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Die Verlängerung der Amtsdauer des Reichspräsidenten

Ansprachen an den Reichstag und Reichsrat. 24. u. 28.10.1922

I.

Ich danke Ihnen für die Mitteilung des Beschlusses des Reichstags, der in Änderung der bisherigen Verfassungsbestimmung das mir auf Grund des Gesetzes über die vorläufige Reichsgewalt übertragene Amt des Reichspräsidenten auf der rechtlichen Grundlage der Reichsverfassung erneuert und in seiner Dauer verfassungsmäßig festgelegt hat. Haben Sie auch aufrichtigen Dank für die freundlichen Worte, die Sie in Verbindung damit an mich gerichtet haben.

In der Zeit schwersten Schicksals Deutschlands habe ich das Amt des Reichspräsidenten übernommen; ich tat es nur in dem Bewußtsein, meine Pflicht tun zu müssen gegenüber den Volksgenossen, die mir in harten Tagen ihr Vertrauen entgegenbrachten. Im gleichen Gedanken erkläre ich mich auch heute bereit, mein Amt weiter zu führen. Entscheidend für diesen im Widerstreit verschiedener Erwägungen nicht leichten Entschluß war für mich das mir durch die übergroße Mehrheit der gewählten Vertreter des deutschen Volkes erneut bekundete Vertrauen. Getreu meinem vor der Nationalversammlung in Weimar abgelegten Gelöbnis, meine Kraft dem deutschen Volke zu widmen, die Verfassung und die Gesetze des Reiches zu wahren, wird es mein alleiniges Bestreben sein, in Drang und Not dieser Zeit der Republik zu dienen und nach bestem Können mitzuarbeiten an der Gesundung und Erneuerung Deutschlands. Wie bisher, will ich mich auch fernerhin bemühen, mein Amt unparteilich zu führen, Gerechtigkeit gegen jedermann zu üben und meine Pflichten gewissenhaft zu erfüllen. Ich bin mir wohl bewußt, daß meine eigene Kraft und die Kraft der vom Vertrauen der Volksvertretung getragenen Regierungen des Reichs und der deutschen Länder allein nicht ausreicht, um die schweren Aufgaben der Gegenwart und der Zukunft zu lösen; sie wird nur dann sich durchsetzen, wenn sie sich vereinigt mit den lebendigen, schaffenden und wirkenden Kräften des ganzen Volkes, wenn sie gestützt wird von dem staatlichen, wirtschaftlichen und geistigen Leben unserer Nation. Darum wird es mein stetes Bemühen sein, über alle Verschiedenheiten der Interessen und Weltanschauung hinaus die großen und wertvollen Kräfte unseres Volkstums zusammenzufassen und zusammenzuschließen in dem uns allen Gemeinsamen: der Liebe und Pflichttreue zu Volk und Vaterland. Was uns auch sonst trennen mag, im klaren Bewußtsein unserer Pflichten gegen die Nation müssen wir uns alle in Einigkeit da zusammenfinden, wo es sich handelt um die Grundfragen des Lebens und der Zukunft unseres Volkes und unseres Vaterlandes.

Über das, was für das Ganze notwendig ist, wird es stets verschiedene Meinungen geben; es wird sich nicht vermeiden lassen, daß Gegensätze der Interessen und der Ideen aufeinanderstoßen. Aber diesen Kampf so zu führen, daß er nicht in einen Zusammenprall der Leidenschaften, nicht in blinde Selbstzerfleischung ausartet, muß unser gemeinsames Bestreben sein. Daß alle in diesem Geiste wirken und ihn verbreiten mögen, ist die Bitte, die ich an Sie, den Reichstag und alle deutschen Frauen und Männer, die guten Willens sind, in dieser Stunde richte!

II.

Haben Sie herzlichen Dank für die Mitteilung, daß der Reichsrat dem Beschlüsse des Reichstags über die Änderung des Artikels 180 zugestimmt hat, und für die Glückwünsche, die Sie dieser Mitteilung beigefügt haben. Ich danke Ihnen für diesen Akt des Vertrauens, den der Reichsrat damit bekundet hat, und kann auch Ihnen gegenüber nur das wiederholen, was ich dem Herrn Präsidenten des Reichstags bei Mitteilung des Beschlusses des Reichstags versichert habe, daß ich auch künftighin in meinem Amt, meinem Gelöbnis getreu, meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, die Verfassung und die Gesetze des Reiches wahren, meine Pflichten gewissenhaft und unparteilich erfüllen werde. Insbesondere werde ich in meinem Amt immer bestrebt sein, besonderen Interessen der Länder volle Würdigkeit widerfahren zu lassen. In der berechtigten Eigenart der deutschen Stämme einerseits, aber auch im Zusammenschlusse zur Nation andererseits liegen die Wurzeln unserer Kraft und das Vertrauen auf eine bessere Zukunft. Nur in dem festen unerschütterlichen Gedanken der deutschen Einheit, nur im festen Zusammenhalt des ganzen Reichs kann es uns gelingen, den schweren Nöten und Stürmen der Gegenwart standzuhalten. In der Erfüllung der schweren Aufgaben, die uns noch bevorstehen und die es zu lösen gilt, um die Zukunft unseres Volkes zu retten, rechne ich wie bisher auf die verständnisvolle Mitwirkung des Reichsrates. Nur wenn die beiden gesetzgebenden Körperschaften im Reich in vollem Verständnis für die Bedürfnisse des gesamten deutschen Volkes zusammenarbeiten und nur wenn hinter ihnen die wertvollsten Kräfte der Nation sich zusammenschließen, können wir hoffen, aus den Nöten der Zeit das Reich in eine bessere Zukunft zu retten. Um diese Mitarbeit an dem großen Ziel unserer gesamten Nation bitte ich Sie auf das herzlichste!


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