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Heller erklärt sich mit allem einverstanden – er küßt der Schwiegermutter die Hand und ist, wie Frau Lerch sich ausdrückt, von rührender Dankbarkeit. »Er hat das Gemüt eines Kindes,« setzt sie elegisch hinzu.
So kehrt Regine eines Tages zurück. Sie begrüßt ihren Mann mit eisiger Höflichkeit, die so viel Verächtliches und Beleidigendes enthält, daß Heller es doch für gut befindet, auch seinerseits Zurückhaltung zu üben.
»Am Ende ist das Scheu über die letzten Vorfälle,« denkt er und hüllt sich in Schweigen. Auch daß Regine für sich ein eigenes Nachtzimmer einrichtet, erträgt er. Er will und wird sie besiegen.
Sie benimmt sich im übrigen als vollendete Weltdame – und diejenigen, die sich bezüglich ihrer Rückkunft auf ein Fest vorbereitet hatten, sehen sich arg getäuscht. Ja, die Bekannten finden zu ihrem Erstaunen, daß diese junge Frau eine Sicherheit des Auftretens sich angewöhnt hat, gegen die man schlechterdings nicht aufzukommen vermag.
Träge schleichen die Tage dahin. Regine gibt sich nur mit dem Kinde ab, dem sie bunte Märchen erzählt. Heller sieht sich so völlig ignoriert, daß es ihn fast dünkt, er bilde es sich ein, sie wären unter einem Dache. Wenn er nur wüßte, wie er ihre Seele wieder unter seine Gewalt bekäme – wenn er das nur wüßte!
Er zerbricht sich fast den Kopf und findet keine Lösung. Da kommt ihm ein waghalsiger Entschluß. Damals hatte die Schwiegermutter ihm gesagt, er solle sich vor Gent in acht nehmen und sein Haus ihm verschließen. Er hatte diesen Rat Wochen hindurch befolgt, aber jetzt sollte das aufhören, er selbst wollte ihr Gent bringen. Es sollte genau so wie früher sein. Dann mußte sie erkennen, daß seine Liebe zu ihr über jedes kleinliche Bedenken hinausgewachsen sei, daß er über sie zu groß denke, um sie einer Schlechtigkeit für fähig zu halten. Sie mußte erkennen, daß er ein Mensch sei, den man nicht mit der Alltagselle messen durfte.
Sein Gesicht rötete sich vor innerer Erregung, er fühlte sich jetzt weit erhaben über das Philisterpack, dem das Motiv befreiten Handelns versagt blieb. Bei gutem Werke soll man Eile haben, spornte er sich an und rannte zum Telephon.
»Amt VI 2236.«
»Hier Heller. Sind Sie's, lieber Kollege?«
»Bins!« –
»Meine Frau und ich, wir ... wir beide würden uns herzlich freuen, wenn Sie heut ein frugales Abendbrot mit uns teilen wollten. Absage ausgeschlossen!«
Pause.
»Überlegen Sie doch nicht erst. Sagen Sie ja – alte Freunde ...!«
»Gut ... gut, ich komme. Einen Gruß an Frau Regine!«
»Schluß!«
»Schluß!« – –
An diesem Abend kam Heller früher aus dem Bureau. Die Köchin hatte er in's Vertrauen gezogen, so daß in aller Stille für etwas Solennes gesorgt war. Er war in feierlichster Feststimmung – hob das Fritzel in die Höhe, pfiff die falschesten Töne vergnügt vor sich hin und blinzelte zuweilen listig zu Regine hinüber, die, über einer feinen Stickerei gebeugt, sein sonderliches Wesen nicht einmal bemerkt hatte.
Es klingelt. Heller stürzt hinaus, und Regine meint ihren Ohren nicht zu trauen, als eine bekannte, ach, so sehr bekannte Stimme in das Zimmer dringt.
Das Fritzel wird ungeduldig. »Onkel Dent – hat Dutes für's Kind« – jauchzt es – und will auch zur Tür.
Frau Regine ruft ihn mühsam zurück und klammert sich an den Stickrahmen, aber dann leuchtet es hell über ihr Gesicht, als jetzt Gent hineintritt und mit froh erregter Miene auf sie zueilt. Sie hält einen Augenblick seine große, breite Hand – und ihre Stimme ist unsicher vor Bewegung.
»Wie gut von Ihnen, Herr Rechtsanwalt, daß Sie nicht ganz unser Haus vergessen haben,« sagt sie freimütig, »wie gut von Ihnen!«
Er ist ganz betroffen. Aber Heller zwinkert ihm so heftig zu, daß er begreift und seine Antwort unterdrückt.
Dieser Abend ist ein Feiertag im Hellerschen Hause. Das Gespräch gleitet dahin so leicht, so frei, so froh, über jedem Worte liegt Glanz und Farbe. Dabei fühlen sich die drei so seltsam bewegt, denn eine geheime Kraft hat die dunkelen Geister, die kleinen Teufel und Kobolde gebannt, die all die Angst und Unruhe und all die Sehnsucht in uns wachrufen. Der Kollege Heller strahlt.