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Die ältesten Kurgäste erinnerten sich nicht, eine so brillante Herbstsaison – selbstverständlich nach dem Eingehen des Spiels – erlebt zu haben; im allgemeinen hielt man dafür, daß man wohl von der Saison, von einem Herbst aber ganz und gar nicht sprechen könne. Wie dürfe man das, wenn noch nicht das kleinste Blatt an Bäumen oder Büschen welk geworden; Wald und Wiesen in frischestem, saftigsten Grün prangten, Dank dem unendlichen Tau, welcher in den ambrosischen Nächten fiel und an geschützteren Stellen den Strahlen der Sonne bis zum Mittage trotzte, obschon dieselbe mit schier sommerlicher Glut allmorgendlich am wolkenlosen Himmel aufging? Und dann möge man doch nur die langen Reihen von Droschken sehen, die zu jedem ankommenden Zuge die Bahnhofstraße leer hinab- und hernach mit Passagieren und Gepäck überladen heraufrollten, obgleich der Himmel wissen möge, wo die vielen Menschen nur Unterkommen fänden, da niemand abreise, und die Hotels schon seit Wochen bis in die Mansarden besetzt seien. Kein Wunder, wenn die Herren Besitzer nur noch russische Preise in die Rechnungen stellten; die Lohnkutscher trotz der Taxe nicht mehr wüßten, was sie fordern sollten; eine rote Nelke im Knopfloch den Wert manchen Ordens übersteige, und ein Boukett für die Herzensdame einfach zu den unbezahlbaren Dingen gehöre. Mit einem Worte, es sei wirklich famos. Und dann habe das bunte, mit jedem Moment wechselnde und immer amüsante Treiben noch das Gute, daß man, wenn man wolle, ganz ungeniert, ganz unbemerkt und unbeobachtet wie innerhalb seiner vier Wände oder in tiefster Einsamkeit leben könne. Man zähle sieben oder acht preußische Minister a. D. und sogar zwei oder drei in Aktivität, die so harmlos des Mittags an ihren verschiedenen Tables d'hote säßen und des Abends sich so bescheiden durch die Menge vor dem Kurhause drückten, als hätten sie nie eine kaiserliche Unterschrift kontrasigniert, oder könnten jede Stunde per Telegraph nach Varzin Dort lag das Landgut der Familie Bismarck. (Heute Warcino, in Polen.) befohlen werden.
So ging das Gespräch hinüber und herüber in einer größeren Gruppe älterer und jüngerer Herren, die in einer der späteren Stunden vor dem Diner auf der Rampe des Kurgarten-Restaurants bei einem Glase Bier oder Madeira saßen.
Ich gebe die Möglichkeit des Unbeobachtetbleibens für unser herrliches Geschlecht zu, sagte der Legationsrat von Binz, und auch für die Damenwelt im ganzen, denn daß in der letzteren einige wenige sich jenes idyllischen Vorzugs nicht zu freuen haben, bestätigt ja nur die Regel.
Und ich bezweifle, rief der Kammerherr von Pustow, sich einen Knopf an der weißen Weste lüftend, ob es den Betreffenden zu besonderer Freude gereichen würde, wie die andern in der Masse zu verschwinden; ja, behaupte, daß sie einen nicht kleinen Aufwand von mehr oder weniger schwierigen und kostspieligen Künsten darauf verwenden, damit das letztere Unglück ihnen nimmer widerfahre.
Jedenfalls sind sie demselben bis jetzt glücklich entgangen, meinte der Legationsrat.
Sehe auch keinen Grund, anzunehmen, daß es ihnen in Zukunft an dem wünschenswerten Publikum fehlen wird, fügte der Kammerherr hinzu.
Im Gegenteil! rief der Assessor von Lengsfeld. Dasselbe wächst sichtbar von Tag zu Tage, man zeigt sie mit Stolz den Neuangekommenen und ist pikiert, wenn die Bewunderung nicht sofort in hellen Flammen aufschlägt. Die Sache ist zu einem Dogma geworden.
Sehr richtig, sagte der Legationsrat, man erträgt keinen Widerspruch mehr für die Behauptung, daß die Baronin Osseck und die Geheimrat Renner einzig und so zu sagen: hors de concours sind.
Man müßte denn etwa die schöne Missis Douglas gegen sie ausspielen, meinte der Kammerherr, was ja, wenn es sich eben nur um Schönheit handelt, allerdings zulässig, vielleicht geboten, in jeder anderen Beziehung der Anmut des Geistes und Witzes aber völlig auszuschließen ist.
Das scheint mir denn doch, mit aller schuldigen Ehrerbietung vor der reiferen Erfahrung des Herrn Vorredners, auf einer willkürlichen Annahme zu beruhen, sagte der Assessor; ich wenigstens vermesse mich nicht, die schöne Dame auf ihre seelischen Qualitäten zu taxieren, sintemal ich bis jetzt noch nicht die Ehre gehabt habe, auch nur in ihre allernächste Nähe zu kommen, außer auf der Promenade und im Vorüberstreifen.
Was Sie denn freilich so oft wie möglich besorgen, rief der Legationsrat lachend.
Bitte, Ihr Herren, sagte der Major von Liebe, da kommt Wolfsberg. Wenigstens nichts mehr von der Konkurrenz!
Von welcher Konkurrenz? fragte Udo, der das letzte Wort doch gehört hatte.
Wir wollen es Ihnen sagen, wenn Sie auf der Stelle und ohne sich zu besinnen die drei Damen nennen, von denen wir eben gesprochen haben, erwiderte der Legationsrat.
Was ist da zu besinnen! rief Udo: Von meiner Schwester, der Baronin Osseck und der Lady Douglas. Das versteht sich doch von selbst. Was die erste betrifft, so bin ich, als Bruder, inkompetent; betreffs der zweiten, als ihr enragierter Bewunderer, unzurechnungsfähig. Ueber die dritte fragen Sie mich wieder, sobald ich die erste Partie Lawn-Tennis mit ihr gespielt habe.
Da dürften wir lange warten, lieber Wolfsberg! rief der Legationsrat.
Möglich! vorläufig bin ich mit meiner Krocket-Partie ganz zufrieden. Himmel, es ist bereits Dreiviertel! Ich habe keine Minute zu verlieren. Entschuldigen die Herren mich! – Kellner!
Und Udo bezahlte seinen Madeira, wobei er es so eilig hatte, daß er dem, auf ein Fünfmarkstück nach Wechselgeld suchenden Kellner ein ungeduldiges: Behalten Sie! zurief, und sich dann schnellen Schrittes durch die Parkpforte zur Rechten entfernte.
Verdammt glücklicher Kerl! murmelte der Kammerherr, nachdenklich seinen Madeira schlürfend.
Wie man's nehmen will, sagte der Legationsrat, jedenfalls hat es mit dem Glück sehr seine Grenzen. Er hat gestern abend im Klub wieder ein schweres Geld an Mister Douglas verloren. Möchte nur wissen, woher er das Geld hat.
Er wird es sich von seiner Gage zurückgelegt haben, sagte der Assessor.
Ich weiß nicht, wie Ihr jungen Leute heute seid, rief der Kammerherr; Ihr gönnt einander nicht mehr das Weiße im Auge, geschweige denn eine hübsche weiße Dame. Das war zu meiner Zeit anders: Leben und leben lassen!
Ganz die Devise der kleinen Osseck; sagte der Legationsrat. Sah sie vorhin mit Krell in ein Kabriolett steigen – machen noch eine petite promenade en voiture vor dem Krocket – sah zum Anbeißen reizend aus.
Ist für Krell labor lost; hat bereits angebissen, sagte der Assessor.
Und ich behaupte: Wolfsberg ist doch der Hecht im Karpfenteich, murmelte der Kammerherr.
Rechnen Sie die drei Gleichen auch zu den Karpfen?
Nun natürlich! rief der Legationsrat, dem Kammerherrn die Antwort vorwegnehmend. Mitgefangen, mitge–fressen. Wolfsberg wird sich entscheiden, sobald er Edith von Jane und beide wieder von Kate unterscheiden kann. Er behauptet, bis jetzt habe er das Kunststück noch nicht fertig gebracht.
Sie meinen also, das mit der kleinen Osseck sei doch nur so ein Techtelmechtel?
Möchte ihm wenigstens nicht raten, daß er's weiter triebe! sagte der Major von Liebe, sich aus einem privaten Gespräche mit seinem Freunde, dem Gutsbesitzer von Steinbach, wieder zu der Gesellschaft wendend; Osseck verstand in diesen Dingen keinen Spaß, solange er aktiv war.
Vielleicht hat er mittlerweile gelernt, passiv zu sein und Spaß zu verstehen.
Ist in diesem Fall gar nicht nötig. Zusehen zu müssen, wie seiner Frau von aller Welt auf Tod und Leben die Kour gemacht wird, ist doch kein Spaß!
Besonders wenn sich die kleine Frau besagte Kour auf Tod und Leben machen läßt.
Meine Herren; ich bitte zu bemerken, daß Sie von einem alten Kameraden von mir reden, sagte der Major, den Spöttern einen strengen Blick zuwerfend. Uebrigens hatte ich wenigstens früher die Ehre, in dem Hause von Frau von Remberg zu verkehren.
Ich bitte um Verzeihung – ich denke, auch im Namen der übrigen Herren, sagte der Legationsrat; mein Gott, es fällt ja niemand von uns ein, dergleichen im Ernst zu nehmen. Apropos: alter Kamerad! Sie kennen den Baron also schon lange, Herr Major? Ist es denn wahr, daß er der Vormund seiner Frau gewesen ist?
Nicht eigentlich Vormund, sagte der Major. Der Vater von Osseck, der in seiner Jugend ebenfalls Militär war, und der General waren sehr befreundet; ich glaube sogar ein bischen verwandt. So kam Osseck schon als Kadett viel in das Rembergsche Haus, in welchem damals überhaupt ein vergnügliches Leben geführt wurde. Der General war ein Lebemann comme il faut. Er hatte ziemlich spät geheiratet; seine Frau, ich glaube zwanzig Jahre jünger, galt damals für eine der schönsten Damen von Berlin. Sie liebte die Gesellschaft, verstand ausgezeichnet zu repräsentieren: es war in dem Hause wie in einem Taubenschlage; ich habe als Leutnant und junger Hauptmann manche schöne Stunde da verbracht. Es ging ein wenig sehr flott her, meine Herren; beide, der General und die Generalin, hatten nicht einen Pfennig eigenes Vermögen; unter uns hielt man – natürlich im Vertrauen, meine Herren! – den General für sehr verschuldet. Die Sache war sogar sprichwörtlich. Es kann aber doch nicht so arg gewesen sein. Jedenfalls wurde nach seinem Tode – er starb, wie die Herren wissen werden, an seiner in der Schlacht von Vionville erhaltenen Wunde – die Herren kennen ja die famose Attacke – man hatte den General nicht umsonst den Bayard Pierre de Terrail, Chevalier de Bayard (1476-1524), der sprichwörtliche »Ritter ohne Furcht und Tadel«; im Dienste der französischen Könige Karl VIII., Ludwig XII. und Franz I. vollbrachte er heldenmütige Bravourstücke. Er war sozusagen Frankreichs letzter Ritter, in einer Zeit, in der Kämpfer hoch zu Ross mit Eisenharnisch, Schwert und Lanze, bereits einen militärischen Anachronismus darstellten, weil Handfeuerwaffen und Artillerie immer stärker das Kampfgeschehen bestimmten. unserer Armee genannt – was wollte ich sagen? – ja! nach seinem Tode wurde alles arrangiert, und hier soll allerdings Osseck seine Hand stark im Spiele gehabt haben. Aber sicher nicht in dem wohl hier und da angenommenen Sinne. Osseck ist freilich sehr reich – es gehören außer dem Stammgut Ossecken noch fünf andre Güter zu der Herrschaft, die ganz fürstlich sein muß – und er hatte immer eine merkwürdig offene Hand;– aber um sich geradewegs etwas schenken zu lassen, noch dazu von einem damals noch so jungen Manne und bei dem überdies von künftigem Schwiegersohn nicht die Rede sein konnte – die jetzige Baronin war zu der Zeit ein Kind von vielleicht fünf Jahren – nein, dafür halte ich die Generalin für viel zu stolz. Einige gute Dienste geleistet, das gebe ich zu. Der eigentliche Arrangeur war zweifellos der Professor Escheburg – damals übrigens auch noch jünger als heute und nicht ganz so berühmt, obgleich er schon in der Kampagne zum Oberstabsarzt avancierte, und alle, die ihn näher kannten, ihm eine brillante Karriere prophezeiten. Nun, er hat die Universitätslaufbahn vorgezogen, und –
Jugendfreunde also wohl – er und Osseck? warf der Assessor dazwischen.
Von frühester Jugend, erwiderte der Major; Escheburgs Vater ist, vielmehr war Pastor auf Ossecken; sie haben schon als Kinder zusammen gespielt und sind später, soweit es möglich war, unzertrennlich geblieben.
Er soll auch mit der älteren Schwester verlobt sein, sagte der Legationsrat.
Glaube ich nicht, sagte der Major, wie ich den Professor kenne, wird er wohl als Junggeselle sterben.
Man sieht sie auch nie zusammen, bemerkte der Assessor.
Man sieht die junge Dame überhaupt nicht, sagte der Legationsrat.
Da bitt' ich um Verzeihung, rief der Kammerherr, ich bin ihr vor einer halben Stunde erst an der Griechischen Kapelle begegnet.
Aber gewiß allein.
Allerdings.
Merkwürdig, sagte der Gutsbesitzer von Steinbach, der bisher an der allgemeinen Unterhaltung nicht teilgenommen hatte, in seinem behaglichen schwäbischen Dialekt, mir gefällt die junge Dame zehnmal besser, als ihre vielgerühmte Schwester oder die Frau Geheimrat Renner, lieber die schöne Engländerin, welche die Herren vorher erwähnten, kann ich nicht urteilen: ich habe sie noch nicht gesehen.
Man möchte fast behaupten, Sie haben die Baronin auch nicht gesehen, sagte der Legationsrat.
Oho! rief der Gutsbesitzer. Ich sitze den beiden Schwestern seit acht Tagen vis-a-vis an der Table d'hote; und ich habe soweit ganz scharfe Augen im Kopf. Ueber die Engländerin, wiederhole ich, kann ich nicht urteilen.
Ich möchte mir einen Vorschlag erlauben, sagte der Assessor, wir geben dem Herrn Gelegenheit, eine Versäumnis nachzuholen, die an das Sträfliche grenzt. Es ist gerade die rechte Zeit: halb vier. Missis Douglas ist jetzt auf dem Lawn.
Wie die anderen Damen beim Krocket, sagte der Legationsrat. Und wenn ich mir vorhin zu bemerken erlaubte, Sie hätten die anderen Damen noch nicht gesehen, so meinte ich beim Krocket. Da muß man sie sehen, wenn man sie richtig sehen will, vor allem die kleine Baronin. Habe ich nicht recht, Ihr Herren?
Aber ganz gewiß! – Zweifellos! – Es gibt nichts Reizenderes! tönte es aus der Gesellschaft zurück.
Meinetwegen, sagte der Gutsbesitzer, sich erhebend. Ich muß mir so wie so noch meinen Appetit zum Diner holen.
Und wenn Sie Ihr Unrecht einsehen sollten – sagte der Assessor.
So lade ich heute abend die Herren zu einer Bowle Sekt ein, erwiderte der Gutsbesitzer.
Wir werden nicht verfehlen. – Angenommen! – Der Sekt ist so gut wie kalt gestellt! riefen die Herren durcheinander.
Nous verrons!
Nein: vous verrez!
Man machte sich auf den Weg und bog in die Promenade zur Linken der Lichtenthaler Allee, auf der um diese Stunde Wagen hinter Wagen rollte, während es auf der Promenade von Spaziergängern wimmelte.
Wollen Sie glauben, daß die Hälfte von all den Menschen entweder vom Krocketplatz kommt, oder, wie wir, dahin unterwegs ist? sagte der Assessor zum Gutsbesitzer. Es ist aber auch ein Schauspiel!
Und das Lawn-Tennis mit Missis Douglas bekommt man extra, sagte der Legationsrat.
Ich kenne Leute, die das für die pièce de résistance halten, und den ganzen benachbarten Karpfenteich als hors d'?uvre, spottete der Kammerherr mit einem Seitenblick nach dem Assessor.
Es wäre nicht unmöglich, gab dieser zurück, nur daß der Anblick von Mister Douglas mir jedesmal den Appetit verdirbt. Ich habe schon tausendmal gewünscht, daß der Ball, den sie ihm zurückschleudert, eine Spitzkugel wäre und dem Kerl durchs Herz schlüge.
Wenn er eines hätte, sagte der Legationsrat.
Sie müssen nämlich wissen, wandte sich der Major zu dem Gutsbesitzer, die schöne Engländerin spielt nur lawn-tennis und ausschließlich mit ihrem Mann. Deshalb: » les Insepérables«, wie Leutnant Wolfsberg sie getauft hat, von dem nebenbei auch »die drei Gleichen« ihren Namen haben. Prächtiger Mensch, der Wolfsberg! schade nur, daß – aber was haben die Herren?
Aber so sehen Sie doch nur, Herr Major!
Was denn?
Wolfsberg auf dem Lawn mit Missis Douglas!
Unmöglich!
Sie werden sich überzeugen!
Man drängte sich durch den Schwarm, der in dichten Reihen in der unmittelbaren Nähe des Spielplatzes die Promenade fast unpassierbar machte. In dem Schwarm waren nicht wenige, denen die Bedeutung des dort gebotenen Schauspiels nicht weniger geläufig war, als den Neuangekommenen. – Das ist noch nicht dagewesen, hörten sie sagen. – Wer ist es denn? – Ein Herr von Wolfsberg. – Macht seine Sache für den Anfang recht brav. – Der kann alles aus dem Handgelenk. – Wer ist denn Mister Douglas? – Der lange Herr im Lawn-Tennis-Kostüm, der mit den Händen in den Taschen daneben steht. Eben hebt er einen Ball auf. Die Partie scheint aus zu sein.
Die Partie war aus. Udo schüttelte dankend der schönen Partnerin die Hand und schüttelte sie auch Mister Douglas. Alle drei traten dann an das niedrige Gitter, welches den Lawn vom Krocketplatze trennte, und hinter welchem die Krocketgesellschaft, ebenfalls dem Spiel der Beiden drüben zuschauend, gestanden hatte: die Baronin Osseck, die Geheimrat Renner, die drei Miß Swalwell, genannt »die drei Gleichen«, und ihre Kavaliere: Baron Krell, ein junger Chilene Don Temistokles Vego-Swalwell, der erst vorgestern über England angekommen war, und Doktor Gönnich, der Jägerianer par excellence. Es schien hinüber und herüber eine Vorstellung stattzufinden, in welcher Herr von Wolfsberg die Honneurs machte. Doch ließ sich das einzelne nicht mehr unterscheiden, trotz der geringen Entfernung: die Menge auf der Promenade drängte gar zu sehr; auch hatte sich jetzt die Spielgesellschaft nach den beiden Buden gewandt, in welchen die Herren und Damen ihre Sportkostüme an- und abzulegen pflegten. Allgemach verlief sich das Publikum; die Herren vom Frühstück im Kurgarten hatten sich wieder zusammengefunden. Ueber dem großen Ereignis war der eigentliche Zweck der Expedition vergessen worden. Der eine hatte gesehen, daß die kleine Baronin und Missis Douglas sich besonders lange bei den Händen gehalten; ein anderer: die drei Gleichen hätten ihre Verbeugung vor der Lady so a tempo und so tief gemacht, es sei erstaunlich, wie sie überhaupt wieder in die Höhe gekommen – allerdings abermals a tempo.
Aber, meine Herren, die Hauptsache! rief der Legationsrat. Herr von Steinbach ist uns noch immer das Zugeständnis schuldig, daß er die kleine Baronin auf Kosten ihrer Schwester sträflich untertaxiert hat.
Und wird es Ihnen auch schuldig bleiben, sagte der Gutsbesitzer: de gustibus non est disputandum: ich finde nun einmal das Fräulein von Remberg schöner als die Baronin, schöner als die Renner, schöner als die Engländerin, die ich ja nun auch gesehen habe.
Schade um den Sekt! sagte der Assessor.
Den trinken wir darum doch! erwiderte der Gutsbesitzer. Also, meine Herren, wenn ich bitten darf: um neun Uhr im Kurrestaurant!