Anastasius Grün
Volkslieder aus Krain
Anastasius Grün

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Vom König Matjasch.Daß König Mathias Corvinus von Ungarn der »Kralj Matjaš« des slowenischen Volksliedes sei, wurde im Vorworte erörtert.

              Der König Matjasch hat zur Braut
Alenka jüngst sich angetraut,
Das junge, schöne Mägdelein,
Die Königin Ungarns lieb und fein.
Er schläft bei ihr nur kurze Zeit,
Drei Nächte nur, gar kurze Zeit!
Am vierten Tag ein Vöglein sang:
»Wohlauf zum Kampf, die Grenz' entlang!
Hinab zur Flur des Donaustrands,
Zum Grenzstein deines Ungarlands!«

Doch Matjasch ihm entgegen spricht:
»Zu Felde kann ich jetzt noch nicht,
Noch lendenlahm sind meine Knecht',
Die Pferde nicht beschlagen recht,
Die Säbel noch nicht scharf gewetzt,
Noch nicht bereit die Flinten jetzt.«
Am zweiten Tag das Vöglein singt,
Matjasch dieselbe Antwort bringt;
Doch wie's am dritten Tag erscheint,
Ist er gerüstet ganz dem Feind.

Der König ruft Alenka sein,
Die Königin so lieb und fein,
Und so spricht er zu ihr und sagt:
»Schnell muß ich fort, die Zeit entjagt,
Hinab zur Flur des Donaustrands,
Zum Grenzstein meines Ungarlands.
Wird nachts die Zeit dir etwa lang,
Und macht das Herzeleid dir bang,
Durchzähl des gelben Goldes Schwall,
Bewahr der festen Burgen Wall;
Nur wandle nicht im Gartenplan,
Daß dich die Türken dort nicht fahn.«
Er schwingt sich auf sein schnelles Roß
Und sprengt aus seinem weißen Schloß
Hinab zur Flur des Donaustrands,
Zum Grenzstein seines Ungarlands.

Die Krieger bauen auf ein Zelt,
Für Matjasch wird's zurecht gestellt,
Sie jauchzen auf, sowie er kam,
Daß jenseits es der Türk' vernahm.
Im Krieg herum saust er gewandt,
Den nackten Säbel in der Hand,
Und wenn er schwingt um sich den Stahl,
Neun Häupter fallen jedesmal.

Am Himmel fliegt das Vögelein
Schon wieder her, das Sängerlein,
Und Matjasch sieht's verwundert an,
Dreimal fliegt's um sein Zelt die Bahn,
Setzt auf den goldnen Apfel sich
Und singt und zwitschert trauriglich:
»Fürst Matjasch auf, zu Pferd, zu Pferd!
Ist dir ein fremd Geschäft so wert?
Die fremden Gaun bringst du in Ruh,
Fürs eigne Land nicht sorgest du!
Sieh, schutz- und schirmlos ist dein Land,
Die Königin ist dir entwandt,
Ein Türkenschwarm geritten kam,
Alenka dir gefangen nahm.«
Fürst Matjasch ihm entgegnet drauf:
»Was drängst du dich in meinen Lauf!
Nicht scherze, Vögelein, mit mir,
Ein Rohr, weittreffend, hab' ich hier!«
»Und treib' ich Vöglein Scherz mit dir,
So nimm dann Kopf und Leben mir!«

Der König springt aufs Pferd in Hast,
So wie ein Vöglein auf den Ast,
Und heimwärts sprengt er unverweilt,
Die Wolk' am Himmel nicht so eilt,
Zu seinem festen Schlosse heim,
Zu seinem weißen Hause heim.

Sein Hausgesind' drängt sich um ihn,
Es wallt voraus die Nähterin,
Sie seufzen, jammern, weinen all',
Wehklagend mit gar lautem Schall.
Der König redet so und spricht:
»O fürchtet euch, ihr Leutchen, nicht!
Bevor drei Tagesfristen aus,
Bring' ich die Fürstin euch nach Haus.
Ihr Knechte kleidet jetzt zur Fahrt
Mich unterhalb nach Mönchesart,
Mein Haar verschneidet mit der Scher',
Wie's einem Mönche passend wär'.«
Nimmt drüber noch nach Türkenschnitt
Den Kaftan, der zur Ferse glitt,
Umschnallt den Säbel blank und licht,
Dran eine rote Schnur er flicht,
Ein heilig Kreuz ins Kleid er schmiegt,
Wie Donner, Blitz und Wind er fliegt;
Er sucht ein rasch, ein feurig Pferd,
Besteigt den Schimmel laufbewährt.
Es dröhnt der Hufe Schlag, es stäubt,
Daß Funken es und Feuer treibt,
Dahin durch Ungarns Grenzestrand,
Hinab ins tiefe Türkenland.

Tief drinnen in dem Land Türkei
Stehn grüner Lindenbäume drei,
Am ersten ist der Pferde Stand,
Da legt man an das Tanzgewand;
Am zweiten wird verkauft der TanzÜber die hier erwähnte Sitte berichtet Valvasor a. a. O. (II, 284) wie folgt: »Wann in Oberkrain eine Kirchweih einfällt, so nehmen jhrer Zween die Spielleute und gehn mit denselben zu dem Landt-Gerichts-Herrn und kauffen von ihm den Tantz um einen Dukaten in Gold. Alsdann bezahlen selbige zween Tantzkäuffer die Spielleute und wer tanzen will, muß sich zuvörderst mit ihnen abfinden; Fremde bezahlen zwei Batzen, Einheimische einen Batzen. Den Tanz eröffnen die beiden Tantzkäuffer mit drei Täntzen, ziehen hernach den Säbel aus der Scheide, werffen ihn in die Höhe, fangen ihn wieder auf und machen damit ein Kreutz auf die Erden. Hierauf folgen die Uebrigen« usf.,
Am dritten drehn sie sich im Kranz.
Der König tritt zum grünen Tisch
Und also redet, spricht er frisch:
»Wollt' mir die Frag', ihr Herrn, verzeihn,
Wie teuer ist bei euch der Reihn?«
Der Türkenpascha ward ganz froh,
Und freundlich redet, spricht er so:
»Um gelbes Gold ist er zum Teil,
Zum Teil um weißes Silber feil,
Doch ist ein Held uns gleich und wert,
Dem wird er auch umsonst verehrt.«
Hervor aus seidner Börse holt
Der König schnell das rote Gold,
Und schüttet's vor ihn auf den Tisch,
Daß drauf es springt wohl dreimal frisch;
Vorm Türkenpascha liegt's zuletzt.
Der Pascha spricht und redet jetzt:
»Bekannt tät dies Gepräg' mir sein,
Vom König Matjasch ist's allein!«
Drauf König Matjasch sagt und spricht:
»Ich sag' es dir, ich lüge nicht,
Den König Matjasch ich erschlug,
Und all' sein Gold davon ihm trug.«

Er sucht sich eine Tänzerin,
Gebeut den Geigern den Beginn,
Er wählte sich Alenka sein,
Die Königin so lieb und fein.
Sie reichen sich die Hände weiß,
Sie drehn sich schnell dahin im Kreis.
Er fragt sie drauf: »Kennst du mich jetzt?
Bin ich nicht wie Matjasch zuletzt?«
Sie sieht gar scharf ihn an: »Das Haupt
Des Matjasch hast du wohl geraubt,
Geschorner Dieb, vermönchter Dieb!
Welch Zeichen, dich zu kennen, blieb?«
Er zu den Türken spricht sofort:
»Was sag' ich euch, ihr Herren dort,
Darf ich der Jungfrau schenken ein,
Zutrinken ihr den Becher Wein?«
»Ja, trink' ihn immerhin nur zu,
Ein heil'ger Mann uns scheinest du,
Der König Matjasch ja erschlug
Und all sein Gold davon ihm trug!«
Er senkt ins Glas den Ring von Gold,
Sie flüstert: »Mein Geliebter hold!
Dein hofft' ich immer unverzagt;
Die Tröpfe, die mich so geplagt,
Zudringlich all' um mich geschart,
Abwischen können sie den Bart!«
Der König aber redet so:
»Es ist mein Herz nun wieder froh!
Merk auf, wenn ich zu Roß mich warf,
Verbleibe mir zur Seite scharf,
Dann will ich hurtig schwingen dich
Aufs flinke Schimmelchen vor mich;
Hau' ich zur rechten Seite drein,
Dann ducke dich zur linken fein.«
Und weiter fragt Matjasch: »Ihr Herrn,
Wohl nähm' ich von ihr Abschied gern?«
»Auch das mag immerhin geschehn,
Da du ein heil'ger Mann zu sehn!«

Er nimmt sie bei der weißen Hand,
Schwingt sie vor sich aufs Roß gewandt.
Fliegt übers Feld zum Saverain,
Wie ein geflügelt Vögelein.
Sein Arm den nackten Säbel schwingt,
Am Griff sich eine Schlange ringt,
Der Spitz' entlodert Feuers Glut,
Matjasch weiß ihn zu führen gut.
Die Türken sehn verblüfft sich an,
Verfolgen sie in Scharen dann;
Der Pascha streichelt seinen Bart
Und lacht und redet dieser Art:
»War sein Gefangner ich vorzeit,
So bringt mir seinen Schädel heut,
Bringt auch Alenka mir heran,
Die ich so herzenslieb gewann!«
Matjasch haut beider Seiten drein,
Sie duckt sich beider Seiten fein,
Nach Blitzesart sein Säbel geht,
Zu Schwaden wird das Korn gemäht,
Das Heu sinkt hinterm Mähder ein,
Und hinter ihm der Türk' in Reihn.
Der Schimmel rennt, bis er sie führt
Hin zu dem Schmiede rußbeschmiert;
Dem sagt Matjasch: »Was willst du Lohn?
Als Türkenschmied dich kenn' ich schon,
Beschlage rasch aufs neu mein Pferd,
Schlag ihm die Eisen an verkehrt.«
Der Türkenschmied beschlägt's verkehrt,
Des Königs Linke Gold beschert,
Die Rechte ihm den Kopf abschlägt.
Das Roß sie fort zur Save trägt.
Das Roß greift aus und wiehert laut,
Gut kennt's die Last, die ihm vertraut,
Weiß gut: es trägt der Teuren zwei,
Matjasch den König hoch und frei
Und die befreite Königsbraut,
Alenka fein, so lieb und traut;
Durchs breite Strombett schwimmt's gewandt
Zum heimatlichen Ungarstrand.


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