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Und nun entwickelte sich ein eigenartiger Dialog zwischen Sam und dem Wiener Journalisten. Dieser sprach englisch, Sam aber, stolz auf seine, wenn auch mangelhaften Kenntnisse der deutschen Sprache, erwiderte deutsch. Sam war auch durchaus bereit, Rede und Antwort zu stehen, erstens weil es ihm sein Herr nicht nachdrücklich untersagt hatte, anderseits, weil er auf seinen Herrn maßlos stolz war und sich nicht das Vergnügen versagen wollte, so viel Rühmliches als nur möglich über ihn zu erzählen. So erfuhr denn Doktor Züngel, daß dieser junge O'Flanagan eine Mutter gehabt hatte, die Wienerin war. (Ha! Welch Sensation!) Und daß sie mit dem Mädchennamen Holub geheißen und ihr Vater ein Brückenmacher gewesen, den ein böses Eisenstück totgeschlagen. Und er erfuhr, daß Mister Ralph ein guter Herr sei und sehr gescheit und ungeheuer viel Bücher gelesen habe, und bei jeder derartigen lobenden Erwähnung stupste der Neger den Journalisten und sagte grinsend:
»Schreib genau auf, daß kein Dummheit in dein Paper erzählst.«
Nun wollte aber Dr. Züngel noch etwas wissen, und zwar das Allerwichtigste. Zu welchem Zweck nämlich der reichste Mann der Welt nach Wien gekommen sei.
Sam kratzte sich das wollige Haupt.
»Well ich nicht wissen genau, aber meinen, weil Mutter hier geboren.«
»Aha, er will sich Wien ansehen und dann wieder wegreisen?«
»Nein, paß auf, daß kein Dummheit in dein Paper schreibst. Master will lange hier bleiben, sehr lange, Jahr vielleicht oder mehr. Paß auf, Mann von die Zeitung, ich gehört haben, wie Master auf Schiff, Dame, die ihn gefragt hat, sagte: Ich zusammengehören mit Wien und vielleicht versuchen, arme Stadt vor Niedergang zu retten. Well, paß auf, Master hat so viel Geld, daß er kann kaufen mit ein einziges Scheck ganze Stadt mit alle Häuser.«
In diesem erhebenden Moment, da Dr. Züngel sich vornahm, kategorisch für seine Sensation die erste Seite der »Presse« zu verlangen, erschien Ralph O'Flanagan, sah den Mann mit Notizbuch und Bleifeder zu Sam fragend aufblicken, erfaßte sofort die Situation und bekam einen maßlosen Schrecken.
»Sie wünschen, mein Herr?« fragte er so schroff, daß Dr. Züngel noch kleiner wurde und sein grauer Haarsträhn eine Volte schlug.
»Gestatte mich vorzustellen, Dr. Züngel von der »Presse«. Da Mister O'Flanagan nicht anwesend waren, habe ich mir gestattet, von Ihrem Diener einige Informationen –«
»Herr«, unterbrach Ralph erbost, »ich bin durchaus keine interessante Persönlichkeit, über die es Informationen einzuholen gibt. Ich bin hier ein Privatmann, wie jeder andere, und möchte dringend bitten, sich um mich nicht zu kümmern.«
Sprach's, ging und machte Sam einen solchen Krach, daß dieser von nun an Zeitlungsleute ärger als die Pest scheute.
Doktor Züngel aber kam noch gerade rechtzeitig zum Abendblatt ins Bureau und einige Stunden später wußte ganz Wien, daß der reichste Mann der Welt, Mister Patrick O'Flanagan, in Wien mit der ausgesprochenen Absicht weile, Österreich zu sanieren. Und daß dieser O'Flanagan hiezu eine Art moralische Verpflichtung fühle, da seine Mutter eine Wienerin, Tochter des Architekten Rudolf Holub, gewesen sei, und der Krösus zweifellos unverzüglich mit dem Bundeskanzler Dr. Seipel sowie dem Finanzminister Dr. Kienböck in Fühlung treten werde. Daran schloß sich ein Leitartikel, der genau dasselbe nochmals mit Leidenschaft sagte, und dann im Finanzteil eine längere Betrachtung von einem »hervorragenden Finanzmann«, der der Bevölkerung die erschütternde Mitteilung machte, daß ein Dollar erheblich mehr sei als eine Krone, ja eine Million Dollar sogar mehr als siebzig Milliarden wären.
Ralph O'Flanagan bekam einen Wutanfall, Sam eine, allerdings recht gelinde, Ohrfeige und der Hoteldirektor mußte zwei kräftige Hausdiener mit der Spezialaufgabe betrauen, alle lästigen Besucher hinauszukomplimentieren.