Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Siehe von Zorn entbrannte der Meerbeherrscher Poseidon, Als sein Enkel ihm sank in schreckenvoller Entscheidung; Und er enteilt' an den Zelten hinab und den Schiffen Achaias, Trieb die Achaier zum Kampf, und bereitete Jammer den Troern. |
|
210 | Ihm begegnete jetzt Idomeneus, kundig der Lanze, Wiedergekehrt vom Genossen, der jüngst ihm aus dem Gefechte Kam, an der Beugung des Knies mit scharfem Erze verwundet. Diesen brachten die Freund', und er befahl ihn den Ärzten, Eilete dann zum Gezelte; denn noch in das Treffen verlangt' er |
215 | Einzugehn. Ihm nahend begann der starke Poseidon, Gleich an tönender Stimm'Andrämons Sohne dem Thoas, Der durch Pleuron umher und Kalydons bergige Felder Allen Ätolern gebot, wie ein Gott im Volke geehret: Wo ist, Kretas Beherrscher Idomeneus, alle die Drohung |
220 | Hingeflohn, die den Troern Achaias Söhne gedrohet?
Aber Idomeneus sprach, der Kreter Fürst, ihm erwidernd: |
225 | Laß, entzieht des Kampfes Gefahren sich: sondern es wird wohl Also beschlossen sein vom allmächtigen Sohne des Kronos, Daß hier ruhmlos sterben von Argos fern die Achaier. Thoas, wohlan! du warst ja vordem ausharrendes Mutes, Und ermahnst auch andre, wo jemand säumen du sahest; |
230 | Drum laß jetzo nicht ab, und ermuntere jeglichen Streiter!
Ihm antwortete drauf der Erderschüttrer Poseidon: |
235 | Aber wohlan zu den Waffen, und folge mir! Beiden gebührt nun Tätig zu sein, ob wir Hilfe vielleicht noch schaffen, auch zween nur. Wirkt doch vereinigte Kraft auch selbst von schwächeren Männern; Und wir sind ja kundig mit Tapferen selber zu kämpfen. Dieses gesagt, enteilte der Gott in der Männer Getümmel. |
240 | Aber der Held, nachdem sein schönes Gezelt er erreichet, Hüllt in stattliche Waffen den Leib, und faßte zwo Lanzen, Eilte dann, ähnlich dem Blitze des Donnerers, welchen Kronion Hoch mit der Hand herschwang vom glanzerhellten Olympos, Sterblichen Menschen zum Zeichen; er strahlt mit blendendem Glanze: |
245 | Also blitzte das Erz um die Brust des eilenden Königs. Aber Meriones kam, sein edler Genoß, ihm entgegen, Nah' annoch dem Gezelt; denn die eherne Lanze sich holend Lief er hinab; ihm ruft' Idomeneus' heilige Stärke: Molos' rüstiger Sohn Meriones, liebster der Freunde, |
250 | Warum kamst du verlassend Gefecht und Waffengetümmel? Traf dich vielleicht ein Geschoß, und quält dich die Wunde des Erzes? Oder suchest du mich mit Botschaft? Selber gewiß nicht Auszuruhn im Gezelte verlangst mich, sondern zu kämpfen! Und der verständige Held Meriones sagte dagegen: |
255 | Idomeneus, Fürst der erzgepanzerten Kreter, Sieh ich komm', ob dir etwa ein Speer im Gezelte zurückblieb, Ihn mir holend zum Kampf, denn, den ich hatte, zerbrach ich, Treffend Deïphobos Schild, des übergewaltigen Kriegers. Aber Idomeneus sprach, der Kreter Fürst, ihm erwidernd: |
260 | Suchst du Speere, mein Freund, so findest du einen, ja zwanzig, Dort in meinem Gezelt an schimmernde Wände gelehnet, Troische, die von Erschlagnen ich beutete. Denn ich bekenne, Niemals ferne zu stehn im Kampf mit feindlichen Männern. Darum hab' ich der Speere genug, und genabelter Schilde, |
265 | Auch der Helm', und der Panzer, umstrahlt von freudigem Schimmer.
Und der verständige Held Meriones sagte dagegen: |
270 | Sondern vorn in den Reihen der männerehrenden Feldschlacht Steh' ich, sobald anhebt der blutige Kampf der Entscheidung. Manchem anderen wohl der erzumschirmten Achaier Bleib' ich verborgen im Streit; allein du kennst mich vermutlich. Aber Idomeneus sprach, der Kreter Fürst, ihm erwidernd: |
275 | Deine Tapferkeit kenn' ich; was brauchest du dieses zu sagen? Würden anjetzt bei den Schiffen zum Hinterhalte wir Tapfern Ausersehn, wo am meisten erkannt wird Tugend der Männer, Wo der furchtsame Mann, wie der mutige, deutlich hervorscheint: (Denn dem Zagenden wandelt die Farbe sich, immer verändert; |
280 | Auch nicht ruhig zu sitzen vergönnt sein wankender Geist ihm, Sondern er hockt unstet, auf wechselnden Knieen sich stützend; Und ihm schlägt das Herz voll Ungestüms in dem Busen, Ahnend des Todes Graun, und dem Schaudernden klappen die Zähne: Doch nie wandelt dem Tapfern die Farbe sich, nie auch erfüllt ihn |
285 | Große Furcht, wann er einmal zum Hinterhalt sich gelagert; Sondern er wünscht, nur bald den schrecklichen Kampf zu bestehen:) Keiner möchte sodann dein Herz und die Arme dir tadeln! Wenn auch fliegendes Erz dich verwundete, oder gezucktes; Doch nicht träf' in den Nacken Geschoß dir, noch in den Rücken, |
290 | Sondern der Brust entweder begegnet' es, oder dem Bauche, Weil du gerad' anstürmtest im Vordergewühl der Entschloßnen. Aber laß nicht länger uns hier, gleich albernen Kindern, Schwatzend stehn, daß keiner in zürnendem Herzen ereifre, Sondern du geh ins Gezelt, und nimm dir die mächtige Lanze. |
295 | Jener sprach's; und Meriones, gleich dem stürmenden Ares, Holete schnell aus dem Zelte hervor die eherne Lanze, Folgt' Idomeneus dann, voll heftiger Gier des Gefechtes. Wie wenn Ares zum Kampf hingeht, der Menschenvertilger, Und ihm der Schrecken, sein Sohn, an Kraft und an Mut unerschüttert, |
300 | Nachfolgt, welcher verscheucht auch den kühnausharrenden Krieger; Beid' aus Thrakia her zu den Ephyrern gehn sie gewappnet, Oder zum mutigen Volke der Phlegyer; aber zugleich nicht Hören sie beider Gebet, ein Volk nur krönet der Siegsruhm: So Meriones dort und Idomeneus, Fürsten des Heeres, |
305 | Gingen sie beid' in die Schlacht, mit strahlendem Erze gewappnet. Aber zum Könige sprach Meriones, also beginnend: Deukalione, wo denkst du hineinzugehn ins Getümmel? |
310 | Dürftig des Kampfes zu sein die hauptumlockten Achaier.
Aber Idomeneus sprach, der Kreter Fürst, ihm erwidernd: |
315 | Welche genug ihn hemmen, wie kühn zum Gefecht er dahertobt, Hektor, Priamos' Sohn, und ob er der Tapferste wäre! Schwer wird's wahrlich ihm sein, dem rasenden Stürmer der Feldschlacht, Jener Heldenmut und unnahbare Hände besiegend, Anzuzünden die Schiffe; wofern nicht selber Kronion |
320 | Einen lodernden Brand in die rüstigen Schiffe hineinwirft. Aber ein Mann scheucht nimmer den Telamonier Ajas, Keiner, der sterblich ist, und Frucht der Demeter genießet, Auch durchdringlich dem Erz, und gewaltigen Steinen des Feldes. Selbst vor Achilleus nicht, dem Zerschmetterer, möcht' er weichen, |
325 | Im stillstehenden Kampf, denn im Lauf wetteifert ihm niemand. Dort denn eil' uns zur Linken der Heerschar, daß wir in Eile Sehn, ob wir anderer Ruhm verherrlichen, oder den unsern! Jener sprach's; und Meriones, gleich dem stürmenden Ares, |
330 |
Doch wie die Feind' Idomeneus sahn, dem Feuer an Kraft gleich, |
335 | Jenes Tags, wann häufig der Staub die Wege bedecket; Und sich alsbald aufwölkt' ein finsterer Nebel des Staubes: So nun stürmte zusammen die Schlacht; denn sie sehnten sich herzlich, Durch das Gewühl einander mit spitzigem Erze zu morden. Weithin starrte die würgende Schlacht von erhobenen Lanzen, |
340 | Lang emporgestreckten, zerfleischenden; blendend dem Auge Schien der eherne Glanz von sonnenspiegelnden Helmen, Neugeglättetem Panzergeschmeid', und leuchtenden Schilden, Als sie sich nahten zum Kampf. Der müßt' ein entschlossener Mann sein, Welcher sich freute zu schaun den Tumult dort, und nicht verzagte! |
345 |
Jene, gesondertes Sinns, die mächtigen Söhne des Kronos, |
350 | Ruhm nur schafft' er der Thetis und ihrem erhabenen Sohne. Doch die Argeier durchging und ermunterte Poseidaon, Heimlich enttaucht dem greulichen Meer; denn er sahe mit Gram sie Fallen vor Trojas Macht, und ergrimmte vor Zorn dem Kronion Beide zwar entsprossen aus gleichem Stamm und Geschlechte; |
355 | Aber Zeus war eher gezeugt, und höherer Weisheit. Drum auch scheute sich jener sie offenbar zu beschirmen; Heimlich stets ermahnt' er die Ordnungen, menschlich gebildet. Siehe, des schrecklichen Streits und allverheerenden Krieges Fallstrick zogen sie beid', und warfen es über die Völker, |
360 | Unzerbrechlich, unlösbar, das viel' in Verderben hinabriß.
Jetzo, wiewohl halbgrauendes Haupts, die Achaier ermunternd, |
365 | Dieser warb um Kassandra, die schönste von Priamos' Töchtern, Ohne Geschenk, und verhieß ein großes Werk zu vollenden, Weg aus Troja zu drängen die trotzenden Männer Achaias. Priamos aber der Greis gelobete winkend die Tochter Ihm zur Eh': und er kämpfte, des Königes Worte vertrauend. |
370 | Doch Idomeneus zielte mit blinkender Lanz' ihm entgegen, Schoß, wie er hoch herwandelt', und traf, nichts half ihm der Panzer, Schwer von Erz, den er trug; sie drang in die Mitte des Bauches; Dumpf hinkracht' er im Fall; da rief frohlockend der Sieger: Traun dich preis' ich, Othryoneus, hoch vor den Sterblichen allen, |
375 | Wenn du gewiß das alles hinausführst, was du verheißen Priamos, Dardanos' Sohne, der dir die Tochter gelobet. Wir auch hätten dir gern ein gleiches gelobt und vollendet: Siehe, die schönste Tochter des Atreionen gewännst du, Her aus Argos geführt, zum Weibe dir; wenn du uns hilfest, |
380 | Ilios auszutilgen, die Stadt voll prangender Häuser. Folge mir, dort bei den Schiffen der Danaer reden wir weiter Über die Eh'; wir sind nicht karg ausstattende Schwäher. Also sprach der Held Idomeneus, zog dann am Fuß ihn |
385 | Vor dem Gespann herwandelnd, das nah' ihm stets an den Schultern Schnob, vom Wagengenossen gelenkt; und er sehnte sich herzlich, Wie er Idomeneus träfe: doch schnell warf jener den Speer ihm Unter dem Kinn in die Gurgel, daß hinten das Erz ihm hervordrang; Und er entsank, wie die Eiche dahinsinkt, oder die Pappel, |
390 | Oder die stattliche Tanne, die hoch auf Bergen die Künstler Ab mit geschliffenen Äxten gehaun, zum Balken des Schiffes: Also lag er gestreckt vor dem rossebespannten Wagen, Knirschend vor Angst, mit den Händen des blutigen Staubes ergreifend. Aber dem starrenden Lenker entsank jedwede Besinnung; |
395 | Nicht einmal vermocht' er, die feindlichen Hände vermeidend, Umzudrehn das Gespann: doch Antilochos, freudig zur Feldschlacht, Traf ihn scharf mit durchbohrendem Speer; nichts half ihm der Panzer, Schwer von Erz, den er trug; er drang in die Mitte des Bauches; Und er entsank aufröchelnd dem schöngebildeten Sessel. |
400 | Aber der Nestorid' Antilochos lenkte die Rosse Schnell aus der Troer Gewühl zu den hellumschienten Achaiern. Siehe, Deïphobos kam dem Idomeneus nahe gewandelt, |
405 | Kretas Fürst, und barg sich mit gleichgeründetem Schilde, Welchen er trug, aus Häuten der Stier' und blendendem Erze Starkgewölbt, inwendig mit zwo Querstangen befestigt: Unter ihn schmiegt' er sich ganz, daß der Wurfspieß über ihn hinflog, Und mit heiserm Getöne der Schild von der streifenden Lanze |
410 | Scholl; doch nicht vergebens entflog sie der nervichten Rechte, Sondern Hippasos' Sohne, dem Völkerhirten Hypsenor, Fuhr in die Leber das Erz, und löst' ihm die strebenden Kniee. Aber Deïphobos rief mit hoch frohlockender Stimme: Nicht fürwahr ungerächt liegt Asios; sondern ich meine, |
415 | Wandelnd zu Aïs Burg mit starkverriegelten Toren, Wird er sich freun im Geist; denn ich gab ihm einen Begleiter. |