Ludwig Tieck
Fortunat
Ludwig Tieck

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Siebente Szene

Hieronymus' Haus.

Hieronymus, Köchin, Gottfried.

Hieronymus: Um Gottes willen! Ach! um Gottes willen!
Den Tod hab ich vom Schrecken.

Köchin:                                               Was denn, Herr?

Hieronymus: Da geh ich oben in den Saal hinauf –

Gottfried: Was gibt es denn? Was ringt Ihr so die Hände?

Hieronymus: Ihr wißt, ich ging hinab zur Schreibestube
Vom Essen, ließ die beiden dort allein
Und wie ich wiederkomme – heilger Gott!
Liegt drin der edle Rittersmann ermordet!

Köchin: O Jesus! Jesus!

Hieronymus:                   Still! Um Gottes willen!

Gottfried: Wer tat es denn?

Hieronymus:                         Der Fremde, der Verruchte!

Köchin: Ach! ach! ach! was soll daraus werden?

Hieronymus:                                                           Still!
Daß nur die Nachbarn nicht, daß nur kein Mensch
Was hört –

Köchin:       Wie kann da unsereins denn schweigen?
Was soll draus werden?

Hieronymus:                       Ach! ich weiß es nicht,
Mir ist, als hätte mich der Blitz getroffen.

Andrea kömmt.

Hieronymus: Da kommt er. Gott! Sagt, was habt Ihr gemacht?

Andrea: Nun, alter Narr? Sollt ich mich morden lassen?
Wild macht der Kerl sich über mich daher,
Ich wehr mich meiner Haut auch gegen Fürsten,
Da stieß ich ihm mein Messer in den Hals.
Weg da! Mir braust der Kopf, ich bin schon toll,
Ich will den alten Hund wohin verstecken,
Wo keine Wünschelrut ihn finden soll. Ab.

Gottfried: Das ist ja ein erschrecklich frecher Mensch.

Köchin: Dazu hab ich nun heute kochen müssen!

Andrea kömmt zurück.

Andrea: Da hinten in den altverfallnen Brunnen
Hab ich den wüsten Mordhund schnell geworfen,
Packt Steine drüber; fragt man wohl nach ihm,
So sagt, er sei mit mir längst fortgegangen.
Ich geh so weit ich immer kommen kann,
Und müßt ich auch hinein in die Türkei. Ab.

Hieronymus: Herr Andres! – Ha! der Mensch ist taub und blind –
Nein, ich vielmehr! O weh, wie ist's mit mir?
Nun kommt mir die Besinnung erst zurück;
Ich hätte nicht den Mörder sollen lassen,
Wir mußten fest ihn nehmen, da er frech
Uns wieder in die Hände lief – betäubt,
Erschreckt, entsetzt, wälz ich auf mich die Schuld.
O Leute, ich beschwör euch bei den Heilgen,
Bei Gott und seiner Mutter, schweigt, kein Laut
Von dieser Schreckenstat! Uns bleibt nichts übrig
Als so zu tun, wie er geraten hat.

Wilhelm kömmt.

Wilhelm: Ist wohl der Ritter Oldfield noch bei Euch?

Hieronymus: Nein, guter Freund, schon vor geraumer Zeit
Ging er von mir mit jenem Florentiner.

Wilhelm: Kurios! Die gnädge Frau ist sehr besorgt. Ab.

Hieronymus: Da fängt es an! mein Blut ist lauter Eis,
Und Feuer dann, mein Herz zerrinnt in Angst.
Wie, wenn ich's noch angäbe? – Doch, wer glaubt's?
Man hält mich für den Mörder, da er floh.

Fortunat kömmt.

Fortunat: Die Ballen, die dort angekommen waren,
Hab ich hiehergeschafft, mein lieber Herr.

Hieronymus: Mir gleich – schon gut – ich weiß nicht – vielen Dank.
Komm mit mir, Gottfried, ich will dich verschicken.

Ab mit Gottfried.

Fortunat: Was fehlt dem Herrn? Er war verstört und traurig.

Köchin: Ach, lieber fremder Mensch, die Welt ist Welt,
Da kommt bald Lust, bald wieder Trübsal vor:
Er hat aus Mailand Nachricht heut gekriegt,
Daß ihm ein lieber Bruder dort gestorben,
Das hat er sich nun zu Gemüt gezogen.
Je nun, sind wir doch alle irdsche Menschen,
Man setzt uns bei an dieses Lebensfeuer,
Und sind wir gar, so kommt der Tod und tischt
Uns alle sich und seinen Freunden auf.
Geht nur hinein und eßt, Ihr seid wohl hungrig?

Fortunat: Durstig vielmehr und müde, viel zu laufen
War bei dem heutigen Geschäft, und ich
Bin noch der Sache nicht gewohnt genug.

Köchin: Da wird's Euch schmecken, was vom Mahl geblieben. –
Ach ja, das liebe Mahl! Gott sei uns gnädig! Ab.

 


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