Fritz Mauthner
Aus dem Märchenbuch der Wahrheit
Fritz Mauthner

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Noch einmal

Der arme Mensch lag vor dem Zauberer auf den Knien und flehte um Hilfe.

»Dreißig Jahre bin ich alt. Seit zehn Jahren habe ich unselig gelebt. Meine Gesinnung verkauft, meinen Körper gebrochen, mein Wort verleugnet, die Liebe verloren. Alle meine Kraft ist fort. Ich bin zu schwach, um die Ketten zu brechen, die mich an der Dirne festhalten. Hilf mir! Gib mir die letzten zehn Jahre wieder, daß ich sie noch einmal leben kann, und du sollst Wunder sehen.«

Der Zauberer lächelte und gewährte die Bitte. Ein frischer, starker Jüngling von zwanzig Jahren war der arme Mensch wieder, und alles in Nacht und Vergessenheit versunken, was inzwischen geschehen war.

Er wußte nichts mehr von seinem Schwur und lebte. Er brach seinen Körper, er verkaufte seine Gesinnung, er verleugnete sein Wort, er verlor seine Liebe. Keine Erinnerung warnte ihn. Nur von Zeit zu Zeit störte es ihn auf wie ein Traum, als ob er all das genau so schon einmal erlebt hätte, vor tausend Jahren. Und er glaubte dann das spöttische Gesicht des Zauberers in den Wolkenzügen zu erblicken.

Als der arme Mensch dreißig Jahre alt war, da hatte er keine Kraft mehr. Er konnte die Ketten nicht mehr zerreißen, die ihn an die Dirne fesselten.

Da stürzte er jammernd dem Zauberer zu Füßen und flehte um Rettung und wollte die letzten zehn Jahre wieder haben.

Jetzt aber faßte der Zauberer, ohne zu lächeln, nach dem armen Menschen und drehte ihm den Hals um.


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