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Dreizehntes Kapitel.

Hilde hatte beim Wegräumen hier und da selbst Hand angelegt und dabei verstohlene Blicke nach Adalbert geworfen, der zuerst mit großen Schritten an der Fensterwand auf und nieder gegangen war und jetzt in der offenen Balkonthür lehnte. Endlich hatte auch Friedrich, als der Letzte, das Gemach verlassen; Hilde legte für einen Moment, tief aufatmend, beide Hände auf den klopfenden Busen, dann schritt sie nach der Balkonthür, an der sie, etwas hinter ihrem Gatten, stehen blieb. Er wandte sich nicht; vielleicht hatte er ihren Schritt auf dem dicken Teppich nicht beachtet; sie hüstelte. Er mußte es gehört haben. Früher hatte er sie vor jedem Luftzug nicht sorgsam genug behüten können; heute wandte er sich nicht.

Du bist verstimmt, sagte sie leise.

Er drehte sich halb zu ihr. Das weiße Licht des Mondes flimmerte über die zarte Gestalt, über das anmutige Gesicht, aus dem die großen blauen Augen in märchenhaftem Glanze zu ihm aufschauten. Zum erstenmal heute abend sah er, daß sie jenes unvergessene Kleid von mattblauer Seide mit dem reizenden spitzenumsäumten Ausschnitt trug, das sie an dem Abend ihres Verlobungstages getragen und nie wieder angehabt hatte. So zauberisch schön war sie ihm selbst damals nicht erschienen. Aber der Zauber und die Schönheit – sie waren ja nicht mehr für ihn. Hätte er's nicht längst gewußt – diese letzten qualvollen Stunden würden es ihm gelehrt haben!

Du kamst schon verstimmt, fuhr sie, da er nicht antwortete, mit derselben zaghaft leisen Stimme fort; ich sah es wohl. Krell sagte mir –

Sie brach ab, da er sich mit einer heftigen Bewegung an ihr vorüber in das Zimmer wandte. Auch sie war zurückgetreten und ließ sich mit zitternden Knieen in den nächsten Fauteuil sinken. Er schloß die Balkonthür, machte ein paar Schritte von ihr fort, drehte sich plötzlich um, aber ohne sich ihr wieder zu nähern und sagte:

Ich wünsche nicht zu wissen, was Du mit Deinen Freunden über mich sprichst. Vielleicht wäre es schicklicher, Du ließest Dich auf dergleichen Gespräche überhaupt nicht ein. Leider hat mich der heutige Abend darüber belehrt, daß unsere Ansichten über Schicklichkeit nicht immer völlig harmonieren.

Er hatte die Worte scheinbar leidenschaftslos gesagt, ja in einem ruhig höflichen Tone, und eben deswegen fühlte sie gerade doppelt die Härte derselben wie einen Schlag – einen grausamen unritterlichen Schlag von der Hand, die sie eben liebend hatte erfassen wollen. Ihre Kniee hörten plötzlich auf zu zittern; sie richtete sich in dem Fauteuil auf und erwiderte, seine gespielte höfliche Ruhe, wie schwer es ihr auch ankam, getreulich kopierend:

Ich selbst bedauere verschiedenes, das heute abend vorgekommen ist, aber da ich mir bewußt bin, es nicht veranlaßt zu haben – nebenbei es auch nicht habe verhindern können – sehe ich nicht ein, weshalb ich es tragisch nehmen soll, wie Du es zu nehmen scheinst.

Ich gestehe wenigstens, für die Komik der hear-hear's des alten konfusen Herrn und ähnlicher Scherze nicht sehr empfänglich zu sein, erwiderte Adalbert.

Ich sehr! sagte Hilde, sich in ihren Stuhl zurücklehnend. Aber die Frage scheint mir hier nicht, ob ich recht habe, dergleichen zu goutieren; sondern, ob ich es veranlaßt habe. Und das muß ich in Abrede stellen.

Auch die Farce des Herrn von Wolfsberg?

Wenn Du die lustige Art so nennst, wie er uns den Monolog, oder was das sein sollte, vorgelesen hat – auch diese. Mir wenigstens schien die trockene Geschichte durch den Spaß nicht schlechter zu werden.

Nun und Du bist ihm ja auch Deinen Dank für seine Leistungen nicht schuldig geblieben.

Wie hoffentlich niemandem, der etwas zur Unterhaltung der Gesellschaft beigetragen hat; wir hätten uns sonst alle gründlich gelangweilt. Daß Du es, wie es scheint, gethan hast, thut mir leid. Wer sich freilich nicht amüsieren will – oder kann, dem ist schwer zu helfen.

Ich werde mir dadurch zu helfen suchen, daß ich die amüsanten Gesellschaften, die Du gibst, in Zukunft mit meiner langweiligen Person verschone.

Bitte, noch einen Augenblick!

Er hatte bereits einige Schritte nach der Thür gemacht, blieb nun aber wieder stehen und fragte über die Schulter: Du wünschest?

Ich wünsche nur, Dich darauf aufmerksam zu machen, daß wenigstens die Gesellschaft heute abend nicht sowohl meine, als Deine Gesellschaft gewesen ist. Ich hatte keinerlei Interesse daran, der Frau Geheimrat dringenden Wunsch zu erfüllen und ihr einen Abend zu arrangieren, an welchem sie ihr Stück vorlesen lassen könnte. Wenn ich es dennoch gethan habe, so war es, weil ich Dir dadurch einen Gefallen zu erweisen glaubte. Ich meinte, Du seiest der Dame doch für alle die großen Aufmerksamkeiten, die sie Dir erweist, eine kleine Gegenaufmerksamkeit schuldig.

Adalberts Blut kochte. Das wagte sie ihm zu bieten, die sich in ihrer Leidenschaft für Udo heute abend kaum noch einen Zügel auferlegt! Sich voll zu ihr wendend, trat er einen großen Schritt auf sie zu; sie hatte sich in ihrem Fauteuil aufgerichtet und sah in seine zornsprühenden Augen, ohne mit den Wimpern zu zucken. Der Anblick ihrer unentwegten Ruhe gab ihm die verlorene Selbstbeherrschung etwas wieder.

Ich danke Dir, sagte er mit bebender Stimme, für diese zarte Rücksicht. Ich fürchte, ich bleibe darin hinter Dir zurück. Wir Männer halten es im allgemeinen unter unserer Würde, auf die Aufmerksamkeiten, welche man unseren Frauen erweist, zu reagieren. Wir denken immer, es könnte das leicht in einer Weise geschehen, die weder den Frauen, noch den betreffenden aufmerksamen Herren besonders liebsam wäre. Indessen –

Indessen –?

Es gibt Fälle, die uns zwingen, von der allgemeinen Regel abzuweichen.

Und Du meinst, ein solcher Fall liege hier vor?

Ich muß um die Vergünstigung bitten, mich meine Angelegenheiten ohne vorhergehendes Examen besorgen zu lassen.

Er hatte sich wieder nach der Thür gewandt. Da hörte er das Rascheln ihres Gewandes hinter sich und plötzlich stand sie zwischen ihm und der Thür, die er beinahe schon erreicht hatte. Sie war sehr blaß, aber in den großen Augen lag nicht die Angst, nach der er in seiner eifersüchtigen Wut ausspähte.

Was beliebt?

Ich wollte Dich nur vor etwas bewahren, was Dich hinterher sehr gereuen dürfte. Du gehst, um Herrn von Wolfsberg auf irgend eine Veranlassung hin zu provozieren; denn den wahren Grund, der Dich treibt, auch nur durchblicken zu lassen – vor der Welt, wie Du es jetzt vor mir gethan hast – dazu bist Du doch wohl hoffentlich zu stolz. Ich aber halte es für meine Pflicht, Dir zu sagen, daß es auch für Dich keinen wahren Grund gibt. Ich liebe Herrn von Wolfsberg nicht, und wenn er sich vielleicht ein paar Tage lang eingeredet hat, oder hat einreden lassen, mich zu lieben, so ist er dabei stets Kavalier geblieben und überdies von seiner kleinen Schwäche geheilt, ohne daß es einer Zurückweisung meinerseits bedurft hätte. Das wollte ich sagen; Du weißt, ich pflege die Wahrheit zu sprechen. Und nun möchte ich schlafen – ich bin sehr müde.

Sie gab ihm die Thür frei, indem sie langsam in die Tiefe des Gemachs zurückschritt. Adalbert zögerte. Glaubte sie, daß er ihr folgen, sie um Verzeihung bittend, ihr zu Füßen stürzen, ihre Kniee umklammern würde? Aber, was sie da alles gesagt, es war gesagt aus Sorge um den andern! Liebe für ihn – das war vorbei, so wie so!

Ein unsägliches Wehgefühl stieg in ihm auf, wie eine dunkle Flut, unaufhaltsam, ihm den Atem beklemmend, daß er zu ersticken, oder im nächsten Moment in Weinen ausbrechen zu müssen meinte wie ein Kind. Das durfte nicht sein. Ohne auch nur den Versuch zu machen, ein Wort hervorzubringen, stürzte er zur Thür hinaus.

Sie hatte abgewendet von ihm dagestanden; jetzt, als sie die Thür gehen hörte, warf sie sich in einen Sessel und brach in bittres Lachen aus. Soll man nicht lachen, wenn das genaue Gegenteil von dem geschieht, das man mit Sicherheit erwartet hatte! Man glaubt die leise, bittende Stimme schon an seinem Ohr zu hören und da knallt eine Thür! Ueberhaupt: lächerlich, diese Männer ernsthaft zu nehmen! Wollte er ihr nicht um den Hals fallen, so hätte er sie doch wenigstens an der Kehle packen müssen, wie der heißblütige Mohr seine Desdemona. Aber so fortlaufen wie ein ungezogener Schuljunge! Wenn das Mannheit ist! Und der andre? Volle acht Tage hatte die große Leidenschaft gewährt – seine erste wahre Liebe! Ach! Die gezogene Pistole in dem Kasten, den er auch diesmal, als hätte er geahnt, was kommen würde, bei sich führte! die treue Freundin, die ihm Erlösung von seinen Leiden bringen würde, wenn es mit seiner Kraft zu Ende sei? Kraft! haben denn die Schwächlinge die? Und der hübsche Junge ist sicher noch einer von den Bravsten, Ehrlichsten, und Adalbert mag sich vorsehen, wenn er glaubt, seinen Zorn ungestraft an ihm auslassen zu können; aber freilich, eine Million zur Mitgift! Da mag die große Leidenschaft zusammengeklappt werden wie der Chapeau Der Klappzylinder oder Chapeau Claque (auch Faltzylinder) ist ein klassischer zylinderförmiger Hut, der zusammengeklappt werden kann., und die gezogene Pistole ruhig im Kasten bleiben. Nein, um diese Männer verlohnt es sich nicht, schlecht zu sein. Und wieder gut zu sein, gut, tugendhaft zu bleiben heute wie morgen in alle Ewigkeit, bis die Jugend vorüber und die Schönheit dahin ist – als barmherzige Schwester zu leben, duldend, hilfebereit – wie Kora – mein Gott! wie kommst Du daher?

Die Thür nach ihrem Schlafgemach hatte sich aufgethan und Kora war hereingetreten. Ein erster Blick in ihr ernstes bleiches Gesicht hatte Hilde gesagt, daß etwas Schlimmes geschehen sei; aber dann: Adalbert hatte ja das dritte Zimmer, in welchem seitdem das Kind mit Dorette schlief, längst geräumt. Um ihn konnte es sich nicht handeln.

Erschrick nicht, sagte Kora. Ich wollte vorhin noch einmal nach Lisbeth sehen – es schien mir kein rechter Verlaß auf das neue Mädchen. Es war nicht im Zimmer – das Fenster stand auf – Lisbeth scheint sich erkältet zu haben. Ich habe gleich Escheburg bitten lassen; er ist eben bei ihr. Das Mädchen ist auch wieder da.

Hilde starrte Kora noch immer mit wirrem Blick an. Das neue Mädchen – kein Verlaß – Escheburg – was hieß das alles? Wo war denn Dorette? Escheburg? der war doch heute vormittag abgereist? oder hatte er vorhin in der Gesellschaft da in dem Fenster gestanden im Gespräch mit Kora?

Ich hoffe, wir brauchen uns nicht zu ängstigen, sagte Kora, nun selbst erschrocken über Hildes starres Schweigen, für das sie nur eine Auslegung hatte. Aber willst Du nicht kommen?

Freilich, sagte Hilde, sich langsam erhebend. Die Glieder waren ihr wie gelähmt; Kora, die ihre Schwäche bemerkte, wollte den Arm um ihren Leib legen; aber Hilde machte sich ungeduldig los und schritt vor ihr her durch das Schlafzimmer, in welchem bereits die Lichter vor dem Trümeau und die Lampe auf dem Nachttisch vor dem Bett angezündet waren. Sie warf einen scheuen Blick auf das einsame Bett. Sie wußte nicht einmal, wo im Hotel Adalbert jetzt schlief. Wollte der Himmel sie strafen und ihr, die den Gatten von sich getrieben, jetzt das Kind nehmen?

Als sie in das Kinderzimmer traten, richtete sich Escheburg von dem Bettchen der Kleinen, über das er gebeugt gesessen hatte, auf und kam ihnen entgegen.

Es ist eine starke Erkältung, sagte er, die aber nicht erst von heute sein kann. Hat Lisbeth schon die Tage vorher gehustet?

Er hatte bei der Frage nicht Hilde, sondern Kora angesehen; und es war auch Kora, die ihm antwortete: es sei allerdings der Fall gewesen; doch habe sie kein besonderes Gewicht darauf gelegt; nur der Amme doppelte Sorgfalt anempfohlen.

Es hätte auch wohl nichts zu bedeuten gehabt, erwiderte Escheburg; jetzt freilich –

Er wandte sich schnell zu dem Kinde, das wieder von einem Husten befallen wurde, der alsbald einen rauhen bellenden Ton annahm. Kora warf einen schnellen, angstvollen Blick auf Escheburg, den dieser aber nicht erwiderte, da er in demselben Moment auch Hildes Augen in einer hilflosen Verwirrung, die ihm durch die Seele schnitt, auf sich gerichtet sah.

Kommen Sie mit mir in den Salon, liebe Hilde, sagte er; ich möchte einiges aufschreiben. Ihr Diener soll es sofort in die Apotheke tragen. Kora bleibt hier; nicht wahr? Für den Augenblick ist nichts zu thun; es ist mir sogar lieber, wenn nur einer hier ist. Er brachte Hilde bis zur Thür, an der er, unter dem Vorwande, noch einmal nach dem Kinde sehen zu müssen, umkehrte, und sich über das Bettchen beugend, Kora zuflüsterte: Es ist eine Lungenentzündung, aber auch ein Belag, der diphtheritisch sein kann. Sie thun mir gewiß die Liebe und exponieren sich nicht mehr als nötig. Kein Kuß und dergleichen – Sie verstehen! Dann folgte er Hilde in den Salon, wo er diese bereits beschäftigt fand, die auf der Reise noch nicht benutzte Schreibmappe zu öffnen; Jean brachte eben ein Tintenfaß, an dem es gefehlt hatte; Friedrich stand an der Thür, der weiteren Befehle harrend. Escheburg schrieb seine Rezepte. Es fiel ihm ein, daß er vor noch nicht einer Stunde an demselben Tisch gesessen und, während er mechanisch ein Glas Champagner nach dem andern trank, das entzückende junge Geschöpf beobachtet hatte, wie sie von einer Gruppe zur andern schwebte – einem schönen Schmetterling gleich, der von Blumenstrauch zu Blumenstrauch flattert – und sich dabei melancholisch gefragt hatte, wie lange das Schmetterlingstreiben wohl noch währen würde? Und da, wie er jetzt den Blick hob, stand sie, die eine der kleinen weißen Hände auf die Lehne eines Fauteuil stützend, während die andere schlaff herunterhing, bleich, mit gesenkten Augen, wie eine Sünderin, die ihr Urteil erwartet. Es wäre hart, wenn das Kind stürbe – und es war sehr zart und sehr krank – dennoch! vielleicht wäre es die Rettung für die Mutter, vielleicht gäbe sein Tod die Gattin dem Gatten wieder. Aber für ihn gab es kein Vielleicht; er hatte einfach seine Pflicht zu thun.

Er hatte Friedrich die Rezepte gegeben mit dem Befehle, auf die Fertigstellung derselben zu warten, und wandte sich abermals zu ihr. Sie stand noch immer regungslos und hob auch, als er wieder vor sie trat, nur die Augen. Er erschrak. Das war nicht der Blick, den er aus seiner Praxis allzu gut kannte und den er erwartet hatte: der angstvolle, hilfeflehende Blick der Mutter – in diesen starren Augen, die noch größer schienen als sonst, blinkte nur stahlharter Trotz, der das Schicksal herausfordert, sein Aergstes zu thun.

Seine Mienen mußten, was in ihm vorging, verraten haben, denn sie sagte mit einer Stimme, die, wie leise sie auch war, den Ausdruck der Augen getreulich wiedergab:

Sie verdammen mich natürlich, aber es kann nichts Besseres thun als sterben.

Sie sollten nicht in so traurigen Gedanken wühlen, sagte Escheburg sanft; Sie sind so schon überreizt und werden Ruhe und Kraft sehr nötig haben.

Ich bin ganz ruhig, erwiderte sie, und ich weiß genau, was ich sage. Was soll es hier? auch schlecht werden? Kinder von Müttern, die nicht gut sind, werden schlecht.

Sie sind in meinen Augen überhaupt noch keine Mutter, erwiderte Escheburg mit ernstem Lächeln; oder sind es doch eben nur in der physischen Bedeutung des Wortes. In der anderen sollen Sie es erst werden. Sie haben jetzt eben eine vortreffliche Gelegenheit dazu. Ich weiß, Sie werden sie benutzen.

Sie schüttelte den Kopf.

Ich werde meine Pflicht thun, sagte sie, das ist alles.

Niemand kann mehr thun; freilich gehört dazu, daß man seine Pflicht auch begreift.

Wo wollen Sie hin?

Ich will Adalbert holen. Friedrich sagte, er sei nach dem Klub gegangen.

Das kann doch ein anderer.

Ich gehe lieber selbst; auf jeden Fall – ich meine, auch wenn ich ihn nicht finden sollte, bin ich sofort wieder hier.

Escheburg griff nach seinem Hut. Zum erstenmal bewegte sie sich aus ihrer Haltung und that ein paar rasche ziellose Schritte.

Escheburg!

Liebe Hilde?

Sie sind ja sein vertrautester Freund! Würde er es sehr schwer empfinden?

Sie dürfen so etwas nicht fragen.

Wenn ich es aber denke. Ich meine nur, dann ist er wieder ganz frei. So, wenn wir uns auch trennen, bliebe immer noch das Kind, ihn an die Qual zu erinnern. Selbst mein Tod allein würde das ja nicht anders machen, sonst –

Sie fuhr sich mit der Hand über Stirn und Augen und blickte ihn mit einem wirren Lächeln an: Wir reden darüber ein andermal; jetzt halte ich Sie nur auf. Und kommen Sie bald wieder. Meinetwegen mit ihm. Sie können ihm ja sagen, ich würde ihm nicht im Wege stehen. Und dann ist auch Kora immer zugegen und Sie –

Und Euer krankes Kind, sagte Escheburg mit Nachdruck.

Sie sah ihn fragend an; offenbar hatte sie den Sinn seiner Worte nicht recht verstanden.

Jawohl, sagte sie, das Kind ist krank. Ich gehe sogleich hin; ich werde schon meine Pflicht thun, seien Sie unbesorgt!

Sie schritt auf das Schlafgemach zu. Escheburg blickte der zarten Gestalt nach, bis die Portiere sich wieder hinter ihr geschlossen hatte; dann drückte er mit leisem Stöhnen den Hut in die Stirn und eilte davon.



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