Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Künftige Vertilgung der Mauer. Die Achaier eingetrieben. Hektor, wie Polydamas riet, läßt die Reisigen absteigen, und in fünf Ordnungen anrücken. Nur Asios mit seiner Schar fährt auf das linke Tor, welches zween Lapithen verteidigen. Ei unglücklicher Vogel erscheint den Troern; Polydamas warnt den Hektor umsonst. Zeus sendet den Achaiern einen stäubenden Wind entgegen. Hektor stürmt die Mauer, und die beiden Ajas' ermuntern zur Gegenwehr. Sarpedon und Glaukos nahn dem Turme des Menestheus, dem Telamons Söhne zu Hilfe eilen. Glaukos entweicht verwundet; Sarpedon reißt die Brustwehr herab. Hektor zersprengt ein Tor mit einem Steinwurf; worauf die Troer zugleich über die Mauer und durch das Tor eindringen.
Also heilt' im Gezelte Menötios tapferer Sprößling Jetzt den Eurypylos dort, den verwundeten. Aber es kämpften Arges' Söhn' und die Troer mit Heerskraft. Siehe nicht länger Sollte der Graben beschirmen die Danaer, oder die Mauer, |
|
5 | Welche sie breit um die Schiff' auftürmeten, rings dann den Graben Leiteten: denn nicht brachten sie Festhekatomben den Göttern, Daß ihr Werk die rüstigen Schiff' und erbeuteten Schätze Drinnen bewahrt' im Lager; zum Trotz den unsterblichen Göttern Ward es gebaut; drum stand's nicht lange Zeit unerschüttert. |
10 | Denn weil Hektor lebend noch war, noch zürnet' Achilleus, Und unzerrüttet die Stadt des herrschenden Priamos ragte; Eben so lang' auch bestand der Danaer mächtige Mauer, Aber nachdem gestorben der Troer tapferste Helden, Mancher auch der Argeier vertilgt war, mancher noch übrig, |
15 | Und nun Priamos Stadt hinsank im zehnten der Jahre, Dann die Argeier in Schiffen zur Heimat wiedergekehret; Jetzo beschloß Poseidon im Rat und Phöbos Apollon, Wegzutilgen den Bau, der Ströme Gewalt hinlenkend. Alle die hoch vom Idagebirg' in das Meer sich ergießen, |
20 | Rhodios und Karesos, Heptaporos auch, und Granikos, Rhesos auch, und Äsepos zugleich, und der edle Skamandros, Simois auch, wo gehäuft Stierschild' und gekegelte Helme Sanken hinab in den Staub, und das Göttergeschlecht der Heroen. Allen zugleich nun wandte die Mündungen Phöbos Apollon |
25 | Gegen den Bau; neun Tage beströmt' er ihn; während herab Zeus Regnete, schneller ins Meer die umflutete Mauer zu wälzen. Aber der Erderschütterer selbst, in den Händen den Dreizack, Ging voran, und stürzt' aus dem Grunde gewühlt in die Wogen Alle Blöck' und Steine, die mühsam gelegt die Achaier; |
30 | Schleift' und ebnet' es rings am reißenden Hellespontos, Und umhüllte mit Sand weithin das große Gestade, Wo er die Mauer vertilgt; dann wandt' er zurück in das Flutbett Jeglichen Strom, wo zuvor er ergoß sein schönes Gewässer. Also sollte hinfort Poseidons Macht und Apollons |
35 | Taten tun. Doch jetzo war Schlacht und Getümmel entbrannt rings Um den gewaltigen Bau, und der Türme geworfene Balken Donnerten. Argos' Volk, von Kronions Geißel gebändigt, Drängte sich eingehegt bei den schwarzen gebogenen Schiffen, Bange vor Hektors Wut, des stürmenden Schreckengebieters. |
40 | Jener stritt, wie zuvor, mit dem Ungestüm des Orkanes. Wie wenn im Kreise der Hund' und rüstigen Jäger ein Waldschwein Ringsher, oder ein Löwe, sich dreht, wutfunkelndes Blickes; Jene dort, miteinander in Heerschar wohlgeordnet, Stehn ihm entgegen gewandt, und es fliegen geschwungene Spieße |
45 | Häufig daher aus den Händen; doch sein ruhmatmendes Herz kennt Weder Furcht noch Entfliehn, und Tapferkeit tötet ihn endlich; Vielfach drehet er sich, die Reihn der Männer erforschend; Und wo er grad' andringt, da weichen ihm Reihen der Männer: So im Gewühl ging Hektor umhergewandt, und ermahnte |
50 | Über den Graben zu sprengen die Seinigen. Aber nicht wagten's Ihm die Rosse, geflügeltes Laufs; sie wieherten laut auf, Stehend am äußersten Bord; denn zurück sie schreckte des Grabens Breite, zum Sprung hinüber nicht schmal genug, noch zum Durchgang Leichtgebahnt: denn ein jäh abhängiges Ufer erhob sich |
55 | Rings an jeglicher Seit', auch war mit spitzigen Pfählen Obenher er bepflanzt, die Achaias Söhne gestellet, Dichtgereiht und mächtig, zur Abwehr feindlicher Männer. Schwerlich vermocht' ein Roß, an den rollenden Wagen gespannet, Überzugehn; Fußvölker nur eiferten, ob sie vermöchten. |
60 | Aber Polydamas sprach, dem trotzigen Hektor sich nahend:
Hektor, und ihr der Troer Gewaltige, und der Genossen, |
65 | Dort lenkt keiner hinab der Reisigen, keiner besteht auch Unten den Kampf, hin sänken sie all', in der Enge verwundet. Denn wofern nun ganz im vertilgenden Zorne sie heimsucht Der hochdonnernde Zeus, und den Troern Hilfe gewähret; Traun dann wünscht' ich selber aufs schleunigste solches vollendet, |
70 | Daß hier ruhmlos stürben von Argos fern die Achaier. Wenn sie jedoch umkehrten, und Rückverfolgung begönne Von den Schiffen daher, in des Grabens Tief' uns verdrängend; Nimmer käm', ich fürcht' es, auch nicht ein Bote von dannen, Wieder gen Troja zurück, vor der Wut der gewandten Achaier. |
75 | Aber wohlan, wie ich rede das Wort, so gehorchet mir alle. Laßt die Ross' am Graben, gehemmt von den Wagengenossen; Wir dann, Streiter zu Fuß, mit ehernen Waffen gerüstet, Drängen uns all' um Hektor, und folgen ihm. Doch die Achaier Stehn uns nicht, wenn jenen das Ziel des Verderbens daherdroht. |
80 |
So des Polydamas Rat; den unschädlichen billigte Hektor. |
85 | Dort am Graben die Ross' in geordneter Reihe zu halten. Selber darauf sich teilend, in fünf Heerscharen geordnet, Gingen sie wohlgereiht, und folgeten ihren Gebietern. Hektor selbst und der edle Polydamas führten die Ordnung, |
90 | Durch die Mauer zu brechen, und kühn um die Schiffe zu kämpfen. Auch Kebriones folgt der dritte noch; und dem geringern Blieb, an Kebriones Statt, nun Hektors Wagen vertrauet. Paris gebot der zweiten, Alkathoos auch, und Agenor. Helenos führte die dritt', und Deïphobos, göttlicher Bildung, |
95 | Beide des Priamos' Söhn'; auch Asios führte mit jenen, Asios, Hyrtakos' Sohn, den hergebracht aus Arisbe Rosse, glänzend und groß, vom heiligen Strom Selleïs. Aber der vierten herrscht Äneias voran, des Anchises Starker Sohn; zugleich ihm Antenors tapfere Söhne, |
100 | Akamas und Archilochos beid', allkundig des Streites. Endlich gebot Sarpedon den rühmlichen Bundesgenossen, Der sich den Glaukos gesellt', und den kriegerischen Asteropäos: Denn sie dünkten ihm beide die Tapfersten sonder Vergleichung, Aller umher, nach ihm selbst; er ragete weit vor den andern. |
105 | Als sie nunmehr sich zusammengedrängt mit Schilden von Stierhaut: Eilten sie freudiges Mutes auf die Danaer, hoffend, nicht obstehn Würden sie, sondern bald um die dunkelen Schiffe gestreckt sein. Alle sonst, die Troer und fernberufenen Helfer, |
110 | Nur nicht Asios wollte, des Hyrtakos Sohn, der Gebieter, Dort verlassen die Ross' und den wagenlenkenden Diener; Sondern er drang mit ihnen zugleich an die rüstigen Schiffe. Törichter! ach nicht sollt' er, die schrecklichen Keren vermeidend, Samt dem Gespann und Wagen in stolzem Triumph, von den Schiffen |
115 | Wiederum heimkehren zu Ilios luftigen Höhen; Denn ihn umhüllte zuvor das grauenvolle Verhängnis Unter Idomeneus Lanze, des herrlichen Deukalionen. Denn er wandt' in die Schiffe zur Linken sich, wo die Achaier Aus dem Gefild' einzogen mit hurtigen Rossen und Wagen: |
120 | Dorthin lenkt' er hindurch der Rosse Geschirr; und er fand nicht Vorgestreckt die Flügel des Tors, noch den mächtigen Riegel; Offen noch hielten es Männer, und harreten, ob der Genossen Einer, dem Treffen entflohn, sich retten wollt' in die Schiffe. Gradan lenkt' er die Rosse, der Wähnende; andere folgten |
125 | Nach mit hellem Geschrei; denn die Danaer würden nicht obstehn, Hofften sie, sondern bald um die dunkelen Schiffe gestreckt sein. Toren! sie fanden dort zween tapfere Männer am Eingang, Edelmütige Söhne der speergewohnten Lapithen: Ihn, Peirithoos' Sohn, den starken Held Polypötes, |
130 | Ihn, den Leonteus auch, dem mordenden Ares vergleichbar. Beid' an dem Eingang dort des hochgeflügelten Tores Standen sie: also stehn hochwipflichte Eichen der Berge, Welche dem Sturm ausharren und Regenschauer beständig, Eingesenkt mit großen und weithinreichenden Wurzeln: |
135 | Also die zween, der Gewalt der mächtigen Arme vertrauend, Harrten dem Angriff kühn des Asios, und unerschrocken. Grad' auf die trotzende Mauer, mit wildaufhallendem Feldruf, Sprengten sie an, und erhoben die trockenen Schilde von Stierhaut, Um Held Asios her, um Iamenos her, und Orestes, |
140 | Akamas, Asios' Sohn, um Önomaos auch, und um Thoon. Sie dort hatten zuvor die hellumschienten Achaier Drinnen im Lager ermahnt, zum mutigen Kampf für die Schiffe; Aber sobald zur Mauer mit Macht anrennen sie sahen Troias Söhn', und erscholl der Danaer Angst und Getümmel, |
145 | Brachen sie beid' hervor, und kämpfeten draußen am Eingang. Gleich zween Ebern an Mut, unbändigen, die in dem Bergwald Kühn der Männer und Hund' anwandelnde Hetze bestehen; Seitwärts dahergestürmt durchschmettern sie rings die Gesträuche, Weg vom Stamme sie mähend, und wild mit klappenden Hauern |
150 | Wüten sie, bis ein Geschoß ihr mutiges Leben vertilget: Also klappt' auch jenen das schimmernde Erz an den Busen, Unter der Feinde Geschoß; denn sie wehrten mit großer Gewalt ab, Oben dem Volk der Mauer und eigener Stärke vertrauend. Jene mit Steinen daher von den wohlgebaueten Türmen |
155 | Schleuderten, um sich selbst zu verteidigen, und die Gezelte, Samt den Schiffen des Meers. Wie des Schnees Gestöber herabfällt, Welches ein heftiger Wind, die schattigen Wolken erschütternd, Häufig heruntergießt zur nahrungsprossenden Erde: Solch ein Schwall von Geschossen entstöberte dort der Achaier |
160 | Händen, und dort der Troer; und dumpf rings krachten die Helme, Von Mühlsteinen umprallt, und die hochgenabelten Schilde. Laut nunmehr wehklagte, vor Schmerz die Hüften sich schlagend, Asios, Hyrtakos' Sohn, und rief unwilliges Herzens: Vater Zeus, ja wahrlich auch dir gefielen der Falschheit |
165 | Täuschungen! Nie doch hätt' ich geglaubt, die Helden Achaias Würden bestehn vor unserer Macht und unnahbaren Händen! Aber sie, wie die Wespen mit regem Leib, und die Bienen, Die am höckrichten Weg ihr Felsennest sich bereitet, Nicht verlassen ihr Haus in den Höhlungen, sondern den Angriff |
170 | Raubender Jäger bestehn, im mutigen Kampf für die Kinder: So auch wollen sie nicht, obgleich nur zween, von dem Tore Abstehn, bis sie entweder erlegt sind, oder gefangen! Sprach's; doch nicht bewegt' er Kronions Herz mit der Rede; |
175 |
Andere kämpften den Kampf um andere Tore des Lagers. |
180 | Alle, so viel den Achaiern im Kampf mithelfende waren.
Stürmend begann der Lapithen Gefecht und Waffengetümmel. |
185 | Schmetternd die eherne Spitz' in den Schädel ihm, und sein Gehirn ward Ganz mit Blute vermischt: so bändigt' er jenen im Angriff. Weiter darauf den Pylon und Ormenos streckt' er in Blut hin. Doch den Hippomachos traf des Ares Sprößling Leonteus, Ihn des Antimachos' Sohn, mit dem Wurfspieß unten am Leibgurt. |
190 | Hurtig dann aus der Scheide das scharfe Schwert sich entreißend, Drang er zuerst auf Antiphates ein, durch das grause Getümmel, Schwang in der Näh', und hieb, daß zurück auf den Boden er hinsank. Weiter darauf den Menon, Iamenos dann, und Orestes, Streckt' er gehäuft miteinander zur nahrungsprossenden Erde. |
195 |
Während sich jen' enthüllten des schimmernden Waffengeschmeides, |
200 | Denn ein Vogel erschien, da sie überzugehn sich entschlossen, Ein hochfliegender Adler, der, links an dem Heere sich wendend, Eine gerötete Schlang' in den Klaun hintrug, unermeßlich, Lebend annoch, und zappelnd, noch nicht vergessend der Streitlust. Denn dem haltenden Adler durchstach sie die Brust an dem Halse, |
205 | Rückwärts gewunden ihr Haupt; er schwang sie hinweg auf die Erde, Hart von Schmerzen gequält; und sie fiel in die Mitte des Haufens; Aber er selbst lauttönend entflog im Hauche des Windes. Starrend sahn die Troer umher die ringelnde Schlange Liegen im Staub, das Zeichen des ägiserschütternden Vaters, |
210 | Aber Polydamas sprach, dem trotzigen Hektor sich nahend:
Hektor, du pflegst mich zwar in Versammlungen immer zu tadeln, |
215 | Dennoch sag' ich dir jetzo, wie mir's am heilsamsten dünket. Laßt nicht weiter uns gehn, um der Danaer Schiffe zu kämpfen. Denn so wird, vermutlich, es endigen, wenn ja den Troern Dieser Vogel erschien, da sie überzugehn sich entschlossen: Ein hochfliegender Adler, der, links an dem Heere sich wendend, |
220 | Eine gerötete Schlang' in den Klaun hintrug, unermeßlich, Lebend; doch schnell sie entschwang, bevor sein Nest er erreichet, Und nicht vollends sie brachte, zum Raub den harrenden Kindern. So auch wir: wo wir anders durch Mauer und Tor der Achaier Brechen mit großer Gewalt, und vor uns fliehn die Achaier; |
225 | Kehren wir nicht in Ordnung den selbigen Weg von den Schiffen; Sondern viel der Troer verlassen wir, die der Achaier Volk mit dem Erze getötet, im mutigen Kampf für die Schiffe. Also würd' ein Seher verkündigen, welcher im Geiste Kennte der Zeichen Verstand, und dem die Völker gehorchten. |