Ludwig Preller
Griechische Mythologie II - Heroen
Ludwig Preller

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a. Sisyphos.

Er galt in alten Genealogieen für ein Glied jenes weitverbreiteten, an alterthümlichen Bildern und Ueberlieferungen reichen Stammes, dessen Stammvater der thessalische Aeolos, der Sohn des Hellen istHesiod fr. 32 p. 259 Αἰολίδαι δ' ἐγένοντο ϑεμιστοπόλοι βασιλῆες Κρηϑεὺς ἠδ' Ἀϑάμας καὶ Σίσυφος αἰολομήτης Σαλμωνεύς τ' ἄδικος καὶ ὑπέρϑυμος Περιήρης. Vgl. Apollod. 1, 7, 3.. Seine eigentliche Heimath ist Korinth und der Isthmos, doch erzählte man auch in Thessalien, Boeotien und in Phokis vom Sisyphos. Und so kannte man auch die traurige Geschichte seines Sohnes Glaukos sowohl in Iolkos als zu Potniae bei Theben und auf dem Isthmos.

Sisyphos bedeutete wahrscheinlich zuerst die Fluth oder das Meer in seiner rastlos wandelbaren, Berge auf und nieder wälzenden, stets geschäftigen und verschlagenen, bis in die tiefste Tiefe eindringenden und doch immer wieder emporquellenden Natur, wie so manche Bilder und Sagen der 75 eigentlichen Meeresgötter diese Anschauung ins Einzelne ausführen. Daher ist Korinth die doppelte Seestadt und der Isthmos die Brücke übers Meer seine rechte Wohnung. In Korinth haust Sisyphos oben auf der Burg, am Ursprunge der schönen Quelle Peirene, welche die Burg und die darunter liegende Stadt mit Wasser versorgte und deren Ursprung von der Schlauheit des Sisyphos abgeleitet wurdeStrabo 8, 379, Paus. 2, 5, 1. Ueber die Quelle Peirene Göttling gesammelte Abh. 1, 131. Unter der Peirene befand sich das befestigte Σισύφειον, Strabo l. c, Diod. 20, 103.. Am Isthmos ist er es der auf Geheiß der Nereiden den verstorbenen Melikertes aus den Händen der Mutter empfängt und ihm zu Ehren die isthmischen Spiele stiftet, aus denen später Spiele des Poseidon geworden sindPind. fr. 2 Αἰολίδαν δὲ Σίσυφον κέλοντο ᾧ παιδὶ τηλέφαντον ὄρσαι γέρας ἀποφϑιμένῳ Μελικέρτα. Vgl. Schol. Pind. Isthm. p. 514 u. Paus. 2, 1, 3; 2, 2.. Unter diesen isthmischen Meeresgottheiten zeigte man auch das Grab des alten Seekönigs.

Sehr früh hatte sich aus solchen Vorstellungen das bekannte Charakterbild des verschlagenen Sisyphos entwickelt, welches schon der Ilias geläufig ist und mit der Zeit zum Sprichwort wurdeΣίσυφος von σοφός, in demselben Sinne, wie Proteus, Nereus u. A. Il. 6, 152 ἔστι πόλις Ἐφύρη μυχῷ Ἄργεος ἱπποβότοιο, ἔνϑα δὲ Σίσυφος ἔσκεν, ὁ κέρδιστος γένετ' ἀνδρῶν, Σίσυφος Αἰολίδης. Ephyra ist der ältere Name für Korinth.. In diesem Sinne wurden die älteren Bilder zu sinnreichen Märchen und Fabeln überarbeitet. Aeschylos hatte dieses Charakterbild in verschiedenen Dramen sowohl von seiner ernsten als von seiner humoristischen Seite ausgeführtEr dichtete einen Sisyphos Steinwälzer (πετροκυλιστής) und ein Satyrspiel Sisyphos δραπέτης d. i. der Ausreißer. Auch von Euripides gab es ein Satyrspiel Sisyphos.. Nachmals fiel es in die Hände eines sehr talentvollen, aber durch Sophistik verdorbenen Mannes und Dichters und wurde darüber zum Typus einer in Bildung und Gesinnung vollendeten SophistikS. den merkwürdigen Auszug aus dem Sisyphos des Kritias b. Sext. Emp. adv. Math. 9, 54.. Oder Sisyphos galt im Sinne des korinthischen Handels und Wandels für einen Erzrechenmeister und Erfinder von allerlei Ränken und KniffenPind. Ol. 13, 52 πυκνότατος παλάμαις. Aristoph. Acharn. 391 μηχανὰς τὰς Σισύφου. Vgl. Hes. Σισυφίοις, Κορινϑίοις, κακοῖς, ἀπὸ Σισύφου βασιλέως u. Σίσυφος ἀπατητικός, οἱ δὲ ἐπὶ τῶν μεγαλαυχούντων u. Diod. 6, 8. Lykophr. 980 gebraucht Σισυφεὺς in dem Sinne von Rechenmeister., aber auch für den der Weissagekunst durch Opferschau.

76 Sisyphos erschien in jenen Fabeln als Verbrecher gegen Zeus, weil er ihn dem Flußgotte Asopos verrathen hatte, als Zeus dessen Tochter Aegina, die Mutter des Aeakos, von Phlius über Korinth nach Aegina entführte. Er verrieth dieses dem Asopos unter der Bedingung daß er eine Quelle auf Akrokorinth entstehen lasse, worauf jener die berühmte Peirene entspringen ließ. Zeus will den Sisyphos wegen dieses Verraths tödten und schickt also den Tod über ihn. Aber Sisyphos fesselt diesen mit starken Banden, so daß Niemand sterben kann, bis zuletzt Ares den Tod befreit und ihm den Sisyphos übergiebt. Dieser trägt seinem Weibe, der Plejade Merope (1, 366) auf ihm die gebührenden Todtenopfer in den Hades nicht nachzuschicken, worüber Pluton und Persephone zu kurz kommen. Sisyphos klagt darauf bei diesen mit listigen Reden daß er von seinem Weibe vernachlässigt werde, die dafür gezüchtigt werden müsse, bis sie ihn wieder aus dem Hades herauslassenPherekydes b. Schol. Il. 6, 153, vgl. Theogn. 703 ὅστε καὶ ἐξ Ἀίδεω πολυιδρίησιν ἀνῆλϑεν, πείσας Περσεφόνην αἰμυλίοισι λόγοις u. Eustath. Il. 631, 37, Od. 1701, 50. Bei Schol. Pind. Ol. 1, 97 führt Hermes den Sisyphos zuletzt mit Gewalt hinab. Vgl. das Märchen vom Tod und dem Spielhansel, der jenen auf einen Baum festbannt, so daß 7 Jahre lang Niemand stirbt.. Als er oben ist, will er nicht eher wieder hinunter als nachdem er natürlichen Todes gestorben ist und zwar bei hohen Jahren. Endlich leidet er in der Unterwelt die bekannte Strafe.


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