch nicht von allgemeinem Fleischgenuß reden; alte Gewohnheiten werden hier noch hoch geschätzt. So laß dir denn, lieber Leser, eine schwäbische Mittagsmahlzeit beschreiben, wie sie vor 50 bis 60 Jahren war.
Die erste Speise war Sauerkraut; es bekam Jeder eine Portion desselben ohne jegliches Fleisch; ärmere Leute kochten sehr oft Erdäpfel zusammen mit dem Kraut. Im Winter fügte man auch Erbsen hinzu. Hätte das Kraut gefehlt, so wäre man mit der ganzen Mahlzeit nicht zufrieden gewesen. Nach dem Kraut kam Suppe, Brodsuppe oder eingekochte Suppe von Mehl, oder Knödel, wie sie in Schwaben gebräuchlich sind. Auf die Suppe folgte eine geröstete Kost, wieder von gutem Mehl bereitet; den Schluß machte noch ein Topf mit Milch, aus dem Alle gemeinschaftlich aßen. So beschaffen war der Mittagstisch der schwer Arbeitenden. Bei den ärmeren Leuten fiel gewöhnlich die geröstete Kost aus, dafür gebrauchten sie gedünstete Speisen. Wie gefällt dir ein solcher Tisch? Bemerken muß ich noch, daß stets ein Krug frischen Wassers neben dem Tische stand, so daß Jeder Gelegenheit hatte, vor dem Essen etwas zu trinken; während des Essens trank Niemand. Bei diesem allgemein gebräuchlichen Mittagstisch blieben die Leute recht kräftig und gesund, und viele kamen tief in die 80er Jahre. Wenn ein solcher Mittagstisch wieder allgemeiner Gebrauch würde, dann glaube ich, daß die gegenwärtig große Blutarmuth nach und nach wieder verschwinden würde.
Diese Auswahl der Speisen war eine viel bessere, als vielleicht mancher Leser denkt. Das Sauerkraut gehört wohl zu den allergesündesten Nährmitteln. Es war allgemeines Sprüchwort: die fleißigen Krautesser werden am ältesten. Mit dem Kraut verbindet sich die Suppe und gibt einen Brei, den die Magensäfte recht gut für den Körper verarbeiten können. In diese Mischung kommt dann die Hauptspeise, und den Schluß macht die kräftigste Speise, die Milch. Stellen wir uns diese Mischung im Ganzen, wie im Einzelnen vor, so muß doch Jedem klar werden, daß die Natur für die Vermehrung ihres Blutes ganz Schuldloses bekomme, keine hitzigen Gewürze, nicht den so verderblichen Essig oder andere zu saure Sachen, nichts zu Trockenes und Hartes, was die Natur nicht oder nur schwer zersetzen kann.
Neben diesen schwäbischen Tisch wollen wir einen anderen, den der Fleischesser setzen. Die erste Speise ist Fleischsuppe, die gewöhnlich ganz dünn ist, indem wenig oder nichts in diese eingekocht ist. Nach der Suppe kommt ein sogenanntes Voressen, eine Fleischkost, gewöhnlich mit sauerer Sauce, dazu wird feines Backwerk gereicht. Dann kommt die Hauptspeise: Rindfleisch mit ein- oder zweierlei Gemüse. Bei einem feineren Tische folgen noch ein oder zwei Sorten Braten. Das ist der Tisch der Fleischesser für gewöhnlich. Bei größeren Mahlzeiten wird aber noch mehr aufgetragen. Vergleichen wir jetzt diesen Tisch mit dem obigen, um den Unterschied kennen zu lernen. Die Fleischbrühe ist ohne allen Stickstoff. Sie schmeckt zwar gut, ist aber nicht so sehr Nährmittel als vielmehr Reizmittel durch die Gewürze und die Wärme. Die zweite Kost enthält wieder mehrere Gewürze, sonst würde der Geschmack fehlen. Durch die dem Fleisch beigegebenen, oft sauren Saucen wird dasselbe noch schärfer gemacht. Die Zugabe aus feinem Backwerke muß hauptsächlich darum mitgenossen werden, damit jene Speise nicht so sehr erhitzt. Das Rindfleisch enthält am meisten Nahrungsstoff, entwickelt aber auch die meiste Hitze, weßhalb zum Rindfleisch die Gemüse nothwendig sind; aber auch diese sind wiederum mit Gewürzen gekocht, üben somit gleichfalls einen Reiz aus. Kommen noch mehrere Speisen, ein oder zwei Braten oder Geflügel, nach dem Rindfleisch, wie es an feineren Tischen der Fall ist, dann haben die folgenden Speisen mit den zugehörigen Gemüsen dieselbe Bedeutung und Wirkung, wie sie beim Rindfleisch angegeben ist. Den Schluß eines solchen Mittagessens macht gewöhnlich der Kaffee, der wiederum einen Reiz ausübt, aber auch bemüht ist, dem Magen Erleichterung zu verschaffen, indem er die Speisen möglichst schnell aus dem Magen verdrängt, daher das Gefühl des Wohlseins und Leichterwerdens nach dem Genuß des Kaffees. Nicht unerwähnt darf bleiben, daß bei dieser Mahlzeit kein Wasserkrug gebraucht wird, sondern das Glas Bier oder Wein, oder beide nach einander. Werden noch Mehlspeisen bei einer größeren Tafel verwendet, so sind sie gewöhnlich zu fein, um Nahrung zu geben, zu sehr gewürzt, um die durch die Fleischspeisen bewirkte Erhitzung mindern zu können. Aus dem Gesagten ist wohl Jedem klar, daß ein großer Unterschied ist zwischen dem Tisch der Leute, die sich von Fleisch, und solcher, die sich von Mehlspeisen nähren, sowohl was das Maß der Erhitzung, als auch das der Ernährung angeht.
Diese beiden genannten Mahlzeiten stehen sogar vielfach einander schroff gegenüber. Sie können aber auch recht gut, die eine wie die andere etwas gemäßigt, mit einander verbunden werden. Der Fleischesser kann bei seiner Mittagstafel eine gute Mehlspeise genießen und so deren vortreffliche Nährstoffe sich zuwenden. Umgekehrt kann der Vegetarianer auch recht gut eine Portion Fleisch mit seinen Speisen verbinden und so dessen Nährstoffe seinem Körper zukommen lassen. Bei den Mahlzeiten wird auch öfters noch frisches Obst genossen, was nur zu empfehlen ist. Das Obst kühlt, erfrischt und stillt den Durst.
Ich habe bereits erwähnt, daß unsere Vorfahren recht viel auf Erbsen gehalten haben. Gerade die armen Leute nährten ihre Kinder viel mit Erbsensuppe und Erbsenbrei. Sowohl Mittags als auch Abends wurde Erbsensuppe aufgesetzt. Fast noch mehr wurde Gerste geschrotet und zur Suppe verwendet, die an Wohlfeilheit und Kraft wohl kaum von einer anderen Suppe übertroffen werden konnte.
Wer mir das, was ich hier gesagt habe, nicht glauben will, der thue, wie er mag; ich mache es auch so, und damit basta. Eins aber möge mir Jeder glauben, Dieß nämlich, daß ich nicht mit Vorurtheil gesprochen, sondern nur zum Besten meiner Mitmenschen dargelegt habe, was ich durch Beobachtung gefunden.
Beim Abendtisch soll zunächst wieder angegeben werden, wie ihn einst das schwäbische Landvolk gehabt hat. Das erste Gericht war eine Suppe, Brodsuppe oder eine solche, in die Mehl eingekocht war. Auch Erdäpfel wurden mit eingekocht. Nach der Suppe kam die zweite Kost, wieder aus reinem Naturmehl bereitet, aber es war nicht geröstet, sondern entweder gedünstet oder in einer braunen Sauce. Den Schluß machte wieder die Milch. Die ärmeren Leute hatten im Winter gewöhnlich des Abends Kartoffeln und Suppe und, wenn sie Milch hatten, erstere mit Milch. Auch gab es wohl Suppe und Kartoffelmuß, sonst nichts weiter. Mithin gab es drei Speisen bei den besser Gestellten und gewöhnlich nur zwei bei den Armen. Recht oft hatte man auch eine schwarze Brodsuppe, welcher nicht selten Erdäpfel beigegeben wurden. Dieser Abendtisch ist bei den Landleuten auch jetzt noch geblieben, ebenso wie großentheils der Mittagstisch. Aber Eines muß doch sehr beklagt werden, weil es den größten Nachtheil für die Menschen hat: daß nämlich die Milch, dieses so vorzügliche und gesunde Nährmittel, nicht mehr so oft auf den Tisch kommt, und daß dafür theueres und schlechtes Bier getrunken wird, welches nur armselige oder gar keine Nährstoffe hat. Es ist ganz unbegreiflich, wie man für 7 bis 8 Pfennige den Liter gute Milch verkauft und für ein Liter mattes Bier 24 Pfennige gibt, da doch drei Liter vom besten Bier nicht annähernd die guten Nährstoffe enthalten wie ein einziger Liter Milch. Das nenne ich schlecht wirthschaften und bin der Überzeugung, daß, wenn es so fort geht, alle Milch verkauft wird und geringwerthiges Bier an deren Stelle kommt, die Menschheit immer mehr zurückgehen und die Blutarmuth immer mehr überhand nehmen wird. Am bedauernswerthesten aber sind dabei die Armen und Schwächlinge daran; wie viele der nahrhaftesten Speisen können aus der Milch bereitet werden, wie mannigfaltig kann die Milch als Nahrungsmittel verwendet werden, und jetzt wird dieses erste Nährmittel so bald wie möglich aus dem Hause getragen! Dafür wird dann der armseligste Kaffee und schlechtes Bier eingekauft, die hoch im Ansehen stehen. O daß es doch wieder anders werden möchte!
Der Abendtisch ist bei Jenen, die Fleisch genießen, dem Mittagstisch sowohl in der Art der Speisen, als auch in deren Wirkung ähnlich, gerade so wie bei denen, die sich bloß von Mehlspeisen nähren. Die Speisen der Ersteren sind stark gewürzt und hitzig, wodurch Durst erzeugt wird. Wer regelmäßig von Mehlspeisen lebt und wenig Gewürz gebraucht, wird auch wenig und selten Durst haben. Bekommt er aber diesen, dann weiß er, daß in seinem Körper nicht Alles in Ordnung ist. Das Freisein vom Durst ist ein Hauptvortheil für die, welche nur von Getreide und Früchten leben. Es sei noch bemerkt, daß der Abendtisch nicht zu reichlich sein und nicht zu spät genommen werden soll. »Große Abendmahlzeiten füllen die Särge,« sagt ein spanisches Sprüchwort.
Es herrscht unter der Menschheit eine zweifache Ansicht: die Einen sagen, man solle recht wenig trinken und besonders nichts während der Mahlzeit; Andere dagegen behaupten, man solle bei jeder Speise eine Zugabe von Flüssigkeit zu sich nehmen, Wasser, Bier oder Wein. Was mag wohl das Rechte sein? Ich will es dir, lieber Leser, auseinandersetzen. Die Speise, die du in dich aufnimmst, muß zuerst von den Zähnen gut verarbeitet werden, je gründlicher, desto besser; – denn gut gekaut ist halb verdaut. – Die Speise muß ferner mit Speichel vermischt werden; im Mund sind mehrere Drüsen, die den Mundspeichel absondern. Wenn nun die Speisen gegen die Drüsen drücken, so fließt der Speichel aus und vermischt sich mit der gekauten Speise. Je besser die Speisen mit Speichel vermischt werden, um so besser sind sie vorbereitet für den Magen. In diesem werden die aufgenommenen Speisen mit Magensaft vermischt, und je inniger die Vermischung, um so besser wird auch die Verdauung sein; denn der Magensaft muß ja die Speisen zersetzen und auflösen, die weichsten wie die härtesten. Außer diesen zwei Umwandelungen der Speisen im Mund und im Magen finden noch mehrere andere im Darmkanal statt, bis der Speisebrei so zersetzt ist, daß die Natur das für sie Nothwendige ausziehen kann. Es wird also Derjenige nicht recht thun, der die Speisen, ohne sie ordentlich zu zerkauen, verschluckt. Müssen aber die Speisen mit dem Magensaft vermischt werden, so fragt es sich: Wird Dieß ebenso gut geschehen, wenn man während des Essens öfters trinkt, als wenn man nicht trinkt? Trinkt Jemand beim Essen, dann werden nothwendiger Weise die Speisen zuerst mit dem Getränke vermischt, und in Folge davon können die Magensäfte nicht mehr so eindringen in die Speisen, weil sie bereits mit Flüssigkeit durchtränkt sind. Wer ein Tuch roth färben will, wird dieses Tuch nicht erst in's Wasser tauchen, ehe er's in die rothe Farbe legt. Wie dünn werden ferner die Magensäfte, wenn sie fünf bis sechs Mal, ja noch öfter mit Flüssigkeit vermischt werden! Sind aber die Magensäfte zu sehr verdünnt, so haben sie keine Kraft mehr, die Speisen zu verarbeiten. Dann kann aber auch die Natur nicht Alles bekommen, was in den Speisen enthalten ist; es wird ein großer Theil der Speisen unaufgelöst und unausgenützt abgehen. Der allein richtige Grundsatz ist: Trinke, wenn dich dürstet; denn der Durst sagt dir, es fehle an Flüssigkeit für die Magensäfte. Dürstet dich nicht, so sind deine Magensäfte schon dünn genug: dann laß das Trinken bleiben!
Wenn der Landwirth vernünftig seine Pferde füttert, so wird er sie, wenn sie von der Arbeit in den Stall kommen, nach wenigen Minuten zuerst tränken, damit durch das Wasser die dicken Magensäfte verdünnt und so zu Aufnahme der Speisen vorbereitet werden. Dann gibt er ihnen trockenes Futter, welches sie gut kauen müssen, damit es, mit Speichel gehörig vermischt, in den vorbereiteten Magensaft gelange. Während der Fütterung wird er dem Pferde nichts zu trinken geben, er wird auch kein Wasser in den Trog schütten, damit das Futter nicht durchnäßt wird. Würde er Dieses thun, dann würde das Futter, da es mit Wasser schon durchtränkt ist, nicht mehr hinreichend vom Magensaft durchdrungen werden. Das Pferd würde dann regelmäßig dickbauchig werden, nie die volle Kraft bekommen und schwerer athmen. Der Grund hiervon ist, daß die Nahrung nicht hinlänglich ausgenützt und das Thier somit nie in erforderlicher Weise genährt wird. – Denken wir uns nun die Speisen, die bei einem Mittagstisch genossen werden, unter einander gemischt, so gibt es einen weichen Brei; gießt man aber an diesen Brei einen Liter Wasser oder Bier oder Wein, wie dünn wird dann dieser, und viele Magensäfte würde man nöthig haben, daß das Ganze ordentlich davon durchdrungen würde. So ist also die erste und beste Regel: Wer Durst vor dem Essen hat, der trinke, damit die Magensäfte verdünnt werden können; er trinke aber nur ganz wenig und glaube ja nicht, daß er mit dem vielen Trinken schnell allen Durst stillen könne. Während des Essens trinke man gar nicht und selbst nach der Mahlzeit noch nicht sofort, sondern erst dann, wenn Durst sich einstellt. Wozu denn viel trinken bei Tisch? Man bekommt ja Flüssigkeit genug in der Suppe, und die Gemüse (Kartoffeln etc. etc.) enthalten ja sehr viel Wasser. Ich bin an der Hand der Erfahrung zu der Überzeugung gekommen, daß man durch die Speisen Flüssiges genug bekommt. Ich habe schon in meiner Jugend recht viele Leute kennen gelernt, und es waren gerade die ältesten, die den ganzen Winter hindurch nicht zehnmal etwas getrunken haben. Ihre Suppen, ihre weich gekochten Speisen und die Milch haben ihnen Flüssiges genug gebracht. Daß die Fleischesser und die, welche geistige Getränke nehmen, mehr Durst bekommen, ist klar und bereits oben erwähnt worden. Die Hauptgrundsätze in Betreff des Trinkens wären also kurz zusammengefaßt diese: Nicht trinken, wenn kein Durst vorhanden, und auch im Durst nicht zu viel! In kleinen Portionen wird dieser am besten gestillt. Während des Essens trinke man gar nichts; denn man ißt keine Speisen, die nicht Flüssigkeit enthalten. Selbst nach dem Essen trinke man nicht sogleich, weil die Verdauung alsbald beginnt und mehrere Stunden lang dauert, das Trinken ihr aber nicht förderlich ist.
Wie man streitet über das Trinken beim Essen, so auch über das Maß der Speisen, wie viel man genießen soll. Es gibt Leute, die recht viel essen und glauben, wenn der Magen nicht ganz gefüllt wäre, so hätten sie nicht hinlänglich Nahrung genommen. Sie sind auch für das öftere Essen. Andere dagegen sind der Ansicht, es reiche eine kleine Portion aus, und man solle nicht so oft essen. Welche Meinung ist wohl die richtige? Für die menschliche Natur reicht eine kleine Portion aus, um sie gut zu nähren und in der Kraft zu erhalten, vorausgesetzt daß diese kleine Portion gut ausgenützt wird. Wenn man aber recht viele Speisen zu sich nimmt, die weder gut verdaut noch gehörig ausgenützt werden, dann hat man einen großen Theil umsonst gegessen. Es kommt daher viel darauf an, daß man die Natur an wenig gewöhnt, und daß dieses Wenige gut ausgenützt werde, nicht aber, daß viel genommen werde und das Meiste davon nutzlos abgehe. Beispiele werden Dieß am besten beweisen.
Ich kenne einen Herrn, der über 80 Jahre ist. Er nimmt nur die allerkleinsten Portionen zum Frühstück, Mittag- und Abendessen, und zwar ohne Getränk, wenn ihn nicht dürstet. Er ist vollständig gesund, hinlänglich genährt und hat eine vorzügliche Geisteskraft. Ich kannte einen anderen Herrn, der bis tief in die 80 gelebt hat. Er hatte die Gewohnheit, kein Getränk zu genießen, begnügte sich mit der einfachsten Kost und aß nur äußerst wenig. – Ein dritter Mann aus meiner Bekanntschaft war 90 Jahre alt. Er hatte sich nie an Bier und Wein gewöhnt und war recht vorsichtig, daß er ja nie zu viel genoß. Mit Recht sagt auch das Sprüchwort: Ein Vielfraß wird nicht geboren, sondern nur erzogen. Man kann die Natur an Alles gewöhnen und auch so gewöhnen, daß sie gierig nach dem verlangt, was sie umbringt. Ich kannte fünf Brüder, die arm waren, und mit den schwersten Arbeiten ihr Brod verdienten. Den ganzen Winter mußten sie im Walde Holz hauen, im Frühjahr und Herbst angestrengt cultivieren, im Sommer die schwersten Arbeiten verrichten. Bei diesen Leistungen hatten sie folgende Kost: am Morgen eine Brennsuppe oder eine andere ähnliche; am Mittag des Winters im Walde einen Liter Milch und schwarzes Brod, am Abend Erdäpfel und Brodsuppe. Alle haben ein hohes Alter erreicht und waren stets gesund. Sieht man dagegen, wie viele Andere die kräftigste Kost in doppelt so großer Portion zu sich nehmen, dabei eine ruhige Lebensweise haben, die Körperkräfte wenig anstrengen und doch voller Elend und Gebrechen und fast verkümmert sind, so wird es klar, daß es nicht die Menge der Speisen ist, was den Menschen kräftig und gesund macht. Es soll nur gute Kost gewählt werden, dann reicht auch eine kleine Portion aus. Es soll ferner gesorgt werden, daß die Natur das Gebotene gut verarbeiten könne, und somit Nichts nutzlos gegessen und getrunken werde.
Auch in diesem Punkte wird viel gefehlt. Viele glauben, ohne vier- bis fünfmal zu essen, könne man nicht bestehen. Am vernünftigsten scheint es mir zu sein, täglich dreimal zu essen: Morgens, Mittags und Abends. Ißt man zu oft, dann bekommt der Magen nie Ruhe. Ist er immer gefüllt, wird er auch beständig ausgedehnt. Zehrt er nie ganz auf, was er enthält, so bleiben die Speisen theilweise unverdaut im Magen zurück und verursachen Magenbeschwerden. Von der einen Essenszeit bis zur anderen soll im Magen aufgeräumt werden. Wenn die Landleute vier- ja fünfmal essen, so vertragen sie Dieses wegen ihrer schweren Arbeit; aber wohl gemerkt, sie kommen auch recht gut aus, wenn sie nur dreimal essen. Den Beweis geben uns die armen Landleute, die bei der einfachsten Kost nur dreimal essen und mit ihrer Kraft recht gut ausreichen. Wenn die Speisen zu lange im Magen bleiben und darin verderben, so bilden sich auch schlechte Stoffe und es können leicht dadurch Krankheiten entstehen. – Man mache es sich also zur Gewohnheit, dreimal täglich zu essen. Das reicht vollständig aus. Recht regelmäßig leben bringt das beste Gedeihen. Je nahrhafter ferner die Kost ist, um so kleiner sei die Portion. Man vermeide endlich, was der Natur nicht gut ist, dann darf man auf Gesundheit, Kraft und Ausdauer rechnen. Anm. Leute mit schwachem Magen werden allerdings öfters etwas zu sich nehmen müssen, weil sie jedesmal nur ganz kleine Portionen genießen dürfen; größere Quantitäten kann ihr schwacher Magen nicht bewältigen.