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Erläuterung

Zum »Trinkspruch«

» Salut« seit der Ausgabe von 1898, erschien als »Toast« am 15. Februar 1893 in der Zeitschrift »La Plume«. Mallarmé bemerkt dazu in der Bibliographie von 1898 (wiederabgedruckt in der Ausgabe der Poésies von 1913): »Ce sonnet en levant le verre, récemment à un Banquet de la Plume, avec l'honneur d'y présider«. Es ist also eine in die knappe Form des neunsilbigen (dreihebigen) »Sonnet«-Verses, den der alternde Dichter meisterte, gefaßte Ansprache an die um ihn, den Vorsitzenden, zum Festmahl vereinigten »verschiedenen« Freunde. Der Sprecher, den eine »schöne Trunkenheit« bindet und verpflichtet (engage), ohne daß er auch nur ihr Schwanken (tangage, das Schlingern, die abwechselnd vorwärts und rückwärts gerichtete heftige Bewegung des Schiffes) fürchtete, steht aufrecht und erhebt sein Glas zum Gruß an die Genossen von Fahrt und Gefahr. Den in der flachen Champagnerschale (coupe), die er hält, perlenden Schaum vergleicht der Dichter einem »jungfräulichen Vers« (»Vers der Zukunft« im ersten »Éventail«), er habe nichts zu bezeichnen (désigner = unterscheidend zeigen) als eben die coupe, die er eine Weile erfüllt. Die zumal bei deutschen Erklärern beliebte Übersetzung »Einschnitt« (Cäsur) – so spiele schwebender Sinn mit dem zweideutigen Wort – muß der Übersetzer, der sich für die eine oder die andere Bedeutung zu entscheiden hat, ablehnen. Wie sollte der Vers selbst (als Schaum oder Hauch) seinen »Einschnitt« und nur diesen bezeichnen? (Auch das rien, mit dem der Vers, wie der zweite im »Eventail«, anhebt, hat in Mallarmés verblüffender Wortfügung und -verbindung die doppelte Aufgabe, einerseits dem Schaum seine hinschwindende Eigenschaft, das in sich zusammensinkende Nichts, zu wahren, andererseits die mit kühner Umstellung – rien à ne désigner que – verwendete Bestimmung des Nebensatzes, à ne désigner rien que, zu treffen). Nun aber folgt ein aus dem im Glas aufsteigenden Schaum der schweifenden Vorstellungsfähigkeit des Angeregten sich ergebendes, ebenso überraschendes wie packendes Bild, ein Vergleich des Vorganges (telle, eines der vielen Lieblingsworte des Wortarmen) mit dem des freiwilligen Unterganges einer Sirenenschar (troupe), die sich in der Ferne ertränkt, also von einer Klippe ins Meer stürzt: wie das Folgende erweist, ein mit der als Grundbild vorausgesetzten Schiffahrt ins Weite zwanglos verbundenes Gleichnis (daß viele der Sirenen sich verkehrt, rücklings, in die Wogen fallen lassen, ist ein entzückender sinnlicher Zusatz). Der Dichter, seiner Würde gemäß bereits auf dem Back- oder Achterbord (poupe), während die jüngeren Teilnehmer an der gefahrvollen Reise im prunkenden Bug sich versammeln, vielmehr selbst der zunächst bedrohte Bug sind (vous l'avant fastueux), beschreibt in wundersamer Kürze die Schrecken des Zuges (der vom Anklang der Sirenengruppe angelockte Gedanke an eine waghalsige Schar »neuer Argonauten« bleibe einbildungskühnem Mit- und Weitergehen unverwehrt): der Bug durchschneidet die Flut von Gewitterschlägen und Wintern. Und nun der Trinkspruch selbst, dessen straffe Gliederung der entscheidenden »Sorge« (oder sorglichen Bemühung – souci) an die Dreizahl »Nacht, Verzweiflung und Edelsteine« einer andern unerschrockenen Seefahrt, der des »bleichen Vasco« da Gama (in »Au seul souci de voyager«), gemahnt: Mallarmé, in seiner rauschgehobenen Stimmung, ruft »Einsamkeit, Riff, Stern« an, und sei's, was sonst noch die weiße Sorge unserer Leinwand lohnte (n'importe ce qui valut le blanc souci de notre toile).

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Richard von Schaukal starb am 10. Oktober 1942. Kurz vor dem Tode konnte er seine Übersetzung der Gedichte von Stéphane Mallarmé abschließen. Von den geplanten Erläuterungen fand sich im Nachlaß nur die zum »Trinkspruch«.


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