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Ich fragte einst einen Arzt, was er auf die Kräuter als Heilmittel halte. Er gab mir zur Antwort: Gar nichts. Ich stellte die zweite Frage, ob er auch glaube, daß die Arnica doch eine Wirkung habe. Dann gab er die Antwort: »Gerade auch diese ist nichts, sie ist aus der Medizin gestrichen, obwohl man gerade mit dieser den größten Schwindel treibt.« Diese Äußerung brachte mich zu einem ruhigen Nachdenken; denn gewöhnlich ist das, was man am allergeringsten achtet, das Beste. Vor ungefähr einem Jahre bekam ich einen Brief von einem Arzte, der anfragte, warum ich doch für die Arnica nichts geschrieben habe, es sei doch in der Heilkunde diese Pflanze von so außerordentlicher Wichtigkeit; er ersuchte mich, ich möchte sie doch, wenn ich die Wirkung nicht genau kenne, prüfen und dann in meinem Buche empfehlen, wie sie es verdiene. Er legte sogar ein Broschürchen bei, welches handelte von den großen Wirkungen der Arnica. Ich habe die Wirkung derselben wohl gekannt, aber doch habe ich ihr auf Dieß hin eine größere Aufmerksamkeit zugewendet und sie recht vielmal geprüft – dabei aber gefunden, daß man sie, wie ihr Stengel gelb ist wie Gold, so auch die goldene Blume heißen dürfte. Wie sie aber früher einen anderen Namen getragen, der ihr auch jetzt beigefügt wird, so ist ihre Wirkung auch in diesem Beinamen enthalten: Wohlverleih (Wohlverleiher). Gewöhnlich wird sie gebraucht als Tinktur, die man bereitet, wie folgt: Gesammelte, getrocknete Blumen werden in ein Glas gebracht, mit gutem Branntwein oder noch bester mit Spiritus aufgegossen, halb Blumen, halb Spiritus oder Branntwein. Man läßt das Ganze zwei bis vier Tage stehen, und die Tinktur ist fertig. Am wirksamsten sind die Blumen, die Wurzeln sind etwas schwächer, noch schwächer die Blätter und Stengel. Diese Blume wächst am üppigsten in den Bergen, aber auch im Schwabenlande kommt sie vor, gewöhnlich am Rande einer Waldung oder im Walde, wo Holz abgetrieben wurde. Ihr Geruch ist ziemlich stark. Die Arnica-Tinktur wirkt besonders günstig bei Verwundungen, und es sollte wirklich keine Familie geben, die nicht ein Gläschen Arnica-Tinktur in Vorrath hat.
Ein Mädchen schnitt sich so stark in den Finger, daß der Finger zur Hälfte abgeschnitten war. Man konnte das Bein gut sehen. Ungesäumt wurde die Wunde mit Wasser, in das etliche Tropfen Arnica-Tinktur gemischt waren, gut ausgewaschen, damit nicht der geringste Unrath in der Wunde blieb. Die Wunde wurde gut zusammengefügt und mit einer leinenen Binde, in Arnica-Tinktur getaucht, gut zusammengebunden. Über diese Wunde, also auf den ersten Verband, wurde Baumwolle, auch in Arnica-Tinktur getaucht, aufgelegt und eingebunden. Aller Schmerz verschwand plötzlich. Den Tag darauf wurde die Wunde nur so weit geöffnet, daß man einige Tropfen Tinktur auf die Wunde gießen konnte, und weil nicht der geringste Schmerz vorhanden, blieb die Wunde fünf Tage zugebunden. Als die Binde weggenommen, war Alles vollständig verheilt.
Bei Verwundungen ist unstreitig die Arnica das allereinfachste und wirksamste Mittel. Allererst wird die Wunde auf's Sorgfältigste ausgewaschen mit Wasser, in welches Arnica-Tinktur gemischt ist, auf ein Viertel Liter Wasser einen Löffel Tinktur. Ist die Wunde auf's sorgfältigste ausgewaschen, dann wird sie auf's genaueste zusammengefügt, daß sie geschlossen ist, doch so, daß die zerrissenen Theile möglichst in die rechte Lage kommen; dann wird das Ganze mit einer leinenen Binde zugebunden. Auf diesen Verband wird Baumwolle, in Tinktur getaucht, aufgelegt und eingebunden oder vielleicht zweimal Baumwolle auf die zusammengefügte Wunde gelegt und eingewunden, wie sie sich eben am leichtesten schließen und verbinden läßt. Wie der Schmerz fast augenblicklich aufhört, so tritt auch kein Schmerz mehr ein; so gelinde geht die Heilung vor sich. Bei kleinen Verwundungen reicht das einmalige Verbinden schon aus. Bei großen Verwundungen müßte nachgesehen werden, ob sich kein Eiter bilde, der dann ausgewaschen werden müßte, worauf auf's Neue eingetauchte Wolle aufgebunden würde. Wie diese angeführte Verwundung, so wurde eine größere Zahl Verwundungen mit gleich raschen, schmerzlosen Erfolgen geheilt.
Die Arnica ist nicht bloß bei Verwundungen, sondern auch bei Quetschungen gut. Es wurden einem Pferd am hinteren Fuß von einem andern Pferd in's dicke Fleisch mehrere Striemen geschlagen, so daß selbes keinen Augenblick auf diesem Fuß mehr stehen konnte; es hatte mehrere tiefe Löcher von den Griffen der Eisen, natürlich auch starke Blutungen, so daß ich glaubte, es sei am besten, das ohnehin ziemlich bejahrte Pferd dem Abdecker zu geben. Es war mir aber eine günstige Gelegenheit, die Arnica bei diesem Pferde zu prüfen, und so wurde die zerschlagene Fläche mit Arnica-Tinktur, zur Hälfte mit Wasser vermischt, kräftig eingewaschen. Täglich zweimal wurde dieses Einwaschen erneuert, und ich konnte nicht begreifen, wie keine Eiterung eingetreten, und wie unglaublich schnell die Heilung vor sich ging. Das Pferd wurde nach wenigen Tagen wieder so gesund und kräftig, wie es vorher war; die Wunden verheilten ganz schnell, so daß nichts mehr zu sehen war, und auch die tiefeingedrungenen Quetschungen wurden vollständig gehoben. Dieses Pferd, welches ich für verloren hielt, war nach 12 Tagen wieder hergestellt. Arnica heilt also nicht bloß Wunden zu, sondern zertheilt auch das durch Schlag und Stoß unterlaufene Blut.
Jakob litt sehr lange an Kreuzschmerzen; er that viel, um sie zu entfernen, doch vergebens. Er hatte auf dem Rücken von Zeit zu Zeit das Gefühl, als wolle ein Ausschlag herauskommen; ein solcher kam jedoch nie zum Vorschein, die Natur war zu schwach. Er nahm Arnica-Tinktur und rieb damit den Rücken in einem Tage dreimal fest ein. Der Schmerz wurde dadurch bald gelindert, und nach drei Tagen zeigte sich auf dem ganzen Rücken ein starker Ausschlag, der innerhalb vier Tagen verheilte, so daß nun aller Schmerz verschwand. Wieder ein Beweis, wie Arnica kranke Stoffe zertheilt, so daß die Natur dann im Stande ist, sie auszuscheiden.
Eine Dienstmagd fiel ziemlich hoch von der Heubühne herab und zerquetschte sich einen Schenkel so stark, daß er mit Blut unterlaufen war und große Schmerzen verursachte. Arnica-Kräuter wurden mit halb Wasser und Essig gesotten, zehn Minuten lang, ein doppeltes Handtuch wurde in diesen Absud getaucht und die zerquetschte Stelle damit belegt; nach je zwei Stunden wurde das Tuch wiederholt eingetaucht und die Auflage somit erneuert. Wie der Schmerz sogleich abgenommen hat, so wurde das angestaute Blut recht bald zersetzt und durch die Poren ausgeleitet. Wenn Essig schon Blut zersetzt, Arnica zersetzt und heilt, so kann ja doch dieser Überschlag nur eine zweifache Wirkung haben, mithin auch einen rascheren Erfolg.
Eine Gräfin fiel über eine Treppe und hatte sich durch den Fall zwei ziemlich große blaue Flecken zugezogen, die recht schmerzlich waren. Es wurde ihr gerathen, sie solle Arnica-Kräuter oder -Blumen in Wein sieden, Überschläge auf die zerquetschten Stellen machen und dieß nach je zwei bis vier Stunden wiederholen. Wie der Schmerz sogleich nachgelassen, so verschwanden auch die blauen Flecken, und in ganz kurzer Zeit war die Heilung vollkommen. Man kann also mit Wasser und Essig oder Wein die Arnica anwenden, überall wird sie gute Dienste leisten. Man kann aber auch bloß Wasser dazu nehmen und sieden, eine Viertelstunde lang; die Wirkung bleibt nicht aus, ist jedoch viel schwächer.
Ein Mädchen, über 20 Jahre alt, bekam einen Wespenstich. Der Schmerz des Stiches war ziemlich stark und der Arm sehr angeschwollen. Die entzündete Stelle wurde ganz brennend roth, und man befürchtete sogar, es könnte eine Blutvergiftung eintreten. Arnica-Tinktur wurde mit vier Theilen Wasser vermischt, auf die geschwollene Stelle ein Tuch, das in diese Mischung getaucht war, gelegt, nach je zwei Stunden erneuert, und so war in ganz kurzer Zeit diese bedenkliche Geschwulst beseitigt.
Man nimmt gewöhnlich zum Reinigen alter Wunden Carbol-Säure, verdünnt sie mit Wasser und wäscht die Schäden damit aus. Arnica-Tinktur, verdünnt mit Wasser, leistet dieselben Dienste und ist doch kein scharfes Gift wie Carbol-Säure.
Wie in diesen angeführten Fällen die Arnica, äußerlich gebraucht, den besten Erfolg bringt, mithin recht oft in solchen und ähnlichen Fällen angewendet werden kann, gerade so kann sie auch innerlich mit dem besten Erfolg angewendet werden. Heilt die Arnica äußerlich Geschwüre, entfernt sie ungesunde giftartige Stoffe, warum soll sie nicht im Innern Magengeschwüre heilen können und auch heilend auf andere Geschwüre im Körper zu wirken vermögen? Natürlich muß die Arnica-Tinktur stark verdünnt werden. So hatte Isidor viele Monate einen kranken Magen, und die Ärzte behaupteten, es seien Magen-Entzündungen und Magen-Geschwüre, weil alle Mittel nicht wirkten; er nahm täglich 50 bis 60 Tropfen Arnica-Tinktur in ¼ Liter Wasser gemischt und dieß während des Tages in ganz kleinen Portionen ein, verspürte recht bald eine gute Wirkung, war vorsichtig mit der Wahl der Speisen, und der kranke Magen wurde in kurzer Zeit gesund. Wenn die Arnica bei äußerlichen Quetschungen das unterlaufene Blut zersetzt und ausleitet, warum soll Arnica im Innern nicht auch Blutanstauungen auflösen helfen, die durch Stoß, Schlag oder auf irgend eine Weise veranlaßt wurden? Mithin ist sie in solchen Fällen ein gutes Mittel nach innen. Ist Arnica äußerlich stärkend, warum soll nicht auch durch dieselbe nach innen stärkend eingewirkt werden können? Aber ja nur in verdünnter Weise! Heilt die Arnica Wunden außen fast wunderbar, warum soll durch dieselbe nicht auch im Innern eine Wirkung erzielt werden? Ich bin dem Arzte dankbar, der mich darauf aufmerksam machte. Ihre Wirkungen sind erprobt, weßhalb ich diesen von den Medizinern verstoßenen Menschenfreund nicht genug empfehlen kann.
Ein Gastwirth erzählt: »Ich habe seit mehreren Monaten eine zunehmende Schwäche in den Beinen bekommen. Ich vermag oft fast gar nicht mehr, längere Zeit zu gehen, die Füße schwellen mir, besonders der rechte, steif an. Sie gehen dann wohl etwas nieder, aber vollständig niemals. Ich habe ein gewaltiges Brennen in den Füßen. Auf der Rückseite, oberhalb der Schenkel, habe ich stets Schmerzen, oft recht große. Das Athmen geht mir oft sehr schwer. Appetit ist wohl da, aber nicht besonders; geht's noch länger so fort, dann kann ich meinem Berufe nicht mehr nachkommen. Seit einiger Zeit trinke ich wenig Bier, vielleicht zwei Glas täglich, muß aber gestehen, daß ich früher 8 bis 10 Glas, mitunter auch noch mehr getrunken habe.«
Hier hat sicher das Bier als Hauptnahrung dieses Übel zur Folge gehabt. Der Kranke ist blutarm und noch dazu sehr blutschwach. In den Nieren liegt allem Anscheine nach eine Masse ungesunder Stoffe. Der schwere Athem und der ungeregelte Herzschlag beweisen Blutarmuth, ebenso die große Abnahme der Kräfte. Hier ist allererst nothwendig, den Oberkörper und dessen innere Organe in einen besseren Zustand zu bringen, sodann den Unterleib in Verbindung mit den Füßen. Weiter muß eine gute Kost ein besseres Blut bereiten. So muß die Natur verbessert und alle Theile des Körpers müssen in größere Thätigkeit gebracht werden. Die krankhaften Stoffe müssen entfernt und durch bessere Nahrung muß besseres und mehr Blut verschafft werden. Zu diesem Zwecke muß der Kranke jede Nacht den ganzen Körper mit Wasser und etwas Essig daran waschen. Dadurch wird der ganze Körper gestärkt. Die Poren werden geöffnet, damit die krankhaften Säfte einen Ausweg bekommen. Dann bekommt der Kranke täglich einen Ober- und einen Schenkelguß. Der Oberguß wirkt kräftigend auf den ganzen Oberkörper und bringt alle inneren Theile in größere Thätigkeit. Das Athmen, wie der Blutlauf wird dadurch mehr angeregt und so die ganze obere Maschine in größere Thätigkeit gebracht. Die Schenkelgüsse wirken auf Kräftigung des unteren Leibes, ziehen die Muskeln mehr zusammen, hindern dadurch das Anschwellen der Füße, bringen mehr Leben und Thätigkeit in alle Theile und wirken zugleich auf den Unterleib, so daß ein geregelter Stuhlgang eintritt, der Urin fleißig abgeht und die begonnene Geschwulst am Unterleibe mit der Geschwulst der Füße abnimmt. Diese Anwendungen wurden 12 Tage gebraucht. Die Füße wurden dadurch viel dünner, der Athem leichter. Die Kraft hat ziemlich zugenommen; kurz, der Kranke fühlte bedeutende Besserung. Nach diesen 12 Tagen folgten nachstehende Anwendungen:
Täglich ein starker Oberguß und ein Halbbad; der verstärkte Oberguß wirkt wieder kräftigend ein, scheidet alle krankhaften Stoffe aus und bringt die inneren Organe in größere Thätigkeit. Das Halbbad wirkt auf den ganzen Körper ein. Es ist doppelt wichtig, wenn durch die vorausgehenden Anwendungen alle Organe in Ordnung gekommen sind. Diese Anwendungen, drei Wochen so fortgesetzt, haben den Unglücklichen wieder in die beste Lage gebracht. Die Kraft ist wiedergekehrt, der Athem leicht, die Geschwulst entfernt, der Appetit und Schlaf gut. Es ist nur noch nothwendig in der Woche drei- bis viermal ein Halbbad, um die Gesundheit zu erhalten.
Nach innen wurde gebraucht Anfangs täglich eine Tasse Thee von Zinnkraut und Wachholderbeeren zur Ausleitung durch den Urin und zur Reinigung des Magens; später Wermuththee, täglich eine Tasse, zur Verbesserung der Säfte und zur Unterstützung der Verdauung.
Eine Frau erzählt: »Ich bin 34 Jahre alt; mein jüngstes Kind ist acht Wochen alt. Ich bin so schwach, daß ich oft, besonders in der Frühe, nicht mehr zu gehen vermag. Mein Kopf ist so eingenommen, daß ich oft ganz schwindlig bin. Ich habe fast gar keinen Appetit und bin unfähig, meinem Berufe nachzukommen. Ich habe in der Frühe guten Kaffee, Nachmittags auch, manchmal selbst am Abend. Ich trinke Bier und recht guten Wein, den mir der Arzt besonders empfohlen hat. Dessenungeachtet werde ich jeden Tag armseliger.«
Wo fehlt es hier, und was ist zu thun? Hier ist Blutarmuth vorhanden, herrührend von schlechter Nahrung. Der Kaffee hat wenig Stickstoff noch auch andere Nährstoffe und geht deßhalb unverdaut mit Milch und Brod aus dem Magen; also hat die arme Frau in ihrem Berufe für den Körper keine Nahrung. Am Mittag treibt der Kaffee die Nährstoffe, soviel er vermag, aus dem Magen, und die Natur ist dadurch wieder stiefmütterlich behandelt. Bier gibt wohl Nahrung, aber nur wenig und enthält keinen Stickstoff, gibt also weder viel, noch gutes Blut. Der Wein enthält ebenfalls keine Nährstoffe. Und somit ist die arme Frau verkümmert dem Leibe nach und muthlos dem Geiste nach. Was hilft hier? Allererst muß die schläfrige, geschwächte Natur geweckt, angeregt und wieder in Thätigkeit gebracht werden. Dieses geschieht, wenn sie täglich einen Oberguß und Schenkelguß nimmt. Wie der Oberguß alle oberen Theile des Körpers kräftigt und in größere Thätigkeit bringt, so leitet der Schenkelguß das Blut in die Füße und kräftigt zugleich die unteren Theile des Körpers. Durch die tägliche Waschung des ganzen Körpers werden die bezeichneten Einwirkungen mit einander verbunden und so der ganze Körper gekräftigt und die menschliche Maschine in Thätigkeit gebracht. Die Kranke muß, nach innen wirkend, täglich des Morgens und des Abends Kraftsuppe essen, des Mittags eine gesunde kräftige Mittagskost, Bier und Wein meiden, besonders aber den Kaffee.
Nach drei Wochen war diese Kranke körperlich vollständig gesund. Die Kraftsuppe konnte sie recht gut essen; auch andere Speisen, die sie sonst nicht essen konnte, schmeckten ihr gut. Die Kraft hatte außerordentlich gewonnen, und besonders war die Naturwärme sehr vermehrt und somit Alles vorhanden, um wieder vollständig gesund zu werden. Nachdem diese Kranke drei Tage lang täglich einen Oberguß und einen Schenkelguß erhalten hatte, bekam sie jeden Tag ein Halbbad, einen Rückenguß und einen Oberguß, und in kurzer Zeit erfreute sie sich der besten Gesundheit. Für weiter zu sorgen, ist noch gut, in der Woche ein bis drei Halbbäder zu nehmen, jedes höchstens eine halbe Minute lang.
Es ist ein großes Glück, wenn in einer zahlreichen Familie eine ganz entsprechende Küche vorhanden ist, und wenn eine tüchtige Hausfrau, die das Kochen gut versteht und Alles hat, was für die Kost erforderlich ist, darin waltet; wenn, sage ich, eine so geordnete Küche vorhanden ist, geht es allen Bewohnern des Hauses recht gut. Sie werden alle ohne Ausnahme gut genährt und dadurch auch gut erhalten sein, und für die Kräfte und Gesundheit der Einzelnen ist am allerbesten gesorgt. Wenn aber eine Küche nicht gut ist, die Köchin das Kochen nicht versteht und auch die Lebensmittel nicht viel nutz sind, dann wird es den Hausbewohnern nicht gerade am besten ergehen. Sie würden weder gut genährt sein noch die volle Kraft besitzen, und es würden viele Klagen entstehen, bei dem Einen über dieses, bei dem Anderen über ein anderes Körperleiden.
Dieses Bild taugt mir ganz gut für die Gichtleidenden. Allererst trägt bei diesen Leidenden ganz sicher die Schuld, daß der Magen nicht im besten Zustand ist; es fehlt also an einer guten Küche. Die Kost wird in einem solchen Magen für die Natur nicht hinreichend verarbeitet, oder man kann auch sagen: gekocht. Es geht, wie wenn die Hausmutter kocht, aber dazu kein gutes Brennmaterial hat und so ein Durcheinander zusammenbringt, wo alle Kost nur theilweise aufgelöst wird und nicht die reinen Nährstoffe von der Natur aufgenommen werden können, somit recht viele blutlose oder schädliche Stoffe in die Natur kommen. Dieß ist ganz besonders der Fall, wenn solche Nährstoffe in den Magen kommen, die schon an und für sich nicht zu den besten gehören – Nährstoffe, zu denen gerade Gichtleidende Vorliebe haben. Viele Gewürze verderben den Magen; starke Weine verbessern den Magen auch nicht. Viel Salz und überhaupt die feinere üppige Kost scheint die Magenküche zu verderben. Was die Natur braucht, kommt allererst vom Magen ausgeschieden in's Blut; vom Blute aber wird die ganze Natur genährt. Wenn nun das Blut recht viele nichtstaugende, ja sogar ungesunde Stoffe aufnimmt und mit diesem die Natur genährt wird, dann darf man sich nicht wundern, wenn an verschiedenen Stellen des Leibes sich solche Stoffe lagern, die im Magen nicht genug gekocht wurden, im Körper deßhalb liegen blieben und sich mehr oder weniger an einzelnen Stellen anhäufen und verhärten. Die Nahrung hat somit statt Muskelbildung – Fleischmasse – Wulste gebildet, die nach und nach verhärten. Mir kommt so ein Gichtleidender vor wie eine Wiese, wo die Maulwürfe auf der Oberfläche lauter Maulwurfshügel bilden. Je länger solche Anstauungen im Körper sind, um so härter werden sie, und um so schwerer werden sie auch geheilt; gewöhnlich aber werden dieselben nicht geheilt. Solche Anstauungen entzünden sich von Zeit zu Zeit im Inneren, gerade wie sich oft an der Oberfläche der Haut Geschwüre bilden und durch diese der Krankheitsstoff aus dem menschlichen Körper einen Ausweg findet. Bei den Gichtanstauungen ist aber eine solche Ausscheidung nicht vorhanden. Sie entzünden sich, bringen große, oft fast unausstehliche Schmerzen, und dieser innere Brand verkohlt gleichsam die Anstauungen, gleichwie man aus Holz Kohle brennt. Hat eine solche Entzündung die Gichtanstauung zersetzt, dann wird die zersetzte Gichtmasse ausgeschwitzt. Meistens wird jedoch nur ein Theil der Gichtanstauung ausgeleitet; die große Masse oder doch ein Theil derselben bleibt regelmäßig im Körper stecken, und somit, weil weder in der Küche noch in der Kost eine Änderung getroffen wird, wiederholt sich das alte Trauerspiel. Zuerst der Genuß der nicht entsprechenden Speisen, durch welche die Anstauungen entstehen, dann die Entzündung und das Aushalten der Schmerzen oft Wochen und Monate lang, dann die theilweise Ausschwitzung, und so – Drama zu Drama. Mir haben drei Ärzte versichert, Heilmittel für die Gicht gebe es nicht, so lehre die Wissenschaft. Ich jedoch versichere: »Wie man die Maulwurfshügel auf einer Wiese beseitigen kann, so kann man auch die Gicht heilen, d. h. die Gichtknoten auflösen.« Es geht, mitunter sogar leicht, wenn nämlich die Gicht noch nicht zu alt ist, in den meisten Fällen aber recht schwer. Gichtknoten sind doch keine Knochen und deßhalb noch immer auflösbar. Werden bei diesen großen Leiden die Schmerzen bloß genommen durch Gifte, so werden die Leiden wohl gemildert, aber Heilung ist nicht möglich. Habe ich eine gute Küche als Beispiel genommen, so wiederhole ich, daß zu einer guten Küche vor allen Dingen nothwendig ist ein gutes Material, aus denen die Speisen bereitet werden. Für den Magen muß gesorgt werden, daß er gut verdaue, und für die Natur, daß sie gehörig transspiriere, die schlechten Stoffe ausscheide. Auf diese Weise muß die Natur vor Rückfällen beschützt werden. Zur Heilung ist aber nothwendig: 1) Aufweichung, Auflösung des Giftstoffes; 2) die aufgelösten Giftstoffe ausleiten; 3) keine Schlaffheit in der Natur aufkommen lassen, nämlich dafür sorgen, daß die ganze Maschine in voller Thätigkeit arbeite, um das Nutzlose zu entfernen. Auf diese Grundsätze gestützt, können die Gichtkranken geheilt werden.
Ein Priester ist vor 20 Jahren zwölf Wochen lang an bei Gicht mit unsäglichen Schmerzen gelegen; die Ärzte haben ihn auch sorgfältigst gewarnt vor Vernässung und frischer Luft. Es fürchtet auch keine Klasse von Kranken das Wasser und dessen Anwendungen mehr als die Gichtleidenden, theils weil sie sich schon verdorben haben durch irgend eine Vernässung, sodann aber auch, weit sie viel zu viel gewarnt werden vor diesem einzigen Heilmittel. Dieser Priester glaubte, es könne ihm nicht schlechter gehen bei den Wasseranwendungen, und hatte sich entschlossen, ganz entsprechend seiner Gicht, auch die stärksten Anwendungen vorzunehmen. Nach sechs Wochen war er geheilt, empfindet keine Spur mehr von dieser Krankheit und ist bis jetzt ganz gesund geblieben. Dieses ist doch gewiß ein Beweis von der Heilbarkeit der Gicht.
Die Auslösung des Giftstoffes muß geschehen: 1) durch Waschungen mit Wasser; 2) durch Wickel; 3) durch Aufgießungen; 4) durch Bäder. Wer das Wasser in allen diesen Wirkungen wirklich versteht, der heilt auch den Gichtkranken. Man muß aber nicht vergessen, daß ein Körper, in welchem die Gicht viele Jahre die Herrschaft geführt und den armen Menschen Jahre hindurch gequält hat, in wenigen Tagen geheilt sein kann. Wie die Heilung vor sich geht, und wie die Anwendungen aufeinander folgen, ist bei einzelnen Fällen dargestellt. Ich behaupte also: Gibt es nach dem Urtheile der Ärzte kein Heilmittel für die Gicht, so ist und bleibt das Wasser ein Heilmittel für dieselbe. Wer Ohren hat zu hören, der höre!
Ich bin der Ueberzeugung: wenn die Kraftsuppe erkannt und benützt wird, kann man eine Anzahl unglücklicher Menschen beglücken. Gerade die Kraftsuppe ist nicht bloß wegen ihrer außerordentlich guten Nährstoffe zu empfehlen, sondern auch weil sie sehr wohlfeil und leicht zu bereiten ist.
Ein Herr von Stand, der diese Kraftsuppe kennen gelernt hatte, kaufte bei einem Bauern zwei große schwarze Laibe Brod. (Das schwarze Brod ist bekanntlich nur von Roggenmehl bereitet und wird für die Landleute genau eingemahlen, so daß nur wenig Kleie zurückbleibt und mithin aller Nährstoff des Roggens ausgenutzt wird.) Diese zwei Laibe Brod ließ der Herr in kleine Schnittchen schneiden und auf eine blecherne Platte bringen, welche auf den heißen Herd gestellt wurde, um das Brod soviel als möglich auszutrocknen. So recht hart getrocknet wurde es, in einem Mörser zerstoßen, zu einem groben Pulver. Wollte er eine Kraftsuppe, so rührte er zwei bis drei Löffel voll von diesem Brodpulver in siedende Fleischbrühe, that ganz wenig oder gar kein Gewürz, eben so nur wenig Salz daran. In zwei Minuten war die Suppe fertig. Sie schmeckt vorzüglich, gibt sehr gute Nahrung und bewirkt keine oder doch nicht viel Gase. – Statt Fleischbrühe hat der Herr öfters Milch genommen und, wenn diese im Sieden war, das Brodmehl eingerührt. Nach zwei Minuten war auch diese Suppe fertig. Diese hat noch einen großen Vorzug vor der mit Fleischbrühe bereiteten, weil ja die Milch die meisten Nährstoffe hat.
Hatte der Herr gerade keine Milch und keine Fleischbrühe, so ließ er Wasser sieden und ins siedende Wasser dieses Brodmehl einrühren. Es kamen dann etwas Gewürze und Rindschmalz dazu, und auch diese Suppe verdient den Namen Kraftsuppe.
Eines Tages, in der Kirchweihwoche, kommt dieser Herr in ein Haus, wo die Bäuerin Brod aus Spelz gebacken hatte, der dem Waizen ähnlich ist. (Auch dieses Getreide wird bei den Landleuten möglichst genau eingemahlen.) Er kaufte sich zwei solcher Brode und verfuhr wie beim schwarzen Brod. Er mischte dann das gewonnene Brodmehl mit dem früher genannten durcheinander und ließ sich von dieser Mischung die Kraftsuppe machen, wie vorhin beschrieben ist. So bekam er sechserlei verschiedene Suppen, die auch selbst in ihrer Kraft verschieden sind. Der Wechsel mit denselben ist sehr gut, damit die Suppe nicht so leicht widersteht.
Diese Kraftsuppe ist ganz vorzüglich für recht schwache Kinder, weil sie leicht verdaulich und recht nahrhaft ist und keine Gase bewirkt. Sie ist auch der schwachen heranwachsenden Jugend zu empfehlen, um die Blutarmuth zu heben, durch welche der Körper sehr leidet.
Diese Kraftsuppe ist ferner gut für die Kranken, weil sie der heruntergekommenen Natur viel Nährstoff bringt. Endlich ist sie besonders dem hohen Alter zu empfehlen. Wenn die Zähne fehlen, um die festen Speisen gut zerkauen zu können, so soll man sich an diese Suppe halten. Es sollte keine Familie geben, wo die Kraftsuppe nicht eingeführt ist. Ich habe sie einst einem hohen Beamten gerathen, der mir später versicherte, er kenne keine gesündere und nahrhaftere Suppe.
Wenn der Frühling kommt, der Tag länger wird, die Sonnenstrahlen wirksamer werden und die ganze Atmosphäre dadurch erwärmt wird, bringen die Hausfrauen ihre den Winter hindurch verfertigte rohe Leinwand in die Bleiche oder spannen dieselbe in ihren Gärten aus, um allen Rohstoff aus der Leinwand zu bringen und eine weiße Leinwand zu bekommen. Diese ausgespannte rohe Leinwand wird täglich drei- bis fünfmal mit Wasser durchnäßt; dieses Wasser löst die Rohstoffe in der Leinwand auf, und Licht und Sonnenwärme oder überhaupt jede marine Temperatur zieht das aufgegossene und von der Leinwand aufgenommene Wasser aus, und weil das Wasser Rohstoffe auflöst, werden diese auch mit dem Wasser ausgeleitet. Wenn man so einige Zeit diese Leinwand fleißig näßt, verschwindet recht sichtbar Tag für Tag die graue Farbe, und die weiße Farbe tritt immer kräftiger hervor, bis endlich die Leinwand vollständig weiß gebleicht ist.
Wenn Jemand stirbt, werden gewöhnlich Bettzeug und Kleider allererst gewaschen und dann auf die Bleiche gebracht. Man ist der Überzeugung, daß durch das Begießen und die Sonnenwärme jeder Schmutz und jeder eingedrungene Krankheitsstoff am allersichersten und einfachsten aufgelöst und ausgeleitet wird. Ganz besonders hält man viel darauf, daß Krankheiten, die erblich sind, nur auf diese Weise ausgeleitet werden und solche Wäsche dann erst wieder verwendbar sei, ohne Gefahr zu laufen, von einer Krankheit angesteckt zu werden. Dasselbe Verfahren wird ja auch geübt Tag für Tag in der Wäsche.
Das Gesagte ist ein getreues Bild von der Wirkung des Wassers. Wenn ein Körper gewaschen und ordentlich bedeckt wird, wenn das Wasser durch die Poren eingedrungen ist und, so weit es eingedrungen, auch rohe, unbrauchbare, ausgenützte Stoffe auflöst und durch die entwickelte höhere Wärme ausleitet, so kann ein Kranker durch öfteres Waschen und durch wiederholte Vermehrung der Wärme immer tiefer in die Natur einwirken, auflösen und ausleiten, und es geht der Natur wie der rohen Leinwand: sie wird immer freier von krankhaften Stoffen und dadurch auch gesünder, und man kann sagen: wie die rauheste und roheste Leinwand nach und nach ganz rein gewaschen werden kann durch Begießung und Sonnenwärme, so kann auch die größte Krankheit durch Waschen, verbunden mit erforderlicher Wärme, ausgeheilt werden.
Diese einfache Anwendung des Wassers durch Waschungen paßt am allerbesten für die Kinder. Welches Kind kann nicht gewaschen werden? Wie wird durch das Waschen mit kaltem Wasser das Kind in eine höhere Wärme gebracht und durch diese auch die schädlichen oder ausgenützten Stoffe ausgeleitet! Die Hausfrauen nehmen zu ihrer Bleiche nur kaltes Wasser; es ist wirksamer, und so wirkt auch das kalte Wasser mehr in der Natur des Menschen als das warme; es ist deßhalb recht zu empfehlen, daß die Hausmütter bei ihren Kindern, wenn sie gesund und kräftig sein sollen, recht früh anfangen, mit kaltem Wasser die Kinder abzuwaschen, aber nicht abreiben und am Schluß nicht abtrocknen, weil das Nicht-Abtrocknen viel mehr Wärme entwickelt und deßhalb auch eine kräftigere Ausleitung erreicht wird, gerade wie die Hausfrau beim Bleichen ihre Leinwand auch ohne auszuwinden der Wärme aussetzt, damit durch das langsame Ausströmen möglichst viel Rohstoff ausgeleitet wird.
Wie für die Kinder, so paßt das Waschen für schwache Leute, die wenig Naturwärme haben, deßhalb vor einem kalten Bad zurückschaudern und selbes nicht leicht aushalten würden. Eine Waschung am ganzen Körper kann Jeder gerade so leicht ertragen, wie er es erträgt, daß er sein Gesicht täglich mit kaltem Wasser wäscht und davon weder krank wird noch stirbt. Durch diese einfache Waschung, beharrlich fortgesetzt, können die größten Krankheiten ausgewaschen werden, gerade wie die feinste Leinwand durch Wasser und Sonnenwärme gebleicht wird. Wie oft fehlt schwächlichen Leuten die volle Naturwärme, der Kopf ist heiß, die Füße sind eiskalt. Wird der ganze Körper schnell gewaschen, ordentlich, aber nicht zu stark zugedeckt, so bringt dieß ganz rasch eine recht angenehme, über den ganzen Körper sich verbreitende Wärme, aber wohlgemerkt nur, wenn der gewaschene Körper nicht abgetrocknet wird. Das Wasser auf dem Körper entwickelt einen angenehmen, warmen Dunst, der gerade alles Krankhafte aus dem Körper herauslockt und eine gleichmäßige Wärme über den ganzen Körper verbreitet. Wird der Körper abgetrocknet und abgerieben, so wird diese Wärme nicht eintreten, somit auch nicht die gute Wirkung.
Wie für schwache Leute in jedem Alter die Waschungen taugen zur Vermehrung der Naturwärme und zur Reinigung der Natur von krankhaften Stoffen, so ist selbst für das hohe und höchste Alter eine Waschung mit kaltem Wasser von einer höchst günstigen Wirkung. Gerade den Alten fehlt gewöhnlich die Naturwärme; diese wird durch die Kalt-Waschung vermehrt. Es fehlt auch gewöhnlich den Hochbetagten die Transspiration, weil im hohen Alter keine erhöhte Thätigkeit mehr vorhanden ist. Durch Waschen aber wird die Wärme vermehrt, so auch die Transspiration erhöht und deßhalb die getrocknete Haut bei geringster Thätigkeit wieder angeregt. Dem hohen Alter fehlt gewöhnlich eine geregelte Blutcirculation; das Wasser aber befördert auch diese und leitet das Blut nach allen Richtungen hin. Wenn Marasmus, Altersschwäche gewöhnlich an den Extremitäten zunächst fühlbar wird, weil dorthin kein Blut mehr kommt und der Tod dort am allerehesten Eingang findet, so wird durch das Waschen mit kaltem Wasser das Blut fortwährend in die äußersten Theile geleitet und dadurch auch das Lebensalter möglichst ausgedehnt.
Es ist also das Waschen mit kaltem Wasser ein Mittel für die Kinder, um sie gesund und frisch zu erhalten oder gesund und frisch zu machen, es ist ein sicheres Hilfsmittel für alle Schwächlinge, die größere Anwendungen nicht ertragen können, sowie für alle Schwerkranken; denn wie jedem Kranken Gesicht und Hände gewaschen werden können, so kann dem Schwerkranken – freilich rasch und mit aller Vorsicht, nur zu seinem Nutzen der ganze Körper gewaschen werden, und zwar mit denselben Wirkungen, wie oben bezeichnet, wovon keine schädlich sein kann; es geschehe aber ohne Reibungen und ohne Abtrocknung.
Gerade so ist es auch von großem Werthe für das höchste Alter. Das Schicksal der Hochbetagten wäre durch die Waschungen sicher stets ein erträglicheres, und alle Lebensmühseligkeiten wären leichter hinzunehmen. Die Waschungen wirken nicht auf den Körper allein, sondern ganz besonders auf den Geist. Ist der Körper die Hütte des Geistes, so darf man doch auch annehmen, daß es dem Geiste viel leichter und wohler ist, wenn seine Hütte fleißig gereinigt, krankhafte Stoffe ferngehalten oder ausgeleitet werden. Vergleiche man ein recht armseliges, durch Kost und Kleidung verweichlichtes Kind mit einem durch Waschungen abgehärteten Kinde, das frisch aussieht, hüpfend springt und den herrlichsten Appetit für jede Kost entwickelt. Wie bei dem Kinde, so ist es in jedem Alter.
Viele hundert und tausend Gemüthsleiden, Niedergeschlagenheit, Gedrücktheit, halbe Verzweiflung, Mutlosigkeit, Verstimmung würden nicht stattfinden, wenn man durch das frische Wasser die Hütte des Geistes fleißig säubern würde. Scheue und fürchte niemand die Waschungen mit kaltem Wasser, suche im Gegentheil Jeder bei diesem einfachen Mittel seine Hilfe.
Man glaube ja nicht, daß man alle Tage sich öfter waschen oder immer am Brunnen und bei der Badewanne sein müsse, wie der Lump bei seinem Bierkruge oder Weinglas; es reicht ja aus, wenn man den Körper ein- bis dreimal in der Woche wäscht, was längstens in einer Minute geschehen ist, und selbst wie man in der Frühe Gesicht und Hände wäscht, so kann man ja auch in einer halben Minute den ganzen Körper waschen, und man erreicht schon dadurch Vieles, oft auch Alles. Die Waschungen der Kranken werden bestimmt bei den Krankheitsfällen. Es hat somit das Waschen des Körpers in allen Beziehungen das Dreifache meines Systems: kranke Stoffe auflösen, die aufgelösten ausleiten und die Natur stärken.
Wenn die Hausmütter ihre rohe Leinwand bleichen, wie oben gesagt wurde, so machen sie von Zeit zu Zeit eine Lauge. Es wird siedendes Wasser über Asche gegossen, und weil das siedende Wasser zersetzt, gibt es eine ätzende Lauge. Man legt die Tücher mehrere Stunden in diese Lauge, damit dadurch die rohesten Stoffe, die das Wasser nicht leicht oder nur langsam aufzulösen vermag, rascher aufgelöst werden. Nachher kommt die Leinwand wieder an die Sonnenwärme, damit das durch die Lauge Aufgelöste nicht bloß ausgewaschen, sondern durch die Wärme ausgeleitet wird. Die Hausfrauen machen es ja bei der Wäsche auch so. Die eine macht sich eine Lauge aus Asche, eine andere nimmt Soda oder andere scharfe Mittel, und dadurch erreichen sie schnell, was durch das Wasser nur recht hart und langsam gehen würde, vielleicht auch gar nicht. Dieses Verfahren ist wieder ein Bild für den Hydropathen. Denken wir uns recht in einen kranken Körper hinein. Er hat ganz kalte Füße, also fast kein Blut darin, aber einen ganz heißen Kopf, also zu viel Blut, oder er hat einen Druck auf das Herz, weil dorthin alles Blut strömt; somit ist das Blut nicht richtig vertheilt; es sind Anstauungen vorhanden. Es können aber kleine oder größere Blutanstauungen an allen Theilen des Körpers sein; es kann beim Blutlauf gehen, wie wenn ein Bächlein durch's Thal läuft. Da kommen die Kinder hin und häufen Steine im Bächlein auf; dann gibt es einen kleinen Weiher, eine Anstauung, und das Wasser ist dadurch in seinem Laufe gestört, sucht rechts und links einen Ausweg; das Bächlein fließt nur mehr spärlich, zeitweilig gar nicht. Das Wasser aber hat sich Nebenauswege gesucht, hält sich dort auf und findet sogar eine bleibende Niederlage. Geradeso geht es beim Blutlauf; es kann das Blut in vielen Theilen des Körpers einen Ausweg gefunden haben, kann im Kopf sich anstauen oder auf dem Rücken, mit einem Worte, es kann überall eine Anstauung stattfinden, und deßhalb können die Störungen des Blutlaufes vielfach vorhanden sein. Das Blut, das Nebenwege gefunden hat, wird theilweise ausgeschwitzt, theilweise wird es eine festere Masse, wie man es ja auch beim Fleisch, das wir essen, oft sehen kann, daß Blutanstauungen in den Muskeln eine grünliche, feste Masse bilden. Es können sich einzelne Muskeln außerordentlich erweitern und wie Geschwülste sich anhäufen. Nehmen wir z. B. einen dicken Hals oder Kropf; solche Anhäufungen im Kleinen oder Größeren kann es viele am ganzen Körper geben. Durch diese Anstauungen wird natürlich der Blutlauf gewaltig beeinträchtiget und gestört. Wie oft überfällt einen ganz gesunden Menschen ein Schlaganfall! Es kann irgendwo eine Blutstörung sein, so daß das Blut seinen Weg nicht gehen kann; es dringt dann gewaltsam dem Kopfe zu, und in dem Augenblick ist der Schlaganfall da. Wie das Blut dem Kopfe zudringen kann, so kann es auch dem Herzen zueilen, und der Herzschlag ist eingetreten. Wer will eine Medizin bestimmen, die solche Störungen, Anstauungen, Geschwülste auflöst und durch die Auflösung dem Blut wieder den rechten Weg zeigt? Der eine Arzt spornt die Herzthätigkeit stark an, der andere dagegen bannt sie durch irgend ein Mittel. Dadurch aber sind die Blutstörungen nicht gehoben, sondern, wie ich glaube, eher noch unterstützt, weil gerade der Blutlauf dadurch schwächer geht oder der Trieb auf die Stauungen noch stärker wird. Früher hat man Blut herausgelassen, damit der arme Kranke mit weniger Blut auch zurecht käme auf kurze Fristen. Jetzt nennt man ein solches Verfahren die größte Thorheit, früher hingegen war es hohe Wissenschaft. Ich kannte eine schwächliche Person; dieser wurde vierhundertmal zu Ader gelassen, weil sie blutarm war, bis endlich das Blut zu Wasser geworden und dem Elend ein Ende gemacht war. Um Blutanstauungen und andere Anstauungen zu heben und dem Blute wieder den rechten Weg zu bahnen, hat der Hydropath günstige Mittel, wovon ein hauptsächliches der Wickel ist. Die Wickel können eingetheilt werden in Kopfwickel, Halswickel, kurze Wickel, ganze Wickel, Fußwickel u. s. w. Diese Wickel werden angewendet, wo irgendwo eine Anstauung sich bildet. Wenn ein Kind von einer Biene gestochen wird und die Stelle stark anschwillt, so nimmt es ein Tüchlein, taucht's ins Wasser ein, umbindet es und wiederholt dieß öfters. Das Kind hat Verständniß genug, um einzusehen, daß die wiederholte Einwickelung die Geschwulst wegnimmt. Wenn eine solche Wirkung beim Handwickel sichtbar ist und auch angewendet wird, warum sollen nicht Wickel auf den ganzen Körper oder auf einzelne Theile, wo Anstauungen sind, angewendet werden zur Auflösung, zur Ausleitung und zur Wiederherstellung des normalen Zustandes. Ein Arzt, der einige geheilte Gichtkranke gesehen und gesprochen, sagte: »Nun haben wir auch ein Mittel; bisher hatten wir keines, mit dem man die Gicht wirklich heilen kann.« Nimmt die Hausfrau zum Bleichen ihrer Leinwand von Zeit zu Zeit eine Lauge, und nimmt man beim Waschen Soda, so kann man auch bei den Wickeln zu dem Wasser auflösenden Stoff mischen. Ein Absud von Haferstroh löst ganz vorzüglich den Gichtstoff auf; die Heublumen geben auch eine Lauge, die bei manchen Leuten das Haferstroh-Wasser übertrifft. Wie Gichtanstauungen aufgelöst werden, so können auch Blutstauungen und andere Anstauungen gehoben werden, und wer Kenntniß von den Anstauungen hat, der wendet den Wickel auch an den einzelnen Theilen, wo sie vorhanden sind, an und plagt nicht den ganzen Körper. Wenn einer einen gewaltigen Bauch herumträgt und hat in diesem allerlei Anstauungen, so wäre es gewiß eine Thorheit, die Füße einzuwickeln, weil fast kein Blut mehr heruntergekommen ist. Ich behaupte: Wer gesund machen will, der soll die höchste Aufmerksamkeit dem Blutlaufe zuwenden. Kommt er mit diesem zurecht, dann wird er auch den ganzen Körper zurecht bringen, wenn überhaupt gesundes Blut vorhanden ist. Wie diese Wickel angewendet werden, ist bei den Krankheiten hinlänglich auseinandergesetzt.
Wenn ein Bedienter seinem Herrn die Kleider reinigt, so nimmt er nicht Wasser zum Waschen, sondern ein Meerrohr, und erst dann eine Bürste. Er klopft mit dem Meerrohr die Kleider fest aus, damit aller tief eingedrungene Staub und Schmutz losgeklopft wird und so nach und nach auf die Oberfläche kommt; erst dann nimmt er eine weiche Bürste und bürstet noch auf der Oberfläche ab, was nicht durch die Luft davongegangen ist. Wenn also sich Staub oder Schmutz gar zu tief eingenistet hat und gleichsam zu einer Staubkruste geworden ist, so wird auf obige Weise jede Staubanstauung zerstört. Auf diese Weise wird der Rock rein gemacht, und bei aller Klopferei wird doch der Rock am schonendsten behandelt. Wie er den Rock behandelt, so macht er es auch den Beinkleidern und anderen Wollkleidern.
Dieses einfache praktische Bild zeigt uns das Verfahren bei der Wasserheilkunde. Wenn man die Anstauungen, die unzählig sein können, kleinere, mittlere und größere, die in einem Körper herrschen, sehen könnte, so würde man staunen ob der vielen Gebrechen und sich fragen: Wie kann ich wohl alle beseitigen? Den Einen hat ein Schlag getroffen, eine Blutstauung ist schuldig; er kann auch nicht gesund werden, weil die Blutstauungen noch vorhanden sind. Ein Anderer hat einen halb lahmen Fuß; derselbe ist viel dünner, ist nicht gehörig genährt, deßhalb verkümmert; es ist eine Blutstauung im Leibe, die keine Medizin aufzulösen vermag. Ein Dritter hat ein fürchterliches Kopfweh; es ist im Kopfe eine Blutstauung; wieder ein Anderer hat den Hexenschuß; es ist ihm eine Masse Blut eingedrungen. So und ähnlich klagen Unzählige. Für solche Zustände hat gewöhnlich die Medizin keine Hilfsmittel; meine Wasserheilkunde hat hiefür einen großen Vorrath, schwächere und stärkere, für Kinder und Erwachsene, auch die Hochbetagten nicht ausgenommen, ähnlich dem Kleiderputzer, der auch zwei oder drei stärkere und schwächere Rohre hat. Es ist ganz unglaublich, was die Güsse mit Wasser vermögen. So sieht man öfters Beispiele von Heilungen, die Manchem fast unglaublich scheinen, weil für solche Leiden sonst keine Mittel vorhanden sind. Ein Mädchen war daran, sich aus der Nase todt zu bluten, so heftig drang das Blut dem Kopfe und der Nase zu; eine Gartengießkanne voll Wasser auf Nacken und Kopf machte der Blutung augenblicklich ein Ende.
Die verschiedenen Gießungen können eingetheilt werden in: Halsgießungen, Obergüsse, weil sie den oberen Theil des Körpers betreffen, in Armgießungen (wenn z. B. eine Blutanstauung sich am Arme gebildet hat, die durch andere Mittel nicht entfernt werden kann, so treiben eine oder zwei Kannen Wasser, öfter wiederholt, solche Anstauungen weg) und Rückenguß, der den ganzen Rücken erfaßt und auf alle Anstauungen einwirkt, sie mögen von Blut oder Säften herkommen. Wenn der Blutlauf zu schlaff und unthätig ist, ist der Rückenguß einer Geißel gleich, die das faule Pferd treibt. Wie leicht können Anstauungen des Blutes, wie im Rücken der Hexenschuß, im Schenkel vorkommen? Wer will das eingedrungene Blut, das stille steht, nicht vorwärts und rückwärts kann, weil zu schlaff, in Bewegung bringen? Beim Rückenguß heißt es, das Blut gehe seine Wege, damit es in allen Adern an Ort und Stelle komme und das ausgenützte Blut nicht an verschiedenen Stellen herumlungere, sondern wieder zum Herzen zurückkomme. Wie viel haben endlich die Füße zu leiden durch Kälte, durch Wärme, durch Tragen, durch Gehen? Es ist kein Wunder, wenn verschiedene Stauungen von Blut und dergleichen vorkommen; die Schenkel- und Kniegüsse bewirken hier, was der Rückenguß auf dem Rücken erreicht. Es schwellen Jemandem die Knie auf; sie werden ganz entzündet, die Schmerzen sind groß. Wer will leugnen, daß sich da viel Blut angelagert habe und der Blutlauf oft die einzige Ursache ist! Der Knieguß klopft und klopft wiederholt und abermal, bis auch diese Stauung gehoben ist. So können oft die größten Geschwülste mit den empfindlichsten Schmerzen einfach durch Gießungen gehoben werden, wenn man es versteht, kunstfertig die Güsse anzuwenden, wie der Bediente den Rock auszuklopfen weiß. – Christian hat nach Aussage der Ärzte Lungenemphysem, herrührend von einer vorausgegangenen Lungenentzündung. Hier ist doch klar, daß bei der Heilung viel Schleim zurückgeblieben ist, der noch an den inneren Organen angeklebt hängt und nicht weiter gebracht werden kann. Sechs Obergüsse und Brustgüsse haben Alles losgemacht; eine Masse Schleim hat sich gelöst, und der Kranke athmet jetzt ganz gesund. Freilich könnte Mancher sagen, man läßt über den Körper eine Douche, einen Regenstrom. Ich aber verwerfe Dieses, weil solch ein Regen der Natur zu viel Wärme entzieht und auch die schuldlosesten Theile mißhandelt. Es kommt mir vor, wie wenn der Kleiderputzer einen großen Ruthenstrauch nimmt und auf die Kleider, die er zu putzen hat, insgesammt einhaut. Wer das Gießen versteht, ist ein Künstler in der Heilkunde. Wer es nicht glaubt oder verachtet, der geht in seiner Verlegenheit von dannen und weiß dem Kranken nicht zu helfen. Die Verschiedenheit der Güsse und ihre Anwendungen sind in einzelnen Beispielen auseinandergesetzt.
Wie es verschiedene Arten zu gießen gibt, durch die man auf einzelne Theile, wie auf den ganzen Körper einwirkt, so gibt es auch verschiedene Bäder, die wieder auf einzelne kranke Stellen, wie auch auf den ganzen Leib wirken. Wie häufig nehmen die Leute beim Kopfweh ein warmes Fußbad mit Asche und Salz, leiten das Blut aus dem Kopfe abwärts und entfernen auf diese Weise ihren Kopfschmerz. Wie es Fußbäder gibt, so können auch Knie- und Schenkelbäder, Halbbäder und ganze Bäder genommen werden, warme und kalte. Die Wirkung geht dann wieder auf einzelne Theile des Körpers oder auf den ganzen Körper, je nachdem es der Zustand erfordert. Die warmen Bäder werden nur gewählt, wo die Wärme fehlt und deßhalb die Natur unterstützt wird, oder wenn bei Verhärtungen wie Gicht und ähnlichen Leiden kräftige Auflösungen eintreten müssen, daß man mit stärkeren kalten Anwendungen weiter einwirken kann, was wiederum in den einzelnen Beispielen hinreichend auseinandergesetzt ist. Es sind da verschiedene Gattungen von Bädern bezeichnet: Fußbäder, Kniebäder, Schenkelbäder, Ganzbäder, Handbäder, Augenbäder u. s. w. Die genauere Anleitung bei der Anwendung geben wiederum die einzelnen Fälle.