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Es war ein etwas diesiger Tag, windstill und milde. Der Oberförster war auf einem Revierbummel, und Duro, wie immer, in seiner Begleitung.
Der Nachmittag begann in den Abend überzugehen, und der Jäger pirschte, gedeckt durch Erlenjungwuchs, an den Wiesen und Feldern entlang. Es war Mitte April, und oft blieb der Oberförster mit dem Feldstecher an den Augen stehen, um sein Wild zu prüfen, wie es durch den Winter gekommen war.
Der Frost hatte nicht allzulange angehalten und war auch nicht übermäßig streng gewesen, und so konnte der alte Jäger zu seiner Freude feststellen, daß nur wenige Stücke des Rehbestandes gefallen waren. Auch Hasen sah man allenthalben und durfte hoffen, daß dieses für die Niederjagd so wertvolle Wild bald wieder so zahlreich vorhanden sein würde, wie es vor der Seuche war, die vor drei Jahren den Bestand an Langohren dezimiert hatte. Der Oberförster und drei der angrenzenden Pächter hatten nach Übereinkunft Hasen aus Böhmen kommen lassen, nicht nur, um die gelichteten Reihen der Löffelmänner wieder etwas aufzufüllen, sondern um bei dieser Gelegenheit gleich eine Blutauffrischung der bodenständigen Hasen herbeizuführen.
Dadurch, daß mehrere große Reviere gleichzeitig Hasen ausgesetzt hatten, hoffte man, der Abwanderung der neu ausgesetzten Hasen vorzubeugen. Jetzt, zweieinhalb Jahre nach der Einführung des frischen Blutes, sah man, daß diese Maßnahme doch gewirkt haben mußte, denn die Krummen Krummen = Hasen. hatten zahlenmäßig zugenommen und schienen auch ein höheres Durchschnittsgewicht zu haben.
Das waren recht angenehme Gedanken, und als er in kurzem Abstand zweimal Paarhühner Paarhühner = Rebhühnerpärchen. locken hörte, hob sich die Stimmung des Oberförsters noch mehr.
Duro ging ohne Leine bei Fuß, denn dieser Teil des Reviers sollte des Rehwildes wegen, das hier seinen Hauptstand hatte, möglichst wenig beunruhigt werden. Herr und Hund waren gerade links in einen Waldweg abgebogen, als der Oberförster wie erstarrt stehenblieb. Mitten auf dem Wege stand auf zwanzig Schritt ein grauer Hund mit struppiger Behaarung und kupierter Rute und Ohren. Es war ganz offenbar ein Schnauzer oder Rattler. Duro stand genau wie sein Herr und rührte sich nicht. Doch der nahm jetzt langsam und unmerklich den Drilling von der Schulter, denn einen streunenden Hund hier oben im entlegensten Teil seines Reviers, den mußte er so schnell wie möglich erledigen.
Der Schnauzer hatte den Kopf zurückgewandt und äugte in die Richtung, aus der er gekommen war, als warte er auf jemanden.
Sollte am Ende – – dachte der Oberförster, und richtig, da trat ein »Kerl« auf die Schneise. Der Hund war also entschuldigt, und der Oberförster hätte gar nicht auf den in Begleitung seines Herrn befindlichen Schnauzer schießen dürfen. Aber wie kam der Mensch dazu, hier mitten im Revier mit einem unangeleinten Hund umherzulaufen! Der Oberförster rief den Mann laut an. Doch der erschrak gar nicht, denn Heinrich Windholz hatte den Grünrock schon bemerkt, weil er, bevor er aus der Schonung trat, nach rechts und links geäugt hatte, um vielleicht ein Stück Wild zu sehen. Er ging dem Förster ruhig entgegen, und so wie sich die beiden Männer ernst gegenübertraten, so schritten auch die beiden Rauhbärte, Pfeffer und Duro, steifbeinig mit gesträubtem Rückenhaar aufeinander zu.
Während nun der Forstmensch den Wandermusiker nach Woher und Wohin befragte und sich, wenn auch zuerst etwas widerwillig, davon überzeugte, daß er hier einen zwar nicht alltäglichen, aber doch ordentlichen Menschen vor sich habe, hatten sich die beiden Hunde einander so weit genähert, daß sich ihre Nasen beinahe berührten, und das Aussehen beider deutete darauf hin, daß die schönste Beißerei unmittelbar bevorstand.
Doch plötzlich veränderte sich die Haltung des Schnauzers. Seine Rute fing erst leicht, dann heftig an zu wedeln, sein Gesicht nahm einen erwartungsvoll freundlichen Ausdruck an, und in wenigen Augenblicken hatte sich das rauhbeinig-starre Wesen Pfeffers in lauter Liebenswürdigkeit verwandelt.
Auch Duro wurde plötzlich nett und umgänglich, kurz, die beiden Hunde hatten sich erkannt. In ihrer Erinnerung war der kleine Feldschuppen aufgetaucht, in dem Duro beinahe totgeschlagen worden wäre. Windholz bemerkte die Veränderung im Wesen seines Hundes mit Verwunderung, denn anderen seiner Art gegenüber war Pfeffer im allgemeinen unleidlich. Aber als er den Jagdhund erst richtig ins Auge gefaßt hatte, erkannte ihn auch der Musiker.
»Diesen Hund kenne ich, Herr Förster, ich und mein Pfeffer hier, wir haben ihn mal aus einer bösen Lage befreit.«
»Daß die Hunde sich kennen, scheint mir jetzt auch beinahe so, aber erzählen Sie doch mal, wie das war – –«
Und Heinrich Windholz berichtete alles, was er wußte. Auch daß er den Hund, dessen Qualitäten er erkannt hatte, einem Bauern, der ein ordentlicher Jäger war, zugedacht hatte; daß ihn dieser aber, wie er, Windholz, später erfahren habe, niemals zu sehen bekommen hätte, verschwieg er nicht.
So lüftete sich denn für den Oberförster ein gut Teil des Geheimnisses um die Erlebnisse seines Hundes. Er gab Windholz seine Adresse mit der Bitte, ihn doch einmal auf ein oder zwei Tage zu besuchen, und so schieden die beiden Männer und ihre Hunde in bester Freundschaft.