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Sind auch alle Theile des Körpers von hoher Bedeutung, so ist doch sicher das Auge eines von den wichtigsten Theilen. Darum heißt es auch im Sprichwort: Blind ist elend. Wie die Augen im Kopfe ihren Sitz haben, so kommt auch meistentheils ihre Kraft oder ihre Schwäche vom Kopfe her. Wer einen gesunden kräftigen Körper hat, hat auch gewöhnlich ein gutes und kräftiges Auge. Hat das Auge große Schwäche, so ruht die Ursache sicher im Körper, wenn dieß auch nicht gefühlt wird. Ist das Auge krank, so ist sicher ein kranker Stoff im Körper Ursache, der das Auge krank gemacht hat. Wie oft ist Flüssigkeit im Körper und im Kopfe, die einen Ausgang durch die Augenhöhle findet und das Auge ungesund macht. Beispiele machen dieß am klarsten.
Ein Kind, vier Jahre alt, hat einen angeschwollenen Kopf, ganz entzündete Augen und kann keinen Augenblick die Tageshelle ertragen. Wie ist dieß zu heilen? Das Kind hat ungesundes Blut und ungesunde Säfte, die sich im Kopf und Körper anstauen. Daher der angeschwollene Kopf. Ist diese ungesunde Flüssigkeit entfernt, der ganze Körper und der Kopf gestärkt und gesund geworden, dann wird auch das Auge gesund sein und die Tageshelle ertragen können.
Anwendungen. Das Kind soll 1) täglich mit frischem Wasser gewaschen werden und 2) jeden Tag ein Hemd anbekommen in Wasser getaucht, in welchem Heublumen gesotten wurden, so 12 Tage lang. Darauf soll das Kind 3) täglich zweimal gewaschen werden und jeden zweiten Tag das Hemd wie oben anlegen. So wieder 10 Tage. – Nach 22 Tagen war das Kind ganz frisch und gesund. Die Augen waren spiegelhell und hatten ihre volle Sehkraft. Es war weiter nichts mehr nothwendig, als daß das Kind noch einige Zeit hindurch täglich einmal gewaschen wurde. Die kalten Waschungen schwächten die Hitze und stärkten die ganze Natur. Das Hemd öffnete die Poren und saugte die schlechten Stoffe auf, und als so die Natur gereinigt war, wurde das ganze Kind gesund. Mit dem Körpergebrechen verschwand auch das Augenleiden. Die Augen wurden täglich ausgewaschen mit Wasser, in welchem etwas Aloe aufgelöst wurde. Dieß Wasser bewirkte Reinigung der Augen von der Flüssigkeit, die aus dem Körper kam.
Anton, neun Jahre alt, hatte durch mehrere Wochen fast beständig rothe Augen. Am Morgen, wenn er aufwachte, waren die Augen wie zugeklebt. Erst nachdem er die Kruste entfernt, konnte er die Augen öffnen. Besonders schmerzlich waren die Augen nicht. Er hatte viele Mittel gebraucht, sei es, daß etwas über die Augen gebunden oder dieselben ausgewaschen werden mußten. Ein Arzt hatte ihm täglich dreimal scharfe Tropfen eingeträufelt, die gebrannt haben wie Feuer. Doch die Augen wurden nicht besser. Es bildete sich auf jedem Auge eine Wolke, und ein Arzt erklärte, er müsse operirt werden. Weil die Operation von den Eltern gefürchtet wurde, wollten sie durch das Wasser Hülfe finden, was auch geschah.
Wie klar ist hier, daß ungesunde Stoffe sich im Körper gesammelt und einen Ausweg durch das Auge gefunden haben! Daß die Augen nicht auffallend geröthet waren und nicht so gebrannt haben, liegt daran, daß der Krankheitsstoff nicht so scharf war, wie ja auch ein Unterschied ist zwischen Wasser und Essig. Was ausgedrungen ist, war zäh und verdichtete sich durch Vertrocknung. Hier ist also wieder nothwendig, auf den ganzen Körper auflösend und ausleitend einzuwirken.
Anwendungen: 1) Jeden Tag ein Halbbad von frischem Wasser, eine halbe Minute lang, und den Oberkörper während dieser Zeit gut waschen. 2) Täglich ein Hemd anziehen in Salzwasser getaucht, 1½ Stunde lang. 3) Täglich zweimal in jedes Auge eine kleine Messerspitze voll Zucker einblasen oder auch einstreuen. Der Zucker aber muß nicht gar zu fein gerieben sein und auf das Auge selbst kommen. – Nach 14 Tagen waren die Augen gesund, und der Kranke erklärte, er fühle sich jetzt viel wohler als früher, was das gute Aussehen auch bestätigte.
Wirkungen: Die Halbbäder und Waschungen kräftigten den Körper, so daß die schlechten Stoffe ausgeleitet wurden. Das Hemd in Salzwasser getaucht übte großen Reiz auf die Haut und öffnete die Poren, so daß alles Krankhafte nach allen Richtungen einen Ausweg bekommen konnte. Der Zucker enthält bekanntlich ätzende Kraft; durch das Zucken der Augenlider wurden diese gleichsam ein Fegwisch und lösten die krankhaften Stoffe auf den Augen los. Der Zucker löste sich dann auf, und es floß eine weiße Masse aus den Augen. Selbst die Wolken sind auf diese Weise aufgelöst und ausgeschieden worden. Als diese kranken Stoffe alle entfernt waren, was das frische Aussehen bezeugte, wurden die Augen gereinigt und bekamen die gehörige Helle und Frische und Kraft wie der Körper selber.
Ein Mädchen, neun Jahre alt, hatte vor zwei Jahren Scharlachfieber. Seit dieser Zeit ist dasselbe nie mehr recht gesund gewesen. Es bekam öfters entzündete Augen oder einzelne Flecken (Ausschlag) am Körper. Das Kind sah selten gut aus, wurde von Monat zu Monat schwächer, und besonders fehlte der Appetit. Kurz, das Kind war durchaus nicht gesund. Auch das Augenlicht hatte bedeutend abgenommen.
Hier ist sicher das Kind vom Scharlachfieber nicht ganz geheilt worden, und der Rest, der in der Natur geblieben, verderbte fortwährend Blut und Säfte. Der Krankheitsstoff suchte bald da, bald dort einen Ausweg, so auch durch die Nase; denn diese war bei dem Mädchen öfters wund. Hier ist ganz klar, daß noch ein Rest von der Krankheit im Körper haust, der aufgelöst und ausgeleitet werden muß. Erst dann kann das Kind seine volle Gesundheit wieder erhalten. – Das Kind wurde täglich mit kaltem Wasser, vermischt mit etwas Essig, gewaschen. Den einen Tag bekam es ein Halbbad, den andern Tag ein in warmes Heublumenwasser getauchtes Hemd angelegt. Nach 14 Tagen war aller Ausschlag verschwunden, die Augen waren ganz hell und das Kind bekam das frischeste Aussehen. Damit aber die volle Kraft nach und nach eintrete, mußte es noch längere Zeit in der Woche zwei Halbbäder nehmen. Die Halbbäder wirkten stärkend, erwärmend, auflösend auf den ganzen Körper. Die Ganzwaschungen wirkten stärkend und reinigend. Das angelegte Hemd saugte auf. Die Augen wurden während der Kur mit Fenchelwasser täglich zwei- bis dreimal ausgewaschen. Dieses Wasser reinigt und schärft die Sehkraft.
Ein Mann erzählt: »Im vorigen Jahre fiel mir ein Stück Holz an den Kopf auf der rechten Seite. Ich wurde ganz betäubt. Der Kopf wurde wohl geheilt, aber seit dieser Zeit habe ich immer auf dieser Seite von Zeit zu Zeit große Schmerzen, und es fließt auch viel Unreinigkeit aus dem rechten Auge. Dieses selbst ist schwach, ich sehe nur ein klein wenig. Auf dem Auge ist eine trübe Wolke. Ich habe mehrere Augenärzte gehabt, man hat mir viel in das Auge geträufelt; aber es wurde immer schlimmer statt besser. Zuletzt hat der Doktor gesagt, das Auge müsse operirt werden, aber es sei jetzt noch zu früh; ich solle mich nach drei Monaten wieder zeigen.«
Es werden viele Wunden geheilt, und in einem großen Theil der Geheilten bleiben doch noch Krankheitsstoffe zurück. Daher kommt es auch, daß Narben von Zeit zu Zeit schmerzen. So ein zurückgebliebener kranker Stoff dehnt sich immer weiter und weiter aus, wird auch immer giftiger. Dieses ist auch hier der Fall. Zur Heilung ist also nothwendig, auflösend und ausleitend einzuwirken und die verletzte Stelle gesund zu machen, was hier durch folgende Anwendungen geschah:
1) In der Woche einmal einen Kopfdampf. Dieser öffnete die Poren, und durch den starken Schweiß wurde viel ausgeleitet. 2) Der Kranke bekam täglich einen Oberguß. Dieser wirkte stärkend auf den obern Körper, und durch die größere Thätigkeit in diesem trat auch größere Ausscheidung ein; denn die Natur ist ja bemüht, alle schlechten Stoffe abzustoßen, wenn es ihr nur möglich ist. 3) Jeden zweiten Tag, später jeden vierten Tag ein Halbbad, so daß sich der ganze Körper mehr gehoben fühlte und kräftiger wurde; denn es thut selten gut, bloß auf einen Theil des Körpers einzuwirken. Für die Augen reichte es aus, dieselben jeden Tag zweimal mit Fenchelwasser auszuwaschen, welches dieselben reinigte und die Sehkraft vermehrte. Nach 14 Tagen war nicht bloß die kranke Stelle gesund; auch der ganze Körper hatte eine Verbesserung erfahren.
Ein Bauer, 31 Jahre alt, erzählt: »Ich habe im vorigen Jahre eine Lungenentzündung gehabt und vor zwei Jahren eine Bauchfellentzündung. Ich bin wohl geheilt worden, habe aber seit dieser Zeit gar so wenig Kraft; aber noch ärger ist mir, daß ich fast nicht mehr sehe; wenn es so fort geht, werde ich noch blind. Alle Ärzte sagen, den Augen fehle nichts, sie seien bloß recht schwach.«
Hier ist Körperschwäche auch Ursache der Augenschwäche; deßhalb muß auch der ganze Körper gekräftigt werden, die Augen werden alsdann ihre Kraft von der Körperkraft bekommen.
Anwendungen. Dieser Bauer bekam acht Tage hindurch täglich zwei Obergüsse und zwei Kniegüsse. Diese wirkten stärkend auf den Oberkörper und die unteren Theile des Körpers. Nach acht Tagen bekam er täglich ein Halbbad, das viel stärker wirkte auf den ganzen Körper, zudem täglich einen kräftigen Oberguß, der wieder stärkend wirkte. Die Augen wurden bloß mit dünnem Alaunwasser täglich zweimal ausgewaschen. Dieses wirkte ätzend und reinigend. Nach drei Wochen war der ganze Körper in einen besseren Zustand gekommen, das Augenlicht hatte in Folge dessen zugenommen, und als der Kranke noch längere Zeit wöchentlich ein bis zwei Halbbäder und einen Oberguß bekam, wurde die Sehkraft wie der ganze Körper in einen gesunden Zustand versetzt.
Wie der ganze Körper durch das Wasser belebt, gekräftigt und widerstandsfähig gemacht werden kann, so kann man auch mit Wasser auf das Auge günstig einwirken, damit es gestärkt, die Sehkraft erhöht und ausdauernd gemacht werde. Es ist sonderbar, daß der ganze Körper im Allgemeinen seine Pflege findet: man wäscht Gesicht und Hände, nimmt Fußbäder etc., nur dem Auge kommt nichts zu. Die Augenlider sind so besorgt, daß womöglich nichts in das Auge komme; denn wenn ihm etwas naht, wird rasch die Thüre zum Auge geschlossen. Es ist auch gewöhnlich die Meinung, ins Auge dürfe nicht einmal Wasser kommen, und doch ist das Gegentheil der Fall. Gerade das Wasser hält das Auge rein und gesund und stärkt dasselbe, damit weder Hitze noch Kälte ihm schaden könne. Wie leicht kann dasselbe angewendet werden! Wäscht man sich in der Frühe, wie leicht kann man mit einer Hand voll Wasser auch die Augen etwas auswaschen! Wie man ein Halbbad für den Körper nehmen kann, so kann man ja auch den Augen ein Wasserbad geben. Man bringt Wasser in ein Geschirr, taucht die Stirne mit offenen Augen in's Wasser, läßt die geöffneten Augen anfangs ein bis zwei, dann drei bis vier Sekunden im frischen Wasser und zwinkert dabei mit den Augen; auf diese Weise wird mit den Augendeckeln das Auge gereinigt, wie wenn man mit der Hand das Gesicht wäscht. Dieses einfache Augenbad habe ich schon Vielen gerathen, die ganz schwache und empfindliche Augen hatten, und in kurzer Zeit wurden die Augen gekräftigt und das Sehvermögen gehoben. In einer halben Minute ist es geschehen.
Mir hat einst Jemand geklagt, es sei ihm der Rath gegeben worden, täglich dreimal mit lauwarmem Wasser die Augen auszuwaschen, weil täglich zähe Flüssigkeit aus denselben gekommen sei. Er habe es gethan, aber schon nach einigen Tagen habe er gemerkt, daß die Augen schwächer geworden seien und die frische Luft nicht mehr ertragen konnten. Wie klar ist dadurch bewiesen, daß auch das Auge wie der Körper durch warmes Wasser nur schlechter wird!
Somit empfehle ich aufs Dringendste Jedem, der für gute Augen sorgen will, die angegebene kleine Mühe nicht zu scheuen und den Augen, dem edelsten Theil des Körpers, das Waschen und Baden nicht zu entziehen. Ich bin überzeugt, daß viele Tausende kein Augenglas brauchen würden, wenn sie von Jugend auf dieses einfache Mittel gebraucht hätten. Ich kannte einen Herrn, der 89 Jahre alt wurde und versicherte, er habe recht fleißig mit frischem Wasser seine Augen gewaschen. Er konnte mit 89 Jahren noch ohne Augenglas gut lesen und mußte seine Augen sehr viel zum Lesen und Schreiben gebrauchen. Es geht auch mit den Augen durch's ganze Leben, wie mit dem Körper. Es gibt Zeiten, wo man eine auffallende Verminderung seiner Kräfte fühlt. Diese Schwäche dauert einige Zeit, und die Kraft kehrt wieder. So erleiden auch die Augen von Zeit zu Zeit eine Schwächung, und wenn man gleich zum Augenglas greift, gewöhnt man das Auge schnell an dieses, die Schwäche bleibt, und das Auge wird nie seine volle Kraft wieder erlangen. Unterstützt man aber das Auge mit dem angerathenen Mittel, dann wird es auch sich bald wieder erholen, und die Sehkraft wird sich wieder vollkommen einstellen.
Es kommt mir ganz sonderbar vor, wie man heut zu Tage von der Jugend an bis in's hohe Alter so viel Augengläser trägt, – ein Beweis für die Schwäche der Leute in unserer Zeit.
Es kommt ein Vater, ungefähr 50 Jahre alt, bringt seinen Sohn mit gewaltigen Augengläsern und jammert: »Mein Sohn sieht fast gar nichts mehr, die Augen werden von Woche zu Woche schwächer, und er kann kaum noch mit dem Augenglase den rechten Weg finden. Der Knabe ist auch sonst nie gesund, hat nie guten Appetit, kann keine kräftigen Speisen essen, am liebsten trinkt er Kaffee. Kraft hat er fast keine. Die Augengläser hat ihm der Arzt gegeben, damit das Auge geschützt und geschont werde.«
Wo fehlt es hier?
Dieser Knabe ist körperlich verkümmert, wenn auch gut gebaut, hat ganz wenig Naturwärme, wenig Blut, die Haut ist ganz trocken und spröde, somit: wie die Augen, so der Körper. Was kann hier helfen?
1. Zu allererst muß die Naturwärme erhöht werden, die Unthätigkeit und Schlaffheit der Organe muß aufgehoben werden, damit der Knabe eine gute Kost ertrage, bessere Blutbildung eintrete, mit einem Wort die ganze Maschine in neue Thätigkeit gebracht werde. Die Augengläser müssen entfernt werden, auf daß Licht und Luft die Augen abhärten und stärken; sonst bleiben die Augen den Pflanzen gleich, die unter dem Baum im Schatten wachsen und nur welk sind, schwach und verkümmert.
2. Täglich müssen die Augen mit Fenchelwasser ausgewaschen werden zwei- bis dreimal, wodurch sie gereinigt und gestärkt werden. Das Waschen muß aber nicht bloß äußerlich geschehen, sondern das Auge selbst muß gewaschen werden.
3. Täglich muß der Knabe mit ganz kaltem Wasser ganz gewaschen werden.
4. Täglich ein Halbbad nehmen, eine halbe Minute lang, gleichfalls in kaltem Wasser. –
Nach drei Wochen sah der Knabe schon ganz gut, die Augen kräftigten sich von Tag zu Tag. Das Aussehen wurde frischer, die Kräfte nahmen zu, und die jugendliche Lebendigkeit und Heiterkeit wuchs mit jedem Tage.
Weitere Anwendungen:
1) jeden Tag ein Halbbad;
2) in der Woche eine Waschung mit Wasser und Essig;
3) fleißig barfuß gehen;
4) Die Augen sollen täglich mit Fenchelwasser einmal gewaschen werden.
In sechs bis sieben Wochen war die ganze Natur und auch das Augenlicht wie umgewandelt.
Ein Studierender, 21 Jahre alt, erzählt: »Ich bin etwas schwächlich gebaut, habe zudem noch recht wenig Kraft und nie guten Appetit. Ich bin auch etwas weichlich erzogen, aber mein größtes Leiden ist, daß ich trotz einer Doppelbrille stets wachsende Abnahme des Augenlichts verspüre. Ich fürchte, wenn es noch ein Jahr so fortgeht, könnte ich erblinden. Was dann? Im Elend leben ohne Beruf. Ich habe die größte Begeisterung für mein künftiges Berufsleben und möchte daher gerne Hilfe. Ich habe eine große Anzahl Augenärzte zu Rathe gezogen. Es wurde Jahre hindurch viel an den Augen gethan. Ich habe die schärfsten Gifte bekommen, große Schmerzen ausgestanden – doch Alles ohne Erfolg.«
Schaute man den jungen Mann so an, hörte man den Jammer, so drang sich das Urtheil von selbst auf: die Augen sind wie der Körper und dieser wie die Augen, beide sind vollständig verkümmert. Derselbe ist schlecht genährt worden, er wurde ganz verweichlicht durch die Kleidung, und durch Meidung jeder Abhärtung steigerte sich die Verkümmerung. Wie können doch oft Eltern so thöricht gegen ihre Kinder handeln!
Zur Heilung geschah Folgendes:
1) Jede Nacht vom Bette aus ganz waschen, damit sich die Naturwärme steigere, Leben und Thätigkeit eingeleitet werde.
2) Jeden Tag einen Knie- und Oberguß, die stärkend, belebend und erwärmend einwirken.
3) Jeden Morgen und Abend eine kleine Portion Kraftsuppe, weil die Natur eine größere nicht ertragen konnte.
4) Alle geistigen Getränke wurden strengstens verboten, dafür nahrhafte Kost empfohlen.
Die Augengläser konnten schon am dritten Tag entfernt werden. Die Augen konnten schon Helle und Luft ertragen.
In der angegebenen Weise wurde drei Wochen lang angewendet. Dann wurde den einen Tag Ober- und Schenkelguß, den andern Tag ein Halbbad verordnet. Das wurde vier Wochen fortgesetzt. Die Augen wurden täglich während der ganzen Kur mit Honigwasser gewaschen zur Reinigung und Stärkung. (Eine Messerspitze voll Honig wird in ¼ Liter Wasser 3 Minuten lang gesotten.)
Nach sieben Wochen sah der junge Mensch ganz anders aus. Die Augen waren schon ziemlich kräftig. Er glaubte noch nie besser gesehen zu haben. Das ganze Aussehen war wie umgewandelt. Die erfrischten Geisteskräfte und das heitere Gemüth machten den jungen Menschen lebensfroh. Er sagte ausdrücklich: »Ich habe gar nicht gewußt, daß einem so wohl werden kann, wie es mir jetzt ist.«
Möchten doch Eltern und Erzieher nicht bloß den Geist, sondern auch den Körper in's Auge fassen! Wie dankbar würden dann die glücklichen jungen Leute denselben sein!
Ein Student, 13 Jahre alt, kommt, von seiner Mutter begleitet, wegen Augenleiden und klagt: Ich habe fast beständig Kopfschmerzen, selten bin ich einige Stunden ganz frei davon; je stärker die Kopfschmerzen, um so weher thun mir die Augen. Wie seit Wochen das Kopfleiden zunimmt, nimmt auch das Augenlicht ab. Ohne Augenglas kann ich gar nicht mehr lesen, und auch mit dem Augenglas nur kurze Zeit. Wenn es nicht besser wird, muß ich das Studieren einstellen.
Hier ist sicher zu starker Blutandrang in den Kopf, wodurch ein Druck auf die Augen ausgeübt wird. Wie Hände und Füße verkümmert sind, und das Blut mehr in den obern Körper dringt, so wird die Blutarmuth immer größer und auch die Verkümmerung. Es ist also hier die Aufgabe, das Blut an alle Theile des Körpers zu leiten, die ganze Natur in höheres Leben und größere Thätigkeit zu bringen, damit sie kräftige Nahrung ertrage und dadurch der ganze Körper gestärkt werde. Hört der Drang des Blutes in den Kopf auf und nimmt die Kraft des Körpers zu, dann werden auch die Augen die gehörige Sehkraft und Ausdauer bekommen. Außer dem Kopf, der durch den Blutandrang frisch aussah, war der ganze übrige Körper verkümmert. Weil nur an den Augen kuriert wurde, denen doch nichts fehlte, und nicht am Körper, so wurde von dem einen Arzte erklärt, es sei allgemeine Augenschwäche da, von dem andern, es werde sich mit der Zeit ein Staar bilden, und von einem dritten wieder etwas Anderes.
Anwendungen: Der Student mußte 1) jeden zweiten Tag ein Hemd anziehen, in kaltes Salzwasser getaucht, eine Stunde lang, 2) jeden Tag den ganzen Körper waschen mit Wasser und etwas Essig darin, 3) jeden zweiten Tag ein Halbbad ½ Minute lang nehmen, aber nicht an den Tagen, wo das Hemd angezogen wurde. Für die Augen wurde nichts gebraucht. So drei Wochen lang.
Am dritten Tag konnte der Student die Brille ablegen, somit Helle und Luft schon ertragen. Nach sechs Tagen merkte er schon eine kleine Zunahme der Sehkraft. Es verbesserte sich der Zustand des ganzen Körpers mehr und mehr.
Nach drei Wochen waren die Augen schon ziemlich gut. Noch besser aber erging es dem ganzen Körper. Der Appetit wuchs von Tag zu Tag. Der Student konnte die kräftigste Kost ertragen. Aller Trübsinn verschwand, und er lebte, wie junge Leute leben sollen. Die weiteren Anwendungen waren bloß Halbbäder, in der Woche zwei bis vier.
Wirkung. Das Hemd in Salzwasser getaucht öffnete die Poren, entwickelte mehr Naturwärme und kräftigte und vermehrte die Hautthätigkeit. Die Waschungen wirkten auf den ganzen Körper stärkend, anregend, abhärtend; das Halbbad wirkte in derselben Weise in noch höherem Grade.
Eine Mutter bringt ihre Tochter, 6 Jahre alt; diese hat Augengläser, deren sich ein altes Mütterchen nicht hätte zu schämen gebraucht. Diese Brille war von einem Augenarzt empfohlen. Das Kind war ganz schwächlich, hatte geröthete Augen, aufgedunsenen Kopf und ganz schwächliche Hände und Füße, mit einem Wort, das Kind war ganz verkümmert. Es bekam täglich zweimal Kaffee, auch Bier, und der Arzt habe befohlen, man solle dem Kind täglich starken Wein in kleinen Portionen geben.
Hier ist das Kind mit schwächlicher Anlage noch verkümmert zum größten Elend durch die unglückliche Nährweise. Da heißt es: entweder – oder: zu Grunde gehen oder eine andere Lebensweise führen. Die Mutter weinte bitterlich, ob dieser Mittheilung und glaubte das schwache Kind könne keine andere Nahrung ertragen, und sie könne nicht so unbarmherzig sein und dem Kinde etwas versagen, wozu es Neigung habe, und demselben etwas aufdringen, wozu es nicht Lust habe und woran es nicht gewöhnt sei. Doch es war nicht zu ändern. Das Kind mußte 8 Tage hindurch täglich zweimal mit kaltem Wasser und etwas Essig daran gewaschen werden, täglich wo möglich im Freien barfuß gehen, jeden zweiten Tag ein Halbbad nehmen und täglich zweimal Kraftsuppe essen. Jede kräftige Kost war außerdem erlaubt. An den Tagen, wo das Halbbad genommen wurde, durfte nur eine Waschung geschehen.
Nach wenigen Tagen hatte das Kind den besten Appetit, aß seine Kraftsuppe ganz gern, auch andere gute Kost. Das Augenglas konnte das Kind die ersten zwei Tage nicht entbehren. Am vierten Tag wurde es entfernt. Nach drei Tagen bekam das Kind den einen Tag ein Halbbad, den anderen Tag zwei Waschungen des ganzen Körpers mit Wasser und Essig. Die Augen wurden jeden Tag zweimal mit schwachem Alaunwasser ausgewaschen. (Eine Messerspitze voll Alaun wird in ¼ Liter warmen Wassers aufgelöst.) Es müssen aber nicht bloß die Augenlider gewaschen werden, sondern es muß das Wasser auf das Auge selbst kommen.
Nach sechs Wochen war die Hauptkur zu Ende. Das Augenlicht war schon ziemlich gut. Das Auge konnte Helle und Luft gut ertragen. Wie der ganze Körper gesünder wurde, so verbesserte sich auch das Auge mehr und mehr. Somit ist auch hier wahr: Ein gesunder Körper hat auch ein gesundes Auge. Fehlt es an den Augen, so fehlt es auch am Körper.