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Es war einmal ein Musikant, namens Schrumm, der war eigentlich gar keiner. Er kannte keine Note und kannte keinen Schlüssel. Aber es verlangte ihn, mitzutun, wenn die Kapelle was aufspielte, wenn die einen die Fiedelbogen hinauf- und hinunterzogen vor ihrer Nase, die anderen mit dem Bogen hin und her rutschten zwischen ihren Beinen, die dritten ihre Backen aufbliesen und tuteten, und die vierten auf der Pauke rasselten, und das Ganze sich vereinigte, als ob ein feuriger Wagen gen Himmel gefahren wäre, und Schrumm hätte drin gesessen und hätte die goldenen Rosse gelenkt und gestachelt und hätte jedesmal mit der unendlichen Peitsche geknallt an der Stelle, wo die Musik die Erde verließ und der feurige Wagen mit seinem kristallenen Deichselende krachend aufstieß das Himmelstor.
Aber Schrumm kannte keine Note und keinen Schlüssel.
Er verdingte sich bei dem Ältesten der Kapelle. Er blies ihm den Staub von seinem alten Hut und glättete ihm den Sand auf dem Estrich. Und er bat ihn inniglich und schmeichlerisch. Da versuchte es der Älteste der Kapelle mit ihm. Nacheinander durfte Schrumm vor jedem Notenpulte sitzen. Aber es ging nicht. Mit dem Violinenbogen stieß er seinem Nachbar ein Auge aus, an der Baßgeige lernte er nur einen einzigen Ton und glaubte, der passe zu allem, und spielte ihn zu allem, mit der Posaune erschreckte er die Nachbarn auf fünfhundert Schritte weit, und über die Flöte schüttelte er nur immer seinen Kopf. In die Pauke schlug er ein großes Loch, und als man ihm schließlich eine Knarre zu drehen gab, drehte er sie immer nur dann, wenn eine große Pause vorgeschrieben war. Denn er wollte sich hören lassen.
»Das ist ein Kreuz,« sagte der Älteste der Kapelle.
»Nicht einmal was ein Kreuz ist, weiß ich,« erwiderte Schrumm verzweifelt, aber soweit in guter Stimmung. Er drehte gern die Knarre in den Pausen.
»Ja, kannst du denn gar nichts, ganz und gar nichts?« fragte der Älteste. »Könntest du nicht Noten umblättern?«
»Könnt' ich nicht.«
»Oder Lampen anzünden?«
»Möcht' ich nicht,« sagte Schrumm.
»Ja dann hilft das nichts, dann mußt du eben Kapellenmeister werden.«
»Ei ja,« sagte Schrumm. Und so wurde er Kapellenmeister und paßte auf, daß er Takt schlug mit der Hand und mit den Füßen dazu stampfte, sowie er sah, daß die Musikanten den Bogen führten und auf der Pauke rasselten.