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Ich bin jetzt an einen Abschnitt meines Abenteuers gelangt, der mir das Bild unserer Lage nur in weiten Umrissen zu fassen gestattet. Noch am Nachmittag ließ ich die Kabine für Fräulein Temple mit allen Bequemlichkeiten ausstatten, soweit es mir die zur Verfügung stehenden Mittel erlaubten, und hatte nach Beendigung der Arbeit die Genugtuung, daß sie sich ihrer neuen Behausung freute. Der an und für sich freundliche, helle und luftige Raum gewann noch wesentlich dadurch, daß, sobald die Tür offen stand, eine unmittelbare Verbindung mit der durch das Oberlicht sonnenerhellten Kajüte bestand. Da dies ebenso mit meiner Kabine der Fall war, besaßen wir sozusagen nunmehr eine zusammenhängende Wohnung von drei Zimmern, und das hob unsere Stimmung und ließ uns unsere Lage viel behaglicher erscheinen.
Meine ursprünglich fröhliche Natur kam wieder mehr zum Durchbruch, und so machte ich wiederholt den Versuch, durch munteres, freundliches Wesen ein besseres Verhältnis zwischen mir und Lush anzubahnen, aber all mein guter Wille scheiterte an der ewig verdrossenen übeln Laune dieses Kerls. Er war wie ein Igel; bei jeder Annäherung meinerseits sträubte er seine Stacheln und sah mich tückisch an. So gab ich ihm gegenüber bald alle Freundlichkeit auf und sprach mit ihm nur noch in befehlendem Ton. Ueberhaupt gewöhnte ich mich merkwürdig schnell an meine Würde als Kapitän; ich staunte, wie mir noch alles fest im Gedächtnis saß, was ich in den zwei Jahren meiner Seemannszeit gelernt hatte, und wie ich es praktisch zu verwenden wußte. Bei jeder Gelegenheit zeigte ich mich sicher und bestimmt, und dies hauptsächlich, neben meiner freundlichen Art, war es wohl, was mir bald Achtung bei den Leuten verschaffte. Mit Genugtuung und Vergnügen nahm ich wahr, wie willig und eifrig sie alle meine Befehle befolgten, und wie fröhlich sie sowohl bei jeder Arbeit als auch in ihren Freistunden waren. Sie trieben allerhand Kurzweil, sangen, scherzten und führten Tänze nach den Klängen einer Fiedel auf. Es war, als ob wir uns auf einer Vergnügungsreise befänden. Niemals bemerkte ich irgendwelche Zeichen von Trunk; Lush hielt darin in der Tat gute Zucht. Er achtete streng darauf, daß nur die gewöhnliche Tagesration Rum verabfolgt wurde.
So ging alles glatt von statten, und in der von allen geteilten Sehnsucht, die Reise so schnell als irgend möglich zurückzulegen, schonte ich keine Leinwand und ließ den weißen Klipperrumpf der Bark mit Kometengeschwindigkeit die Wellen durchschneiden. Wir legten täglich ans Wunderbare grenzende Strecken zurück, und je toller die Fahrt ging, desto aufmerksamer zeigte sich die Mannschaft für jeden meiner Winke.
Ich brauchte keinerlei Besorgnisse mehr zu hegen, meine Gefährtin sich auf Deck sehen zu lassen. Ich legte ihr daher auch nichts in den Weg, mich, so oft sie wollte, während meiner Tageswachen zu begleiten. Sie schien sich in das Unvermeidliche gefunden und beschlossen zu haben, allem, was kommen mochte, mit Mut und Geduld entgegen zu gehen.
Mit der Zeit wurde das jedoch anders. Sie wurde teilnahmslos, genoß fast nichts mehr, fand nur wenig Schlaf, wurde immer hagerer im Gesicht und verlor den Glanz ihrer herrlichen Augen. All meinem aufmunternden Zureden begegnete sie nur mit einem matten Kopfschütteln oder wehmütigem Lächeln.
Meine Verzweiflung hierüber war um so größer, als meine Liebe sich von Tag zu Tag steigerte. Mein Herz krampfte sich vor Schmerz bei ihrem Anblick zusammen. Ich zermarterte mein Hirn, wie ich sie diesem Gemütszustand entreißen, ihr wieder aufhelfen könnte. Aber nichts, nichts wollte mir einfallen. Schließlich verfiel ich auf den Gedanken, an das Gefühl der Mannschaft zu appellieren; ich wollte sie versammeln, ihre Menschlichkeit anrufen und sie anflehen, das Mädchen vor der Erreichung des Kap Horn auf ein anderes Schiff zu bringen. Ich wollte, wenn man nicht darauf einging, das Kommando des Schiffes niederlegen, mich um nichts mehr kümmern. Doch auch dieser Gedanke hatte seine großen Bedenken. Aus dem, was Wetherley mir ab und zu über die Gespräche der Mannschaft zugetragen, hatte ich erkannt, daß bei allem äußerlichen Wohlverhalten sich die Stimmung im Handumdrehen gegen mich wenden konnte. Ich sprach deshalb erst noch einmal mit Wetherley über meine Absicht und mußte diese als völlig verfehlt aufgeben, als er mir versicherte, daß ich mit der Weigerung, das Schiff weiter zu führen, mir mein eigenes Todesurteil sprechen und das Mädchen der Rache der Leute preisgeben würde.
Diese Warnung nagte an mir wie ein fressender Wurm, ich fühlte, wie meine physischen und geistigen Kräfte darunter litten und nachließen. Ich nahm daher eines Tages Gelegenheit, ein ernstes Wort mit meiner Genossin zu sprechen, ihr vorzustellen, wie sehr der Gram über ihren Zustand an mir zehrte und wie ich unter dem Druck desselben befürchtete, vielleicht einmal irgend etwas zu begehen, was unberechenbare Folgen nach sich ziehen könnte.
Noch nie hatte ich so zu ihr gesprochen. Ich verhehlte ihr nichts von dem, was ich früher in meiner Brust verschlossen hatte, um ihre Angst nicht noch zu erhöhen; ich schenkte ihr einmal vollständig klaren Wein ein, und damit erreichte ich, Gott sei Dank, meinen Zweck. Der Gedanke, daß sie möglicherweise ohne mich auf dem Schiff zurückbleiben könnte, verfehlte seine Wirkung nicht.
Schon am nächsten Tage zeigte sie ein anderes, mich wieder ermutigendes Wesen. Beim Frühstück sagte sie:
Ich habe mir Ihre Vorstellungen von gestern zu Herzen genommen und Einkehr gehalten. Ich schäme mich meines Benehmens und will mich bessern. Es war selbstsüchtig von mir, nur an mich und nicht auch an Sie zu denken, wo Sie in allem nur allein an mich dachten. Sie sollen sich von nun an nicht mehr über mich zu beklagen haben.
Und sie hielt Wort; fortab zeigte sie sich mutig und entschlossen; ich hörte keinen Seufzer mehr. Mit ungeheurer Willenskraft unterdrückte sie jede heftige Gegenrede, gleichviel, in welche Stimmung uns auch dies oder jenes Gespräch versetzt hatte. Oefters wurde ich durch eine fast liebevolle Rücksicht überrascht, ja mitunter sogar erhaschte ich einen beinahe zärtlich auf mich gerichteten Blick, wenn ich plötzlich einmal von meiner Arbeit aufsah. Trotzdem aber ließ sie sich niemals verleiten, mir durch Worte irgend welche Hoffnung zu geben, daß ich ihrem Herzen näher getreten wäre. Bei den Verhältnissen, unter denen wir lebten, war dies eigentlich auch natürlich. Ich schätzte mich schon glücklich über die plötzliche Aenderung ihres ganzen Wesens und bewunderte von neuem ihre Charakterstärke.
Ich sann auch viel darüber nach, ihr irgend eine Beschäftigung zu verschaffen. Endlich kam mir in dieser Beziehung eine Eingebung. Wir näherten uns mehr und mehr dem rauhen Klima des Kap Horn, und da mußte sie durchaus wärmere Bekleidung haben. Unter der Garderobe des Kapitäns hatte ich einen langen, noch kaum getragenen Ueberzieher bemerkt; den brachte ich ihr eines Tages und sagte:
Werden Sie mir nicht böse sein, wenn ich Sie bitte, sich einmal diesen Rock anzusehen? Vielleicht paßt er Ihnen, und wenn nicht, versuchen wir beide ihn zurecht zu bringen. Was meinen Sie?
Sie lachte heiter auf, besah sich das Ding von allen Seiten und hatte offenbar Spaß an der Idee. Ach Gott, wissen Sie, rief sie, munter aufspringend, was tut man nicht alles in der Not. Ich will ihn anprobieren.
So hielt ich ihn denn, und sie fuhr hinein. Wir waren dabei beide fröhlich wie Kinder, die sich verkleiden. Der Rock war jedenfalls in seiner Weite für breitere Schultern als die des Kapitäns bestimmt gewesen und glitt spielend über die schwellenden Formen des Mädchens.
Ich trat einige Schritt zurück, um sie besser betrachten zu können, und war entzückt, wie gut ihr das Kleidungsstück saß. Sie müssen sich selbst sehen, rief ich in meinem Vergnügen und sprang schnell in meine Kabine, holte den Wandspiegel und hielt ihn ihr vor.
Sie drehte sich dahin und drehte sich dorthin, und an ihrem lachenden Gesicht konnte ich erkennen, wie sehr sie sich selbst gefiel. Sie sagte aber nur: Ja, der wird mich warm halten; die paar Falten, die einzunähen sind, werde ich schon bewältigen. Wenn ich nur auch eine passende Kopfbedeckung hätte, meinen Strohhut kann ich doch dazu nicht aufsetzen.
Na, warten Sie einen Augenblick, rief ich, wiederum in meine Kabine springend, will gleich mal sehen, was der Kasten noch alles birgt.
Ich fand einen weichen weißen Filzhut mit breitem Rand und eine schöne Bibermütze. Zu jeder anderen Zeit würde sie keines der beiden schon getragenen Stücke auch nur berührt haben, jetzt aber griff sie ohne Scheu danach und probierte sie auf. Das eine wie das andere gaben ihr ein reizend kokettes Aussehen. Sie merkte das auch recht gut, und zwar durchaus nicht mit Mißfallen. Im Gegenteil, sie nahm immer wieder bald den Hut, bald die Mütze, setzte sie so und setzte sie so, ich wußte gar nicht, wie ich ihr den Spiegel halten sollte. Schließlich meinte sie: Ich werde beides behalten und mir neues Futter einsetzen. Das müssen Sie mir auch noch verschaffen.
Natürlich, stimmte ich freudig zu, irgend ein passender Stoff wird sich schon finden.
Ich fühlte mich glückselig, daß sie so bereitwillig und lustig auf die Sache eingegangen war, und ich mit der warmen Bekleidung auch gleichzeitig Beschäftigung und Unterhaltung für sie gefunden hatte. Welch wunderbare gewaltige Veränderung war sozusagen über Nacht mit dieser stolzen, eigenwilligen, hochfahrenden Natur vorgegangen! Jetzt durfte ich hoffen, wenn der Himmel uns die Gefahren dieses Abenteuers glücklich überstehen ließ, daß die unnahbare, hochmütige Luise Temple vom Ostindienfahrer, geläutert von allen Eigenschaften, die damals nicht schön an ihr gewesen waren, als ein vollständig anderes Wesen heimkehren würde.
Von Wetherley mit Schere und Nähmaterial versehen, machte ihr der Zeitvertreib mit den kleinen Aenderungen und Verbesserungen an Rock und Kopfbedeckung so viel Spaß, daß es mir nicht schwer wurde, sie zu bereden, selbst in den Kisten und Kasten des Kapitäns zu kramen und nach weiteren Dingen zu suchen, die sie gebrauchen könnte. Sie fand da auch so mancherlei, wie zum Beispiel ein großes Stück neuen Flanells, aus dem sie sich ein Unterkleid herzustellen beschloß. Ihre Unerfahrenheit in dergleichen Arbeiten bereitete ihr ja viel Kopfzerbrechen, indessen ihr natürlicher Verstand half ihr über alle Schwierigkeiten hinweg. Immer mußte ich die Resultate ihres emsigen Schaffens, die sie mir stets mit kindlicher Freude vorlegte, bewundern. Oft gab es dabei fröhliches Lachen. Vielfach traf ich sie sinnend über der Aufzeichnung oder dem Zuschneiden eines Musters. Sie fand soviel Gefallen an dieser Tätigkeit, daß sie ganz darin aufging und dadurch von schweren Gedanken abgezogen wurde.
Ich dankte Gott für diesen Segen, und das um so inniger, als mich die quälendsten Vorstellungen peinigten, sobald ich mich einsam und allein auf Wache befand. Immer von neuem folterte mich die Frage: welches Ende unsere tolle Fahrt nehmen würde. Eine Antwort darauf gab es ja nicht. Es türmten sich immer nur neue Fragen vor mir auf. Was würden die Leute beginnen, wenn die Insel nicht vorhanden war? Würden sie sich in ihrer Enttäuschung mit der Bark entschädigen und ihre Ladung zu Geld machen? Und gesetztenfalls, die Insel und das Gold wurde wirklich gefunden – was dann? War wohl anzunehmen, daß die Teilung des Schatzes unter diesen rohen Gesellen friedlich vor sich gehen, es nicht dabei vielmehr zu Mord und Totschlag kommen würde? Und welches Los stand uns beiden dann bevor? Es war nicht auszudenken. Wie konnte ich uns retten? Ich kam auf die unsinnigsten Gedanken, dachte an eine Flucht auf einem der Boote – aber wie? Es war doch gar nicht möglich, ein Boot unbemerkt zu Wasser zu bringen, wenn es mir nicht gelang, die gesamte Mannschaft durch irgend ein Mittel in einen todesähnlichen Schlaf zu versenken. Und selbst, falls mir das glückte, wie sollte ich allein mit dem Mädchen das Boot herablassen, es mit dem nötigen Lebensvorrat versehen und alle Gefahren eines vielleicht schweren Seegangs überwinden? Nein, es blieb mir nur übrig, auszuharren und mich an die verzweifelte Hoffnung zu hängen, daß uns vielleicht ein schweres Wetter leck machte und uns zwang, an der Küste Rettung zu suchen. Gern hätte ich einmal mit Wetherley eingehender gesprochen und diesen über all die mich bewegenden Fragen gehört, aber da ich stets beobachtet wurde, machte sich die Sache schwer.
Endlich, während einer finsteren Nacht, kam ich dazu. Lush war nicht wohl und ließ sich durch Wetherley von acht bis zwölf Uhr vertreten. Diesen Umstand benutzte ich, stieg um halb neun auf Deck und schlenderte, gemächlich meine Pfeife rauchend, bald den Himmel beobachtend, bald da und dort das Tauwerk nachsehend, umher. Dabei blieb ich wie zufällig bei Wetherley stehen, als er sich gerade in Deckung eines Segels befand.
Hören Sie, Wetherley, redete ich ihn an, je mehr wir uns dem Horn nähern, desto mehr wächst meine Sorge, wie diese Sache enden soll. Sagen Sie bloß, was wird, wenn wir die Insel nicht finden?
Dann werden die Leute sagen, Se hätten se angeführt und absichtlich 'nen falschen Kurs gesteuert. Darüber is oft genug hin und her gered't worden.
Mein Gott, was soll ich aber tun, wenn doch keine Insel da ist? Auf dem Fleck, den Braine angegeben hat, ist auch nicht ein Felsriff auf der Karte angedeutet.
Ganz egal, Se werden gezwungen werden, die Insel zu suchen, und müssen se finden, sonst gibt's 'n Unglück. Ich hab' zwar noch keine bestimmten Drohungen gehört, aber se meinen: Find't er se nich, dann will er se nich finden.
Na, so eine Verbohrtheit ist doch rein zum Verrücktwerden. Dagegen kann kein vernünftiger Mensch an. Ich kann mir doch keine Insel zaubern.
Das nu allerdings nich, aber wissen Se, es is doch noch ne ganze Weile hin, bis wir in den Pazifik kommen, und da kann noch dies passieren und kann noch jenes passieren, wer kann wissen was alles, und da würd' ich mich an Ihrer Stelle jetzt noch nich so quälen. Am Ende is dann auch noch 'ne Insel da. Ich tät's abwarten. Nur machen Se vorher keine Geschichten und halten Se sich weiter mit den Leuten gut. Ich mein immer, kommt Zeit, kommt Rat.
Ja, Sie haben recht, Wetherley, und ich werde mir merken, was Sie gesagt haben, aber meinen Gedanken kann ich doch nicht wehren, und da würde es mir eine wahre Wohltat sein, Ihnen auch meine geheimsten Gedanken anvertrauen zu können. Das kann ich aber nur, wenn Sie mir Ihr Wort geben, mich nicht zu verraten. Wollen Sie das?
Er sah mich mit seinen treuen Augen fast vorwurfsvoll an. Verraten is 'n häßliches Wort. Ich denk', das werden Se nich von mir glauben. Was Se mir auch sagen werden, bei mir is's begraben. Aber seh'n Se – ehe ich Ihnen mein Wort gebe, muß ich erst wissen, was ich beschwör'n soll.
Nicht doch. Sie verstehen mich falsch. Einen Eid verlange ich nicht. Mir genügt vollkommen die Versicherung, die Sie mir eben gegeben haben, und somit frage ich Sie, ob ich auf Sie als Freund, ob ich auf Ihren tätigen Beistand rechnen kann, falls jemals die Zeit kommen sollte, wo sich mir ein Weg zur Flucht bietet?
Ja, haben Se denn 'nen Plan? Ich kann doch nich so ganz blind auf 'ne Sache eingehn, bei der's sich um den Hals handelt.
Nein, einen Plan habe ich vorläufig nicht. Augenblicklich läßt sich ja noch keiner fassen. Ich bin aber entschlossen, die erste günstige Gelegenheit zu ergreifen, und da wäre es möglich, daß ich Ihres Beistandes bedürfte. Nicht nur ich würde mich dankbar erweisen, sonders ganz besonders auch die Mutter der jungen Dame, die eine – – –
Davon brauchen Se gar nich sprechen, lieber Herr, unterbrach er mich. Bei mir bedarf's dergleichen Köder nich, um jemand, der in Not is, nach Kräften zu helfen. Und damit Se's nur wissen, versprech' ich Ihnen – wenn sich's machen läßt – mein Bestes zu tun, der Dame und Ihnen auf den Heimweg zu helfen. Mehr zu sagen nutzt nichts, denn wir wissen beide nich, wie's kommen wird. Und nu mein ich, wär's Zeit, daß wir auseinandergingen, denn der Mann am Steuer wird sich wohl schon gewundert haben, daß wir so lange zusammenstecken.
Richtig, richtig, den hatte ich ganz vergessen, erwiderte ich, mich sogleich zum Gehen wendend und ihm die Hand reichend. Ich danke Ihnen von Herzen.
Bald darauf saß ich am Tische mit meiner Gefährtin zusammen und erzählte ihr meine Unterredung.
So haben wir doch wenigstens einen, auf den wir zählen können, fuhr ich nach mancherlei Fragen ihrerseits fort. Und, wissen Sie, jetzt wünsche ich nichts sehnlicher, als bald in der Länge und Breite zu sein, in der die Insel liegen soll, denn da ich nun durch Wetherley erfahren, daß ich die Insel finden muß, wenn nicht großes Unheil über uns kommen soll, so habe ich die feste Absicht, sie zu schaffen, wenn sie nicht da ist.
Sie sah mich groß an. Das verstehe ich' nicht.
Nun, näheres darüber kann ich auch noch nicht sagen, aber der Gedanke, der mir dunkel vorschwebt, ist vielleicht nicht unausführbar und läßt mich hoffen – merken Sie aber wohl, nur hoffen –, einen Weg zur Flucht mit Wetherley zusammen in dieser Bark zu finden.
Sie glühte vor Aufregung bei meinen Worten.
Mein Gott, welcher Plan! Wie könnte solch ein Wagestück gelingen?
Wie? Das erfordert noch viel Nachdenken. Jedenfalls ist die Südsee voller kleiner Felseneilande, und darunter hoffe ich auf eins zu stoßen, das meinem Plan entspricht. Doch nun will ich schnell noch etwas schlafen, denn um 12 Uhr beginnt wieder meine Wache.
Ja, das ist richtig, Sie müssen jetzt schlafen, seufzte sie. Hoffentlich können Sie es. Ich will mich auch legen, doch schlafen werde ich noch lange nicht nach all dem, was Sie mir gesagt haben. Glauben Sie aber nicht, daß ich Angst habe. Nein, ich verlasse mich ganz auf Sie, und Sie sollen mich jeder Aufgabe gewachsen finden, die Sie mir stellen. Ich werde, wenn es sich um unser Entkommen handelt, vor nichts zurückschrecken, und wäre es auch der sichere Tod. Lieber sterben, als das Leben in dieser Gefangenschaft ins Unabsehbare fortsetzen.
Ich reichte ihr bewegt die Hand. So ist es recht. Mit solchem Mut wird uns, sobald die Zeit gekommen, das Gelingen nicht fehlen. Sie haben mir einen großen Trost gegeben.
Ich öffnete die Tür zu ihrer Kabine. Nun denn, eine möglichst gute Nacht.