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am 2. November 1850
Im friedevollen Reich der Töne
Vereinigt uns die Harmonie;
Da herrscht sie noch in ihrer Schöne,
Doch aus dem Leben schwindet sie:
Denn draußen klafft ja die Entzweiung,
Denn draußen stürmt ja die Parteiung,
Die sich der Eintracht starr verschließt,
Die Freunde trennt und Feinde koppelt,
Den Haß verschärft, das Gift verdoppelt
Und ätzend in die Wunden gießt.
Ja, hütet ängstlich euch, ihr Stimmen,
Die ihr zum Einklang fertig seid,
Daß nicht den Mißlaut euch, den grimmen,
Einhauche der entbrannte Streit.
Was soll geschehen, was entstehen?
Schon wieder liegt die Zeit in Wehen,
Ein unheimliches Kreißen ist's.
Schon regt in Meinung und im Worte
Der Krieg sich – drängt sich nach der Pforte
Die Mißgestalt des Bürgerzwists.
Wo eint sich der gespaltne Wille?
Wo ist des Volkes Herz noch ganz?
Wo ruft das Land der Waffenstille,
Wo winkt das Elis Griechenlands?
Wo sitzt auf seinem goldnen Throne
Der Zeus Olympias, die Krone,
Die unbestrittne, auf dem Haupt?
Antlitz voll Majestät und Güte,
Der Huld, des Heils lebendge Blüte,
Wo lächelst du, geliebt, geglaubt?
Land, das die heilge Sage feiert,
Nach dem des Geistes Auge sieht,
Aus dem Novemberqualm entschleiert
Sich uns dein priesterlich Gebiet.
Der Tempel strahlet wo der Richter,
Der Völkerkämpfe letzter Schlichter,
Der Nationenhirte, thront.
Das Nicken seiner dunkeln Brauen
Durchzuckt die Welt mit frommem Grauen,
Es scheut, was ihm zu Füßen wohnt.
Die Wallfahrt nach des Rechtes Quelle
Füllt seit Jahrtausenden den Pfad.
Wer ist's, der heute dieser Schwelle
Mit schwankem, krankem Schritte naht?
Ein Weib im schwarzen Witwenkleide,
Das Aug von unnennbarem Leide
Glänzt traurig durch der Schleier Flor.
Welch ein Gefühl durchzückt uns alle?
Wie sehnlich zieht's uns nach der Halle,
Wo sie kniet in des Tempels Thor.
Sie beut dem Mitleid, beut dem Spotte
Ihr edles Haupt in Ruhe dar.
Sie wirft sich nieder vor dem Gotte
Und opfert an dem Hochaltar.
Ein armer Scherf ist ihre Gabe,
Von so viel alter, reicher Habe
Blieb ihr kein besseres Geschenk.
Von Schätzen nichts, noch stolzem Heere,
Ein Seufzer nur der Völkerehre:
»Sei Schleswig-Holsteins eingedenk!«
Erkennt das Volk, das dich gesehen,
Gestützt auf einen Herrscherarm,
Im Kaiserdiademe stehen,
Germania! dich – ganz in Harm?
Gepriesne Mutter edler Kinder,
Auch jetzt im Jammer doch nicht minder
Geliebte Mutter! zweifle nicht!
Vergessen hier ist alle Fehde,
Verstummt ist Red und Gegenrede,
Und einig macht uns Eine Pflicht.
Was auch das Herz mit Glut entflamme,
Was auch von Freiheit wir geträumt,
Verließen wir dich in dem Stamme,
Der dein Gewand mit Blute säumt:
Dem Dränger dann, dem nächsten besten,
Käm er aus Osten oder Westen,
Verfielen wir zu schnödem Raub;
Ein Thon, nicht wert, daß man ihn knete,
Ein Wurm, wert, daß man ihn zertrete,
Du selbst – ein Name nur, ein Staub!
Das wende der, den du gerufen,
Der Gott der Völker wend es ab.
Steh auf von seines Tempels Stufen
Und wiege deinen Herrscherstab.
Der ist's, vor dem der Feinde Scharen,
Von dir gezähmt, in grauen Jahren
Vom Belt zum Tiberstrom gebebt.
Unsterblich Weib! hoff auf den Freier,
Der dir mit kühner Hand den Schleier
Von der umflorten Stirne hebt!