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Die soziale Hilfe der Quäker als Botschaft der Liebe

Begrüßungsrede. 3.1.1922

Am heutigen Tage sind es zwei Jahre, seitdem die Kinderhilfsmission der religiösen Gesellschaft der Freunde von Amerika unter Anführung von Herrn Alfred G. Scattergood in Berlin ankam und noch am gleichen Tage von mir empfangen wurde. Ich darf meiner Freude und Genugtuung darüber Ausdruck geben, daß ich Sie, meine Damen und Herren von der Kinderhilfsmission, nach zweijähriger segensreicher Tätigkeit im Dienste der deutschen Kinder wiederum bei mir zu begrüßen in der Lage bin. Ich habe Sie hierher gebeten, um Ihnen im Namen der Reichsregierung und des deutschen Volkes meinen herzlichsten Dank für all das auszusprechen, was Sie in Zeiten schwerster Not für uns getan haben. Sie waren unter den ersten Boten einer langsam beginnenden Wiederannäherung der Völker, und Ihrer unermüdlichen Aufklärungstätigkeit über die Wahrheit der Zustände der breiten Massen in Deutschland ist es nicht nur in erheblichem Maße zu verdanken, daß die Speisungen von hunderttausenden deutscher Kinder bis zum heutigen Tage möglich waren, sondern auch, daß sich der Kreis der Personen, die nach jahrelanger Verbitterung sich um eine Wiederannäherung der Völker bemühen, erheblich erweitert hat. Die Botschaft der Liebe, die Sie uns gebracht haben, wird nie vergessen werden.

Die Erfolge, die Sie in Deutschland bei Ihrem Bemühen auf Besserung des Ernährungszustandes der durch jahrelange Entbehrungen in ihrer Gesundheit aufs schwerste betroffenen deutschen Kinder sowie hoffender und stillender Mütter errungen haben, sind bedeutend. Viele hunderttausende deutscher Kinder danken Ihnen Leben und Gesundheit. Ich erinnere daran, daß die großen amerikanischen Mittel – nach mir gewordenen Berichten über sechseinhalb Millionen Dollars –, die Ihnen zu treuen Händen übergeben worden sind, Sie in den Stand gesetzt haben, zeitweise (Frühjahr 1921) bis zu einer Million Kinder täglich in Deutschland zu speisen, und ich begrüße es mit besonderer Freude, daß dank der im Herbst 1921 unter Führung Ihrer amerikanischen Freunde und unter hervorragender Beteiligung von Deutsch-Amerikanern begonnenen Sammlungen die Speisung von weiteren 500 000 Kindern täglich bis zum 31. Juli 1922 gesichert ist.

Welch große Bedeutung die Reichsregierung und die gesetzgebenden Körperschaften des Reiches (Reichsrat und Reichstag) der Fortsetzung dieser Kinderspeisungen beimessen, ergibt sich daraus, daß auf Antrag des Herrn Reichsministers für Ernährung und Landwirtschaft, Dr. Hermes, erst vor kurzem hundert Millionen Mark als deutscher Beitrag zur Durchführung der Kinderspeisungen bewilligt worden sind. Durch die Bereitstellung dieser Mittel zur Förderung des von Ihnen eingeleiteten großen charitativen Werkes wollte die Reichsregierung Ihnen gleichzeitig einen Beweis des Vertrauens und der Dankbarkeit geben.

Der heutige Tag ist aber nicht nur ein Gedenktag, er bedeutet zugleich auch einen Wendepunkt in der Geschichte der Quäkerspeisung in Deutschland. Sie haben dem Herrn Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft, Dr. Hermes, gegenüber den Wunsch ausgesprochen, die eigentliche Verwaltung der Kinderspeisung auf die bestehenden sozialen Einrichtungen in Deutschland überzuleiten, weil Sie, um in Hungerdistrikten Rußlands helfen zu können, gezwungen sind, Ihre Verwaltungskosten in Deutschland einzuschränken und einen Teil Ihres Personals nach Rußland zu entsenden. Herr Reichsminister Dr. Hermes hat Ihrem Wunsche auf Übernahme der Verantwortung für die Kinderspeisungen auf die Reichsregierung entsprochen und im Einvernehmen mit Ihnen den Deutschen Zentralausschuß für die Auslandshilfe, der neben Vertretern der behördlichen Wohlfahrtspflege alle großen charitativen Organisationen, die Gewerkschaften, den Hauptausschuß für Arbeiterwohlfahrt usw. umfaßt und dem Ihre Mission selbst als Mitglied angehört, mit der Weiterführung des Werkes betraut.

Ich darf der Hoffnung Ausdruck geben – und dafür werden wir alle unsere Kraft einsetzen –, daß die Speisung der Kinder und der hoffenden und stillenden Mütter in dem Geiste fortgeführt wird, in dem Sie sie begonnen haben. Darin soll unsere deutsche Dankbarkeit Ihnen gegenüber sich ausdrücken, daß das Denkmal, das die amerikanische Gesellschaft der Freunde und die mit Ihnen verbundenen freundlichen Spender sich errichtet haben, erhalten bleibt zum Wohle der deutschen Kinder und damit zum Wohle Europas und der ganzen Welt.


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