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Resolution zum Streik der Munitionsarbeiter

30. 1. 1918

I.

Der Parteiausschuß stellt fest, daß sich die gegenwärtige Streikbewegung nicht gegen die Landesverteidigung richtet und nicht die Ziele eines feindlichen Imperialismus fördern will. Sie ist aus einer tiefen Mißstimmung entstanden, die durch die Ernährungsschwierigkeiten und den Druck des Belagerungszustandes hervorgerufen wurde. Das Treiben der Reaktion im preußischen Dreiklassenhaus, das auf die Verhinderung der preußischen Wahlreform gerichtet ist, das herausfordernde Auftreten der sogenannten Vaterlandspartei und die unklare Haltung der Regierung in der Friedensfrage haben diesen Stimmungsdruck verschärft. Da alle Ratschläge und Warnungen der Sozialdemokratischen Partei ungehört verhallten, wurde ein Ausbruch dieser Volksstimmung unvermeidlich.

Durch den Eintritt sozialdemokratischer Abgeordneter beider Fraktionen in die Streikleitung war die volle Gewähr dafür gegeben, die Bewegung in geordneten Bahnen zu halten und sie rasch, ohne Schädigung der Allgemeinheit, zum Abschluß zu bringen, Voraussetzung war, daß die Regierung auf Gewaltmaßregeln verzichtete und Forderungen erfüllte, die von einer erdrückenden Mehrheit der Bevölkerung als berechtigt anerkannt werden.

Statt diesen Weg zu gehen, hat die Regierung unter kleinlich-formalistischen Vorwänden Verhandlungen mit den Arbeitervertretern der Streikenden abgelehnt. Sie hat zugleich geduldet, daß ihr nachgeordnete Organe mit erbitternden Unterdrückungsmaßregeln gegen die Bewegung vorgingen. Das Versammlungsrecht wurde vollständig unterdrückt, der ›Vorwärts‹ verboten, schließlich der gewählten Streikleitung jede Betätigung untersagt. Die Folge davon ist, daß sich der Streik explosionsartig auf immer neue Gruppen ausdehnt, und daß er auf immer neue Orte überspringt, jeder Regelung und Kontrolle entbehrend.

Die Verantwortung für diese Entwicklung der Dinge trifft jene Stellen, die sich vor Ausbruch des Streiks und während seiner Dauer beharrlich geweigert haben, die Stimme der Vernunft zu hören, und deren Politik offensichtlich auf die Erzwingung eines Macht- und Gewaltfriedens gegen die eigene Bevölkerung hinsteuert.

Die Sozialdemokratische Partei hat sich während des ganzen Krieges rückhaltlos zur Landesverteidigung bekannt. Die Landesverteidigung wird jedoch gefährdet durch die politische Einsichtslosigkeit derer, die den Krieg zu kriegverlängernden, vom Volke nicht gebilligten Zielen führen wollen, die dem Volk versprochenen Rechte verweigern und jeden Protest gegen einen immer unerträglicher werdenden Druck mit verstärktem Druck beantworten. Darum müssen sich heute alle Kräfte vereinigen, um eine Abkehr von dem verhängnisvollen Kurs herbeizuführen, im Interesse der Selbsterhaltung unseres Volkes und eines baldigen, gerechten Friedens.

II.

Der Parteiausschuß fordert die Reichsregierung auf, sich in eindeutiger Weise zu erklären:

1. für die ausgiebigere Lebensmittelversorgung durch Erfassung der Lebensmittelbestände bei den Erzeugern und in den Handelslagern zur gleichmäßigen Zuführung an alle Bevölkerungsklassen;

2. für ihre Bereitwilligkeit, schleunigst den Belagerungszustand aufzuheben; sofort aber alle das Vereins- und Versammlungsrecht sowie die freie Meinungsäußerung durch die Presse einschränkenden Bestimmungen zu beseitigen;

3. für die Aufhebung der Militarisierung der Betriebe;

4. daß sie entschlossen ist, die schnellste Durchführung des allgemeinen, gleichen, direkten und geheimen Wahlrechts für Preußen mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln zu sichern;

5. daß sie bereit ist zu einem allgemeinen Frieden ohne offene oder verschleierte Annexionen und Kontributionen auf Grund des nach demokratischen Grundsätzen durchzuführenden Selbstbestimmungsrechts der Völker.«


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