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304. Johannot: Le Carnaval. Groteske phallische Illustration zu Bérangers Gedichten

Im Vormärz und das Jahr 1848

Frankreich und Deutschland

Das uns nächstliegende und am besten kontrollierbare Beispiel von dem untrennbaren und engen Zusammenhange zwischen wirtschaftlicher, politischer und allgemeiner erotischer Expansion eines Volkes ist das Jahr 1830 in Frankreich und die von ihm ausgehende politische und künstlerische Bewegung. Die Siegkraft dieser Bewegung begreift man freilich erst, wenn man sich darüber klar ist, daß das Jahr 1830 für Frankreich nichts mehr, aber auch nichts weniger bedeutet als die Fortsetzung der großen Revolution. Dieses Jahr war für Frankreich die Vollendung des Jahres 1789. Die Bourgeoisie riß jetzt endlich offiziell und endgültig die politische Macht an sich und wurde Regierung …

Die Erschlaffung, die in Frankreich naturnotwendig auf die große Revolution und die lange napoleonische Kriegsära gefolgt war, und die in einem begreiflich starken Ruhebedürfnis der ganzen Nation sich äußerte, hat dem Legitimismus die Möglichkeit zu seiner Restauration gegeben; freilich nur zu einer scheinbaren und zeitweiligen. Diese Restauration konnte wohl oder übel keinen Tag länger Bestand haben, als das Bürgertum Zeit zu seiner Erholung brauchte, um die historische Mission, die 1789 fällig geworden war, vollends zu erfüllen. Im Jahre 1830 war das Ruhebedürfnis nicht nur überwunden, sondern es waren bereits wieder soviel neue Kräfte in den Massen aufgespeichert, um die mühsam restaurierten legitimistischen Widerstände von neuem in Trümmer zu schlagen, und zwar innerhalb einer kurzen dreitägigen Straßenschlacht so gründlich, daß sie für immer als überwunden gelten können.

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305. Karikatur auf die Unterhaltungen Ludwigs XVIII. mit seiner Maitresse Madame du Cayla

Gleich bei Beginn der Restauration des Legitimitätsprinzips, 1814, war ein Preßgesetz gegen den Mißbrauch der Presse erlassen worden, d. h. ein Gesetz, dessen verständnisvolle Handhabung, die man mit Recht bei den ausführenden Organen voraussetzte, dazu dienen sollte, die Presse der Reaktion jederzeit an den Galgen zu liefern. Dieses Gesetz ist durch ein zweites Gesetz vom 26. Mai 1819 noch wesentlich verschärft worden. Für unsere Materie ist wichtig, daß durch dieses zweite Gesetz speziell die handgreifliche Erotik aus dem öffentlichen Handel, oder richtiger, von der Straße verbannt wurde. Unter dem immerhin noch gutmütigen Père de Gent, dem gichtigen Ludwig XVIII., ist man jedoch gerade in dieser Frage nicht allzu rigoros verfahren, um so eifriger dagegen, als Karl X. zur Regierung kam. Karl X. machte bekanntlich für seine Person die alte Erfahrung zu einem redlichen Teile wieder wahr, daß der Teufel, wenn er alt wird, immer fromm und tugendhaft sich gebärdet, und daß diese Frömmigkeit im gleichen Maße wächst, in dem die einstige Gotteslästerlichkeit sich austobte. Man konnte darum nicht frömmer sein als der alternde Karl X. Das letztere läßt sich sehr leicht nachprüfen, und diese Nachprüfung führt außerdem zu den amüsantesten Ergebnissen. Später, unter dem Bürgerkönigtum, ist nämlich ein Catalogue alphabétique des ouvrages condamnés erschienen, der alle die Konfiskationen und Verurteilungen aufführt, die seit dem Erlasse des Gesetzes vom 26. Mai 1819 zustande gekommen sind. In diesem polizeilichen Sündenregister kann man ohne große Mühe feststellen, wie eifrig dieser polizeilichen Erziehung zur öffentlichen Sittlichkeit von den von oben inspirierten Behörden unter Karl X. obgelegen wurde. Die possierlichste Entdeckung, die man bei diesem Studium macht, ist aber die: Dieser Reinigung sind gerade solche Dinge häufig zum Opfer gefallen, die einst unter dem Ancien régime eigens zum Ergötzen derjenigen Kreise gemacht worden waren, in denen der Graf von Artois als leuchtendes Vorbild der Liederlichkeit regiert hatte. Dieses Gesetz wurde natürlich auch gegen die erotische Karikatur angewandt, aber niemals mit einem durchschlagenden Erfolge. Das Pornographische lebte trotz aller offiziellen Verfolgungen als gern gekaufter Handelsartikel fröhlich weiter. Und nur eines steht absolut fest: alles, was jetzt entstand, ob nun erotisches Bild oder erotische Karikatur, war gemäß der vollständigen Stagnation der Kunst höchst minderwertig.

Aber das war, wie gesagt, nur ein Zwischenakt. Als die Erschlaffung allmählich wieder nachließ und im gleichen Maße das Volk der Riesenkräfte sich bewußt wurde, die noch unverbraucht in ihm schliefen, da ging es in verblüffend jäher Weise wieder nach oben; die sinnliche Expansion setzte ebenso lawinenartig ein wie die politische und wirtschaftliche und durchflutete schöpferisch alles, was aus dem neuen Umschwung der Dinge hervorging.

Daß eine erotische Explosion und Expansion in diesen Jahren stattfand, läßt sich zwar nicht wie bei der Renaissance und bei der großen Revolution durch eine ins Ungeheuerliche gehende und darum auf Schritt und Tritt augenfällige allgemeine Ausschweifung feststellen, wohl aber um so deutlicher durch den künstlerischen Ausdruck, den sich dieses Zeitalter schuf. Gegenüber der rotblühenden Kunst des Jahres 1830 mit allen ihren herrlichen Früchten und Anregungen müßte man geradezu blind sein, um nicht zu sehen, daß sie von strotzendster Sinnlichkeit gesättigt ist. Das Künstlergeschlecht der Delacroix, Corot, Daumier, Monnier usw. repräsentierte einen neuen Sieg der Sinnlichkeit. Einen Sieg der pulsierenden, pochenden, stürmischen Lebensfülle über die verschwommene Ohnmacht der Romantik, den künstlerischen Wiederschein der wirtschaftlichen und politischen Reaktion. Diese stattgefundene erotische Expansion läßt sich aber schließlich am allerdeutlichsten an der ausgesprochen erotischen Kunst nachprüfen, die in jenen Jahren entstand. Ihr enormer Reichtum ist ein ausreichender Beweis, selbst wenn man sich auf sie allein beschränkt. Hier darf man nämlich wirklich im Superlativ reden, und darum ist es keine Übertreibung, wenn man behauptet: Wenige Zeiten haben der Zahl nach so viel an direkt erotischen Schöpfungen hervorgebracht wie diese. Man steht förmlich vor einem Rätsel. Wo man hingreift, wo man nachgräbt: überall findet man neue erotische Dokumente aus jener Epoche, überall tauchen neue Serien erotischer Bilder auf, und alle sind erfüllt und gesättigt von erotischer Schwelgerei. Einer Schwelgerei, die sich gebärdet, als habe sie die Herrlichkeiten der Wollust eben erst für die Menschheit entdeckt, und als sei es nun oberste Aufgabe, diese Entdeckung mit aller ihrer Pracht der ganzen Welt so laut wie möglich zu verkünden. Man illustrierte Boccaccio von neuem, die Contes von Lafontaine, Voltaires Pucelle, und alle mit ausgesprochen erotischen Bildern (Bild 310). Populäre Liedersammlungen, wie z. B. die von Béranger, erschienen in Sonderausgaben mit erotischen Illustrationen, oder richtiger, zu diesen Gedichtsammlungen erschienen als Kommentare Serien erotischer Bilder, meistens humoristischen Charakters; einige darunter sind grotesk kühn, wie z. B. die Illustration zu dem Gedicht Le Carnaval. Es gibt wahrlich kein geeigneteres Blatt, das man dieser ganzen Epoche als charakterisierendes Titelbild voransetzen könnte (Bild 304). Man lieferte weiter erotische Kommentare zu den landläufigen Sprichwörtern, zu populären Bonmots und ähnlichem. So erschien, um für das letztere nur ein Beispiel zu nennen, eine zwölf Lithographien umfassende Serie Les Proverbes en actions, der Zeichentechnik nach zu urteilen, von Bouchot. Sprichwörter, die an sich gar keinen erotischen Hintergedanken haben, wie »Not kennt kein Gebot«, »Gewalt geht vor Recht«, »Wie man sich bettet, so liegt man« usw., sind hier geistreich und grotesk erotisch illustriert. Aber das ist noch lange nicht alles.

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Les Ingenues. Galante französische Lithographie von N. Maurin. 1832

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Le Poitevin: Aus Les diableries érotiques. 1832

Alles, was sich denken läßt, wurde herangezogen, um es erotisch zu kommentieren: hundert harmlose Redensarten, »Das Nest im Kornfelde« (Bild 316), »Sie können momentan nicht eintreten, die gnädige Frau wird eben massiert« (Bild 318); wenn ein junges Mädchen sagt: »ich habe alles, was ich brauche«, so zeigt der Zeichner, daß dazu auch ein im Alkoven versteckter Liebhaber gehört (Bild 313) usw. In mehreren Serien wurde jedes Pariser Theater durch sein Zugstück charakterisiert, und von jedem dieser Zugstücke ist der Grundgedanke in Form einer erotischen Szene symbolisiert. Diese Reihe ließe sich noch lange fortsetzen.

Es ist unerläßlich, hier auch des technischen Mittels zu gedenken, dessen sich die erotische Kunst hauptsächlich bediente, denn dadurch erklärt sich in erster Linie die Expansions möglichkeit. Es ist das die Lithographie. Die Lithographie war es, die möglich machte, was die erotische Phantasie früher nur zu erträumen vermochte. Der fundamentale Unterschied zwischen der Umständlichkeit des Kupferdruckverfahrens und der relativen Schnelligkeit des Steindruckes erklärt in der Tat ungemein viel. Die Lithographie ermöglichte, das in hundert Formen zu gießen, was man ehedem in eine einzige pressen und konzentrieren mußte.

Außerdem muß zur Charakteristik des Raffinements der Zeit noch auf etwas anderes die Aufmerksamkeit gelenkt werden, und zwar auf einen neuen Trick, den diese Zeit ausgeheckt hatte. In der erotischen Kunst jener Zeit war es nämlich, ähnlich wie im 18. Jahrhundert, wiederum ein besonderer Trick, der augenscheinlich und bezeichnend den Triumph der herrschenden Sinnlichkeit, die allgemein Kunst und Leben beherrschte, dartut. Die lithographierten Bilder waren in jener Zeit zu einem Haupthandelsartikel der Kleinkunst geworden, diese Bilder zeigten gemäß der kleinbürgerlichen Denkweise der Zeit häufig Szenen idyllischen Familienglückes, harmlose Liebesszenen usw. Aber da man damit seinem erotischen Drange nicht genügen konnte, so suchte man nach einem Ausweg, und man fand ihn in einer wahrhaft verblüffenden Variation der Bilder, in einem Szenenwechsel, der aus der Harmlosigkeit nicht selten eine erotische Ungeheuerlichkeit machte.

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Le Poitevin: Aus Les diableries érotiques. 1832

Dieser raffinierte Trick ist, wie gesagt, charakteristisch und fordert daher eine nähere Beleuchtung. Die ersten Anläufe dazu sind uns schon in England bei Morland begegnet, und auch das Verfahren »Vor und nach der Bedeckung«, das die galante Kunst des Ancien régime so raffiniert ausnützte, ist damit verwandt. Aber nur verwandt, denn es ist im Wesen etwas ganz anderes. Im 18. Jahrhundert handelte es sich von vornherein um erotische Bilder, die durch die oben dargelegte und illustrierte Methode nur um einen Grad raffinierter gemacht wurden, hier aber handelte es sich meistens um durchaus harmlose, im vollen Grade dezente Bilder, um Familienkunst, die man raffiniert in Pornographie variierte.

Man ist versucht zu sagen, es war die Tätigkeit der Moral mit dem doppelten Boden, eine für die Massen: vor den Kulissen; eine für sich: hinter den Kulissen. Vor den Kulissen kniet der Liebhaber sentimental verklärt als schmachtender Anbeter vor der schamhaft errötenden Dame seines Herzens – hinter den Kulissen, da nützt er dieselbe Stellung zu unzüchtigen Angriffen, die nur leicht widerstrebend abgewehrt werden. Vor den Kulissen liegen zwei Liebende im Walde bei einem harmlosen Picknick und stecken sich lachend gegenseitig Kirschen in den Mund – hinter den Kulissen prüft sie nach Kennerart die männlichen Qualitäten ihres Begleiters. Vor den Kulissen freuen sich Vater und Mutter harmlos des strampelnden Lieblings – hinter den Kulissen, da schwelgen beide beim selben Spiel im Einblick der intimen Reize, die eines dem anderen provozierend preisgibt. Dieses Verfahren beruhte auf einem Szenenwechsel. Ein und dasselbe Bild wurde zweimal gezeichnet, vom selben Künstler, mit denselben Personen, alle in derselben Stellung und Haltung, im selben Milieu, im selben Format, in derselben Technik und vor allem mit derselben Sorgfalt, nur das einemal anständig moralisch, das zweitemal lasziv und gemein im höchsten Grade. Zwei Bilder, die so himmelweit getrennt sind wie kindliche Unschuld und Zynismus, und die sich doch einander zum Verwechseln ähnlich sind. Gewahrt man beim aufmerksamen Hinschauen den Unterschied, so wirkt das zweite Bild geradezu wie eine Verhöhnung, eine Persiflage des ersten; es ist, als hätte sein Schöpfer durch diesen erotischen Epilog sagen wollen: Ach was, Zucht und Sitte sind nur Komödie, in Wirklichkeit ist es so: nicht harmlose Engelein sind die Menschen, sondern stets verwegene Teufelchen, die den Kopf immer mit ausschweifenden Teufeleien voll haben. Vielleicht enthielt diese erotische Kühnheit auch ein Stück Selbstpersiflage. Wahrscheinlich war es auch ein zynisches Lustigmachen »unter sich Pfarrerstöchtern«, über das: wie geschickt man es verstand, die anderen zu belügen.

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308. Le Poitevin: Aus Les diableries érotiques. 1832

Aus dieser zynischen Selbstverhöhnung dürfte wohl zweierlei zu schließen sein. Erstens die Entwicklung der öffentlichen Sittlichkeit zu dem Punkt, an dem kategorisch von der Welt erklärt wird: Vorhang herab, das intime Liebesleben ist tabu für die Darstellung. Indem die Liebe höchst züchtig und ehrbar dargestellt wird, ist es Dokument des Sieges der Philisterei; die bekannte zweite Phase der bürgerlichen Entwicklung. In der Jugend, der ersten Phase, – das war 1789 und was darauf folgte, – da kümmerte einen kein Gott und kein Teufel, und man sagte daher das Kühnste aller Welt ins Gesicht. Jetzt, da der schäumende Most vergoren und man seinen Beruf des Geschäftemachens erkannt hatte und man weiter zu der Erkenntnis gelangt war, daß jede Turbulenz das Geschäft stört, jetzt kümmerte man sich sehr peinlich um Gott und um den Teufel. Man wurde nach außen ehrbar, oder man hat wenigstens die allerernsteste Absicht, tugendhaft und weise zu erscheinen. Diese zweite Phase war in Frankreich mit dem Bürgerkönigtum erreicht. Die dritte Phase, wo man alle Ideale längst wieder an den Nagel gehängt hatte, diese werden wir später mit ihren Eigentümlichkeiten kennen lernen, sie brachte für Frankreich erst das zweite Kaiserreich.

Was zweitens aus dieser Selbstverhöhnung zu folgern ist, das ist: In diesem Protest gegen dieses Sich-selbst- und Die-Welt-Belügen haben wir, wie schon oben angedeutet, einen der stärksten Beweise für die starke sinnliche Expansion, die das ganze Leben erfüllte und durchwogte und die dazu führte, daß, wenn man dem Zwang der öffentlichen Sittlichkeit auch äußerlich folgte, man wenigstens insgeheim den Schleier lüftete.

Natürlich fällt uns nicht im geringsten ein, in diesem zweideutigen Gebaren etwa trotziges Heldentum zu erblicken, und davor bewundernd zu stehen und uns anerkennend zu verneigen. Im letzten Grunde bedeutet ein solches Verfahren nichts mehr als den Mut, unverfroren zu heucheln. Die Großen der Zeit, die Daumier und Gavarni, haben sich darum mit solchen »Witzen« auch nicht abgegeben, dagegen eifrigst die süßen, von ganz Philisteria schmunzelnd angebeteten Tagesgrößen. In erster Linie Maurin, Deveria und wie sie alle heißen, die allzeit bereiten kleinen Geschäftemacher.

 

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Wichtiger und bedeutsamer sind jene erotischen Karikaturen aus dieser Epoche, in denen die erotischen Motive und Pointen nur kühnes Mittel sind. Diese Karikaturen sind imponierender, auch wenn sie an Drastik nicht hinter den raffinierten Spielereien der Maurin und Deveria zurückblieben.

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309. Englische erotische gesellschaftliche Karikatur. 1832

Bei der Fülle der erotischen Einschläge in die Karikatur von 1830 können nur die wichtigsten Typen beachtet werden. Der erste erotische Typ, der auftauchte, war der des Mayeux von Traviès. Mayeux, der Bucklige, ist der geborene Zyniker, er ist also fast immer erotisch. Er macht stets erotische Witze, sogar seine Harmlosigkeiten sind häufig erotisch infiziert. Ah! Dieu de Dien! je vois la lune! … (Bild 314). Jedermann kennt den Doppelsinn des Wortes la lune im Französischen. Als ein von der Natur Mißhandelter hat Mayeux bei den Frauen wenig Glück, da er aber, wie angeblich alle Buckligen, eine sehr sinnliche Natur ist, so rächt er sich durch seine zynischen Witze über die Frauen, denen er alles Schlechte nachsagt. Wie weit die öffentliche Sittlichkeit dem Satiriker gestattete, in seiner Deutlichkeit zu gehen, das belegt eine farbige Lithographie » Quel drôle remède«. Das Blatt bezog sich auf die Cholera, die 1832 in Paris ausbrach und alles in Angst und Schrecken versetzte. Täglich wurden neue, angeblich unfehlbare Heilmittel oder Vorbeugungsmittel angepriesen, und das Verrückteste fand bereitwilligen Glauben. In dieser Zeit kam Mayeux einmal unvermutet nach Haus und überraschte seine Frau, wie sie ihm eben von einem nachbarlichen Freund ein paar stattliche Hörner aufsetzen läßt. Der Zyniker Mayeux erkennt aber sofort, daß das nur ein Mittel gegen die Cholera ist, freilich ein sehr drolliges Mittel, findet er.

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310. La courtisanne amoureuse. Galante Illustration zu den Erzählungen von Lafontaine

Eine andere Ausgestaltung des Motivs des »Voyeur«, des ungeahnten Zeugen, zeigen die Klappbilder, die damals aufkamen. Sie zeigen zuerst irgendeinen Neugierigen vor einem Schlüsselloch, beim Aufklappen sieht man dann die beobachtete Szene selbst. Daß die meisten Variationen dieser Klappbilder erotische Stoffe behandelten, liegt in der Natur der Sache, denn durchs Schlüsselloch belauscht der Neugierige nur Dinge, die eben nur hinter verschlossenen Türen gemacht werden. Das Zimmermädchen des Hotels beobachtet ein junges Ehepaar, dessen Liebessehnsucht so groß ist, daß es auf dem Hotelzimmer sich gar nicht erst der Reisekleidung entledigt. Der Kammerdiener beobachtet den Minister, wie er sich von einer Bittstellerin überzeugende Beweise ihres Vertrauens geben läßt, der alte Ehemann, wie sich die junge kränkelnde Gattin vom Hausarzte das einzig sichere Mittel gegen Unfruchtbarkeit verabreichen läßt usw. Natürlich sind nicht alle Motive derart deutlich, man gab auch viele, die wesentlich harmloser waren, Frauen bei intimer Toilette, bei der Klistiere usw.

Ein weiteres charakteristisches Dokument der erotischen Karikatur jener Jahre sind »die erotischen Teufeleien« von Le Poitevin, Les diableries érotiques. Dieses umfangreiche erotische Karikaturenwerk, das bald über die ganze Erde verbreitet wurde, und zwar in einem Umfange wie niemals zuvor erotische Karikaturen, überragt die gesamte zeitgenössische erotische Karikatur, aber nicht nur diese, sondern vielleicht überhaupt alles, was bis dahin an erotischer Karikatur geschaffen worden ist. Man kann sogar die Frage aufwerfen, ob auch seither ein Werk entstanden ist, das an Kühnheit und Witz dem Le Poitevinschen nahekommt, geschweige denn es überragt; nur künstlerischere Lösungen sind seitdem entstanden. Dadurch, daß wir in diesem Werk eine der höchsten und kühnsten Spitzen der erotischen Karikatur haben, ist es das echteste Produkt der Zeit, also des bürgerlichen Geistes, der kraftgenial überschäumte. Und wieder ist es ein Werk des Groteskhumors.

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311. Gavarni: Vor dem Sündenfall. 1840

Le Poitevin hat damals den Teufel in die Karikatur eingeführt. Und in Hunderten von Variationen hat er ihn auf den foliogroßen Lithographien vorgeführt, die im Verlage von Aubert in Paris herauskamen. Diese Blätter haben Poitevin und vor allem den Teufel mit einem Schlage populär gemacht; die Diableries wurden Mode, und Le Poitevin fand in Maurisset und anderen fleißige Nachahmer. Konnten aber seinen öffentlich publizierten Blättern Nachahmungen entstehen, so war dies bei den Diableries érotiques ausgeschlossen. Das Teufelsmotiv verführt leicht zur Galanterie. Welche grotesk-erotische Steigerung es zuläßt, das brachte diese geniale Serie an den Tag, in der alles ausgeschöpft ist und der Phantasie keine höhere Spitze mehr zu winken scheint. »Mein Kopf ist ein zwitscherndes Vogelnest von konfiszierlichen Büchern«, hat Heine gesungen. Der Kopf eines jeden Mädchens, einer jeden Frau, der keuschesten wie der prüdesten, der harmlosesten wie der raffiniertesten, soll von konfiszierlichen Gedanken wirbeln, während das süße Engelsangesicht nur Unschuld und Harmlosigkeit spiegelt, – das haben zwar schon Hunderte gesagt, vor und mit Le Poitevin, aber er verkörpert diese hundert konfiszierlichen Gedanken in hundert Teufeln und setzt diese Teufel zynisch in Aktion. Der geheimste Gedanke, der nur blitzschnell durch ein Frauengehirnchen spukt, oder der nur im verschwiegenen Traume jäh auftaucht, nimmt Gestalt an und spielt seine Rolle. Aber das ist nur eine Seite, das Poitevinsche Werk hat deren Dutzende. Gott Priapus, sagt Poitevin, ging nicht nur im Altertume selbstbewußt über die Straßen, er geht heute noch mit denselben Herrscherrechten bekleidet einher, er macht zum Knecht, er diktiert Gesetze, er lenkt die Geschicke, ihm gelten die öffentlichen Verehrungen, vor ihm verneigt man sich, ihm jubelt man zu, – seinen Namen flüstert man insgeheim stets mit. Freilich ist aus dem klassischen, heidnischen Gott ein moderner Gott geworden, mit modernen Manieren, und um so reicher die Zeit heute ist, um so reicher sind jetzt die Formen dieses modernen Obergottes der Menschheit. Die Motive des Poitevinschen Werkes einzeln zu analysieren, ist zu kompliziert und gibt nur unvollständige Vorstellungen, wir müssen uns begnügen, zur allgemeinen Charakteristik auf die Proben zu verweisen, die wir hier in Reproduktionen wiedergeben. Zu wieviel derartigen Blättern das Poitevinsche Werk allmählich gewachsen ist, darüber haben wir nichts Näheres erfahren. Uns will dünken, daß es nicht unter 60-70 Lithographien waren, es können deren aber auch noch mehr gewesen sein (Bild 306-308).

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312. Gavarni: Nach dem Sündenfall. 1840

Als die französische Bourgeoisie ihre historische Aufgabe erfüllt hatte und sich unter dem Bürgerkönigtum immer mehr als Nur-Geschäftsmann konsolidierte, ließ die erotische Expansion in gleichem Maße nach, sie verebbte und damit auch die erotische Karikatur; zum mindesten schwand deren grotesker Stil. Die Formen, in denen sie weiterlebte, wurden gemäßigter.

Von den später erschienenen erotischen Karikaturen seien als die wichtigsten die zwölf Blätter umfassenden Scènes de la vie intime von Gavarni genannt.

Diese Serie zeigt, obgleich sie ein sehr frühes Werk Gavarnis ist, doch schon den ausgesprochenen Zyniker, der vor dem Nimbus der schön drapierten Lebenslüge keinen besonderen Respekt hat, sondern erbarmungslos den Schleier lüftet. Freilich, das Bild, in dem er die Dinge zeigt, ist unstreitig richtiger als wie die offizielle Gefühlsparade. Die zweifellos besten Stücke der Serie sind die beiden hier reproduzierten Gegenstücke »Vor und nach dem Sündenfall«, das ist echter Gavarnischer Geist. Während Herr Adam gedankenlos sich mit Seifenblasen vergnügt und auch sein Weibchen damit zu ergötzen denkt, träumt die neugierige Phantasie Frau Evas, ob es nicht Dinge auf der Welt geben könnte, die amüsanter wären, als Seifenblasen machen. Und ihre geschäftige Phantasie, denn das ist die Schlange, gibt ihr diese ein; in schwelgerischer Ekstase horcht sie den pikanten Zuflüsterungen. Adam wäre ein noch größerer Esel gewesen, als er wirklich war, hätte er sich nicht von Frau Eva belehren lassen. Das war das » Avant«, das » Après« ist an satirischem Witz geradezu genial. Mit rückschauender Wehmut denkt man des sorgenlosen Glückes der Allwissenheit, das man verloren hat, aber das ist nur der Kopf; was durch die Phantasie wogt, ist die Erkenntnis: unser Verbrechen war eben doch sehr interessant und sehr schön, und wir tauschen es nicht für den schönsten Apfelbaumgarten der Welt. Mit anderen Worten: die Sinne kümmern sich nicht um die rechnerische Vernunft, die in den Köpfen spukt (Bild 311 und 312). Diese beiden Blätter sind übrigens die einzigen symbolischen der Serie. Die anderen sind durchweg intime Szenen nach dem wirklichen Leben, Illustrationen dessen, was in den »anständigsten Kreisen« täglich sich ereignet: Handgreiflichkeiten eines kecken Besuchers bei einer nicht allzu prüden kleinen Frau; gegenseitige Einführungen in das Liebes-Abc verliebter Brautpaare, wenn das Dunkel des Parkweges das Paar den Blicken der Eltern für einige Minuten entzieht; wie sich der Bräutigam eines reichen aber häßlichen Mädchens bei einer hübschen Kammerzofe von den Strapazen seiner offiziellen Brautvisiten erholt usw.

Ohne jede Symbolik als der Realisten Größter hält Daumier seine Rede zugunsten des Rechtes auf Sinnlichkeit: » Vilain dormeur! va …« Die kürzeste Rede, nur drei Worte, aber die überzeugendste und einwandfreieste, wenn sie von einer solchen jungen und schönen Frau gehalten wird (s. Beilage). Daumier soll auch eine Reihe grotesker erotischer Szenen malerisch behandelt haben, als kühne Bewegungsmotive, wie es Rembrandt tat; es ist uns jedoch nicht gelungen, eines dieser Bilder zu Gesicht zu bekommen.

Am so mehr erotische Bilder haben wir von der Hand von Daumiers berühmtem Kollegen Henri Monnier gesehen, in einer einzigen Sammlung gegen hundert Stück, und es soll deren verschiedene Hundert geben. Alle diese Blätter sind sorgfältig und delikat in Farben durchgeführt und behandeln ebenfalls »Szenen nach dem Leben«. Ohne jede Symbolik lebt in ihnen derselbe satirische Geist wie bei Gavarni. Im einzelnen nicht karikaturistisch, sind sie in ihrer Gesamtheit zweifellos doch aus der satirischen Tendenz hervorgegangen, die bürgerliche Wohlanständigkeit, die Petite Bourgeoisie, zu malen, nicht wie sie offiziell vor der Welt posiert, sondern wie sie sich nachher zu Hause gibt, wo sich – nach Heine – »alles finden« wird.

In der politischen Karikatur der Zeit fehlt der erotische Einschlag natürlich auch nicht. Das erste, was geschäftskundige Unternehmer taten, war, daß man flink die politische Vergangenheit nochmals erotisch kommentierte, jene Skandalosa, die von Napoleon I., Ludwig XVIII., Karl X. und anderen im Schwange waren. Eine Probe dieser nachkläffenden satirischen Tätigkeit ist das Blatt » Louis XVIII et Madame du Cayla« (Bild 305). Es ist das zahmste einer uns vorliegenden acht Blätter umfassenden Serie. Aber ob der Toten vergaß man natürlich keinen Tag der Lebenden, ob Cambacèrés, dem Staatskanzler Napoleons I., nicht Herrn Casimir Perrier, den Minister Louis Philipps, usw. Waren es heute die Parteigänger der Orleans, von deren Alkovengeheimnissen man den Schleier aufhob, so waren es morgen die Legitimisten, denen von den Orleanisten mit der gleichen Münze heimgezahlt wurde. Louis Philipps Hof und Familie wollte der Inbegriff bürgerlicher Ehrbarkeit sein. »Vor dem Volke«, höhnte man auf der Gasse, und der satirische Witz führte ins Boudoir von Madame Adelaide, wo eben der in der Öffentlichkeit vor Sittlichkeit triefende Bürgerkönig der bürgerlichen Moral ein Schnippchen schlägt. Und wie der König, so haben alle seine offiziellen Vertreter und Stützen seines Systems ihre Liebchen, bei denen sie sich durch kleine Orgien von den Geschäften der Politik und der Langeweile der offiziellen Sittlichkeit erholen: Monsieur Montalivet, Monsieur Sebastiani, Monsieur Casimir Perrier, Monsieur Laffitte und wie sie alle heißen. Und von allen gibt der zynische Witz der Öffentlichkeit die Kunde davon. Er erzählt, daß Sebastiani auf die Frage seiner zärtlichen Freundin » Tu m'aimes donc bien …?« antwortete: » Autant que mon portefeuille«; er erzählt, daß Casimir Perrier die Zärtlichkeiten seiner Geliebten, der Gräfin Foy, mit der Versicherung lohnt: » il ne me faut rien moins que tes aimables caresses pour me décharger des ennuis de la politique!« usw. usw. Und die Illustrationen, die der zynische Satiriker durch diese trotz aller Wortzweideutigkeiten höchst eindeutigen Texte erläutert, lassen das Publikum nicht daran zweifeln, daß seine Minister wenigstens hier die Wahrheit sprechen.

Später, im Jahre 1848, als das Juste milieu durch die zweite Republik ersetzt wurde, machte man eine Reihe ähnlicher Karikaturen, jedoch nicht annähernd so viele wie anderthalb Dutzend Jahre zuvor. Das beweist schon die positive Seltenheit, mit der man auf erotische französische Karikaturen aus dem Jahre 1848 stößt. Hauptmotiv war hier die aufkommende Frauenbewegung, in deren Anschluß über das Recht auf Ehescheidung in der Kammer debattiert wurde. Der Witz konstruierte in den Februartagen des Jahres 1848 ein Amazonenkorps, eine weibliche Nationalgarde, » Les Vesuviennes«. Deren Vertreterinnen treten durchweg sehr verächtlich gegen die Männer auf, ebenso kategorisch kommandieren sie dieselben aber auch auf die verschiedenste Weise zur Erfüllung ihrer ehelichen Pflichten, wenn sie von der Wachtstube nach Hause kommen. Der Gatte muß auf Befehl seiner militärisch gebietenden Hälfte beweisen, daß er jederzeit dazu imstande ist, und der Lässige muß auf Befehl die kommandierte Liebesübung mehrmals wiederholen usw. Die Propagandistinnen des Rechtes auf Ehescheidung propagandieren demgegenüber auch praktisch das Recht auf Ehebruch und Vielmännerei. Die Freude am Stofflichen ist es, die hier ausschließlich dahinter steht, und höchst selten die Kühnheit einer wagemutigen und von Kraftfülle überströmenden satirischen Produktivkraft.

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Vilain dormeur! va … Französische Lithographie von Honoré Daumier. 1840

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J'ai tout ce qu'il me faut! Bon soir, ma tante Wattier: Galante gesellschaftliche Karikatur

 

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Deutschland. Die Zeit des Vormärzes in Deutschland war durchaus nicht arm an erotischer Kunst und erotischen Karikaturen. Aber wenn in dieser ganzen Zeit weder die politische noch die gesellschaftliche Karikatur einen auch nur halbwegs repräsentablen Stil aufzuweisen hatte, so konnte bei der erotischen Karikatur erst recht nicht davon die Rede sein. An ihr, die noch viel mehr eine starke Beherrschung der künstlerischen Form und der Stoffbemeisterung voraussetzt, wenn sie sich über das Niveau des Platt-Gemeinen emporschwingen soll – an ihr rächte sich noch viel mehr das Gesamtelend der deutschen Kunst, die sich vor allem in der steifen Unbeholfenheit und der kläglichen Armseligkeit der klassisch verbildeten zeichnenden Künste offenbarte.

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Traviès. Lithographie 1830

Die erotische Karikatur war im Vormärz in erster Linie Spießer- und Phäakenvergnügen; die bieder-mäkernde Erholung in der Kneipe von den Anstrengungen der offiziellen Sittsamkeit in Haus und Familie. Diesem Spießer- und Phäakenvergnügen diente die Spekulation durch eifrige Lieferung der Pariser und Wiener Cochonnerien, die man in verschlechterten und verkleinerten Nachbildungen in den Handel brachte. Sofern der spekulative Geschäftsgeist Eigenes dazu beisteuerte, war dies gewöhnlich noch um ein paar Grade gemeiner und schlechter in der Erfindung und in der Ausführung. Daraus folgt: Man findet das deutsche Eigengewächs stets auf die Weise am sichersten heraus, indem man immer nach dem Schlechtesten schaut.

Im Anfang der vierziger Jahre waren z. B. erotische Neujahrsgratulalionen beliebt. Dieser Artikel muß sich allem Anscheine nach einer ziemlich starken Nachfrage erfreut haben, und es muß damit ein schwunghafter Handel betrieben worden sein, denn wir haben Gelegenheit gehabt, Kollektionen solcher Gratulationskarten zu finden und zu sehen, die fünfzig und mehr Stück mit ebensoviel verschiedenen Motiven umfaßten. Aber alle derartigen Machwerke sind ausnahmslos von einer Banalität und Schmutzigkeit, daß man immer und immer wieder den Kopf schütteln muß; und zwar ebenso sehr über den geistigen Tiefstand, der daraus spricht, wie über den Schmutz, in dem die Phantasie der Lieferanten und der Konsumenten sich mit Behagen wälzte. Zu den drastischsten Beispielen, wie hoch der pornographische Schmutz und die pornographische Platitude im Vormärz aufspritzten, mögen die »Leipziger Meßvergnügungen« zu rechnen sein, die gewöhnlich in Kollektionen von mehreren Heften gehandelt wurden und deren jedes durchschnittlich sieben Blättchen umfaßte; für jeden Wochentag eines. Der gesamte angebliche Meßverlauf vom Antritt der Reise des die Messe Besuchenden bis zu seiner Rückkehr in die Arme der züchtig zu Hause weilenden Gattin ist hier grotesk-pornographisch kommentiert. Der Meßverlauf bestand nämlich nach diesen Heftchen in der Hauptsache in den schmutzigsten Orgien mit den widerwärtigsten Dirnen. Und alles rangiert in dieser Zeit in Leipzig unter die Dirnen: Köchin, Hausmädchen, Zimmermädchen, Zimmervermieterin, Wirtin, Tochter des Hauses usw., also nicht bloß das professionelle Freudemädchen. Wenn es in der Phantasie der Käufer noch etwas zu besudeln gab, so wurde es durch diese Elaborate gründlich und für immer besorgt.

Spießer- und Phäakenvergnügen war auch die persönliche erotische Karikatur zumeist, die sich in die Dienste schmutziger Skandalsucht stellte. In diese Reihe rangieren fast ausnahmslos die verschiedenen erotischen Karikaturen, die in den vierziger Jahren auf berühmte Schauspielerinnen, Sängerinnen und Tänzerinnen – die Pole des damaligen öffentlichen Lebens – erschienen sind. Besondere Aufmerksamkeit in dieser Richtung genossen vor allem die berühmte Sophie Schröder und Henriette Sonntag. Man hat diesen beiden Frauen zwar nicht derart grotesk-kühn mitgespielt wie ein Jahrzehnt später in Paris der berühmten George Sand. Aber für deutsche Verhältnisse geschah dies doch in einer ganz ungeheuerlichen Weise, die sich nur aus dem geistigen und politischen Tiefstande des damaligen deutschen Bürgertumes erklären läßt. Von der genialen Sophie Schröder war bald stadt-, ja man kann fast sagen, weltbekannt, daß sie eine sinnliche Natur sei, und ebenso anspruchsvoll wie unersättlich in Dingen der Liebe. Man kolportierte von ihr, daß die Zahl der Männer, die ihre letzte Gunst schon genossen haben, in die Hunderte gehe, daß potente Manneskraft für sie stets überzeugend sei, und daß es nur sehr wenige Tage im Jahre gäbe, an denen sie Gott Priapus nur ein einziges Opfer darbringe. Dieses on dit ließ sich die Skandalsucht keiner größeren Stadt, in der Sophie Schröder Triumphe feierte, entgehen. Sie entkleidete und retroussierte schamlos und gemein die liebesbedürftige Sophie, zeichnete die wollüstige Nacktheit ihrer reifen Schönheit und illustrierte schmutzig alle die Altäre, auf denen die Künstlerin angeblich Priap geopfert hat. Als charakteristisches Beispiel mag ein einziges dieser widerlichen Machwerke angeführt sein: »Ein Tag aus Sophiens Leben«. Sophie steigt noch glühend von der eben genossenen Wollust vom Liebeslager auf die Bühne; hinter den Kulissen sinkt sie sofort einem anderen Liebhaber in die Arme; in ihrer Garderobe, wo sie einem Heer von männlichen Bewunderern gestattet, sogar ihrer intimsten Toilette beizuwohnen und die geilste Neugierde dabei zu betätigen, feiert sie noch größere Triumphe als vor der Rampe; wenn sie spielt, so spielt sie immer nur zu Ehren des Gottes Priapus, der ihr stets in riesiger, göttlicher Gebärde aus dem Zuschauerraum entgegenstarrt; in der Karosse, von der man ihr nach der Vorstellung die Pferde spannt, um sie selbst im Triumphe nach Hause zu ziehen, umschlingen sie gleichzeitig vier Männerarme, und jeder der beiden stürmischen Liebhaber kommt während der Fahrt zu seinen vollen Rechten; zu Haus entwickelt sich eine neue wahnsinnige Orgie, bei der Sophie keinem, der sich auf die Weise zu legitimieren vermag, wie sie es von ihren Anbetern und Bewunderern fordert, einen abschlägigen Bescheid gibt; wenn sie spät am anderen Mittag erwacht, findet sie sich bereits in den Armen eines Anbeters, der ihr nachgereist ist, und weiß, wie man sich bei Sophie am besten einführt; schließlich nach Tisch probt sie mit ihrem Gesangsmeister eine neue Arie, zu der sie aber eine temperamentvollere Begleitung wünscht, als er zu bieten vermag … Das ist nach einem Karikaturenhefte, das sich aus ebensoviel einzelnen Blättern, wie Szenen hier genannt sind, zusammensetzt, ein Tag aus dem Leben der genialen und unersättlichen Sophie Schröder. Von Henriette Sonntag wußte die Skandalsucht nicht so viel zu erzählen, aber doch genug, daß es schwankend blieb, »welcher Ruhm größer war, derjenige, den sie vor den Altären von Frau Venus oder vor dem der Thespis errang.«

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315. Traviès: Karikatur auf die unsinnigen Heilmittel, die 1832 in Paris bei der Cholera empfohlen wurden

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316. Das Nest im Kornfelde. Gesellschaftliche Karikatur

Als zwei verhältnismäßig noch gute Proben der erotischen Karikatur aus dieser Zeit mögen die Lithographien bezeichnet werden: »Ein Mönch bringt einer Nonne das Licht der Aufklärung« und »der Bauer, der sein Stroh nicht verkaufen will«. Eine kühne Liebesszene in einer Klosterzelle zwischen einem jungen Mönch und einer schönen Nonne zeigt das erste Blatt, der stolze Phallus des jungen Mönches ist für die schöne Nonne das Licht der Aufklärung; das zweite Blatt zeigt einen Bauern, der, in einem Bündel Stroh eingepackt, eine stramme Bauerndirne nach Hause trägt. Dem Bauern begegnet ein kräftiger Mönch, der solches Stroh gern kaufen möchte, der Bauer aber gibt resolut zurück: »Noi, i leg mi selber drauf.« Dieses zweite Blatt ist ein Gegenstück zu der »Verproviantierung des Klosters«, die sich im ersten Bande der »Karikatur der europäischen Völker« befindet (vgl. dort Bild 131). Diese beiden Karikaturen müssen eine ziemliche Popularität genossen haben, denn es erschienen von jeder verschiedene Variationen in Holzschnitt und in Lithographie und später auch in Photographieform. –

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317. Gesellschaftliche Karikatur

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318. Numa: Gesellschaftliche Karikatur

 

Die epochale Amwälzung, die Deutschland im Jahre 1848 vollendete, war nicht entfernt so siegreich und durchgreifend wie einst in Frankreich. Es zeigte sich nur zu deutlich, daß diese Amwälzung von keiner Bourgeoisie getragen war, die politisch und wirtschaftlich ähnlich hoch entwickelt gewesen wäre wie die französische und englische zu dieser Zeit. Wie groß aber das Gesamtelend der deutschen Kultur war, wie trostlos alles das gewesen war, was jetzt dahinter lag, das offenbart sich deutlich darin, daß nachdem wirklich einmal ein starker schöpferischer Drang durch das öffentliche Leben pulsierte, dieser künstlerisch fast vollständig an der mangelhaft vorgebildeten Form zerbrach. Das illustriert sowohl das Gesamtbild der deutschen Karikatur des Jahres 1848, als auch alle ihre Einzelteile und von diesen wiederum am krassesten die erotische Karikatur.

Die politische erotische Karikatur tauchte in Deutschland auf, als sich das Jahr 1848 fühlbar vorbereitete. Ihre ersten, und auch dauernd die meisten und ebenso ihre besten Manifestationen knüpfen sich an das grotesk-tolle Vorspiel der deutschen Revolution, an die Münchener Lola-Montez-Posse. Auf dieses politische Satyrspiel erschienen im Verlaufe seiner Dauer und im Anschluß an seinen vergnügten Ausklang ungefähr zwei bis drei Dutzend erotische Karikaturen. Es ist anzuerkennen, daß sich darunter verschiedene Stücke befanden, die ebenso durch ihre Kühnheit wie durch ihren satirischen Witz hoch über das allgemeine Niveau der damaligen deutschen erotischen Karikatur emporragten. Diese Stücke sind teilweise bereits im zweiten Bande der »Karikatur der europäischen Völker« genannt (s. dort S. 20), und da wir überdies den auf Lola Montez erschienenen erotischen Karikaturen in unserem Buch über Lola Montez – »Ein vormärzliches Tanzidyll, Lola Montez in der Karikatur« – ein ganzes Kapitel gewidmet haben, das durch eine Beschreibung der einzelnen Blätter ergänzt ist, so sehen wir hier von einer detaillierten Würdigung ab und begnügen uns mit dem Nachtrage der erotischen Karikaturen auf Lola Montez und Ludwig I., die uns erst nach der Publikation des Lola-Buches bekannt geworden sind. Es sind das: »Das Geschlechtswappen der Lola Montez«, »Die spanische Garde«, »Ludwig der Springer findet seine Lola wieder«, »O Ludwig! Ludwig! laß mir meine Alemannen kommen!«, »Spanische Reiterkunststücke«, »Box auf Ariadne« und ein vier erotisch-satirische Lithographien enthaltendes Heftchen »Vier Hauptmomente aus dem Leben der berühmten Lola«. Zum Wappen der Lola Montez hat der Zeichner das erwählt, wo sie keinem den Einlaß verwehrt, »ob König, Fürst und Musensohn«, und selbst dem Postillon nicht, wenn sie über Land reiste. Die Zacken der ihr von dem in sie vernarrten Ludwig I. verliehenen Grafenkrone bilden selbstverständlich des priapischen Gottes demonstrativ gezeigte Amtssymbole. »Die spanische Garde« zeigt einen Aufzug der Alemannen, von denen jeder als stolz einherschreitender Phallus in Studentenkostüm und Federbarett charakterisiert ist; der vom Könige der Gunstdame Lola gestellte Ehrenposten salutiert diesem Aufzuge selbstverständlich, wie es sich gebührte, nachdem in Dame Lola die personifizierte Wollust auf den Thron erhoben worden war. »Spanische Reiterkunststücke« illustriert Lolas tolle Phantasien in der Liebe, »Box auf Ariadne« zeigt eine widernatürliche Liebesszene, und zwar Lola als eine zweite Pucelle, bei der aber an die Stelle des Esels ihre stämmige Lieblingsdogge »Box« getreten ist. Die beiden anderen Blättchen sind banale Karikaturen auf Ludwigs I. Impotenz. Keine dieser sechs Karikaturen ist von besonderer Bedeutung, aber sie bekräftigen doch wiederum, welch große Rolle das Erotische in der Karikatur wider Lola Montez gespielt hat. Das gleiche gilt von den vier Lithographien, die die vier Hauptmomente aus ihrem Leben satirisch darstellen sollen. Die erste zeigt sie in China, die zweite in Frankreich, die dritte in Rußland – »von den Kosaken bestürmt und belagert« –, die vierte in Bayern, – überall natürlich ihrem Metier, der Liebe, eifrig obliegend.

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319. Belgische Karikatur auf die zeitweilige Entfernung des Manuelen Piß durch den prüden Brüsseler Stadtrat. Um 1840

Als nach den Märztagen des Jahres 1848 die Hoffnung auf eine Konstitution endlich greifbare Gestalt annahm, da wurde ein mehrfach benutztes Motiv: Germania mit der Konstitution schwanger gehend, dargestellt. Eine Probe dafür ist die Frankfurter Karikatur »Der deutsche Michel mit seiner Mutter Germania in Berlin« (Bild 321). Ein ebenfalls mehrfach variiertes erotisches Karikaturenmotiv war Michels stürmisches Liebeswerben um die Gunst Germanias. Germania tut spröde, infolgedessen droht Michel, daß, wenn Germania seinen Wünschen nicht gefügig sein wolle, er sich dann der Republik, die schon im Hintergrunde seiner harrt, zuwenden werde:

Willst du nun, Germania, oder nicht?
Sonst mein Trieb für die dort spricht!

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320. Symbolische erotische Karikatur aus dem Jahre 1848

Unter den Frankfurter Parlamentskarikaturen befinden sich ebenfalls mehrere erotische Karikaturen. Ruge ist als »Parlamentspriapus« karikiert worden, der Zeichner hat ihn in der Gestalt eines großen antiken Priapusstandbildes dargestellt; wir wissen nicht, was Ruge zu diesem Ruhme verholfen hat. Unter dem Titel »Volksvertreter« ist Lichnowsky karikiert worden, wie er mit der schamlos entblößten Lola Montez im Arm über einen Leichenhügel gefallener Freiheitskämpfer stürmt. »Dr. Eisenbarts Brautnacht« karikiert den bekannten Dr. Eisenmann, der niemals eine Reaktion sah. Die Szene, die diese Karikatur vorführt, ist: Dr. Eisenmann steht im Schlafrock in seinem Schlafzimmer, die Zipfelmütze in der einen, das Fernrohr in der anderen Hand; wie gebannt starrt er durch das Fernrohr nach seiner, im tiefsten Negligé am Bettrande lehnenden schönen jungen Frau. Den Ausblick in die Zukunft, den ihm die von seiner jungen Frau trotz ihrer Schamhaftigkeit höchst freigebig enthüllten jungfräulichen Reize eröffnen, kommentiert Dr. Eisenbart durch den Ausruf: »Ja, es bereitet sich Schreckliches vor. Ich sehe wieder eine furchtbare Reaktion!«

Welch rüder Ton in der erotischen Karikatur des deutschen Nordens, speziell in Berlin herrschte, das läßt sich am besten aus den zahlreichen Flugblättern erkennen, die auf die Frauen in dieser Zeit erschienen sind. Diesen Ton zu kennzeichnen, genügt schon ein kurzes Zitat. Die »Adresse mehrerer Berlinerinnen an die Regierung« fängt folgendermaßen an:

»Die jetzige Zeit der schlappen Zustände, die Blockade unserer Häfen durch die stehenden dänischen Heere, welche eine freie Aus- und Einfahrt beinahe unmöglich macht, und die vielfachen Wünsche und Fragen, welche seitens des männlichen Geschlechtes angeregt werden, zwingen auch uns, die Interessen unserer weiblichen Glieder wahrzunehmen und Reformen vorzutragen, deren Realisierung mindestens bei einem allgemeinen Kriege für Staat und Kirche, bezüglich der Aufrechterhaltung der Populationsverhältnisse von größtmöglichstem Erguß sein dürften.

Es ist nicht unser Wille, uns mit krummen Interpunktionen resp. Fragen aufzuhalten, sondern wir wollen unsere Wünsche steif und fest erhalten und in Ausführung gebracht wissen …«

Man mutmaße aber ja nicht, diese Adresse sei etwa das Stärkste dieser Art. Gegenüber dem »Bescheid auf die Petition der Dienstmädchen«, einem anderen derartigen Flugblatt, ist die Adresse der Berlinerinnen noch beinahe »schamhaft verhüllend« zu nennen. Dies Flugblatt auf die Dienstmädchen ist mit einer großen Karikatur auf eine Dienstmädchenversammlung versehen, welche die rüde »Bescheideröffnung« illustriert. Die stämmigen Berliner Dienstmädchen erscheinen in dieser Versammlung nur mit dünnen durchsichtigen Florröcken angetan, durch die ihre massiven Reize brutal durchschimmern. Welch großen Beifall dieses Blatt gefunden haben muß, läßt sich daran erkennen, daß es verschiedene Mal variiert wurde (Bild 322). Aber auch dieses Flugblatt ist noch zahm gegenüber zahlreichen anderen. Von den verschiedenen erotischen Karikaturen auf die Bürgerwehr seien die folgenden hier kurz beschrieben; sie bilden eine zusammengehörige Folge von vier einzelnen kolorierten erotischen Lithographien mit Unterschrift, aber ohne Gesamttitel:

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321. Frankfurter symbolische erotische Karikatur. 1818

1. Ein deutscher Bürgerwehrmann hat in seinen Verhältnissen als Coiffeur Gelegenheit zu lernen, wie eine Büchse gereinigt und instand gesetzt wird und die Grundlagen einer guten Konstitution noch breiter gemacht werden können. (Das Bild zeigt eine höchst indezent entblößte Dame, die eben mit intimen Waschungen beschäftigt ist, als der Coiffeur das Zimmer betritt.)

2. Der Ami de la tête überzeugt sich von dem Vorhandensein eines gehörig offenen Zweikammersystems und spürt etliche Stanzen, sich dabei zu beteiligen. (Die Dame sitzt im Negligé auf dem Stuhl und läßt sich frisieren, ihre beabsichtigte Nachlässigkeit gestattet dem Coiffeur die Schönheit des völlig entblößten Busens mit Muße zu betrachten.)

3. Der Adonisateur wird einstimmig zum Reichsleibverweser gewählt und inspiziert das ganze Reich nach dem ihm zustehenden Rechte. (Das Bild zeigt beide bei den entsprechenden Zärtlichkeiten.)

4. Der Reichsleibverweser in voller Ausübung seiner Funktion. (Der Coiffeur erhält die letzte Gunst bewilligt.)

Auf diesem gemeinen Niveau der zuletzt aufgeführten Serie bewegt sich die große Mehrzahl der erotischen Karikaturen des Nordens. Symbolisch-satirische Lithographien in der Art wie »Die allgemeinen Wünsche sämtlicher Völker« (Bild 320), sind solchen Stücken gegenüber höchst harmlos. Freilich sind auch von diesem Blatt einige Variationen erschienen, die höchst gemein sind.

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Die Badegesellschaft. Deutsche galante Lithographie. 1860

Außer München und Düsseldorf besaß damals nur Wien eine größere Anzahl beachtenswerter zeichnerischer Kräfte. Wien hat, wie bereits weiter oben erwähnt wurde, im Vormärz stets einen starken Zuschuß zur erotischen Karikatur geliefert; die erotische Karikatur fehlte dort natürlich auch im Jahre 1848 nicht. Am schamlosesten gebärdete sie sich nach der Niederlage des Volkes im Jahre 1848. Ausreichendes Dokument des ungeheuerlichen Zynismus, mit dem der wiederkehrende Leichtsinn sich über die furchtbare und opferreiche Wiener Revolution hinwegsetzte, ist eine foliogroße Lithographie, die in insgesamt 17 Bildern den ganzen Verlauf der Wiener Revolution, von »Der ersten Barrikade im März« bis zum »gedämpften Ausstand am 31. Oktober« pornographisch die Ereignisse parodierend schildert. Jede Etappe in dieser Volksbewegung, jedes politische Schlagwort ist dem Zeichner nur eine Gelegenheit zu einer Übersetzung ins Pornographische. Blutiger konnte man seiner selbst und seines Volkes nicht spotten. Diese Karikatur kam später auch als kleine Photographie in Visitenkartenformat in den geheimen Cochonnerienhandel, und man begegnet ihr dort sogar heute noch.

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322. Illustration eines erotischen Berliner Flugblattes auf die Emanzipation der Dienstmädchen. 1848

Aus dieser kurzen zusammenfassenden Revue über die Erotik im Jahre 1848 in Deutschland ergibt sich das einzig Gemeinsame für Nord und Süd, für Osten und Westen: alles war noch Chaos und wüste Gärung, nirgends Reife.


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