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Das Größte

Holl war um sechzehnhundert Stadtbaumeister. Einen größeren hat Augsburg, ja, hat Deutschland nie besessen.

In unserm Freundeskreise ging die Rede, was von diesem Großen als sein Größtes anzusprechen wäre.

»Sein Rathaus,« sagte einer.

»Sein Zeughaus,« stellte dies ein zweiter höher.

»Von der Burg des Willibald bei Eichstätt scheint ihr nie gehört zu haben,« unterbrach der dritte.

»Muß es denn ein Werk sein,« wagte es der vierte, »kann nicht auch was Schlichtgegebenes sprechen?«

»Nun, daß Holl die Nummer dreizehn unter den Geschwistern hatte, ist doch kein Verdienst!«

»Ich meine nicht den Anfang. Ob Menschen groß sind oder klein, das zeigt ihr Ende.«

»Ei, Holls Ende war das schönste nicht. Er hing dem neuen Glauben an. Als Gustav Adolf in die Stadt am Lech ritt, traf er den Elias auf der Höhe seines Ruhmes. Gustav Adolf fiel. An einem Samstag holten sie den Holl von seinem neuen Bau und entließen ihren Größten noch am gleichen Tage, wenn ich nicht irre.«

»Du irrest nicht, nur auf den Montag scheinst du zu vergessen.«

»Auf welchen Montag?«

»Auf den Montag nach dem Samstag.«

»Was geschah denn Montags?«

»Nicht viel. Nur – Holl stand im Gerüste seines letzten Baues und mörtelte als einer unter hundert Maurern.«

Ein Schweigen fiel in unsre Runde. Wir gingen stille auseinander. Unauslöschbar einen Holl im Herzen, der, nachdem er Samstag Gut und Ruhm verloren, Montag unverdrossen mörtelt ...

So geschehen im Krieg der dreißig Jahre. Wie dünkt euch, Freunde? Seht ihr Deutschland heute als der Maurer einen unverdrossen mörteln an dem Großbau einer neuen Welt?


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