Johannes Richard zur Megede
Félicie
Johannes Richard zur Megede

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Neuntes Kapitel.

Endlich! – 6° – wie's in Kursbüchern steht. Ich bereits auf. Der Duc soll wissen, daß er einen selbstlosen Gastfreund zurückläßt. Anfangs glaubte der gute Mann einen Geist zu sehen und wollte ein Kreuz schlagen, als ich Schlag sechs in der Halle erschien. Dann war er gerührt, ich bestrickend. Ja, Gert, das Unglück macht gemein, und verbotene Liebe erzieht Heuchler.

Wir treten in den Frühmorgen hinaus, die Zigarette in der schlaffen Mundecke. Es ist ein Frühmorgen frisch und tauig – der scharfe Seewind vertreibt die letzten Schlafkobolde. Wir steigen zum Meer hinunter – nicht übermäßig gesprächig, wie immer. Die Kamelien erwachten gerade, die Agaven schimmerten naß. Aber der Lorbeer säuselte schon freundlich, und die dunkeln Magnolienblätter blinkten traulich. Es schwebte ein starker Seehauch durch die reine Luft – als zweifelhafter Bote guten Wetters. Die Sonne lag hell blinzelnd über dem gelbgrünen Meer, hinter einer Wolkenwand halb versteckt. Die gute Dame war sich noch nicht ganz klar, ob sie ihr rundes Gesicht in freundliche oder griesgrämige Falten legen sollte. Die Brandung schrie hell. Schaumkronen hüpften lustig, und die Schaluppe unten am Fels schaukelte sich auf der leicht bewegten Flut. Der Herzog schritt rüstig, die Nase voll Salzluft und das Herz voll Thatendrang. »Wird wunderbarer Tag, Baron! Es ist doch rührend, daß Sie so früh aufgestanden sind . . . Meine Frau wollte auch noch kommen . . . na . . .« Und er lächelt wieder sein liebenswürdig mokantes Lächeln: »Sie kommt ja doch nicht!«

An dem winzigen Bootshafen steht bereits der Diener mit Mantel und Decken. Es ist ein undurchdringliches Dienergesicht, das Geheimnisse klug bewahrt oder teuer verkauft. Weiter draußen in See wiegt die »Félicie« anmutig ihren weißen Leib; die blauweiße Flagge flattert, der Bootsmann an Bord salutiert herüber. Der Herzog gab dem Diener noch einige französische Befehle – Ein kräftiger Händedruck: »Heute abend, spätestens morgen auf Wiedersehen, Baron.« – Dann sprang er ins Boot. Die Ruder zogen an – aber eine kecke Welle schleuderte den schwanken Kahn erst noch einmal bis zu der Felsplatte zurück, auf der wir stehen. Der Herzog lachte. Dann ging's mit langen Ruderschlägen der »Félicie« zu – im Kielwasser ein hellgrüner brodelnder Streif.

Und wenn der Brave direkt in den unverdienten Höllenrachen führe – ich habe noch niemals mit so ungeteilten Gefühlen jemand den Hut zum Abschied geschwenkt. Jetzt legt das Boot backbord bei. Der Herzog erhebt sich – in dem Moment hoch über uns eine weiche, helle Stimme: »Bon voyage, bon voyage!« – ein wehendes Taschentuch – und zwischen den Blättern einer Riesenagave gleich darauf die Herzogin, weit vorgebeugt, den Kameenkopf rosig überhaucht vom eiligen Gehen, die großen Opalaugen leuchtend. Der Duc scheint sich einen Augenblick zu besinnen, ob die unbequeme Rückfahrt den flüchtigen Abschiedskuß wert sei. Verführerisch genug sieht sein junges Weib wahrhaftig aus! . . . Wär' ich der Mann – und wenn ein Ozean von Tod und Gefahren zwischen uns läge – ich müßte zurück, ich müßte sie noch einmal küssen – Ehehelden denken meistens anders, wollen pädagogisch wirken . . . Die Narren! Wem solch geliebter Mund zulächelt . . . Daß doch keiner die Perle zu schätzen weiß, die ihm ein blindes Glück in den gleichgültigen Schoß warf!

Der Duc ist an Bord geklettert und ruft noch durch die hohle Hand ein paar französische Worte zurück, die eine mitleidige Brandung verschlingt. Wie ich es doch heute liebe, dies glatte Französisch der beiden! Das ist nichts Intimes – das ist Konventionalität, auf welche sich die beiden so hübsch spät heut besannen . . . Zum Ueberfluß kommt jetzt die Herzogin den Schlangenweg hinunter gewandelt – ohne Hast, mit einem freudig federnden Schritt.

»Guten Morgen, Herzogin.«

»Guten Morgen, Baron. Es ist frisch heute – und ich war noch nie im Leben so früh auf!« Sie schüttelt sich dabei leicht fröstelnd unter ihrem langen Silberfuchsmantel. Dann neigt sie sich über die Felsplatte, wo die gedämpfte Brandung weißen Schaum heraufspritzt. Das Wasser netzt lüstern die weiße Hand. »Das ist auch frisch – aber angenehmer . . .«

Indes werden auf der »Félicie« die Segel gelöst. Der Schiffskörper stampft unmutig auf den hellgrünen Wogen, und der leuchtende Kiel taucht zuweilen bis an die Bordlinie ins Meer. Jetzt dreht sie sich langsam, bekommt Fahrt. Wir sehen interessiert zu, wie sie so anmutig nickend davongleitet. Der Herzog lehnt am Kajüteneingang, die Hand grüßend zur Kapitänsmütze erhoben. Ich räuspere mich. Félicie streift mich in einem hellen Blick. Mir dauert der Abschied zu lange. Sie aber bleibt und winkt, bis der Herzog ganz klein, ganz fern. Dann erst wendet sie sich zu mir: »Warum so ungeduldig auf einmal?«

»Herzogin, ich bin ja glücklich, wenn ich in Ihrer Nähe bleiben darf.«

». . . Und trotzdem immer eifersüchtig und anspruchsvoll! . . . Sie werden mal einen so unbequemen Ehemann abgeben, dessen Hauptvergnügen noch dazu sein wird, die unglückliche Frau zu quälen . . .«

»Ich heirate nie.«

Sie thut, als wenn sie nicht verstände. »Ich will Sie nämlich vor dem Schicksal eines griesgrämigen Junggesellen bewahren, dem jede Rivierabucht und jede Riviera-Table d'hôte gleich langweilig ist . . . Freilich, ob ich Sie gerade einer Frau empfehlen könnte?«

»Eine ungeliebte würde ich zu Tode quälen.«

»Ja, das würden Sie allerdings!«

»Und eine geliebte?«

»Haben Sie in Ihrem Leben die Frau je anders betrachtet als – als Lieblingssklavin, hübschen Zeitvertreib, Baron? . . . Aber das schadet nichts! Wenn Sie nämlich Kinder hätten – und ich bin ganz sicher, daß Sie Kinder haben würden –«

»Ich habe nichts für Kinder übrig, Herzogin. Ich würde ihnen freilich nie etwas Böses thun – ich würde sie höchstens als das betrachten, was sie sind: nämlich schutzbedürftige Würmer, die man bald zu sehr verhätschelt, bald zu sehr prügelt, weil man sich in den kleinen Ideengang nicht hineinversetzen will oder vielleicht auch nicht kann. Es gäbe allerdings eine Möglichkeit . . .«

Doch die Herzogin läßt mich die reizende Möglichkeit nicht ausspinnen. »Ach, Sie reden, wie Sie's verstehen! Weil Sie keine eignen Kinder haben, verstehen Sie fremde nicht und haben sie natürlich auch nicht lieb. Warten Sie doch erst die geliebte Frau ab! – Das andre findet sich dann ganz von selbst . . . Sehen Sie, man sagt uns sogenannten Weltdamen – und ich bin noch dazu drei Viertel Französin – doch in Wort und Schrift nach, daß wir nichts so haßten als das Muttersein wegen der Figur, der Toilette, der vielen Unbequemlichkeiten, und daß diese unnatürlichen Mütter dann ihre Unglückskinder sofort an Ammen und Wärterinnen ganz bedingungslos und herzenskalt überlieferten, und daß das ganze mütterliche Gefühl in nichts bestehe als in einer gewissen Eitelkeit, wo Babyspitzenkleider und frühreifes Geplapper das Höchste . . . Mich trifft so etwas nicht. Ich habe meinen kleinen René nie verschmerzt und werde ihn nie verschmerzen. Ich habe sein Bild unter einem Albumberg begraben, weil es mir so viel Thränen gekostet hat und noch kostet. Und ich hole es doch jeden Tag wieder hervor und streichle es und bedecke es mit denselben Küssen und denselben Thränen. Ich hadere mit der Vorsehung, daß sie mir ihn und damit eigentlich alles, alles nahm . . . Ich bin nicht glücklich verheiratet – Ihnen brauche ich das wahrhaftig nicht zu sagen! – wär ich's, dann wäre ich schlechter als schlecht. In meiner Ehe kenne ich eigentlich nur eine schöne Zeit: als ich René erwartete. Da war ich so glücklich und liebte auch meinen Mann . . . Das war aber alles schon lange vor dem Tode wieder vorbei. René hätte nicht leben können – oder höchstens als meine Qual, als ein lebendiger Leichnam. Dennoch denke ich oft: ›Hätte ich dich nur noch, ich wollte dich ja so lieb, so lieb haben!‹ . . . Denn die Mutter ist in mir so stark, daß ich auch einen Idioten heiß, unendlich lieben würde . . . Dann ständen Sie auch nicht hier – dann hätten Sie mir nie das sagen dürfen, was Sie mir neulich im Billardzimmer sagten! Das Kind wäre mir ein sicherer Schutz gewesen gegen jede Versuchung . . . Sie denken nach dem allem vielleicht, daß ich mich eines Tages von meinem Mann trennen könnte? Das thu' ich nie. Ich hebe mir nur diese Möglichkeit als äußersten Trost auf – Ich bin meinem Mann treu, soweit ich es ihm überhaupt sein kann. Mich hat noch nie ein andrer geküßt, ich habe noch niemals einem das erwidert, was ich Ihnen neulich erwiderte. Darüber hinaus giebt's aber auch nichts! . . . Sie denken wohl, ich sei sehr oberflächlich – und ich kann doch so tief fühlen. Trotzdem komme ich nie zu dem Punkte andrer Frauen: ›Da, nimm mich!‹ Ich würde auch an der Scham zu Grunde gehen . . .«

»Und halten Sie diese mißverstandene Pflichterfüllung für besser, Félicie?«

Sie antwortet nicht. Sie beugt sich tief herab auf den tauschweren Blütenkelch einer roten Tulpe. Sie thut's mit schwerem Atem und abgewandtem Gesicht. Später lächelt sie mich mit feuchten Augen an: »Lassen Sie alles Ueberzeugenwollen. Bei mir führt es zu nichts. – Und nun zu ganz etwas anderm! Ich habe in der letzten Woche viel über Sie nachgedacht. Ich möchte Sie glücklich sehen!«

Ich lache rauh aus.

Sie fährt ruhig fort: »Sie müssen bald weg von uns – in Ihre Heimat – da werden Sie schon ein nettes Mädchen finden, das Sie auch verdient. Ich kann nämlich auch selbstlos sein.«

»Zu selbstlos, Herzogin!«

»Aber wirklich! Ich bete täglich für Ihr Glück.«

Darauf sage ich höhnisch: »Und wenn ich meine Verlobungsanzeige schon in der Tasche hätte? Bin ich nun einmal Schurke, dann bin ich's auch ganz!«

»Wie meinen Sie das, Baron?«

»Nun, daß ich tatsächlich verlobt bin.«

»Nein . . .« Und da sehe ich doch einen feinen Blitz des Argwohns in den Opalaugen aufzucken. »Ja, allerdings dann . . .«

»Ja, allerdings dann!« wiederhole ich zwischen den Zähnen – bis ich endlich doch, nicht mehr Herr meiner selbst, gepreßt weiter sage: »Warum reden Sie das alles? . . . Warum quälen Sie mich so, Herzogin?«

Der Ton traf sie doch. – Wir wandeln den Felsweg nun wieder in die Höhe. Der Diener ist schon weit vor uns, hoch oben auf der letzten Terrasse – er geht mit einem diskreten Rücken und einem so gebogenen Kopfe, als wenn er zwischen dem Arm hindurch nach hinten schielen möchte. Wir aber folgen sehr langsam. Die Herzogin überlegt. Sie hat etwas auf dem Herzen – und hat's auch wieder nicht. Die unregelmäßigen Schwingungen des geschlossenen Sonnenschirms deuten das an. Sollten sie meine letzten Worte vielleicht gerührt haben? Und sie, die allen Gutes thun möchte, weil's ihre Natur so heischt, weil sie den Samariterberuf des Weibes erfaßt hat wie keine – möchte mir wohl etwas Liebes sagen. Ihr wird das immer so schwer. Das ist die Feinfühligkeit, die reizende Gêne, die einen gütigen Mund verschließt, bis ihn das gütigere Herz öffnet. – Wir sind jetzt gerade an der Steinbank seligen Angedenkens. Der Morgenwind rauscht, die See blinkt. Wir bleiben beide stehen – unwillkürlich – die Erinnerung des unvergeßlichen Vormittags neulich grüßt auch aus dem toten, taufeuchten Stein. Aber heute hüten wir uns beide, in die Weite zu schauen, wo die »Félicie« jetzt mit ausgebreiteten Fittichen vor dem Winde dahinfliegen muß. Die Herzogin sieht mich lange und warm an. »Wissen Sie, warum ich heute so früh aufstand? – Weswegen ich in diesem saloppen Morgenrock herabeilte? – Sehen Sie ihn, bitte, nicht an! Der graue Pelzmantel ist noch mein einziger Schutz, denn er verhüllt die schrecklich derangierte Toilette – Wissen Sie, weswegen ich dann so thöricht gelaufen bin, was meinem Herzen gar nicht gut thut – und weswegen ich dennoch wie ein Dieb hinter der Riesenagave dort versteckt stand, bis ›er‹ abgefahren war? – Schämen Sie sich mal wieder, Sie Undankbarer! Es geschah Ihretwegen – nur Ihretwegen . . . Das ist ja das Wunderbare, daß ich immer im voraus weiß, was Sie thun werden, ja, was Sie gerade denken . . . Ich wollte Ihnen das heute nicht sagen – es ist Ihnen gar nicht gut! – und ich sag's Ihnen doch! Habe ich Sie gequält, so will ich Sie auch wieder trösten.«

Das sagt die angebetete Frau so leise, so reizend! Die Güte dieses Herzens würde eine Todsünde vergolden . . . Und ich? Gert, ich kenne mich selbst nicht mehr. Die hübsche Phrase flieht mich gänzlich. Ich finde nicht einmal die einfache Antwort des Herzens – als wenn diese Liebe auch um meine Geisteskräfte wie ein rosiger Nebel wallte. Ich kann das liebe, liebe Geschöpf nur ansehen und sagen: »Wie sind Sie doch heute wieder schön und gut, Félicie« – Es klingt so hölzern, so gesucht . . . Und ich möchte doch eine teuflische Beredsamkeit dafür haben oder den unfehlbaren Blick für die Schwäche der Frau, wo man ihr das eigne große Gefühl einflößen könnte wie einen Zaubertrank. Jetzt rächt das heiße Herz alles, was das kalte einst verbrochen . . . Ja, kalt sündigen, kalt sündigen – wer das noch könnte! Man verstand's doch mal, man wußte die Frauen so gut die schräge Straße sanft herabzuführen . . . Führe ich überhaupt – oder werde ich geführt?

Wir gehen jetzt dicht nebeneinander – ein schmaler Steg, auf dem wir uns berühren müssen. Wir wissen's, wir fühlen's, wir wandeln stumm. Ist das einer von den entscheidenden Momenten im Leben, wo die Herzen sich ängstlich zusammenziehen und dann qualvoll schlagen, weil sie in der bangen Stunde den Sturmesfittich fühlen, der auf sie herniederbrausen muß – schwer, mächtig? Ich fühle ihn schon lange. Fühlt sie ihn auch? – Wird sie sich feige ducken vor dem Brausen, das die großen Gefühle weckt und die kleinen scheucht? Nein, sie soll sich nicht ducken, mit angstvoll geschlossenen Augen zu Boden schauen, bis der Sturm vorüber, der dem Feigen nur eine ewig graue, entgötterte Alltagswelt zurückläßt! Sie soll auch nicht kämpfen gegen ihn – dazu bin ich da – sie soll sich nur an mich klammern, weil sie mir vertraut, weil das holdeste Geheimnis alles Lebens, die Liebe, unser Talisman geworden! Wir wollen ihn kämpfend erwerben oder kämpfend verderben . . . Vorsehung, die du mir das große Gefühl gabst, laß es nicht jetzt im ewig Leeren verrinnen! . . . Es verrinnt auch nicht – ich fühl's.

Gert, ich werde wieder langweilig. – Die Wirklichkeit mit ihrem vernünftigen Wechsel von Licht und Schatten, von verschlungenen Pfaden und breiten Landstraßen führt auch uns sänftiglich auf den Hauptweg zurück, und wir, die wir so eng bei einander gewandelt auf dem schmalen Felspfade, wir wandeln jetzt sehr weit voneinander auf der breiten Straße. Wir wissen jetzt auf einmal, was wir vorhin nicht wußten: daß wir zwei Sünder sind. Wir wissen auf einmal, was der Anstand fordert und welch neugierige Augen die Fenster dieses Sarazenenschlosses unter Umständen sein können. Auf der breiten Straße des Lebens kommt man wohl immer auseinander.

Der Diener mit dem diskreten Rücken erwartet uns an dem Treppenportal. Wir hatten beide noch nicht gefrühstückt – auch nicht an das Frühstück gedacht. Jetzt gab uns die Domestikenfrage, wo wir den Kaffee serviert beföhlen, die Vernunft und die Feigheit zurück. Sie wünscht ihn in das grüne Boudoir – ich in meine Halle. Voilà le monde! Dieser gleichgültige Lakai, den ich wie alle Domestiken immer etwas als leblose Sache betrachte, trennt uns beide Zusammengehörigen sofort und definitiv. Es ist zwar nur ein Mensch, der an unsern Handlungen nicht einmal etwas finden darf, der es aber doch finden könnte – und darum finden wir auch etwas dabei. Das ist die kleine Moral, an der wir alle kranken.

Das war das erste Frühstück tout seul. Ich hatte ein Buch mitgenommen: Maupassants »Notre cœur«, Dein Lieblingsbuch. »Er« könnte ich wohl sein – aber »sie« ist ganz anders. Zu Ende habe ich's noch nicht. Wenn man selbst einen Roman erlebt – wozu fremde Gedanken nachdenken?

In der Halle verbrachte ich den halben Vormittag lesend, träumend. Ich wartete ja doch . . . Mein ganzes Leben wird vielleicht ein solches Warten sein, ein hoffnungsloses Sehnen nach dem Rauschen, dem Blick, der Hand. Wie ich's aushalte – das weiß Gott allein! Wenn man nur bis zum Dejeuner zu warten hat – sechs lächerliche Stunden – und schon alle Gefühle des Ertrinkenden durchmacht . . .Dabei meinte es der Tag so gut! Er zog so leuchtend herauf – erst mit violettem Schimmern, das auf den alten Waffen gleißte, über den Halsberg des Geharnischten zuckte – dann ein rotes, gieriges Funkeln, als habe alles Metall Leben bekommen – endlich die helle, heiße Flut, die fessellos in die gotische Halle strömte. Sie macht alles lebendig. Die tief braungebeizten Eichenmöbel beginnen zu glänzen, das blasse, eingewobene Gold der Paniere blinzelt erwachend, die Staubatome tanzen – nur die schwarze Riesenöffnung des Kamins bleibt rußig, kalt, tot . . . An dem Licht allein mich zu freuen – ich vermag's nicht mehr. Es höhnt die Liebeskranken. Auch das Billardzimmer meide ich. Von Erinnerungen mögen andre leben, mich quälen sie nur. Im Atelier endlich Ruhe, Dämmerung, das allmähliche Absterben der erregten Gefühle auf der weichen Ottomane. Es ist, glaube ich, eine Art Selbsthypnose, die man so übt. Ich schlummerte nicht, ich war nur matt, Traumbilder zogen wie fahle Schemen vorüber.

Da – ein leises Klopfen. Narrt mich der Teufel wieder einmal? Es kommt von dem Toilettenzimmer her. Meine Phantasie hörte es schon oft . . . Wieder der Ton – aber ungeduldiger. Ich erhebe mich leise, schleiche zur Portiere. Es pocht wirklich jemand. Ich räuspere mich diskret.

Jetzt eine verschleierte, vorsichtige Stimme: »Sind Sie es?«

»Ja. Félicie.«

»Wollen Sie auf den Balkon kommen? – Aber Sie sind wahrscheinlich zu müde? . . . Nein, Sie sind ganz gewiß zu müde! Adieu . . .«

»Félicie – nur eine Sekunde!« Da höre ich an einem Rascheln, daß sie gar nicht weggegangen, daß sie das feine Ohr an die Thür gepreßt hält. »Ich komme sofort, Félicie . . . Ich bin selig.«

»Nein, kommen Sie nicht sofort! Erst nach einer Viertelstunde. Es ist der Leute wegen. Diener und Jäger habe ich in den Ort hinuntergeschickt. Sie sollen frei haben bis vier Uhr, dann wird nämlich erst gegessen heut. Ist's Ihnen zu spät? – Jetzt will ich auch noch die Jungfer weg haben. Sie soll zum Fischer an den Strand gehen, nach Langusten fragen. Dann ist das Schloß bis auf die Küche leer. Ich möchte mal einen Nachmittag allein sein mit Ihnen . . . Nun, quäle ich Sie noch immer? Oder bin ich nicht viel zu gut?«

»Félicie – angebetete Félicie!« – Ich bin sicher etwas von Sinnen. Diese Viertelstunde des Wartens! Wenn ich je in meinem Leben glücklich gewesen, so war's diese elende Spanne Zeit. Es ist ein Prickeln – ein Rausch – eine Sehnsucht, die verbotene Paradiesesfrucht zu pflücken! Ich stand mit der Uhr in der Hand auf einem Fleck. Wie träge doch der Sekundenzeiger hüpfte, wie die Minuten schlichen! . . . Dreizehn . . . vierzehn . . . Der Atem ging mir aus. In dieser kurzen Minute, die noch fehlt, konnte der Duc zurückgekommen sein, oder ein Herzschlag konnte sie gerührt haben. Was heißt fliehende Zeit? Wenn in einer endlosen Minute das Glück sich zehnmal abwenden kann, das man geträumt. Punkt drei viertel zwölf knarrt meine Thürklinke. Ich schlendere gemächlich durch die Ahnengalerie, sehe mir einen von den gottverdammten Lièges noch ganz genau an. Es ist die Komödie der Gleichgültigkeit, die man sich geflissentlich selbst vorspielt, während man doch ohne Schwingen fliegen könnte, bloß getragen von dem göttlich sündigen Glücksgefühl.

Dieser sogenannte Balkon ist eine durchbrochene Eisengalerie, die auf der Seeseite den ganzen Sarazenenturm entlang läuft. Vom Verandazimmer tritt man hinaus. Ich bin überzeugt: sie ist noch nicht da, wird nie kommen, weil ich nur träumte . . . Aber sie ist da. Sie sitzt an einem kleinen, eingelegten Tisch, fast versteckt unter der tief herabgelassenen Markise. Félicie trägt ein seegrünes Foulardkleid, das um ihre anmutigen Glieder sich weich wie ein Nixengewand legt. Sie lächelt. Sie reicht mir die schmale Hand zum Gruße hin. Als ich mich niederbeuge, sie zu küssen, zuckt sie ein wenig zurück. Ich sehe Félicie an. Sie beißt sich auf die Unterlippe, aber die Braue ist spöttisch gekraust. Dann tippt sie mit dem Finger auf das Kleid.

»Für mich?« frage ich leise.

»Für Sie!« tönt's leiser zurück. »Es ist das erste Mal seit Renés Tode, daß ich nicht in Trauer bin. Und Grün lieben Sie ja so – Sie sagten's neulich einmal. Gefalle ich Ihnen?«

»Ich bin unaussprechlich glücklich, Félicie.«

»Endlich – einmal!« – Dann wechselt sie den Ton und sagt lustig: »Ich hab's mir überlegt – es ist so thöricht, wenn man den Tag nicht genießt. Er ist so kurz, kehrt vielleicht nie wieder. Heute in einem Jahr – wo sind Sie, wo bin ich? . . . Das sollten wir immer im Leben bedenken – und genießen, genießen . . . Die kurze Zeit hindurch will ich Ihnen so viel Sonnenschein geben, wie ich kann! Ich thue ja etwas Gutes damit. Ich gebe ihn einer Kunst, die ihn braucht, und einem Menschen, der ihn verdient. Nachher büße ich – und Sie vergessen . . . Ach, sagen Sie nichts dagegen! Denken Sie nicht! Grübeln Sie vor allem nicht! . . . Sehen Sie, der Tag ist so schön, und die Sonne meint's so gut – und ich gehöre Ihnen die kurze Stunde so ganz, – weil ich will . . . Wir wollen an nichts denken, als daß wir uns gehören, und daß uns die Welt gehört. – Das Leben ist sonst so häßlich, und die Menschen sind so flach! Es ist beinahe Pflicht, sich in das Traumland zu flüchten. Wir sind also in einem Zaubergarten, wir sind mutterseelenallein und dürfen uns der köstlichen Gegenwart freuen . . .«

Sie ist wahrhaftig eine Zauberin – eine Hexe, die man verbrennen sollte, weil sie das gefährlichste Elixir zu mischen versteht: Güte und Charme. Außer uns beiden existiert nun nichts mehr. Die Menschheit versank – ich opferte Dich gedankenlos mit, Gert. So bin ich, so ist das Glück. Ich vergaß Dich, Du warst nie! Ich könnte ohne Euch alle noch tausend Jahre leben ohne Wunsch, ohne Bedauern – mein Glück heischt nur »sie« . . . Ich bin ja verzaubert! . . . Der Wind hat ausgesäuselt, der Park duftet. So schauen Böcklinsche Bilder aus. Ein Stück Meer in der Mittagsglut – tief, blau, leuchtend; am brennenden Fels schläfrig auf und ab gleitender Schaum; darüber die Landstraße – weiß, stumm, brütend; in den verstaubten Oliven kein Hauch. Nur Sonne, Fels, Meer . . . Die wundervolle Oede lockt wohl die Geschöpfe der Tiefe herauf. Die Nixen sonnen ihren Schuppenschwanz auf seebespültem Stein – ein bärtig Ungetüm treibt tückisch lächelnd im wohligen Naß – und weit drüben am Kap stürmen die weißmähnigen Wogenrosse Poseidons hochaufbäumend die steile Klippe . . . Das ist der Süden, das ist das Licht!

Und wir beide auf unserm Zaubereiland schauen das Bild, saugen's ein, vielleicht selbst berauscht von Sonne und Glut. – Und ich, den die Liebe zum Thoren gemacht, erzähle den lauschenden Opalaugen Thörichtes, wie's die Frauen lieben und das Glück. Ich erzähle ihr die Kindergeschichte von der wüsten Insel im uferlosen Ozean, wohin uns beide ein mitleidiger Orkan verschlagen, und wie sie dort einsam und arm mich lieben müsse, weil kein andrer da . . .

Sie lauscht und lächelt. »Warum eine wüste Insel – warum wir beide allein? Eine Insel – gut! – aber eine schöne Insel mit vielen Menschen, wo Sie gerade mich finden, weil Sie gerade mich suchen . . .«

»Würden Sie mit mir glücklich werden, Félicie?« Die hellrote Flut steigt ihr in die weißen Schläfen. Sie zittert nervös – und antwortet nicht. »Sprechen Sie doch, Félicie!«

Da endlich: »Ja, ja – sehr glücklich! . . . Aber fragen Sie nicht immer!« Sie hat mir noch nie das Wort: ›Ich liebe dich‹ gesagt. Sie könnte auch mal aussprechen, was meine Lippen und meine Augen ihr so oft sagen! Sie ist eben so feinfühlig, mimosenhaft, sie hat Angst vor dem bannenden Wort – weil ja alles nur ein Traum sein soll – eine Episode, eine Erinnerung . . . Warum muß es das nur sein – warum muß es das nur sein, Gert?

Und bei diesem Gedanken, den ich so oft denke, und den ihr feiner Instinkt stets verrät, werde ich traurig, sentimental. Sie jedoch bleibt fest.

»Nein, nicht das, was Sie denken – nie! . . . Sie wollen immer mehr, immer mehr. Begreifen Sie denn gar nicht, daß ich Ihnen so viel gebe, zu viel gebe? . . . Oder wähnen Sie, ich spräche mit allen Männern so? – Bei Gott nicht! – Und so genießen Sie doch unser kurzes Glück, anstatt es auch mir zu verkümmern! Seien Sie doch froh, daß Sie überhaupt noch so fühlen können! . . . Soll ich Ihnen etwas sagen, was Ihnen sicher Freude macht? – Ich verstand mich noch mit keinem Menschen innerlich so wie mit Ihnen!«

Ja, das So-gut-verstehen – das ist's eben! Wenn ich bei ihr doch die flache Stelle fände, die Untiefe des Herzens, die ich bei jeder Frau fand und, sofort abgekühlt, noch bei keiner einzigen dachte wie hier: ›Du einziges Geschöpf!‹

Sie ist eben so anders wie andre. Sie ist gerade so weit große Dame, wie ich's liebe – in der Geschichte aller gesellschaftlichen Thorheiten genug bewandert, um mit einem Lächeln, einem Blick, einem Lippenzucken anzudeuten: Ich kenne die häßliche Wahrheit – aber ich mag sie nicht.‹ Und dann wieder Weib genug, um zu verstehen, zu entschuldigen, vielleicht gerührt zu sein, wo Eure Ostelbierinnen ungehört verdammen würden. Schliff die Gesellschaft hier einen Stein glatt, so schliff sie einen edeln Stein. Kein Klatsch – keine Pikanterie – und doch eine Frau, mit der man sich nie langweilt, weil sie die höchste Gesellschaftskunst beherrscht: gütig zuzuhören und klug zu begreifen . . . Es passierte mir noch nie – wir sitzen fast vier Stunden hier, wir haben Kluges und Thörichtes geredet wie natürlich, und doch hat auch nicht einen Augenblick der Gähnreiz unsre Gesichter fade gemacht und lang.

Die Kammerjungfer stört uns. Langusten sind nicht aufzutreiben. Die nicht mehr junge Französin macht dazu das spitzbübisch-dumme Dienstbotengesicht. Sie ist wohl keine Vertraute – aber sie hat Augen. Félicie verständigt mich darüber durch einen Blick. Der Traum ist aus. Wir bleiben zwar noch einige Minuten.

»Fabelhaft, wie der Wind abgeflaut hat! Sie werden noch lange nicht in Nizza sein . . .«

»Kann der Herzog heute noch zurückkommen? Vielleicht per Bahn?«

»O nein! Vielleicht übermorgen. In diesem Punkte binden wir uns gegenseitig nie.«

»Käme er doch nimmermehr zurück!« murmele ich ingrimmig. »Die ganze Welt soll versinken, die ganze Menschheit umkommen . . . Wozu giebt's eigentlich die schönen Riviera-Erdbeben?«

Sie sieht mich fest an. »Ja, so sind Sie! Weich gegen sich und die Sie lieben – hart gegen alle andern.«

Wie gut sie mich erkannt hat! Mich beschämt die Wahrheit nicht. Uferlose Nächstenliebe mögen die Alten üben, die Schwachen, die Geschlechtslosen – denen gehört auch der andre Himmel! Doch eine junge Leidenschaft muß selbstisch sein – denn dann erst ist sie groß.

 . . . Ob wir bis zum Abend solch Zusammensein fortsetzen können, macht Félicie Skrupel. Beim Essen sind wir krampfhaft lustig. Kaum aber hat sich die Thür hinter der Livree geschlossen – da werde ich traurig und sie stumm. Eine lange Pause, wo das Knacken der Mandelschalen der einzige Laut. Dann fragt sie mit leisem Vorwurf: »Was ist Ihnen?«

»Ich weiß nicht.«

»Habe ich wieder etwas verbrochen?«

»Ich weiß nicht!« wiederhole ich nervös. Ich kann's nicht über die Lippen bringen, was noch in dieser zwölften Stunde Pflicht: ›Giebt's für uns beide noch eine Hoffnung – oder bleibt's bei der Episode? – Wenn letzteres – dann adieu für immer.‹ . . .

Ich soll übrigens heute nicht mehr in der Halle warten; es könne sehr lange dauern und sie sei so müde . . . »Sie versuchen's mal wieder mit dem Quälen, mein Freund. Sie wollen das eine Wort herauspressen – und ich sag's doch nicht! . . . Ihnen gegenüber haben weder meine Augen noch meine Liebenswürdigkeit je gelogen – und werden's auch nie. Meine Gefühle sind unwandelbar. Das sollte Ihnen eigentlich mehr wert sein als das thörichte Wort.«

Das Resultat war, daß ich bis zur Dämmerung in der Halle saß – ich, der ich das Warten nie verstand, warte jetzt auf sie wie ein Hund – und daß ich mit dem geharnischten Manne Zwiegespräche pflog: ›Wie sie so schön und gut – und ich dagegen so undankbar und häßlich!‹ Wahre Liebe macht uns doch bescheiden. Wenn die schwachen Frauen wüßten, wie bedingungslose Sklaven wir starke Männer sein können, sie würden uns ein wenig verachten. Vielleicht verachten sie uns auch ein wenig – und das ist der Liebe bester Kitt . . . Und Félicie kommt doch! Sie murrte sicher innerlich, sie wollte nicht. Aber ein großes Gefühl ist auch ein Bann, dem sich so leicht keine entzieht. Sie ist wieder der Reiz, die Liebenswürdigkeit selbst.

Ich hatte sie früher gebeten, sie möge mir etwas vorspielen auf dem Klavier. Der Duc bat auch. Sie schlug's jedoch uns beiden kurz ab. Heute wünscht sie mich selbst in das Musikzimmer, setzt sich gleich ans Instrument. Erst will's nicht – ein paar Takte: zu zaghaft oder zu hart. Sie fürchtet meine Kritik, wähnt, ein Künstler möchte eine Virtuosin hören. Aber es ist so verschwiegen dämmerig in dem Rokokogemach, daß unter den suchenden Fingern sich allmählich ein schwermütiger Chopin entwickeln kann, ein Notturno, wie's zur Stimmung paßt und zum Tag. Sie hat einen weichen Anschlag, ein weiches Spiel. Ich möchte sagen, sie spielt sich selbst. Anmutig, verschleiert, das Gefühl durchgleißend wie fernes Leuchten, aber in der Tiefe der Leidenschaft findet die zarte Hand wohl den dumpfen Laut – nicht den mächtigen Ton . . . Sie spielt wie jemand, der sich selbst sucht. – Ich klatsche nur leise. Die glatte Technik bestach mich nie. Félicie will aufstehen. Ich lasse sie nicht: »Noch mehr – noch mehr – noch mehr von Ihnen selbst!« Sie hat nämlich mal früher komponiert, wie mir der Duc verriet.

»Ach, warum diese alten Thorheiten wecken?« wehrt sie.

»Sagen Sie das nicht! . . . Es wird wohl dasselbe sein wie bei uns. Unsre ersten ernsten Malversuche belacht man vielleicht selbst, weil sie gekünstelt, anempfunden – doch ihre gewisse Naivität erreichen wir später nie mehr.«

Sie will nicht, sträubt sich, sieht mich ängstlich an. »Aber wenn ich Sie doch so sehr bitte, Félicie!«

Da spielt sie. Es sind sehr kurze Stücke, eine Art Lieder ohne Worte – schwermütig wie ihr eigen Los – viel Gefühl . . . Sie spielt mehrere. Die weiche Form frappiert überall. Alles so maßvoll, so wunderhübsch gerahmt! – Und fast ängstlich sucht mein Herz nach dem verhaltenen Grollen, dem heißen Blitz der Leidenschaft. Manchmal sehe ich ein fernes Wetterleuchten – aber wie gespannt ich auch horche: Kein Donner! . . . Ich bin glücklich, daß es bei dem ungewissen Leuchten bleibt. Ich bin auf einmal so wahnsinnig eifersüchtig geworden auf den einen, den längst Vergessenen, der dies Herz aber doch schon traf. War er – was doch sehr natürlich! –, so müßte ich ihn hassen, obgleich er's nicht verdient, und sie beargwöhnen, obgleich sie's erst recht nicht verdient. Aber er war noch nie! Gott sei Dank . . . Vielen mag sie den leichten Sinnenreiz zurückgegeben haben, den sie selbst weckte. Auf der traurigen Suche nach dem Gleichgestimmten mag sie thörichte Träume geträumt, heiße Sünden gedacht haben, um sich am Ende doch enttäuscht abzuwenden. ›Nein, der nicht – der nicht –, es fehlt etwas!‹

Und wie sie jetzt weiter spielt – ein Motiv variierend, das ich nicht kenne – wird auch der Ton freier, voller – ich sehe das Wetterleuchten stärker, ich höre wirklich das ferne Grollen – Und plötzlich steht sie auf nach einem banalen Schluß ohne Kraft. »Ich kann nicht mehr!« Ihr bangt vor dem großen Gefühle, das kommen wird, kommen muß . . . Es kommt – es kommt! Ach Gott, ich bin so glücklich!

Das war freilich eine andre Nacht als die erste in diesem Schloß. Eine warme, schwüle Nacht mit verschlafenem Flüstern und geheimnisvollem Raunen. Die Elfen dieses Parks ziehen um die dunkeln Bosketts ihren Zauberreihen bei ungewissem Sternenflimmer, sie neigen sich lächelnd. Sie neigen sich lächelnd auch mir. Auf dem Ballon stand noch spät in der Nacht eine zarte Gestalt und winkte mir freundlich . . . Heute murmelte ich zum erstenmal nicht das Schlaf-Vaterunser, wie's alte Kindergewohnheit. Wozu den Himmel erflehen, den man schon hat? Ein gütiger Gott wird es mir gern vergeben.

*

Am nächsten Tage ein etwas geniertes Wiedersehen. Der Duc hatte zum Ueberfluß telegraphiert, daß er erst am Morgen Nizza erreicht, und daß die »Félicie« beim Einlaufen leichte Havarie erlitten habe. Die müsse in seinem Beisein ausgebessert werden. Die Gattin möge kommen oder bleiben – ganz nach Wunsch. Ich wurde bei dieser Proposition nicht weiter erwähnt, weil ich ein Maler und doch eigentlich kein Mensch bin. – Félicie weiß nicht recht, was thun. Solche Reparaturen dauerten erfahrungsgemäß mehrere Tage – und das sei so lang – und Charles in Nizza mit dem Prinzonkel, dem Marquis, dem Grafen so traurig allein. Sie hat Gewissensbedenken oder will mich quälen. Auch der mitleidigsten Frauennatur fehlt der grausame Zug nicht. Bei Félicie ist das ein Reiz mehr! Mich wirklich zu quälen, das brächte sie doch nicht fertig. Aber den Glücklichen ein klein wenig zappeln zu lassen – ein ganz klein wenig, um zu sehen, wie groß zuerst die Trauer und wie groß nachher das Glück.

Ich kann bei solchen Gelegenheiten nicht bitten. Ich kann höchstens das Entgegengesetzte von dem sagen, was ich meine: »Ja, da müssen Sie wohl reisen, Herzogin . . .«

»Ja, das muß ich wohl . . .«

Wir steigen die Wendeltreppe hinab. Auf der letzten Stufe erträgt Félicie meine Qual nicht länger und sagt weich: »Ach, glauben Sie doch das dumme Zeug nicht, ich bleibe natürlich!«

Gert, diese vier Tage, aus denen sogar fünf wurden! Warum hat der Glückstag bloß vierundzwanzig Stunden? – Aber genossen haben wir ihn – genossen! – Und leichtfertig sind wir geworden – leichtfertig! Sie beinah noch mehr als ich. – Und draußen eine Sonne und eine Klarheit! Alles ruft uns zu: ›Freut euch, weil ihr euch liebt.‹

Wir sind eben auf einer Oase – und ich ein weiser Thor. Ich denke nicht an das Morgen, Félicie denkt auch nicht. Sie soll sich nicht Rechenschaft geben, sondern nippen, immer stärker nippen am goldenen Becher der Freude, bis sie endlich in vollen, durstigen Zügen den edeln Trank trinken muß. Es ist ein edler Trank, Gert – es ist das Beste, was sich zwei Menschen geben können – ein großes Gefühl!

Wir haben übrigens eine strenge Zeiteinteilung. Spätestens um neun Uhr morgens die Halle. Dann der duftende Park. Die Siesta auf dem Balkon. Nachmittags eine Tour ins Freie, wo ich Malkasten und so weiter höchst eigenhändig trage – und nicht der Diener, wie Félicie anfangs wünschte. Abends nach dem Diner jeder für sich. Höchstens, daß ich nach stundenlangem Fenstergucken noch das freundliche Neigen eines geliebten Hauptes vom Balkon erwische. Um den Abend habe ich wie ein Verzweifelter gekämpft. Er ward nicht gewährt. Am Abend hat sie Angst vor mir – vielleicht auch ein wenig Angst vor sich selbst, was sie nicht eingestehen will. Erreichen werde ich's vielleicht doch – am letzten Tag als letzte Tröstung für den aus dem Paradiese Gestoßenen. Denn ganz zuerst sollte es bei dem Morgenspaziergang bleiben. Darauf wurde die Balkonsiesta erschlichen – ›Ein einziges Mal . . . ganz sicher nur ein einziges Mal!‹ – Der Nachmittagsbummel jenseits des Portals mit dem goldenen Herzogshut – undenkbar! Jedoch ich habe so lange gefleht, bis sie weich wurde: »Wenn ich Sie wirklich damit glücklich mache!« – Und dazu das süße Lächeln dieses geliebten Mundes! . . . Ich fasse mich ungefähr zehnmal täglich an die Nase, um zu konstatieren, daß ich nicht träume.

Als wir das erste Mal aus dem Portal zogen, war Félicie doch stark geniert. Ich will auch nicht die verständnisinnigen Dienstbotenaugen sehen, die von den Fenstern des Souterrains sich in unsre Rücken bohrten – den Kommentar dazu will ich auch nicht hören. Zu guter Letzt, was sind Dienstboten? Tiere, Sachen . . . Das denke ich. Ihr vornehmes Gefühl würde solche Auffassung empören. Wir beide sind jetzt auf der staubigen, menschenleeren Chaussee allein. Ich habe das Gefühl eines vor Liebesglück wahnsinnig gewordenen Hochzeitsreisenden. Wir wandeln sehr sittsam, sprechen von Wetter und Wind, bis die letzte Zinne des Sarazenenturmes hinter einer Felsecke verschwindet. Da sehe ich sie glückselig an – sie lächelt auch.

»Nun, sind Sie zufrieden, mein Herr? Ich gebe Ihnen weit mehr, als ich geben darf. Aber ich gebe es gern.«

»Félicie, was habe ich Sie doch lieb!« Sie sagt so was nicht, aber sie hört's gern von mir. Ich bin Sklave – ich will's sein . . . Erst sollte nur eine Viertelstunde Weg zurückgelegt werden. Darauf fünf Minuten Ruhe unter einer überhängenden Olive, sie auf meinem Malerstuhl, ich stehend. Und dann sofort zurück in die Zwingburg. Es wurde aber ganz anders. Ein uraltes, staubiges Vehikel mit einem lahmen Schimmel trottete daher. Der italienische Kutscher quälte uns nach Landesart. Und da der Mann gebrechlich aussah, und da Félicie überall die holde Fee sein muß, fuhren wir so bis nach meinem Küstennest. Das heißt, wir stiegen etwas früher aus. In dieser herzoglichen Prunkkutsche einzuziehen, das wäre doch etwas zu idyllisch gewesen, und unsre Gemeinschaft auch. Wir besehen Läden, kaufen eine Kleinigkeit, sprechen mit dem alten Badearzt, der die Duchesse im Verdacht einer Zweimeilentour zu Fuß hatte. In den engen, dumpfen Straßen der charakteristische Geruch nach verfaulenden Orangen und Schmutz. Ein Schweif dunkeläugiger Fischerkinder folgt uns als Ehreneskorte. Die Frauen in den Hausthüren grüßen, die Kinder schreien: »La duchessa – La duchessa!« Sobald Félicie den Ort betritt, ist sie die Königin, der man huldigt. Die Männer schauen ihr nach, verhungerte Hunde kommen wedelnd. Schön und gut ist sie! – Und dabei keine Spur von Hochmut! Nur die lächelnde Liebenswürdigkeit, die verschwenderisch Süßigkeiten ausstreut, die sie selbst als Frau merkwürdigerweise nicht liebt. Sie freut sich der wilden, heuchlerischen Infantenhorde, spricht in fließendem Italienisch mit Frauen, die ihr die Säuglinge entgegentragen, als wenn sie die segnen sollte. Ungezählte Soldi fliegen durch die Luft, was an Nickel vorhanden, folgt, etwas sparsamer. Mir selbst macht das Schauspiel Spaß. Die Bengels bekommen nie genug! Ich suche im leeren Portemonnaie und will endlich ein paar Lirelappen opfern. Dieser Verschwendung wehrt Félicie vernünftig. »Das ist zu viel – das hat keinen Sinn! Sie kennen die Leute hier nicht. Man will doch nur den Kindern eine Freude machen. Den Liraschein aber schleppen die nach Haus, und dann faulenzt eine ganze Fischerfamilie davon zwei Tage. Das will ich nicht. Die Leute können arbeiten und sollen's auch! . . . Es ist viel besser, wir gehen diesen unglücklichen Hunden Brot kaufen.« – Auch die werden gelabt, obgleich italienische Tierliebe sie immer mit Fußtritten von uns abhalten will. Endlich gehen wir. Ein fremder dreister Bettler kroch nämlich immer winselnd um mich und schrie: »Misericordia, signore ducca, signore ducca!« Der Herzogin stieg dabei ein verlegenes Rot in die Wangen. Sie sagte rasch: »Geben Sie dem Manne eine Lira – aber dann fort! . . . Wir vergessen ganz, daß Sie noch etwas malen wollen.«

Ich bin gehorsam. – Die Horde bleibt auch auf ein Winken der weißen Hand zurück. – Wir gehen nebeneinander, ohne ein Wort zu sprechen.

Sie, die sonst so eilig und von Fels zu Fels springen kann wie eine Gemse, schreitet matt, langsam . . . Erst ein rasselnder Wagen, dem wir ausweichen müssen, rüttelt uns aus gefährlichem Nachdenken. Es sind die leidigen Rivieratouristen. Der Kutscher grüßt ehrerbietig die Herzogin, wie hier alles Volk vor dieser Heiligen kniet zehn Meilen in der Runde. Wir sehen dem vollen Break nach. Die Fremden thun ein Gleiches mit uns, während der Kutscher über die Schulter weg ihnen Aufklärungen giebt. Ich sehe noch die bewundernden und neidischen Gesichter. ›Eine Herzogin – und so reizend! . . . Und dieser Glückspilz daneben!‹ – Ich weiß ganz genau, daß ich ein Glückspilz bin. Ich bin auch vielleicht stolz auf jeden Blick, den Félicies Reize anziehen. Gehörte mir aber Félicie ganz – ich würde kein bequemer Ehegatte sein: stark eifersüchtig und leicht gekränkt. Und doch würde sie mir diese Unarten leichten Sinnes vergeben, weil ihr gutes Herz genau weiß, welche unendliche Zärtlichkeit sich dahinter versteckt.

Aus dem Malen wurde diesmal nichts. Wir setzten uns auf der schwarzen Klippe fest, um zu träumen. Das thaten wir eine Weile. Wir können aber auch sehr verständig sprechen – über die Kunst, das Leben, über uns selbst. Félicie liebt die Arbeit bei Männern, haßt deren Müßiggang. Mir gegenüber ist und bleibt sie ein wenig pessimistisch. Sie will mir nicht glauben, daß ich sehr scharf arbeiten kann, und meint, wenn ich mein Talent nicht noch rechtzeitig entdeckt hätte, so wäre ich eines schönen Tages ausgegangen mit einer geladenen Pistole und aufgefunden worden mit einer abgeschossenen, weil ich die gleichmäßige Fronarbeit des Lebens doch nie ertragen hätte . . . Du siehst, alter Gert, sie kritisiert bei aller Güte scharf und richtig . . . Aber sie läßt sich auch gern belehren, hört klug zu, wie ich über unsre Kunst und mein Verhältnis dazu spreche. Wie ich im Leben doch nie ganz hätte verkommen können, weil ich eigentlich immer ein weiser Verschwender gewesen sei, selbst im wüstesten Bacchanal der scharfe Beobachter, der die schönen und die häßlichen Linien aller Dinge sehr klar unterschied. Und wie dieser geschärfte Blick, weil er alle Tiefen des Lebens selbst gemessen, mir auch künstlerisch der gute Leiter gewesen sei . . . »Denn Leute meines Genres, liebe Félicie, müssen sogar bummeln und faulenzen können von Zeit zu Zeit, weil sie unbewußt aufnehmen und bewußt schaffen sollen. Sie sollten mich mal in meinem Atelier sehen, verbissen in irgend eine Idee! Da arbeite ich immens – allerdings ruckweise, aber mit ganzer Kraft – da bin ich nervös, geärgert und mache mir das Leben absichtlich so schwer, wie sich's andre Leute leicht machen. Denn ich treibe mein Handwerk so ehrlich wie einer – und schone mich wahrhaftig nicht! Die Götter haben vor die Unsterblichkeit den Schweiß gesetzt. Wenn's darauf allein ankäme, so hätte ich auch ein kleines Anrecht darauf!« . . . Ich spreche lange und warm – ich male vielleicht in Worten ein Bild. Das ist langweilig für den Laien, der jedes Gemälde nur im Prunkrahmen für fertig hält.

Félicie ist ganz anders. Sie hört mit einem hellen und doch nach innen gewandten Blicke zu. Sie sieht, begreift, arbeitet mit. Es ist mir ein Genuß, wie ich das in dem schillernden Opal beobachten kann. Und sie sagt in ihrer zuweilen etwas träumerischen Art: »Wäre ich Ihre Frau, ich würde immer dabei sitzen – ganz still, ganz Auge. Und ich würde glücklich dabei sein . . . Vielleicht würden Sie das selbst gar nicht wollen – das würde mich kränken. Und wenn Sie mich schlecht behandelten, was ich Ihnen schon zutraue, – so würde ich Ihnen doch nicht davonlaufen. Wen ich lieb habe, dem bin ich von ganzem Herzen treu und verstehe ihn so gut!«

Da antworte ich: »Ja, Félicie, wenn ich Sie ganz hätte – was könnte ich da leisten! Denn es giebt eigentlich nichts, was ein Mann nicht kann, wenn zwei so geliebte Frauenaugen ihn bitten . . . Und Sie würden mir endlich die Sonne geben, die ich brauche, und die nur Sie mir geben können.«

»O, die würde ich Ihnen so gern geben! Ich würde maßlos stolz sein auf jeden Erfolg von Ihnen – ich würde mich so freuen . . .«

»Und warum müssen denn wir beide als Fremde, getrennt durch dieses Leben wandern?«

»Ja, warum müssen wir . . . Aber das ist und wird sein. Zu ändern ist nichts. Ich denke, sobald ich allein bin und nachts, so viel an Sie, mein Freund. Im Grunde sind wir beide wohl gut, nur die Verhältnisse machen uns schlecht . . . Wie hätten wir beide uns zum Guten erziehen können! . . . Aber kein trauriges Gesicht, mein Freund, wenn ich bitten darf! Die Sonne geht sehr bald unter. Bedenken Sie, wie kurz der Tag ist! . . . Und glauben Sie mir immer, daß ich in Gedanken bei Ihnen sein werde, so oft Ihre Gedanken mich wünschen. Jeder Erfolg von Ihnen wird mich auch kindisch freuen . . . Sie müssen glücklich werden! Ich denke ja so viel an Ihr Glück . . .«

Ja, Gert, da werde ich wieder weich und traurig. Ich habe auch jetzt beim Schreiben sicher einen feuchten Schimmer in der Augenecke. Was ist die Frau doch gut! . . . Und was nutzt's mir schließlich?!

Wir kamen gerade so knapp nach Hause, daß wir Dinertoilette machen konnten.

Wie die Zeit flieht! An der Seite dieser Frau muß ja das Leben des Glücklichen nur ein einziger, kurzer Sonnentag sein . . . Und wenn ich denke, wie lang mein kurzes Leben mal sein wird und wie ohne Sonne!

*

Wir haben jetzt den vierten Paradiestag. Wenn das Ungetüm morgen wirklich schon käme! . . . Briefe schreiben sich übrigens die beiden nicht. Sie wechseln täglich Depeschen. Denen vertraut man weder Geheimnisse noch Intimitäten an. Und wenn sie sich mal aus Jux die landesüblichen Eheergüsse leisten würden – ich glaube, in den Briefen stände noch weniger als in den Telegrammen.

*

Der Duc kommt erst übermorgen. Der Aufschub nutzt mir gar nichts. Félicie hat gemessenen Befehl, ausgerechnet morgen eine Tantenmarquise zu besuchen, die sich irgendwo in einer Rivieravilla langweilt . . . Ein Tag also noch – aber ein verlorener Tag! . . . Félicie kam noch um zehn Uhr abends in das Billardzimmer, wo ich heute als Solospieler den abwesenden Herzog markierte. Der Abend allein stimmt mich doch immer traurig. Darum fliehe ich dann entweder zu Dir oder zu dieser geistlosen Zerstreuung.

Félicie ist sehr niedergeschlagen. »Ich muß weg – sogar schon früh. Abtelegraphieren, das hieße uns verraten . . . Ach Gott, mein Freund, ich lasse Sie so ungern einsam! Dieser eine Tag, vielleicht der letzte, der uns überhaupt noch gehört im Leben – und den müssen wir auch noch hergeben.«

»Ich habe kein Glück, Félicie – ich habe kein Glück.«

Félicie überlegt . . . »Ich könnte um neun zurück sein . . . Sie würden mir dann bei meinem verspäteten Diner Gesellschaft leisten. Was ich Ihnen von diesem letzten Abend geben kann, das soll Ihnen gehören.«

Das ist wahrlich ein schwacher Trost! Diese eine elende Stunde – und noch dazu unter dem Späherauge einer Livree.

Félicie fühlt das auch, Félicie schmerzt's auch.

»Kommen Sie, wir wollen an irgend einen von den Bücherschränken gehen! Ich hole mir hier abends noch oft etwas Lektüre. Da kann ich Sie ja zufällig getroffen haben . . . Ich habe meinen Leuten sonst nie Grund zum Argwohn gegeben – jetzt regt er sich stark, wie ich merke . . . Suchen Sie mir ein englisches Buch! . . . Sie liegen ganz unten.«

Während ich dienstfertig niederkniee – sie steht dicht neben mir – und ihr ein gleichgültiges Buch nach dem andern präsentiere, fühle ich plötzlich an ihrer kühlen Hand, daß mich das Opalauge sucht. Ich sehe sie an. »Sie holde Félicie!« Und da packt es mich wie ein Krampf, ich nehme die weiße Hand, die sie mir diesmal nicht entzieht, und drücke sie gierig an meinen Mund und bedecke sie mit fiebernden Küssen. So viel erlaubte sie mir noch nie. Und diese willenlos mir überlassene Hand soll zeigen, daß ich ihr lieb, daß sie mit mir trauert . . . Ach, diese duftenden, kühlen Hände, deren kranke Schönheit nie ein Goldreif stört! . . . Freilich die Lippen – die Lippen . . . Ich habe die Lippen dieser Frau noch nicht berührt.



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