Fritz Mauthner
Aus dem Märchenbuch der Wahrheit
Fritz Mauthner

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Der Kaiser und der Fuhrmann

In einem Wirtshause an der Heerstraße trafen einander zur Vesperzeit ein müder Kaiser und ein müder Fuhrmann. Als beide den ersten Hunger und Durst gestillt hatten, rief der Fuhrmann:

»Es ist ein Hundeleben, Den ganzen Tag zwei Gäule peitschen und immer nur im Schritt gehen.«

»Hm,« sagte der Kaiser. »Ich fahre mit sechsen. Ich habe sechs Pferde zu peitschen.«

»Was sind Sie denn?« fragte der Fuhrmann.

»Kaiser.«

»Wie ist das?«

Da ließ der Kaiser den Fuhrmann ein Weilchen durch sein Knopfloch blicken, und der schaute plötzlich das ganze Kaisertagwerk.

Weiße Zimmer und goldene Schüsseln und tausend Diener und hunderttausend kniende Menschen. Dann aber auch Minister, die nicht ziehen wollten, hinter ihnen einen großen Karren im Dreck; der Kaiser auf dem Karren, er schlug mit einer vergoldeten Peitsche auf die Minister, auf Fürsten und auf Geheimräte. Der Kaiser trank dazu Champagner aus goldenen Glaskelchen und schrie unaufhörlich »hü, hü!« Der Karren rührte sich kaum, so sehr der Kaiser sich mühte und schrie und schwitzte.

»Mein lieber Herr,« sagte der Fuhrmann, und nahm den letzten Schluck von seinem Landwein und erhob sich, um schlafen zu gehen. »Mein lieber Herr! Da gehe ich doch lieber weiter im Schritt vorwärts und peitsche weiter meine beiden braven Gäule, aber ein Hundeleben ist es doch.«


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