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Der Morgen des 7. September 1651 unterbrach festlich die Not der Zeit: das alte Paris schmückte sich für seinen jungen König. In den Strassen, durch die der königliche Zug gehen sollte, standen schon am frühen Morgen die Garden und Schweizer Spalier; Schaugerüste, oft bis zur Höhe von zwei Stockwerken, waren hergestellt, Fenster und Dächer mit Menschen besetzt.
Um acht Uhr empfing der König im Palais Royal seine Mutter, die Königin, die königliche Familie, die Pairs und Marschälle, die ihn feierlich zu begrüssen kamen, während in den Höfen und Gärten die Scharen sich ordneten.
In dem Augenblick, in dem der junge König selber in den Schlossgarten trat, erschien der Prinz von Conti und brachte ihm einen Brief seines Bruders, in dem Condé, der lange überlegt hatte, sein Fernbleiben entschuldigte. Aber der stolze Knabe, der heute die Regierung antreten sollte, war seinem Vetter, wenn es aufs Selbstbewusstsein ankam, gewachsen: er öffnete den Brief gar nicht, sondern reichte ihn einem seiner Marschälle, dass er ihn beiseitelege; dann gab er den Befehl, auf den der farbige Festzug sich in Bewegung setzte. Durch die Rue Saint-Honoré, die von Saint-Denis, an dem vieltürmigen Châtelet vorüber, über den häuserumränderten Pont Notre-Dame nach der Insel und auch hier in weitem Umweg über den Marché-Neuf nach dem Tor des Parlaments zog in schimmernder Pracht der Jüngling, der der Welt noch einmal das Königtum verkörpern sollte, ein Königtum neuer Zeit, das allen Königen der Erde ein Muster ward. Strahlend begann es an einem herrlichen Herbsttag, eine Siegesfanfare der Pracht, schätzeverschwendend, berauschend im Farbenjubel, liebenswürdig und verhängnisvoll für die Völker.
Auf einem Balkon im ersten Hof standen der König, seine Mutter, der junge »Monsieur«, sein Bruder, und der ältere, gichtige »Monsieur«, sein Oheim, und grüssend zogen die Gruppen vorüber, bis es für die Königsfamilie Zeit ward, sich ihnen anzuschliessen.
Zwei Trompeter ritten zuerst aus dem Tor des Palais Royal, hinter ihnen schritten die fünfzig königlichen Reiseführer, die »Guides«, in ihrer Livree, dem Zug voran. Dann kam, zu zwei und zwei reitend, in all der Pracht, die sie hatten aufbringen können, von starren Seiden, schweren Samtstoffen und Brokaten und Spitzen, von Diamanten und Perlen glänzend, mit Agraffen und Federschmuck, auf reichgeschirrten Rossen, der Adel Frankreichs, der dem König huldigen wollte, etwa achthundert Herren. Vier Trompeter in blauem Samt mit silberner und goldener Verschnürung ritten den Chevauxlegers der Königin, die der Marquis von Saint-Megrin führte, voran; ihnen schlossen sich die des Königs an, zweihundert an der Zahl, geführt von ihrem Kornett, dem Grafen von Olonne aus dem Hause La Tremouille, dessen schneeweisses scharlachgedecktes Pferd nickende weisse und farbige Straussfedern mit Perlenschmuck auf der Stirne trug. Es folgte der Grossprofoss von Frankreich, der Marquis von Sourches, zu Pferde; hinter ihm marschierten seine Häscher zu Fuss, und nach ihnen die »Hundert Schweizer« in ihrer dunklen Samttracht, mit ihren Baretten, den weissgekrausten spanischen Kragen, die Hellebarden über den Schultern; geführt waren sie von ihrem Leutnant, dem Herrn von Sainte-Marie, der auf seinem braunen Pferde gut genug aussah, den aber der Schweizer Herr von Diespach ganz in Schatten stellte, als er in alte Schweizertracht aus feuerfarbener Seide gekleidet, Ärmel und Hosen aus geschlitztem Brokat, mit feuerfarbenen Schuhen und Strümpfen, das schwarze Barett mit einer Reiherfeder geziert, die schwere Goldkette umgehängt, den Mantel reich mit Gold- und Silberspitzen geschmückt, auf einem goldgeschirrten Berberhengst mit feuerfarbener Samtdecke vorüberritt; Gold- und Silberquasten hingen von den Mähnen des Tieres, auf der Stirn trug es einen Reiherbusch. Zwölf kleine Schweizerknaben mit kleinen Hellebarden folgten ihm, und wo sie vorüberkamen, tönte Jubel und Händeklatschen. Nun erschien der Gehilfe des Zeremonienmeisters, dem die Hofherren, die Vertreter der Statthalter und die Kommandanten der festen Plätze folgten, reich in Gewänderpracht und Juwelen, gleich den anderen. Alle Welt bemerkte den Grafen von Clères, einen normannischen Standesherrn in seinem spitzenbesetzten Leibrock aus Goldstoff und karminroten Beinkleidern auf einem Grauschimmel mit bebänderter Mähne und schleppendem Schweif, und den Chevalier Paul, der, aus geringem Stande emporgekommen, der berühmteste französische Seeoffizier der Zeit war und prachtvoll geschmückt auf einem unruhigen Braunen im Zuge ritt; sein Malteserkreuz allein wurde auf 10 000 Livres geschätzt; es hiess, dass er bis zu diesem Tage noch nie ein Pferd bestiegen, und dennoch mitzureiten gewagt hatte und durch seine ungeheure Kraft und Sicherheit das unruhige Tier bezwang. Es folgten die Statthalter, die Ritter des Heiligen-Geist-Ordens, die Kammerherren.
Sechs Trompeter in blauem Samt und sechs Herolde in karminroten, mit goldenen Lilien übersäten Wappenröcken, Samtbarette auf den Köpfen, Stäbe in den Händen, ritten dem Zeremonienmeister, Herrn von Saintôt, voran: es folgten, zu zweien und zweien reitend, die Marschälle von Frankreich, dann kam allein auf einem Grauschimmel der Grossstallmeister von Frankreich, der dicke, kleine Graf von Harcourt, im Gewande aus Goldstoff, die berühmte Perle in den wilden Locken, die ihm ins grimmig-gutmütige Gesicht hingen, das königliche Schwert in der blauen, mit goldenen Lilien geschmückten Samtscheide am Wehrgehänge tragend; hinter ihm in langen Reihen die Pagen, Bedienten, Garden zu Fuss, Stabträger und sonst geringere Hofbeamte. Nun kam der König selbst. Ihm voran ritten die Gardes du corps, dann schritten zu Fuss die acht Stallmeister des Hofes, während im Abstand links und rechts vom König sechs Herren der Schottengarde und sechs Ordonnanzoffiziere schritten; er selbst ritt in einem Kleide von Goldstickerei auf einem isabellenfarbenen Berber, der sich wiederholt bäumte und tänzelte; rechts von ihm, aber sich etwas hinter ihm haltend, ritten sein Grosskammerherr, der Herzog von Joyeuse, sein Erzieher, der Marschall von Villeroi, die Gardekapitäne und sein erster Stallmeister, der Friese Herr von Beringhen.
Jubelndes betäubendes »Es lebe der König!« scholl aus den Strassen, von den Tribünen, von all den Fenstern, in denen die schönen Damen den Zug verfolgten. Zwar sagt Joly, es hätte trübes Schweigen in den Strassen geherrscht, aber er ist der einzige, der das Unwahrscheinliche behauptet, – vielleicht herrschte es dort, wo er mit anderen unversöhnlichen Männern der Fronde stand. In einem Fenster am Wege, den der Zug nahm, im Hause, das Mr. Hobbes, der englische Philosoph, bewohnte, der vor der Revolution in seinem Land nach Paris geflüchtet war, stand mit ihm, als sein Gast, ein ernster, junger, fein gebildeter englischer Edelmann, John Evelyn, der gleich vielen andern den Zug beschrieben hat. Er sagt, der junge König sei schön, wie ein jugendlicher Apoll erschienen, der Gesichtsausdruck ernst und lieblich, fast den ganzen Weg sei er mit dem Hut in der Hand geritten, die Damen in den Fenstern zu grüssen und den brausenden Zurufen zu danken.
Dem König folgten die Fürsten und Herzöge und dann die unendliche Reihe der Hofwagen mit den Prinzen des königlichen Hauses, den Damen des Hofes; die mächtige Staatskarosse der Königin selbst, in der sie mit ihrem jüngeren Sohne und vielen Damen sass, umgeben von ihren Garden unter dem treuen Comminges, ihren Schweizern, Pagen, Ehrenkavalieren, den Gendarmen des Königs unter dem Grafen von Miossens, und dann, immer von Trompetern schmetternd angekündigt, die lange Reihe der Karossen und Wagen, in denen die Prinzessinnen und Ehrendamen sassen.
So kam der Zug in den Hof des Palais de Justice. In der uralten düsteren Sainte-Chapelle hörte der König die Messe: dann geleitete ihn eine Abordnung von Präsidenten und Räten in die Grosse Kammer zu dem vom Lilientuch bedeckten Lit de Justice. Die Prinzen und Pairs, die Marschälle und Gardekapitäne, Minister und Staatsekretäre nahmen ihre Plätze ein; in den Laternen befanden sich auf der einen Seite Mademoiselle mit der verwitweten Königin von England und anderen Damen, auf der gegenüberliegenden Seite die fremden Gesandten und Geschäftsträger.
Als alles Platz genommen, und die Herolde Ruhe geboten, stand der König auf und sprach:
»Meine Herren, ich bin in mein Parlament gekommen, um Ihnen zu sagen, dass ich, nach dem Gesetz meines Staates, seine Regierung selbst in die Hand nehmen will, und ich erhoffe von Gottes Güte, dass ich es fromm und gerecht regieren werde. Mein Kanzler wird Ihnen meine Absichten im einzelnen mitteilen.«
Als der Kanzler seine Rede gehalten hatte, liess das ganze Parlament sich auf ein Knie nieder, bis der König den Herren aufzustehen befahl. Hierauf richtete die Königin eine Ansprache an ihren Sohn, in der sie ihn als ihren Herrn begrüsste und ihm die Regierung übergab; der König sprach ihr seinen Dank aus und bat sie, das Haupt seines Rates zu bleiben. Im Saal verstand man beide kaum, man sah nur, dass sie zueinander sprachen und dass der König seine Mutter umarmte.
Hierauf huldigten erst die Prinzen, dann die Pairs dem König; der erste Präsident hielt eine Rede, die Königin Anna und die Ereignisse ihrer Regentschaft zu preisen, und niemandem entging es, dass er des Prinzen von Condé mit keinem Wort Erwähnung tat, sowie es auffiel, dass der König seinem Oheim, dem Generalstatthalter des Königreichs, kein Wort des Dankes gesagt hatte. Monsieur selber fiel es am meisten und peinlichsten auf.
Nun wurden drei königliche Dekrete zur Registrierung verkündet, das erste ein Erlass über die Bestrafung der Gotteslästerungen und des Fluchens, das zweite ein strenges Verbot der Duelle, in dem dritten wurde »der Herr Prinz für schuldlos erklärt«. Auch die beiden ersten Erlässe hatten ihre geheime Geschichte und Bedeutung.
Die Reihe kam an den Generaladvokaten, der sich so gerne sprechen hörte, und Omer Talon, der wackere und selbstgefällige, hielt eine unendlich lange Rede, reich an Zitaten aus der Bibel, dem Altertum und der Geschichte, an Bildern und Gleichnissen, und langweilte alle Welt; uns aber fallen darin die unbefangenen ernsten Mahnungen auf, die er an den König richtete: er erinnerte ihn, dass er Millionen von Untertanen verschiedenen Wesens und Sinnes habe, mahnte ihn, nicht auf die Schmeichler zu hören, die ihm die eigene Grösse und die Armseligkeit des Volkes darstellen würden, vielmehr das Elend des Volks vor allem in den Lasten zu mindern; und er schloss mit dem bemerkenswerten Wunsch: »Möge Eurer Majestät Regierung eine Fortsetzung der Ihres Grossvaters, des grossen Heinrich sein!«
Der Glanz des Enkels hat den des Grossvaters zum Schatten gemacht und ihm jenes Beiwort wieder geraubt, bis die Kritik der Geschichte, die die Entwicklung und die späten Früchte übersieht, wieder andere Masse einführte.
Die Feier war eine Siegesfanfare des Königtums gewesen, und der Jubel Frankreichs schien sie zu rechtfertigen. Aber das, was sie zunächst bedeuten sollte, die Übernahme der Regierung durch den König, das bedeutete sie nicht; das war Schein und Form gewesen.
Denn jetzt regierte mehr als je Anna von Österreich, von keinem Regentschaftsrat, keinem Generalstatthalter behindert, und da ihr Wille nur der Wille Mazarins war, so war in diesen Tagen und mit dieser Feier der verbannte Minister, dessen Bann und Urteil drei Tage vorher nochmals bestätigt worden war, in der Tat der Herrscher Frankreichs geworden. Willig fügte sich der junge König. In den Jahren, die kamen, störte er die Handlungen und Beschlüsse seiner Mutter, die die ihres Ministers waren, niemals. Er, den niemand hätte hindern können, wenn er anders gewollt hätte, dem tausend mächtige Hände sich mit Freuden geboten hätten, wenn er die ungesetzliche Vormundschaft hätte beseitigen wollen, unterstützte sie vielmehr mit seinem frühreifen und starken Willen, soweit er nur konnte. Er überliess ihnen die ganze Macht, die dieser Tag ihm gebracht hatte, und nicht nach seiner Mutter, nach des Kardinals Tode nahm er die Regierung in seine Hand. Dass Ludwig XIV., der die Selbstherrschaft, die persönliche Regierung des Monarchen, den alles verdunkelnden Glanz der Krone, die Byzantinisierung des Hofes mit bewusstem Willen durchführte, dennoch durch mehr als ein Jahrzehnt so willig auf die Macht zugunsten Giulio Mazarinis verzichtete, das ist nicht die wenigst merkwürdige Tatsache im Leben des merkwürdigen Italieners.
An jenem Tage freilich konnte dies niemand erkennen: Ludwig XIV. nahm umjubelt die Herrschaft an sich, und Mazarin schien abgetan. Er selbst jammerte mehr als sonst; die Deklaration gegen ihn, die die Königin von ihm ungeneigten Ratgebern sich hatte abnötigen lassen, um an diesem Tage, an dem das Königtum seinen Glanz blendend entfalten sollte, das Parlament auf ihrer Seite und jede Störung vermieden zu sehen, traf ihn tief, weil diesmal die schweren Vorwürfe nicht von seinen Feinden, sondern vom Hofe ausgesprochen wurden. Erst gegen Ende des Monats erfuhr er den Wortlaut und, nun erst völlig verzweifelt, schrieb er: »er sei ausser sich durch diesen tödlichen Schlag, er könne seinen eigenen Dienern nicht ins Gesicht sehen, die königliche Erklärung werde in ganz Europa gelesen, und stelle ihn als Dieb und Verräter, als einen Feind des Christentums hin«. Mehr als je fürchtete er, die Königin könnte sich mit dem Prinzen aussöhnen und ihn opfern; Freunde wie der Marschall Du Plessis-Praslin zeigten ihm diese Gefahr und er selbst schrieb an Colbert darüber; aber auch er hatte in all diesen Monaten in dem Tag der Grossjährigkeit des Königs den des Heils gesehen, wenngleich, als der Tag wirklich kam, die Sorgen des Augenblicks die Erkenntnis verdüsterten, wie es oft geschieht. In Paris aber mochte das Fest und der Jubel der Bevölkerung die Stimmung erhöhen, die der Verbannte, der dem Fest hatte fernbleiben müssen, nicht mitfühlen konnte. Ein gewisses Siegesbewusstsein herrschte von diesem Tage in der Hofpartei, das in allen Berichten deutlich wird, und das durch die Rebellion, die noch blutig aufloderte, nicht mehr gedämpft wurde, – denn den Namen einer Revolution verdient die Bewegung nicht mehr.
Condé war am Tag vor der Feier abgereist. Er hatte den König bitten lassen, die Veränderungen im Ministerium um drei Tage hinauszuschieben, bis er mit dem Herzog von Longueville in Paris wieder eingetroffen wäre. Gaston trat heftig für diesen Wunsch des Prinzen ein und drohte, wie vordem, falls man nicht willfahre, werde er das Palais Royal nicht mehr betreten. Man kümmerte sich gar nicht darum: der junge König gab sogleich und vielleicht, weil sein Vetter und sein Oheim widersprachen, mit besonderer Freude die nötigen Befehle. Die gegebenen und bekanntgewordenen Zusagen wurden erfüllt und die Marquis von Châteauneuf und La Vieuville sowie der erste Präsident zu Ministern ernannt. Noch einmal stellte das Schicksal, das ihn sein Leben hindurch tragisch narrte, den alten Châteauneuf zum Schein an die erste Stelle, von der er vor einem halben Jahr gestürzt worden war. Wieder wähnte er, sie im Ernst zu erlangen. Er wurde zum »Chef des Konseils der Depeschen« ernannt und man betrachtete ihn als ersten Minister; Graf Brienne, der Staatsekretär, sagt in seinen Memoiren, die Königin hätte Herrn von Châteauneuf zum Chef ihres Kabinetts ernannt; aber den Titel eines ersten Ministers erhielt er nicht, den die Königin ihrem Liebling vorbehielt und keinem anderen verleihen mochte. Er hätte erkennen müssen, wäre er minder verblendet gewesen, was ihr im Sinne lag; aber auch er hoffte, irgendwie sein Ziel zu erreichen.
La Vieuville, der seine Ernennung den Verdiensten seines Sohnes verdankte – Verdiensten bei der Kurprinzessin, deren Geliebter er war –, war einst unter Richelieu Finanzminister, war sogar einmal durch fünf Wochen erster Minister gewesen: er sollte damals der Platzhalter für Richelieu sein, und mit dem glücklichen Wahn der Mittelmässigen hatte er sich eingebildet, den Platz wirklich halten und Richelieu sanft beiseiteschieben zu können: er wurde dann jäh eines Besseren belehrt. Diesmal zahlte er Mazarin für die Ernennung zum Minister die bedungenen 400 000 Livres, und dieser teilte den Gewinn mit der Königin! Solche Geschäfte galten damals nicht für unmöglich.
Matthieu Molé erhielt die Siegel wieder, die er im April hatte abliefern müssen. Das war das sogenannte Ministerium der »Graubärte«.
Am nächsten Tage erschien Monsieur gehorsam zu des Königs Lever.
Condé hatte sich zu seinem Schwager auf dessen Schloss Trie in der Normandie begeben. Er fand den Herzog nicht bereit, mit ihm in den Kampf zu ziehen, wenn es wieder so weit kommen sollte. Und als der Prinz ihm schmerzlich vorhielt, dass er ihn verlasse und der Rache seiner Feinde preisgebe, sagte der matte Herzog, von solchen Worten peinlich ergriffen, schnell alles zu, um nichts zu halten. Die Normandie blieb von den Stürmen der folgenden Jahre unberührt, und ihre Bewohner wussten ihrem Statthalter dafür Dank. In bitteren Vorahnungen und Sorgen kehrte Condé nach Chantilly zurück und erfuhr, wie man sein Schreiben, wie man seine Wünsche bei Hof aufgenommen hatte. Der Hof hatte ihm durch die königliche Erklärung die Hand zum Frieden geboten; vermutlich hielt man ihn, sobald der König grossjährig war, nicht mehr für gefährlich, falls er sich mit seiner Hofstellung als erster Prinz des Blutes begnügte. Aber zu solcher Unterwerfung war er zu stolz. Mit dem Prinzen von Conti, den Herzögen von Nemours und von La Rochefoucauld begab er sich nach der Festung Montrond, wo seine Schwester und viele Freunde seiner warteten, und da er den Platz wohlbefestigt, die Truppen treu und in gutem Stand vorfand, da die Freunde ihm zusprachen, die Provinzen ihn mit gewohntem Jubel empfingen, wurde der immer Beeinflussbare wieder in seiner kriegerischen Stimmung bestärkt. Er liess Conti und Nemours in Montrond und ritt selbst mit La Rochefoucauld, der ihn unterwegs auf seinem Schloss Verteuil bewirtete und den Adel des Poitou zu seiner Begrüssung versammelte, nach Bordeaux, wo er am 22. September eintraf.
Auch hier war die Begeisterung im Parlament und im Volke gross. Die Stimmung in den Provinzen war, wie immer, hinter Paris zurück, wo man der Fronde bereits müde zu werden anfing. Eine Reihe von grossen Herren traf in Bordeaux ein: der junge Herzog von Richelieu, der vierundneunzigjährige tapfere und drollige Marschall von La Force, der »noch diese letzte Torheit begehen wollte«, der liebenswürdige Prinz von Tarent, der einst dem grossen Kurfürsten beinahe die Braut weggenommen hätte, und der jetzt den tiefen Grund zum Abfall vom Hofe hatte, dass nicht seinem Hause sondern dem von Rohan der Vorsitz in der Ständeversammlung der Bretagne zuerkannt worden war; der Graf Daugnon, der über einen Hafen und eine kleine Flotte verfügte, und andere; aber Bouillon und Turenne erschienen nicht.
Der Prinz, der Bewunderer Corneilles, spielte sein eigenes Drama im Stil Corneilles zu Ende. »Ihr habt den Krieg gewollt, und das Schwert ist gezogen!« hatte er in Montrond zu den Geschwistern und den Freunden gesagt, die ihn so lange gedrängt hatten, »aber wisst, dass ich der letzte sein werde, der es wieder in die Scheide steckt!«