Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Mit Einbruch der Nacht wanderten auf der engen und steinigen Straße von Drontheim nach Skongen, die bis zum Weiler Vygla längs dem Golf hinläuft, zwei Reisende. Beide waren in Mäntel gehüllt. Der eine ging festen Schrittes, aufrecht, mit erhobenem Haupt; unter seinem Mantel sah der unterste Theil eines Säbels hervor; eine Feder wehte auf seinem Haupt; der andere war etwas größer als sein Gefährte, aber mager und schmächtig: unter seinem Mantel ragte eine Art Höcker hervor, der von einem Schnappsack, den er darunter trug, herzurühren schien. Er hatte einen Knotenstock in der Hand, mit welchem er seinen schwankenden Gang unterstützte.
»Jetzt, junger gnädiger Herr,« sagte der Letztere, »befinden wir uns auf dem Punkt, von dem aus man den Thurm von Vygla und die Kirchthürme von Drontheim zugleich erblickt. Vor uns, am Horizont, jene schwarze Masse dort ist der Thurm, hinter uns liegt die Hauptkirche von Drontheim.«
»Ist Vygla weit von Skongen, Meister Spiagudry?« fragte der Andere.
»Wir müssen zuvor noch Ordals passiren und werden Skongen nicht vor drei Uhr Morgens erreichen, gnädiger Herr!«
»Wie viel Uhr schlägt es eben?« fragte Ordener weiter.
»Mein Gott, Herr! Sie machen mich zittern! Ja, es ist die Glocke von Drontheim, deren Töne uns der Wind zuführt. Das kündigt ein Gewitter an. Der Hauch des Nordwestwinds führt die Wolken herbei.«
»In der That, die Sterne hinter uns sind verschwunden.«
»Lassen Sie uns den Schritt verdoppeln, mein edler Herr! Das Gewitter naht, und vielleicht hat man in der Stadt bereits die Verstümmelung Gill Stadts wahrgenommen, und weiß, daß ich entflohen bin. Vorwärts in Gottes Namen!«
»Gerne, alter Herr! Ihr scheint schwer zu tragen: gebt mir Euren Pack, ich bin jung und stark.«
»Nicht doch, edler Herr! Es ziemt dem Adler nicht, das Haus der Schildkröte zu tragen. Wer bin ich, daß Sie meinen Schnappsack tragen sollten!«
»Wenn er Euch aber zu schwer wird, alter Herr? Er scheint gewichtig. Was ist denn darin? Ihr seid eben gestolpert, es klingt ja wie Eisen.«
Spiagudry ging schnell vorwärts.
»Es klingt, gnädiger Herr! Nicht doch, Sie irren sich. Es ist nichts darin als Lebensmittel, Kleider . . . Oh! es ist gar nicht schwer.«
Der wohlwollende Vorschlag Ordeners schien Spiagudry einen bedeutenden Schrecken eingeflößt zu haben, den er zu verhehlen suchte.
»Nun,« sagte Ordener, der dies nicht wahrnahm, »wenn der Pack Euch nicht beschwerlich ist, so behaltet ihn.«
Spiagudry, obwohl dadurch beruhigt, beeilte sich doch, das Gespräch auf einen anderen Gegenstand zu bringen,
»O, wie traurig ist es,« sagte er seufzend, »in der Finsterniß der Nacht eine Straße als Flüchtling zu wandern, die man zur Tageszeit so angenehm als nützlich mit den Augen eines wissenschaftlichen Beobachters durchlaufen könnte! Links an den Ufern des Golfs findet man eine Menge Runensteine, auf denen man Buchstaben lesen kann, welche laut der Tradition Götter und Riesen hineingegraben haben. Rechts von uns hinter den Felsen, die den Weg begrenzen, breitet sich der salzige Sumpf von Skiold aus, der ohne Zweifel durch irgend einen unterirdischen Kanal mit dem Meer in Verbindung steht, weil man darin den See-Regenwurm antrifft, diese seltsame Fischgattung, welche, nach der von Ihrem unterthänigen Diener und Wegweiser gemachten Entdeckung, sich von Sand nährt. In dem Thurme von Vygla, dem wir uns jetzt nähern, hat der heidnische König Pharamund die Brüste der heiligen Etheldera, der glorreichen Märtyrerin, mit Holz vom wahren Kreuze Christi braten lassen. Inzwischen hat man, wie die Sage geht, vergebens versucht, diesen verfluchten Thurm in eine Kapelle zu verwandeln. Alle Kreuze, die man nach einander hineinsetzte, sind vom Feuer des Himmels verzehrt worden.«
In diesem Augenblick erhellte ein furchtbarer Blitz den Golf, die Hügel und Felder umher. Die Wanderer standen still. Ein heftiger Donnerschlag folgte, dessen Echo in den Bergen wiederhallte. Der Himmel war ganz umwölkt; der Wind trieb schwarze Wolken vor sich her. In den obern Regionen hörte man den Sturmwind brausen; er war noch nicht bis zur Erde herniedergestiegen. Sonst war die Nacht still und schweigsam. Kein Laut ließ rings umher sich hören.
Plötzlich ertönte durch diese stürmische Stille nahe bei den beiden Reisenden ein Brummen, wie von einem wilden Thier, das den Alten erbeben machte.
»Allmächtiger Gott!« rief er aus und faßte den Arm des jungen Mannes, »das ist das Lachen des Teufels in diesem Sturme, oder die Stimme des . . .«
Ein neuer Blitz, ein neuer Donnerschlag machten ihn verstummen. Das Gewitter brach jetzt mit Heftigkeit aus. Die beiden Wanderer hüllten sich dichter in ihre Mäntel.
»Alter Herr,« sagte Ordener, »ich habe im Blitzstrahle rechts von uns den Thurm von Vygla gesehen. Wir wollen dort eine Zuflucht suchen.«
»Eine Zuflucht in dem verfluchten Thurm!« rief Spiagudry voll Entsetzen aus. »Hilf Himmel! Dieser Thurm ist verlassen und unbewohnt.«
»Desto besser, dann wird uns Niemand an der Thüre warten lassen.«
»Bedenken Sie doch, welche entsetzliche That ihn entheiligt hat!«
»Nun, so wollen wir ihn durch unsere Gegenwart wieder heiligen. In einer solchen Nacht würde ich Gastfreundschaft in einer Räuberhöhle suchen. Vorwärts Alter!«
Ordener schlug, trotz Spiagudry's Widerspruch, den Weg zum Thurme ein, den ihm die häufigen Blitze in geringer Entfernung zeigten. Als sie näher kamen, erblickten sie ein Licht in einer der Oeffnungen des Thurmes.
»Ihr seht,« sagte Ordener, »daß dieser Thurm nicht unbewohnt ist. Jetzt werdet Ihr ohne Zweifel beruhigt sein.«
»Mein Gott! Mein Gott! Wo führen Sie mich hin? Bewahre mich der Himmel, daß ich in diesen Tempel der höllischen Geister trete!«
Sie waren jetzt am Thurme angelangt, Ordener schlug mit Macht an die Thüre. »Seid ruhig, alter Herr,« sagte er scherzend, »es ist gewiß irgend ein frommer Einsiedler in diese Wohnung des Teufels eingezogen, um sie wieder zu heiligen.«
»Nein,« rief Spiagudry mit Entsetzen aus, »nein, ich gehe nicht hinein! Der heilige Eremit könnte hier nicht wohnen, wenn er nicht eine der sieben Ketten Beelzebubs als Rosenkranz hätte.«
Inzwischen war von Oeffnung zu Oeffnung ein Licht herabgestiegen, das man jetzt durch die Spalten der Thüre leuchten sah.
»Du kommst spät, Nychol!« rief eine heisere Stimme.
»Man schlägt den Galgen um die Mittagsstunde auf, und man braucht nur sechs Stunden, um von Skongen nach Vygla zu kommen. Hat es denn noch mehr zu thun gegeben?«
Ein Weib öffnete die Thüre. Als sie zwei fremde Gesichter erblickte, stieß sie einen Schrei des Schreckens und der Drohung aus, während sie drei Schritte zurückwich.
Das Weib war von hoher Statur und trug eine eiserne Lampe in der Hand. Ihr falbes Gesicht und ihre ausgetrocknete, eckige Figur hatten etwas Leichenartiges an sich. Sie blickte finster aus hohlen Augen. Sie trug von der Hüfte an einen Scharlachrock, der bis auf ihre nackten Füße hinabreichte. Ihre fleischlose Brust war mit einem Männerwamms von gleicher Farbe halb bedeckt, dessen Aermel am Ellenbogen abgeschnitten waren. Der durch die offene Thüre hereindringende Wind spielte mit ihren grauen Haaren, die durch ein Netz von Baumrinde festgehalten waren. Ihr Gesicht erhielt dadurch einen noch wilderen Ausdruck.
»Gutes Weib,« sagte Ordener, »der Regen fällt in Strömen, Ihr habt ein Dach und wir Geld.«
Spiagudry zog ihn am Mantel und flüsterte ihm zu: »Was sagen Sie denn da? Was reden Sie von Geld? Wenn das nicht die Wohnung des Teufels selbst ist, so ist es wenigstens die Höhle irgend eines Räubers. Unser Geld wird uns hier zum Verderben gereichen.«
»Ruhig, Alter!« erwiederte Ordener, zog seine Börse und klimperte damit in die Ohren der Thurmbewohnerin.
Die Hexe des Thurms blickte sie mit stieren Augen an und sprach in hohlem Tone: »Fremdlinge, haben Euch Eure Schutzgeister verlassen? Was sucht Ihr hier bei den verfluchten Bewohnern des verfluchten Thurmes? Fremdlinge! Menschen haben Euch den Weg zu diesem Thurme nicht gezeigt. Sie hätten Euch gesagt: Lieber unter dem Blitze des Himmels, als am Heerde des Thurmes von Vygla! Der einzige Lebende, der hier aus und ein geht, betritt keine Wohnung anderer Sterblichen, er verläßt die Einsamkeit nur, um vor der strömenden Menge auf öffentlichem Platze zu erscheinen, er lebt nur für den Tod. Die Flüche der Menschen folgen ihm, er dient nur ihrer Rache, im Verbrechen ist sein Dasein. Und der elendeste Verbrecher wälzt von sich die öffentliche Verachtung auf ihn ab, und fügt noch die seinige hinzu. Ihr seid Fremdlinge, Ihr müßt es sein, denn Euer Fuß steht ohne Schauder auf der Schwelle dieses Thurms. Stört nicht länger die Wölfin und ihre Jungen! Kehrt auf den Pfad zurück, auf dem die Kinder der Menschen wandeln, und wenn Ihr nicht wollt, daß Eure Brüder Euch fliehen, so sagt ihnen nicht, daß die Lampe des Vyglathurmes Eure Gesichter bestrahlt habe.«
Bei diesen Worten deutete die Thurmbewohnerin mit dem Finger auf die Thüre und trat auf die beiden Wanderer zu. Spiagudry zitterte an allen Gliedern. Ordener, der wegen der Geläufigkeit ihrer Zunge von den Reden der Alten wenig verstanden hatte, hielt sie für wahnsinnig und hatte übrigens keine Lust, sich dem Sturm, der noch eben so heftig raste, wieder auszusetzen.
»Ihr macht mich sehr begierig auf den seltsamen Bewohner dieses Thurmes, mein gutes Weib,« sagte er scherzend, »und ich will die Gelegenheit nicht verlieren, eine so anziehende Bekanntschaft zu machen.«
»Die Bekanntschaft mit ihm, junger Mensch, ist eben so schnell beendigt als gemacht. Wenn der böse Geist Euch dazu treibt, so ermordet einen Lebenden oder entweiht einen Todten.«
»Einen Todten entweihen!« rief Spiagudry mit zitternder Stimme und verbarg sich im Schatten seines Gefährten.
»Man müßte ein Narr sein,« sagte Ordener, »bei einem solchen Wetter die Reise fortzusetzen.«
»Und ein größerer Narr,« murmelte Spiagudry, »an einem solchen Orte Schutz zu suchen, das Wetter mag sein, wie es will.«
»Unglückseliger!« rief die Hexe. »Weiche von der Schwelle dessen, der keine andere Pforte öffnet, als die des Grabes!«
»Und wenn es offen stände,« erwiederte Ordener entschlossen. »Schließe die Thüre, Alte, denn der Wind weht kalt, und nimm dieses Gold! Ich führe ein Schwert an der Seite, das mir für mein Leben bürgt.«
»Was soll ich mit Eurem Golde?« fuhr die Thurmbewohnerin fort. »Werthvoll in Euern Händen, wird es in den meinigen zu Blei. Bleibt denn für Euer Gold! Es kann ein Obdach öffnen gegen die Stürme des Himmels, vor der Verachtung der Menschen schützt es nicht. Bleibt, Ihr bezahlt die Gastfreundschaft theurer, als man das Haupt eines Menschen bezahlt. Gebt mir Euer Gold und wartet hier eine Weile. Zum erstenmal tragen menschliche Hände Gold, das nicht mit menschlichem Blute befleckt ist, in dieses Haus.«
Die Alte stellte die Lampe auf den Boden, verriegelte die Thüre und verschwand unter dem Eingang einer finstern Treppe, die abwärts führte.
Spiagudry rief alle Heiligen an und verwünschte die Unklugheit seines Gefährten. Ordener nahm das Licht und leuchtete in dem runden Zimmer herum, worin sie sich befanden. Als er sich der Mauer näherte, schauderte er zurück, und der Alte, der ihm gefolgt war, rief leichenblaß aus: »Großer Gott! Ein Galgen!«
In der That war ein großer Galgen an die Mauer gelehnt.
»Und hier,« fuhr Ordener fort, »Sägen, Ketten, Halsbänder, eiserne Zangen!«
»O, Herr im Himmel!« rief Spiagudry. »Wo sind wir?«
Ordener fuhr ruhig fort: »Hier ein hänfener Strick, dort Glühöfen und Kessel; hier Peitschen mit stählernen Spitzen, dort ein Beil und ein Schwert!«
»Das ist die Rüstkammer der Hölle!« sprach der zitternde Alte.
»Das sind freilich seltsame Gerätschaften! Ich bedaure meine Unklugheit, die Euch hiehergeführt hat, alter Herr!«
»Jetzt ist es zu spät!« sagte Spiagudry, der mehr todt als lebendig war.
»Nur ruhig, ich bin da und mein Schwert auch!«
»Das wird viel helfen!« murmelte der Alte zwischen den Zähnen.
Jetzt erschien die Thurmbewohnerin wieder und gab den Fremden ein Zeichen, ihr zu folgen. Sie ging mit der Lampe voran, und sie stiegen eine enge Treppe hinauf. Sie kamen oben in ein rundes Zimmer, wie das untere war. In der Mitte desselben brannte ein großes Feuer, dessen Rauch durch eine Oeffnung in der Decke hinauszog. Ein Bratspieß mit noch frischem Fleisch drehte sich an dem Feuer, Spiagudry wendete sich mit Abscheu weg.
»An diesem abscheulichen Herde,« sagte er zu seinem Gefährten, »hat das Holz des wahren Kreuzes die Glieder einer Heiligen verzehrt.«
In einiger Entfernung vom Feuer stand ein plumper Tisch. Das Weib lud die Reisenden ein, Platz daran zu nehmen.
»Fremdlinge,« sagte sie, und setzte die Lampe vor sie hin, »das Nachtessen wird bald fertig sein, und mein Mann wird bald kommen, damit ihn nicht der Geist der Mitternacht, der um den verwünschten Thurm haust, durch die Lüfte davon führe.«
Jetzt, beim Scheine des Lichts, konnte Ordener erst sehen, wie seltsam sich der furchtsame Spiagudry verkleidet hatte, um sich unkenntlich zu machen. Er hatte seine Kleider von Rennthierfell gegen eine ganz schwarze Kleidung vertauscht, die er im Spladgest von einem berühmten Grammatiker aus Drontheim ererbt hatte, welcher sich aus Verzweiflung darüber ersäufte, daß er den Grund nicht auffinden konnte, warum Jupiter im Genitiv mit Jovis declinirt wird. Seine Holzschuhe hatte er gegen ein paar weite Postillonsstiefel vertauscht, die ein Postknecht, den seine Pferde geschleift hatten, im Spladgest zurückließ. Er hätte darin keinen Schritt thun können, wenn sie nicht mit einem halben Bund Heu ausgestopft gewesen wären. Auf seinem Haupt trug er eine große Perrücke, von einem reisenden Franzosen ererbt, der in der Nähe von Drontheim ermordet worden war. Eines seiner Augen war mit einem Pflaster bedeckt, und das Gesicht hatte er sich mit einer Schminke bestrichen, die er von einer alten Jungfer an sich gebracht hatte, welche aus Liebe gestorben war. Ehe er sich setzte, nahm er das Paket, das er auf seinem Rücken trug, sorgfältig unter sich, wickelte sich in seinen alten Mantel, und seine ganze Aufmerksamkeit war auf den Braten gerichtet, den die alte Hexe am Spieß hatte, und auf den er von Zeit zu Zeit Blicke voll unruhigen Entsetzens warf. Sein zahnloser Mund murmelte von Zeit zu Zeit: »Menschenfleisch! . . . Horrendas epulas! . . . Anthropophagen! . . . Gastmahl des Moloch! . . . Noe pueros coram populo Medea trucidet! . . . Wo sind wir? . . . Druide! . . . Irmensäule! . . .«
Endlich rief er aus: »Gott sei Lob und Dank! Ich sehe einen Schwanz.«
Ordener, der aufmerksam auf ihn gewesen war, hatte den Gang seiner Gedanken ungefähr errathen und sagte lächelnd: »Das ist nicht sehr beruhigend. Es ist vielleicht das Hintertheil eines Teufels.«
Spiagudry überhörte diesen Scherz, denn seine Blicke starrten auf den Hintergrund des Zimmers. Er schauderte zusammen und flüsterte in Ordeners Ohr: »Herr, sehen Sie dort hin, auf dem Stroh da hinten . . . im Schatten . . .«
»Nun, was denn?«
»Drei nackte und unbewegliche Körper, drei Leichname von Kindern! . . .«
»Man klopft an die Thüre des Thurmes,« sagte die Alte.
In der That folgten mehrere heftige Schläge hintereinander, die das Toben des Sturms übertönten.
»Das ist endlich Nychol!« sagte die Thurmbewohnerin, nahm die Lampe und stieg eilends die Treppe hinab.
Bald hörte man in dem unteren Zimmer ein verwirrtes Geräusch von Stimmen, unter welchen man endlich folgende Worte unterschied, die in einem Tone ausgesprochen wurden, der schauderhaft in Spiagudry's Ohr klang: »Weib,« sagte die Stimme, »schweig! Wir bleiben. Der Sturm fährt in das Haus, ohne daß man ihm die Pforte öffnet.«
Spiagudry drängte sich an Ordener und sagte kläglich: »Wehe uns, o Herr, wehe uns!«
Schritte ertönten auf der Treppe, und zwei Männer in geistlicher Kleidung traten ein. Die Thurmbewohnerin folgte ihnen. Der eine dieser Männer war ziemlich groß und trug die schwarze Kleidung der lutherischen Geistlichen; der andere, von kleiner Gestalt, hatte eine Einsiedlerskutte an, die mit einem Strick um den Leib befestigt war. Die vorgezogene Kapuze ließ von seinem Gesicht nichts erblicken, als seinen langen schwarzen Bart, und seine Hände waren von den langen Aermeln seiner Kutte ganz bedeckt.
Beim Anblick dieser beiden friedlichen Personen legte sich der Schrecken, den die sonderbare Stimme der einen von ihnen Spiagudry eingeflößt hatte.
»Seid unbesorgt, gutes Weib,« sagte der Geistliche zu der Thurmbewohnerin, »die Diener des Herrn dienen selbst ihren Feinden; sollten sie denen schaden wollen, die ihnen dienstlich sind? Wir verlangen nur ein Obdach. Wenn der ehrwürdige Vater, der mich begleitet, eben hart mit Euch gesprochen hat, so hatte er Unrecht, jene Ermäßigung der Stimme aus der Acht zu lassen, welche unser Gelübde vorschreibt. Aber selbst die Heiligsten sind Menschen und Sünder. Ich war verirrt auf der Straße von Skongen nach Drontheim, ohne Führer in der Nacht, ohne Zuflucht im Sturm. Dieser ehrwürdige Vater hat mir den Weg zu Eurer Wohnung gezeigt. Er hat mir Eure Gastfreundschaft gerühmt, und ich hoffe mich darin nicht getäuscht zu sehen. Nehmt uns wohlwollend auf, dann wird der Herr Eure Ernten vor Hagel bewahren, Euern Heerden im Sturm eine Zuflucht gewähren, wie Ihr sie verirrten Wanderern gewährt habt.«
»Alter Mann,« unterbrach ihn die Thurmbewohnerin, »ich besitze keinen Fleck Erde, auf dem ich säen und ernten könnte, und nicht den Raum für eine einzige Ziege.«
»Wenn Ihr arm seid, so wisset, daß Gott den Armen vor dem Reichen segnet. Ihr werdet alt werden mit Eurem Manne und geachtet, nicht um Eurer irdischen Güter, sondern um Eurer Tugenden willen. Eure Kinder werden aufwachsen, umgeben von der Achtung der Menschen, und sie werden sein, was ihr Vater war . . .«
»Schweige, alter Mann! Ja, unsere Kinder werden bleiben, was wir sind, die Verachtung der Menschen wird ihnen folgen, wie uns, von Geschlecht zu Geschlecht. Schweige, alter Mann! Uns wird der Segen zum Fluche.«
»Allmächtiger Gott!« rief der Geistliche aus. »Wer seid Ihr denn? In welchen Verbrechen bringt Ihr Euer Leben hin?«
»Was nennt Ihr Verbrechen, was Tugend? Wir besitzen hier ein Vorrecht vor allen Menschen: wir können keine Tugenden üben, wir können keine Verbrechen begehen.«
»Dieses Weib ist wahnsinnig,« sagte der Geistliche zu dem kleinen Eremiten, der seine Kutte an dem Feuer trocknete.
»Nein, Priester!« versetzte die Thurmbewohnerin. »Du aber weißt nicht, wo Du bist. Ich will lieber Abscheu einflößen, als Mitleid. Ich bin nicht wahnwitzig, sondern das Weib des . . .«
Ein heftiger Schlag an die Hausthüre hinderte das Uebrige zu hören, zum großen Verdrusse Spiagudry's und Ordeners, welche diesem Zwiegespräch aufmerksam zugehört hatten.
»Verflucht sei,« murmelte das Weib zwischen den Zähnen, »der Oberrichter von Skongen, der uns diesen so nahe an der Straße gelegenen Thurm zur Wohnung angewiesen hat! Vielleicht ist es abermals nicht Nychol.«
Sie nahm ihre Lampe und fügte hinzu: »Gleichviel, ob es abermals ein Reisender ist! Nach der Überschwemmung des Stroms mag auch das Bächlein sein Wasser ergießen.«
Die vier Wanderer betrachteten einander beim Scheine des Feuers. Spiagudry, den die Stimme des Eremiten anfangs erschreckt, dann sein schwarzer Bart wieder beruhigt hatte, würde vielleicht abermals gezittert haben, wenn er gesehen hätte, welche stechende Blicke der Einsiedler unter seiner Kapuze hervor auf ihn warf.
Nach einer Pause warf der Geistliche eine Frage hin: »Bruder Eremit, Ihr seid wahrscheinlich einer der katholischen Priester, welche der letzten Verfolgung entgangen sind, und waret auf dem Wege nach Eurer Zufluchtsstätte, als ich Euch zu meinem Glücke begegnete. Könnt Ihr mir sagen, wo wir uns befinden?«
Die Thüre öffnete sich rasch, bevor noch der Einsiedler Zeit zur Antwort gefunden hatte.
Ein Mann von riesenmäßigem Wuchse, roth gekleidet, trat ein.
»Weib,« sagte er, »wenn ein Ungewitter kommt, fehlt es nicht an Leuten, die sich an unserem verfluchten Tische niedersetzen und sich unter unserem verwünschten Dache bergen.«
»Nychol,« erwiederte das Weib, »ich konnte nicht hindern . . .«
»Nun, willkommen sind die Gäste, welche bezahlen! Das Geld ist eben so gut verdient, wenn man einem Reisenden Obdach und Nahrung gibt, als wenn man einem Diebe den Strick um den Hals schnürt.«
Als Benignus Spiagudry den rothgekleideten Mann erblickte, stieß er einen Schrei des Entsetzens aus. Der Geistliche wendete mit Staunen und Abscheu sein Haupt weg.
Der Herr des Hauses, der ihn erkannt hatte, redete ihn an: »Wie kommt Ihr hieher, Herr Pfarrer? Ich glaubte in der That nicht, daß ich heute noch einmal das Vergnügen haben würde, Eure erschrockene Miene und Euer salbungsvolles Gesicht zu sehen.«
Der Geistliche unterdrückte seine erste Regung von Widerwillen. Seine Züge wurden ernst und heiter.
»Und ich, mein Sohn,« sagte er, »ich danke der Vorsehung, die den Hirten zu dem verirrten Lamme geführt hat, damit, so wird es der Herr wollen, das Lamm zu dem Hirten komme.«
»Ha! ha! Bei Hamans Galgen,« rief der Andere mit lautem Gelächter aus, »das ist das Erstemal, daß ich mich mit einem Lamme vergleichen höre. Hört, geistlicher Herr, wenn Ihr dem Geyer schmeicheln wollt, so müßt Ihr ihn nicht Taube nennen.«
»Derjenige, mein Sohn, durch den der Geyer zur Taube wird, tröstet und schmeichelt nicht. Du glaubst, ich fürchte Dich, ich beklage Dich nur.«
»Ihr müßt in der That einen guten Vorrath von Mitleid besitzen, daß Ihr es heute bei diesem armen Teufel nicht ganz erschöpft habt, dem Ihr Euer Kreuz vorhieltet, damit er meinen Galgen nicht sehen sollte.«
»Dieser Unglückliche war weniger bedauernswerth, als Du, denn er weinte und Du lachtest. Glücklich, wer in dem Augenblicke, wo er sein Verbrechen büßt, erkennt, wie viel mächtiger Gottes Wort ist, als der Arm der Menschen!«
»Wohl gesprochen, mein Vater in Christo. Glücklich, wer weint! Unser Mann von heute hatte übrigens kein anderes Verbrechen begangen, als daß er seinen König so sehr liebte, daß er nicht umhin konnte, das Bildniß Seiner Majestät auf kleine Kupferstücke zu graben, die er alsdann künstlich versilberte, um sie des königlichen Angesichts desto würdiger zu machen. Unser gnadenreicher Souverän ist aber auch dafür erkenntlich gewesen und hat ihm zur Belohnung einer so großen Anhänglichkeit an seine erhabene Person ein schönes hänfenes Band verliehen, welches ihm heut auf dem Marktplatze von Skongen durch mich, Großkanzler des Galgenordens, unter dem Beistande des hier gegenwärtigen Großalmoseniers gedachten Ordens, öffentlich umgehängt worden ist.«
»Halt ein, Unglücklicher!« unterbrach ihn der Priester. »Wie kann der Arm der Gerechtigkeit vergessen, daß das Laster gestraft wird! Hörst Du den Donner?«
»Was ist der Donner? Satans Gelächter.«
»Großer Gott! Er kommt eben von einer Hinrichtung und lästert Gott!«
»Stille, alter Narr!« rief der Henker zornig aus. »Stille, sonst möchtest Du vielleicht dem Engel der Finsterniß fluchen, der uns in zwölf Stunden zweimal auf dem nämlichen Karren und unter dem nämlichen Dache zusammengeführt hat! Ahme das Beispiel Deines Amtsgenossen, des Eremiten nach; er schweigt, weil er in seine Grotte zu Lynraß zurückkehren möchte. Ich danke Euch, Bruder Eremit, für den Segen, den Ihr jeden Morgen, wenn Ihr über den Hügel geht, dem verfluchten Thurme ertheilt; es hat mir aber von ferne geschienen, als ob Ihr größer seid, und Euer schwarzer Bart kam mir weißer vor. Ihr seid ja doch der Einsiedler zu Lynrah, denn es gibt in ganz Drontheimhus keinen andern?«
»Ich bin in der That der einzige,« erwiederte der Eremit in dumpfem Tone.
»Wir sind also die beiden Einsiedler der Provinz. Holla! Weib, mache, daß dieser Lammbraten fertig wird, denn ich habe Hunger. Ich bin zu Burlock von diesem verfluchten Doktor Manryll aufgehalten worden, der mir für den Leichnam nur zwölf Pfennige geben wollte, während man dem höllischen Wächter des Spladgest vierzig bezahlt.«
»Was ist Euch denn, alter Perrückenstock?« rief der Henker Spiagudry zu, der an allen Gliedern zitterte. »Steht fest auf den Beinen, wenn Ihr nicht fallen wollt! – Weib, bist Du mit dem Skelett des Vergifters Ogivius fertig? Er muß fort in das Kabinet zu Bergen. Hast Du einen Deiner kleinen Frischlinge an den Syndikus zu Loewig abgeschickt, um zu fordern, was er mir schuldig ist? Vier harte Thaler für die Tortur einer Hexe und zweier Alchimisten, zwanzig Pfennige, daß ich den Strick eines Selbstmörders abgeschnitten, und einen Thaler für einen neuen Arm an den Galgen.«
»Das Geld ist noch in den Händen des Syndikus, weil Dein Bube den hölzernen Löffel vergessen hatte, um es in Empfang zu nehmen, denn Niemand, auch die Amtsknechte nicht, wollte sich dazu verstehen, es ihm in seine eigene Hand zu legen.«
Der Scharfrichter runzelte die Stirne: »Möge ihr Hals in meine Hände fallen, dann will ich sie mit etwas Anderem berühren, als mit einem hölzernen Löffel! – Höre, Weib, laß doch Deine Jungen nicht mit meinen Zangen spielen, sie haben alle meine Instrumente in Unordnung gebracht.«
»Wo sind sie, die jungen Wölfe?« fügte er hinzu und trat an das Strohlager, auf welchem Spiagudry drei Leichname ausgestreckt glaubte. »Da liegen sie ja und schlafen!«
Der arme Spiagudry war seit dem Eintreten des Scharfrichters, den er sogleich erkannt hatte, voll Entsetzen. Jetzt neigte er sich zu Ordeners Ohr und sagte mit fast unhörbarer Stimme: »Es ist Nychol Orugir, Scharfrichter des Drontheimhus!«
Inzwischen hatte das Weib den Lammbraten in einer großen irdenen Schüssel aufgetragen. Der Scharfrichter setzte sich zwischen die zwei Geistlichen, Ordener und Spiagudry gegenüber.
»Nun, ehrwürdiger Vater,« sagte Orugir lachend, »das Lamm bietet Euch Schöpsbraten an. Und ihr, Herr Perrückenstock, hat der Wind Eure Perrücke Euch so über das Gesicht geweht?«
»Der Wind . . . Herr . . . das Gewitter . . .« stotterte der zitternde Spiagudry.
»Nur Muth gefaßt, mein Alter! Ihr seht ja, daß die Herren Pfaffen und ich gute Teufel sind. Sagt mir einmal, wer Ihr seid, und wer ist der schweigsame junge Mensch, Euer Begleiter? Thut einmal das Maul auf! Wir wollen Bekanntschaft mit einander machen. Wenn Eure Reden Eurem Ansehen entsprechen, so müßt Ihr sehr unterhaltend sein.«
»Der Herr beliebt zu spassen . . .« erwiederte Spiagudry und bemühte sich vergebens, ein Lächeln hervorzubringen, »ich bin nur ein armer alter Mann . . .«
»Irgend ein alter Gelehrter, ein alter Hexenmeister . . .« unterbrach ihn der lustige Henker.
»Gelehrt, ja! Hexenmeister, nein! Das könnt Ihr mir glauben, Herr!«
»Desto schlimmer. Ein Hexenmeister würde unserem lustigen Sanhedrin wohl anstehen. Ihr Herren Gäste, laßt uns unser Mahl mit diesem Bier würzen! Vielleicht wird dann unser alter Gelehrter redseliger. Auf die Gesundheit des heute Gehenkten, Bruder Pfarrer! Wie, Bruder Eremit, Ihr verschmäht mein Bier?«
Der Eremit hatte unter seiner Kutte eine Feldflasche mit einem sehr hellen Wasser hervorgezogen, womit er sein Glas anfüllte.
»Höllenteufel! Einsiedler von Lynraß,« rief der Henker aus, »wenn Ihr nicht von meinem Bier trinkt, so trinke ich von dem Wasser, das Ihr ihm vorzieht.«
»Trinke!« sagte der Eremit.
»Zieht zuerst Eure Handschuhe aus, ehrwürdiger Herr: man schenkt nicht anders als mit bloßer Hand zu trinken ein.«
Der Einsiedler machte ein verneinendes Zeichen.
»Es ist ein Gelübde,« sagte er.
»So schenkt ein,« versetzte der Henker.
Kaum hatte Orugix sein Glas an den Mund gebracht, so stieß er es rasch wieder von sich, während der Eremit das seinige mit einem Zuge leerte.
»Beim heiligen Kelche des Abendmahls, hochwürdiger Bruder, was habt Ihr da für ein höllisches Getränke? Ich habe noch nie ein ähnliches getrunken, seit dem Tage, wo ich auf der Reise von Kopenhagen nach Drontheim beinahe ertrunken wäre. Das ist kein Wasser aus der Quelle des Lynraß, sondern Seewasser.«
»Seewasser!« stammelte Spiagudry mit einem Entsetzen, das der Anblick des Handschuhes des Eremiten noch vermehrte.
»Alter Absalon,« sagte der Henker lachend, »Alles setzt Euch ja hier in Schrecken, bis auf das Seewasser hinaus, das ein heiliger Waldbruder trinkt, seinen Leib zu kasteien?«
»Seewasser! . . . Herr . . . Seewasser! . . . Es gibt nur einen einzigen Menschen . . .«
»Ihr wißt nicht, was Ihr sprecht. Euer Schrecken kommt von einem bösen Gewissen oder aus Verachtung . . .«
Diese in einem empfindlichen Tone ausgestoßenen Worte ließen den armen Spiagudry die Nothwendigkeit erkennen, sein Entsetzen zu verhehlen. Um nun seinen gefürchteten Wirth zu ergötzen, bot er das Bischen Geistesgegenwart, das ihm noch übrig geblieben war, zur Unterstützung seines unermeßlichen Gedächtnisses auf.
»Verachtung, Herr!« sagte er. »Ich sollte Euch verachten! Euch, dessen Anwesenheit in einer Provinz derselben das merum imperium oder Blutrecht ertheilt! Euch, den Nachrichter, den Vollzieher der öffentlichen Gerechtigkeit, das Schwert der Justiz, den Schild der Unschuld! Euch, den Aristoteles unter die Magistratspersonen zählt, und dessen Gehalt das Paris von Puteo auf fünf Goldgulden festsetzt, wie aus folgender Stelle erhellt: Quinque aureos manivolto! Euch, dessen Amtsbrüder zu Kronstadt den Adel erlangen, nachdem sie dreihundert Köpfe abgeschlagen haben! Euch, dessen furchtbare, aber ehrenwerthe Amtsgeschäfte in Franken von dem jüngsten Ehemann, zu Reutlingen von dem jüngsten Gemeinderath, zu Stedien von dem jüngsten Bürger verrichtet werden! Wie, sollte ich Euch nicht tief verehren, da der Abt von Saint-Germain-des-Prés Euch jedes Jahr am St. Vincentiustage einen Schweinskopf verabreicht und Euch an der Spitze seiner Prozession gehen läßt! . . .«
Hier wurde der Strom seiner Gelehrsamkeit von dem Scharfrichter plötzlich unterbrochen.
»Das ist das erste Wort, das ich davon erfahre,« rief er aus. »Der hochwürdige Abt, von dem Ihr da redet, hat mich bis jetzt um dieses Recht schändlich betrogen. Ihr Herren,« fuhr er fort, »ich will mich nicht weiter mit den Tollheiten dieses alten Narren einlassen, sondern Euch nur kurz sagen, daß allerdings meine Laufbahn gänzlich verfehlt ist. Ich bin heute noch nur der arme Scharfrichter einer armen Provinz. Und ich hätte eine eben so glänzende Laufbahn zurücklegen können, als Stillison Dickoy, der berühmte Nachrichter von Moskau! Könnt Ihr's glauben? ich war es, den man vor vierundzwanzig Jahren mit Schuhmachers Hinrichtung beauftragt hatte.«
»Schuhmachers, Grafen von Greiffenfeld?« rief Ordener aus.
»Das wundert Euch, mein stummer Herr! Ja, des nämlichen Schuhmacher, den ein sonderbarer Zufall abermals in den Bereich meines Armes bringen würde, im Fall es dem König gefiele, den Aufschub der Hinrichtung aufzuheben. Ich will Euch erzählen, ihr Herren, wie es kommt, daß ich so erbärmlich ende, nachdem ich so glänzend begonnen hatte.«
»Ich war im Jahre 1676 Knecht von Rhum Stuald, königlichem Nachrichter zu Kopenhagen.
»Bei des Grafen von Greiffenfeld Verurteilung wurde ich, weil mein Herr krank war, Dank meinen Protektionen, auserlesen, diese ehrenvolle Hinrichtung zu vollziehen. Am 5. Juni, ich werde diesen Tag nie vergessen, schlugen wir von 5 Uhr Morgens an ein schwarz behängtes Schaffot auf. Um acht Uhr umgab die Noblegarde das Gerüst, und die Uhlanen von Schleswig hielten die Menge zurück, welche sich auf dem Platze drängte. Ich war selig! Aufrecht, das Schwert in der Hand, harrte ich auf der Estrade. Alle Augen waren auf mich gerichtet. In diesem Augenblicke war ich die wichtigste Person in beiden Königreichen. Dein Glück, dachte ich, ist gemacht, denn was vermögen ohne dich und dein Schwert alle die großen Herren, die sich zum Untergang des Kanzlers verschworen haben? Ich erblickte mich im Geiste schon als königlichen Nachrichter der Hauptstadt, ich hatte Knechte, Privilegien . . . Hört nun weiter! Die Glocke des Fort schlägt zehn Uhr. Der Verurtheilte verläßt den Kerker, geht durch die Menge, besteigt mit festem Tritt und ruhigem Angesicht das Blutgerüste, Ich will ihm die Haare hinaufknüpfen; er stößt mich zurück und thut es selbst. ›Ich bin schon lange gewohnt,‹ sagte er lächelnd zu dem Pfarrer von St. Andreas, ›mir die Haare selbst zu machen.‹
»Ich biete ihm die schwarze Binde an, er weist sie unwillig, doch ohne mir Verachtung zu zeigen, zurück. ›Freund,‹ sagte er zu mir, ›das ist vielleicht das erste Mal, daß die beiden Endpunkte der richterlichen Ordnung, der Großkanzler und der Scharfrichter, auf dem engen Raume eines Blutgerüstes zusammentreffen.‹
»Diese Worte sind in mein Gedächtniß gegraben geblieben. Er nahm auch das schwarze Kissen nicht an, das ich unter seine Kniee legen wollte; er umarmte den Geistlichen und kniete nieder, nachdem er mit lauter Stimme gerufen hatte, er sterbe unschuldig.
»Jetzt zertrümmerte ich mit einer Keule sein Wappenschild, indem ich, wie es gebräuchlich ist, rief: ›Solches geschieht mit Fug und Recht!‹ Das erschütterte seine Festigkeit; er erblaßte, doch faßte er sich gleich wieder und sagte: ›Der König hat es mir gegeben, der König kann es wieder nehmen!‹
Ruhig legte er sein Haupt auf den Block, ich hob das Schwert. In diesem Augenblicke ertönte es in meinen Ohren: ›Gnade! Im Namen des Königs! Gnade!‹
Ich wende mich um und sehe einen Adjutanten dem Schaffot zusprengen, den Gnadenbrief hoch in der Hand schwingend.
Der Graf erhob sich ruhig. Man reichte ihm den Gnadenbrief: ›Gerechter Gott!‹ rief er aus. ›Ewige Gefangenschaft! Ihre Begnadigung ist härter als der Tod.‹
Er steigt herab, niedergeschlagener als er hinaufgestiegen war. Mir war das gleichviel. Ich konnte nicht ahnen, daß das Glück dieses Menschen mein Unglück werden sollte. Nachdem das Schaffot abgetragen war, kehrte ich zu meinem Herrn zurück, noch voll Hoffnung, und nur etwas ärgerlich, daß ich um den Goldgulden gekommen war, der für einen abgeschlagenen Kopf bezahlt wird. Das war aber nicht Alles. Am andern Morgen bekomme ich den Bestallungsbrief als Nachrichter von Drontheimhus, mit dem Befehl, sogleich abzureisen. Scharfrichter in der Provinz, und zwar in der schlechtesten Provinz Norwegens! Wißt Ihr, wie das zuging, ihr Herren? Die Feinde des Grafen hatten, um sich ein Ansehen von Milde zu geben, Alles so eingerichtet, daß die Begnadigung einen Augenblick nach der Hinrichtung eintreffen sollte. Eine Minute machte hier Alles aus, und nun schob man die Schuld auf meine Langsamkeit, als ob es anständig gewesen wäre, einen vornehmen Herrn sich nicht noch einige Sekunden vor seinem letzten Augenblick erfreuen zu lassen! Als ob ein königlicher Nachrichter, der einen Großkanzler enthauptet, dies nicht mit mehr Anstand und Würde verrichten müßte, als der Henker einer Provinz, der einen schäbigen Juden aufknüpft! Dazu kam noch Bosheit. Ich hatte einen Bruder, der, glaube ich, noch lebt. Er hatte einen andern Namen angenommen und sich in dem Hause des neuen Großkanzlers, Grafen von Ahlfeldt, einzunisten gewußt. Diesem Elenden war meine Anwesenheit in Kopenhagen zuwider. Mein Bruder haßt und verachtet mich; er hat vielleicht eine Ahnung, daß ich der Henker sein werde, der ihn eines Tages hängt.«
Hier hielt der Redner einen Augenblick inne und fuhr dann lachend fort: »Ihr seht, meine lieben Gäste, daß ich mich in mein Schicksal gefügt habe. Zum Teufel mit dem Ehrgeiz! Ich treibe hier ehrbar mein Handwerk. Ich verkaufe meine Leichname, oder macht mein Weib Skelette daraus, die ich an anatomische Kabinette verwerthe. Ich lache über Alles, selbst über dieses arme Weibsbild, die sonst als Zigeunerin herumzog und jetzt in der Einsamkeit toll geworden ist. Meine drei Erben wachsen auf in der Furcht des Teufels und des Galgens. Mein Name ist der Schrecken der kleinen Kinder in der ganzen Provinz Drontheimhus. Die Schöppen liefern mir einen Karren und rothe Kleider. Der verfluchte Thurm schützt mich so gut gegen den Regen, als den Bischof sein Palast. Die alten Pfarrer, die ein Obdach bei mir suchen, predigen mir, und die Gelehrten orgeln mir etwas vor. Summa Summarum: Ich bin so glücklich, als irgend ein Anderer, ich esse und trinke, ich köpfe und hänge, ich wache und schlafe.«
»Er tödtet und schläft, der Unselige!« murmelte der Geistliche.
»Wie glücklich ist dieser Elende!« rief der Eremit aus.
»Ja, Bruder Eremit,« sagte der Henker, »elend wie Du, aber gewiß glücklicher. Das Handwerk wäre gut, aber es gibt Leute, die einem armen fleißigen Mann das Brod vor dem Maul wegschnappen. Da hat erst der neue Almosenier von Drontheim bei Gelegenheit ich weiß nicht welcher hohen Hochzeit um Begnadigung von zwölf Verbrechern angesucht, die mir verfallen sind . . .«
»Die Euch verfallen sind!« rief der Geistliche aus.
»Allerdings, geistlicher Herr! Sieben davon sollen ausgepeitscht, zwei auf dem linken Backen gebrandmarkt und drei gehängt werden, das macht, wohl gezählt, ihrer zwölf, und das sind zwölf Thaler und dreißig Pfennige, die ich verliere, wenn die Begnadigung erfolgt. So verfügt dieser Priester über mein Eigenthum! Dieser verfluchte Pfaffe heißt Athanasius Munder. Ha! Wenn ich ihn hätte . . .«
Der Geistliche erhob sich und sagte ruhig: »Ich, mein Sohn, bin dieser Athanasius Munder.«
Bei diesem Namen flammte des Henkers Gesicht vor Zorn, er stand rasch auf. Sein zorniges Auge fiel auf das ruhige und wohlwollende Gesicht des Geistlichen, dann setzte er sich langsam, stumm und verwirrt wieder auf seinen Sitz.
Es trat eine augenblickliche Stille ein. Ordener, der sich erhoben hatte, um den Priester zu vertheidigen, brach sie zuerst.
»Nychol Orugix,« sagte er, »hier sind dreizehn Thaler, um Euch für die Begnadigung der Verurtheilten zu entschädigen.«
»Wer weiß,« unterbrach ihn der Geistliche, »ob ich diese Begnadigung erlangen werde? Ich möchte gerne mit dem Sohn des Vicekönigs selbst sprechen, denn die Begnadigung hängt von seiner Vermählung mit der Tochter des Großkanzlers ab.«
»Herr Pfarrer,« versetzte Ordener in zuversichtlichem Tone, »Sie werden diese Begnadigung erlangen. Ordener Guldenlew wird den Brautring nicht wechseln, bis die Ketten Ihrer Schutzbefohlenen gebrochen sind.«
»Junger Fremdling, dazu können Sie nichts beitragen, aber der Herr hat Ihre guten Wünsche vernommen und wird Sie dafür belohnen.«
Die dreizehn Thaler hatten den guten Nychol Orugix gänzlich umgewandelt. Seine fröhliche Laune war zurückgekehrt,
»Ihr seid ein wackerer Mann, verehrtester Herr Almosenier,« sagte er, »und ich habe mehr Schlimmes über Euch gesagt, als ich selbst dachte. Ihr geht schnurgerade auf Eurem Pfade fort, und es ist nicht Eure Schuld, wenn er den meinigen durchkreuzt. Aber wem ich nicht wohl will, das ist der Wächter im Todtenhause zu Drontheim, dieser alte Hexenmeister . . . Wie heißt er doch? . . . Spliugry? . . . Spadugry? . . . Sagt mir doch, alter Herr Doktor, der Ihr ein Babel von Wissenschaft seid, und dem nichts verborgen ist, könnt Ihr mir den Namen dieses Hexenmeisters, Eures Collegen, nicht mittheilen? . . . Ihr habt ihm doch wohl manchmal an einem Sabbat auf einem Besen in der Luft begegnen müssen.«
Der arme Benignus Spiagudry wäre in diesem Augenblicke gerne auf einem Besen durch die Lüfte davongefahren, wenn er auf diesem Wege aus dem verfluchten Thurm hätte entrinnen können. Er zitterte wie Espenlaub, und seine Zunge war so schwer, daß er kein Wort hervorzubringen vermochte.
»Nun,« fuhr Orugix fort, »wißt Ihr den Namen dieses verdammten Wächters des Spladgest? Macht Euch Eure Perrücke taub?«
»Ein wenig, Herr . . . Aber,« stotterte er nach einer Pause, »ich weiß diesen Namen nicht, das schwöre ich Euch,«
»Er weiß ihn nicht,« sagte des Einsiedlers gefürchtete Stimme. »Er thut nicht wohl, darauf zu schwören. Dieser Mensch heißt Benignus Spiagudry.«
»Ich! Ich! Großer Gott!« rief der Alte schreckenvoll aus.
Der Henker schüttete sich aus vor Lachen: »Wer spricht denn von Euch? Wir reden von diesem heidnischen Wächter des Spladgest. Dieser Schulmeister da geräth doch über Alles in Angst. Wie wäre es erst, wenn er eine gegründete Ursache dazu hätte? Es müßte ein Spaß sein, diesen alten Narren zu hängen. Also, verehrtester Doktor,« fügte Orugix hinzu, den die Angst Spiagudry's belustigte, »also kennt Ihr diesen Benignus Spiagudry nicht?«
»Nein, Herr, ich kenne ihn nicht, das versichere ich Euch,« antwortete er, etwas beruhigt durch sein Incognito. »Und da er das Unglück hat, Euch zu mißfallen, so möchte ich in der That diesen Menschen gar nicht kennen.«
»Aber Ihr, Meister Einsiedler, Ihr scheint ihn zu kennen?«
»Allerdings, es ist ein alter, langer, dürrer, ausgetrockneter Mensch mit einem Kahlkopf . . .«
Spiagudry zog hastig seine Perrücke über die Stirne.
»Er hat Finger, so lang wie die eines Diebs, der seit acht Tagen keinem Reisenden begegnet ist, sein Rücken ist gekrümmt . . .«
Spiagudry setzte sich so aufrecht, als ihm möglich war.
»Man könnte ihn für einen der Leichname halten, die er bewacht, wenn er nicht so stechende Augen hätte . . .«
Spiagudry hielt die Hand vor das Auge, das nicht mit Pflaster bedeckt war.
»Schönen Dank, Vater, ich werde nun diesen alten Juden erkennen, wo ich ihn auch finde . . .«
Spiagudry, der ein sehr guter Christ war, konnte, durch diese Schmähung empört, einen Ausruf nicht unterdrücken: »Jude! . . . Herr! . . . Jude!«
Er hielt plötzlich inne, als ob er bereits zu viel gesagt hätte.
»Jude oder Heide, das ist einerlei, wenn er im Bunde mit dem Teufel steht, wie es heißt!«
»Das würde ich auch glauben,« fuhr der Eremit mit einem sardonischen Lächeln fort, das seine Kapuze nicht ganz verbarg, »wenn er keine so feige Memme wäre. Aber wie sollte er den Anblick des Teufels ertragen können? Er ist eben so feig als boshaft. Wenn ihn die Furcht ergreift, kennt er sich nicht mehr.«
»Ein boshafter Mensch sollte nicht feig sein,« sagte Orugix. »Gegen eine Schlange muß man kämpfen, eine Eidechse tritt man mit dem Fuße nieder.«
Spiagudry wagte einige Worte zu seiner Vertheidigung: »Aber, Ihr Herren, wißt Ihr auch gewiß, daß der Beamte, von dem Ihr sprecht, so beschaffen ist, wie Ihr ihn schildert? Steht er denn in einem Rufe . . .«
»In dem schlimmsten Ruf in der ganzen Provinz,« erwiederte der Einsiedler.
Benignus, auf dieser Seite geschlagen, wendete sich dem Scharfrichter zu: »Herr und Meister, welches Unrecht habt Ihr ihm denn vorzuwerfen, denn ich zweifle nicht, daß Euer Haß gegen ihn gerecht sei?«
»Und Ihr thut wohl daran. Da sein Gewerbe dem meinigen gleicht, thut er Alles, was er vermag, mir zu schaden.«
»O Herr, glaubt das nicht! Oder wenn dem so ist, so kommt es bloß daher, daß dieser Mann Euch nicht wie ich gesehen hat, umgeben von Eurer reizenden Gattin und Euern hoffnungsvollen Kindern, Fremdlinge an Eurem Tische speisend. Wenn dieser Unglückliche Eure Gastfreundschaft genossen hätte, wie wir, könnte er nicht Euer Feind sein.«
Kaum hatte Spiagudry diese Worte gesprochen, so erhob sich das Weib des Nachrichters, die bisher stumm da gesessen war, von ihrem Sitze und sprach mit schauervoll feierlicher Stimme: »Die Zunge der Viper ist nie giftiger, als wenn sie von Honig trieft.«
»Dieses Weib ist wahnsinnig,« dachte Spiagudry, der sich den schlechten Erfolg seiner, wie er glaubte, so wohl angebrachten Schmeichelei nicht anders erklären konnte.
»Das Weib hat Recht,« sagte Orugix, »und ich werde Euch selbst für eine Otterzunge halten, wenn Ihr diesen Spiagudry noch länger in Schutz nehmt.«
»Gott soll mich behüten, Herr, daß ich diesen Menschen vertheidigte!«
»Das lasse ich gelten. Ihr wißt noch nicht einmal, wie weit er seine Unverschämtheit treibt. Glaubt Ihr wohl, daß er die Frechheit hat, mir mein Recht an Han dem Isländer streitig zu machen?«
»An Han dem Isländer?« fragte rasch der Einsiedler.
»Allerdings! Ihr kennt wohl diesen berüchtigten Räuber?«
»Ja!« sagte der Eremit.
»Nun denn, jeder Räuber ist dem Henker verfallen, nicht wahr? Was thut nun dieser höllische Spiagudry? Er verlangt, daß man einen Preis auf Hans Kopf setze . . .«
»Er verlangt, daß man auf Hans Kopf einen Preis setze!« unterbrach ihn der Einsiedler.
»So frech ist er, und einzig deswegen, damit ihm der Leichnam zukomme und ich um mein Eigenthum betrogen sei.«
»Das ist schändlich, Meister Orugix, Euch ein Eigenthum streitig zu machen, das so augenscheinlich Euch gehört!«
Diese Worte waren von dem boshaften Lachen begleitet, das Spiagudry so schreckte.
»Es ist um so schändlicher, da ich einer Hinrichtung, wie die Han des Isländers ist, bedürfte, um mich aus meiner Dunkelheit zu ziehen und das Glück zu machen, das ich bei Schuhmacher verscherzt habe.«
»Da habt Ihr Recht, Meister Nychol!«
»Ja, Bruder Einsiedler, an dem Tage, wo Han gefangen wird, kommt zu mir, dann wollen wir auf meine künftige Erhöhung ein fettes Schwein schlachten.«
»Gerne; aber wißt Ihr auch, ob ich an diesem Tage frei sein werde? Ihr habt aber ja eben erst allen Ehrgeiz zum Teufel geschickt?«
»Mußte ich nicht, da ich sehe, daß es nur eines Spiagudry und einer Bitte, einen Preis auf Hans Kopf zu setzen, bedarf, um die begründetsten Hoffnungen zu vernichten?«
»Ha!« wiederholte der Einsiedler mit einer sonderbaren Stimme. »Ha! Spiagudry hat einen Preis auf Han des Isländers Kopf verlangt!«
Diese Stimme gab jedesmal dem armen Spiagudry einen Stich durch das Herz.
»Ihr Herren,« sagte er, »warum so obenhin aburtheilen? Die Sache ist noch nicht gewiß, vielleicht ist es nur ein falsches Gerücht . . .«
»Ein falsches Gerücht!« rief Orugix aus. »Es ist nur allzu gewiß. Die Bitte der Schöppen liegt gegenwärtig zu Drontheim und Spiagudry's Unterschrift steht darunter. Man wartet nur noch auf die Genehmigung des Gouverneurs.«
Spiagudry verstummte und zwang sich, seine Angst zu verbergen. Sein Schrecken stieg noch höher, als er plötzlich den Eremiten in scherzendem Tone ausrufen hörte: »Meister Nychol, welche Strafe haben diejenigen zu erwarten, die etwas Geheiligtes entweihen?«
»Das hängt von der Art der Entweihung ab,« erwiederte der Scharfrichter.
»Wenn man einen todten Körper entweiht?«
»Ehemals begrub man ihn lebendig mit dem Leichnam.«
»Und jetzt?«
»Jetzt ist man milder.«
»Man ist milder,« sagte Spiagudry, tief athmend.
»Ja, man brennt ihm erst mit einem glühenden Eisen den ersten Buchstaben des Wortes, das sein Verbrechen bezeichnet, auf die Wade . . .«
»Und hernach?« fragte Spiagudry gespannt.
»Hernach hängt man ihn bloß.«
»Barmherziger Gott! Hängen!« rief Spiagudry aus.
»Was Teufels ist denn diesem Menschen? Er sieht mich ja an, als ob er den Strick um den Hals hätte.«
In diesem Augenblicke hörte man den klaren und deutlichen Schall eines Waldhorns. Das Gewitter hatte aufgehört.
»Nychol,« sagte das Weib, »man ist irgend einem Verbrecher auf den Fersen, das ist das Horn der königlichen Häscher.«
»Das Horn der Häscher!« riefen Alle in verschiedenem Tone aus, Spiagudry in dem des höchsten Schreckens,
In demselben Moment folgten heftige Schläge an die Pforte des Thurmes.