Ludwig Rellstab
1812 – Ein historischer Roman
Ludwig Rellstab

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Zweiter Teil.

Fünftes Buch.

Erstes Kapitel.

Seit Ludwigs Abwesenheit schwanden seiner Mutter und Schwester die Tage still und traurig dahin; Marie trug ihren Schmerz mit sanftem Dulden. Sie klagte nicht, sie weinte nicht, nur in verdoppelter liebender Sorge für die Mutter suchte sie Trost; über ihr ganzes Wesen war eine wehmütige Freundlichkeit gebreitet, welche ihr einen neuen zartern Reiz verlieh. Sie wurde, und dies ist die Natur edler Seelen, durch ihren Kummer besser, und je mehr sie selbst litt, desto reger wurde ihre Aufmerksamkeit und ihr Mitgefühl für die Leiden anderer. So widmete sie der Mutter, deren Brustübel sich seit der innern Erschütterung, die Ludwigs Schicksal ihr bereitet hatte, leider bedenklich verschlimmerte, alle Gedanken ihrer Seele; vom frühesten Morgen an, wenn sie, vor dem Tage erwacht, einsam auf ihrem Lager saß, sann sie darauf, wie sie durch kleine Freuden und Annehmlichkeiten der Kränkelnden über die lange, stumme Trauer dieser trüben Tage hinweghelfen, sie unvermerkt über ihren Schmerz täuschen wollte. Heimlich aber quälte sie sich mit der Besorgnis, daß die Tage der Mutter ihrem Ziele nahe seien. Und nicht ohne Grund; denn sie kannte jenes stille Untergraben der Gesundheit, welches der verschlossene, entweder aus Grundsatz, oder infolge einer besondern Eigentümlichkeit des Gemüts sich wenig äußernde, innerlich aber desto mächtiger verzehrende Schmerz ausübt. Und die Mutter duldete so. Ein Fremder hätte bei dem steten Gleichmute, welchen sie zeigte, bei ihrer freundlichen, wiewohl nicht lebhaften Teilnahme an allem, was um sie her vorging, schwerlich geahnt, daß die Brust dieser still wohlwollenden Frau von einer so schweren Sorge, einem so tiefen Kummer erfüllt war. Marie kannte sie und fürchtete daher um so mehr, je weniger zu fürchten schien.

So seltsam es scheinen mag, so war doch diese Zeit der Prüfungen eine ungemein wohltätige für Marien, denn die strengen Forderungen der Pflicht, welche sie als besorgte Pflegerin der Mutter zu erfüllen hatte, zogen sie von der steten Beschäftigung mit ihrem eigenen Schmerze ab, der auf diese Weise unvermerkt von seiner herben Schärfe verlor und mild auszuheilen begann, so daß sie nicht mehr die heißen Schmerzen der Wunde selbst, sondern nur die sanfte Ermattung empfand, welche nachzufolgen pflegt, wenn die heftigste Verblutung vorüber ist. Sie war auch zu einer äußerlichen Tätigkeit gezwungen, und diese zog sie am meisten von dem Versinken in sich selbst ab. Manches trug auch das dazu bei, daß abwechselnd Julie oder Emma vom Lande hereinkamen und ihr treulich Gesellschaft und Beistand leisteten.

So verstrich die Hälfte des Sommers fast zum Erstaunen schnell, und die Tage fingen schon merklich an wieder abzunehmen, als die Mutter sich wieder gestärkt genug glaubte, um ins Bad nach Teplitz gehen zu können, welches sie in jedem Jahre zu gebrauchen pflegte. Der Juli war noch nicht ganz verflossen, als sie diese Reise in Begleitung Mariens antrat. An einem heitern Morgen, wo der Himmel im reinsten Blau über der Erde stand, und das Silbernetz des Taues reich blitzend über die ganze Flur geworfen war, verließen sie die Stadt. In einem einsamen, an der Straße unweit Peterswalde stehenden Gasthause brachten sie die Mittagsstunden zu. Währenddessen kühlte ein am Himmel heraufgestiegenes Gewitter, welches sich in einem furchtbaren Regenstrom entlud, die glühende Atmosphäre wohltätig ab. Sie fuhren weiter, als der Regen noch leise herabtröpfelte, obwohl das Gewölk sich schon verzog und heitere blaue Streifen durch die duftigen Nebelschleier blickten. Die tiefer stehende Sonne warf freundliche Strahlen seitwärts herein, daß Laub und Auen im funkelnden Diamantenschmuck der Tropfen glänzten. So erreichten sie den Nollendorfer Berg, den sie langsam hinanfuhren. Mit der Nachmittagssonne langten sie auf dem Gipfel bei der kleinen Kirche an, und nunmehr lag das ganze Königreich Böhmen zu ihren Füßen ausgebreitet da. So oft Marie auch diesen großartigen Anblick gehabt hatte, so war sie doch immer neu von demselben überrascht und entzückt.

Sie stieg mit der Mutter aus dem Wagen und ging mit ihr von der Straße ab bis an die Kapelle, wo sie sich im Schatten derselben – denn die Sonne stand schon westlich hinter dem Gebirge – auf eine Bank niedersetzten. Das Erzgebirge dehnte seine grüne schattige Waldmauer majestätisch nach Südost hin aus; in den tiefen Schluchten glänzten die reinlichen Häuser vieler Ortschaften, Schlösser, Abteien. Die langen Waldungen streckten sich oft weit in das Land hinein, bevor sie sich in Kornfelder oder Wiesen verliefen; die Chaussee zog ihren weißen glänzenden Streifen in schlängelnder Windung den Abhang des Berges hinunter, teilte den Fichtenwald und reihte dann nach und nach die reichen Dörfer der Hügelebene an ihrem Bande auf. Marie ließ mit Wohlgefallen ihre Blicke über die bekannte Landschaft schweifen. Mit träumerischer Ahnung heftete sie das Auge an die hohen blauen Bergkolosse der beiden Milleschauer, welche, ein majestätisches Zwillingspaar, im Herzen Böhmens aufstiegen und den Hauptteil der östlichen Begrenzung des Horizonts einnahmen. Über sie hinaus, dorthin, wohin der Westwind die verziehenden Gewitterwolken trieb, dorthin lag das ungeheuere Land, wo jetzt die Teuersten weilten, welche sie auf Erden besaß. Denn in tiefer, verschleierter Stille schlug ihr Herz auch für den Mann, dessen männlich würdiges Wesen, dessen edler Sinn ihre Liebe zugleich mit der wärmsten Achtung gewonnen hatte, und dem sie gern gefolgt wäre, wenn sie sich nicht durch heiligere Bande an das Vaterland gefesselt fühlte.

Der Wagen mußte des steilen Abhangs wegen einhemmen, daher konnten die Frauen einen nähern Fußpfad einschlagen, der sich bald wieder mit der Straße vereinigte. Dort stiegen sie ein und erreichten nunmehr nach wenigen Stunden ihren wohlbekannten Aufenthaltsort. Sie wurden daselbst von ihren alten Wirten, dem Tischlermeister Holder und seiner Frau, denen sie schon angemeldet waren, aufs freundlichste begrüßt, und Marie hatte die Freude, von allen Kindern des Hauses, selbst von dem kleinen vierjährigen Mädchen, wieder erkannt zu werden. In wenigen Minuten waren sie in ihren beiden stillen Gartenstübchen eingerichtet und fühlten sich so traulich und wohl daselbst wie in ihrem eigenen Hause. Die Tür ihres Wohnzimmers leitete unmittelbar in den ziemlich großen Garten – denn das Haus lag in der Vorstadt – hinaus; zwar war derselbe größtenteils zu Obst und Küchengewächsen benutzt, jedoch fanden sich auch einige Blumenstöcke und schattige Lauben darin, welche einen ganz angenehmen Aufenthalt gewährten, zumal da man in der Ferne den Schloßberg mit seiner herrlichen Ruine über die Gebüsche hineinragen sah.

Marie hatte einen ganz eigentümlich weiblichen Sinn des Einnistens und Einbauens in trauliche Verhältnisse; es war ihr zur andern Natur geworden, alles um sich her freundlich und heimisch zu gestalten. Ein nicht geordnetes Zimmer erregte ihr oft, ohne daß sie sich dessen selbst bewußt war, ein peinliches Unbehagen. Dagegen fand sie sich glücklich im Einrichten und Aufschmücken eines Ortes, den sie zum Aufenthalt gewählt hatte. Nicht daß sie die Pracht oder auch nur die modische Eleganz geliebt hätte, aber alles um sie her mußte einen freundlichen Anstrich haben. Die Art, wie sie einen Blumentopf setzte, ihre weiblichen Handarbeiten im Zimmer um sich her ordnete, die Bücher, welche sie zunächst las, ihre Noten, kleinen Zeichnungen rings um sich her verbreitete, alles dies gewährte eine Behaglichkeit, von der sich jeder Eintretende, sobald er nur einen Blick über das Zimmer geworfen hatte, überrascht fand. So war es denn auch jetzt ihr erstes Geschäft, die Koffer auszupacken und die Räume des Gemachs teils zu füllen, teils zu zieren. Ihr weiblicher Ordnungssinn war aber nicht auf äußern Schein allein gerichtet, sondern erstreckte sich auch überall dahin, wohin das Auge des fremden Beobachters nicht drang. In ihrem Nähtisch, ihrem Kleiderschrank war dieselbe zierliche und bequem-nützliche Einrichtung anzutreffen wie in ihrem Zimmer; ja, in ihrer Kleidung, in ihrem Haar erkannte der Beobachter das Walten desselben Gesetzes, die Wirksamkeit derselben Eigenschaften der Seele. Sollte man sich verwundern, wenn diese trauliche Ordnung und harmonische Verbindung der Räume und Dinge auch gewissermaßen in ihrem Charakter selbst zu erkennen war? Sie hätte einen düstern Kerker wohnlich zu machen gewußt durch weibliches Ordnen und Walten – wie hätte sie nicht durch fromme entsagende Betrachtung, durch ein stetes aufmerksames Zusammenhalten ihrer Kräfte und Pflichten, durch ein williges Anerkennen alles dessen, was ihr Gütiges begegnete, auch der trüben Verwirrung tief schmerzlicher Geschicke eine sanftere Gestaltung geben, durch einen gefaßten Willen die Heftigkeit aufgeregter Leidenschaften auf eine schöne, wohltuende Weise zügeln sollen? Dieser eigentümlichen Kraft ihres Gemüts verdankte sie eine sanfte Heiterkeit, die sie sogar in so traurigen Zeiten, wie sie jetzt durchlebte, nicht verließ und sich auch auf ihre Umgebungen verbreitete. Und die segnende Wirkung dieser, es ist schwer zu entscheiden, ob durch Übung des Willens oder durch eine glückliche Naturanlage erlangten Kraft strömte auch auf sie selbst zurück. Denn wie sie durch dieselbe ihre Nächsten, Liebsten und vor allen ihre Mutter erheiterte, so wurde sie selbst in der Tat glücklicher, froher, hoffnungsreicher und sah, wenngleich durch einige trübe Schleier, doch mit freierm, vertrauensvollem Blicke in die Zukunft hinaus.

Am ersten Abende verließen beide Frauen das Haus nicht mehr; Marie hatte den Teetisch in die Gartenlaube tragen lassen, wo man, von wilden Weinranken und blühendem Jelängerjelieber umschattet, behaglich im Kühlen saß und den Schloßberg mit seinen Ruinen, von der Abendsonne glänzend vergoldet, vor sich sah. Hierhin lud sie die Töchter des Wirts ein, Anna und Therese, die erste ein zwölfjähriges, kluges, aufgewecktes Kind, das Marien schon so manche Belehrung verdankte und sie wohl genutzt hatte, die andere ein blondes, vierjähriges Lockenköpfchen, dessen drollige Munterkeit und liebkosendes zutuliches Wesen es Marien so lieb wie ein Schwesterchen machten, wenn sie auch nicht die Pate der Kleinen gewesen wäre. Anna fand sich geehrt dadurch, daß sie mit ihrem Strickzeug, einer kleinen Dame gleich, an dem Teetisch der fremden Herrschaften sitzen konnte; Therese ergötzte durch ihr munteres Plaudern und ihre naiven Fragen. Marie sorgte für beide mit der Freundlichkeit einer ältern Schwester und munterte sie durch ein Eingehen auf ihre kindischen Vorstellungen zur freiesten Äußerung ihres Wesens auf, bis endlich Therese, ungeduldig, so lange zu sitzen, mit einem Stückchen Zucker in der Hand munter davonhüpfte und Marien aufforderte, sie zu haschen. Einem kleinen Amor gleich schlüpfte das Kind durch die Gebüsche, um der mit scherzhafter Drohung nacheilenden Marie zu entfliehen; diese trieb absichtlich das mutwillige Spiel eine Zeitlang fort, weil es gar zu reizend ließ, wenn die Kleine ihr Lockenköpfchen hinter den Zweigen eines grünen Busches hervorsteckte und mit ihrem Silberstimmchen fragte: »Siehst du mich, Tante?«

Indessen war die Abendröte fast verduftet, und bläuliches Mondlicht mischte sich mit der rosigen Dämmerung, die sich über den Garten ergoß; die Sichel des Neumonds schwebte auf dem blauen ruhigen Ozean des Himmels und warf silberne Blicke zwischen die flüsternden Gebüsche hindurch. Die Kinder mußten nun hinauf, um schlafen zu gehen, und Therese war auch, nachdem dem aufregenden Spiel der Neckereien die Abspannung gefolgt war, herzlich müde. Sie folgte daher willig der Dienstmagd und ließ sich hinauftragen. Die zunehmende Abendkälte nötigte auch die Mutter, das Gemach zu suchen; Marie ging noch eine Zeitlang im Garten auf und nieder, dann folgte auch sie nach und genoß bald einer sanften, erquickenden Ruhe, die selbst das trauernde Herz nicht flieht, wenn es zugleich ein reines ist.

Mit dem nächsten Tage begannen die Einrichtungen, welche man für den Gebrauch des Bades zu treffen hatte; ein sehr frühes Aufstehen wurde notwendig, die übrigen Beschäftigungen mußten danach geregelt werden. Dahin gehörten auch die Spaziergänge, welche der Arzt verordnete. Marie begleitete ihre Mutter überall; während sich dieselbe im Bade befand, pflegte sie mit einigen Bekanntinnen aus Dresden, die sich gleichfalls als Badegäste eingefunden hatten, einen Spaziergang, zumeist im Schloßgarten, zu machen. Auf diesem wurde Marie, so eingezogen sie übrigens lebte, doch allmählich mit den verschiedenen, zum Teil seltsamen Figuren, welche sich in dem Badeort versammelt hatten, bekannt. Nach und nach wußte man, mit wem man die Badezeit zubrachte, Abreisende wurden vermißt, Neuankommende sogleich bemerkt. Die größere Freiheit des Umgangs, welche in einem Bade herrscht, brachte es mit sich, daß man auch mit fremden Männern leicht in ein Gespräch geriet. Diese schlossen sich auch sehr gern an die Gruppe an, in welcher sich Marie befand; denn ihr feiner Wuchs erregte schon von ferne Aufmerksamkeit, ihre zierliche, wiewohl sehr bescheidene Tracht reizte näher zu gehen, der sanfte, weibliche Ausdruck ihrer Züge, der treue Blick des blauen Auges und vor allem ihr einnehmendes, von spröder Zurückgezogenheit wie von anmaßendem Hervortreten gleich entferntes Wesen fesselten so mächtig, daß sich ältere wie jüngere Männer bestrebten, in ein Gespräch mit ihr zu kommen. Auch Frauen fühlten sich durch Mariens Wesen ungemein angezogen, und einstimmig bedauerte man es, daß diese liebenswürdige Erscheinung nur in der einen Morgenstunde sichtbar war und für den ganzen übrigen Teil des Tages verschwand. Zum Teil war dies eine Täuschung; denn obwohl Marie nur die schönsten Abende zu Spaziergängen benutzen konnte, weil die Mutter jede Feuchtigkeit und Kühle scheuen mußte, so war sie doch nicht selten mit dieser und auch wohl im Kreise einiger nähern Bekannten in den schönen Umgebungen von Teplitz anzutreffen. Freilich aber wählte sie nicht jene von der großen Welt besonders vorgezogenen Orte, wo sich eine glänzende Menge zu versammeln pflegte, sondern sie suchte schöne, aber einsame Punkte am liebsten auf, wo sich kein anderer Genuß darbot als der jener reinen, erquickenden Gaben, welche die Natur uns aus nächster Hand wohlwollend reicht. Indessen hatte Mariens Erscheinen auf den Morgenspaziergängen sie doch der jüngern Badewelt nachgerade so bekannt gemacht, daß man ihre Gegenwart bei einem ländlichen Fest, welches man veranstalten wollte, für unerläßlich hielt, wenn dieses nicht seines schönsten Schmuckes entbehren sollte. Als sie daher eines Morgens in der Nähe des Brunnens wie gewöhnlich in Begleitung ihrer Freundinnen erschien, näherte sich ihr eine Deputation junger Männer, an deren Spitze ein österreichischer Rittmeister, Arnheim, stand, welcher das Bad besuchte, um dadurch einen infolge einer schweren Verwundung, die er in der Schlacht bei Wagram erhalten hatte, gelähmten Arm zu heilen. Er redete sie mit bescheidenem Wesen folgendermaßen an: »Ich habe Ihnen im Namen der Brunnengesellschaft eine große Bitte vorzutragen, mein Fräulein; allein ich fürchte fast, Sie schlagen mir sieab.« »Gewiß nicht,« erwiderte Marie freundlich, »wenn die Erfüllung irgend in meiner Macht steht. Doch wüßte ich nicht,« setzte sie unbefangen lächelnd hinzu »was ich zu tun vermöchte, woran der Gesellschaft etwas gelegen sein könnte.«

»Sie sind bis jetzt nur ein Morgenstern für uns gewesen, der mit dem wachsenden Tage verschwand,« – antwortete der Rittmeister, der dem Gleichnis übrigens nur einen scherzhaften Ton gab; »wir wollten Sie bitten, uns doch auch einmal als Abendstern zu glänzen. Auf morgen haben wir ein gemeinsames Fest veranstaltet; es würde uns sehr leid tun, wenn es des schönen Schmuckes, den Ihre Gegenwart ihm leihen müßte, entbehren sollte. Dürfen wir darauf hoffen?« Zugleich waren die übrigen jungen Leute näher getreten und vereinigten ihre Bitten mit denen des Rittmeisters.

»Sehr gern werde ich die Einladung annehmen,« sprach Marie freundlich, »wenn meine Mutter es erlaubt.« – »Nehmen Sie unsern aufrichtigsten Dank zuvor«, entgegnete der Rittmeister lebhaft, und die übrigen jungen Männer äußerten sich ebenfalls dankend und freudig.

»Doch wo werden Sie Ihr Fest geben?« fragte Marie nach einigen Augenblicken. – »Wir sind übereingekommen,« entgegnete Arnheim, »eine kleine Ausflucht in das Gebirge zu unternehmen und uns dabei durch Scherz und Spiel und, wenn es sein kann, auch durch Tanz im Freien so gut zu unterhalten, als es uns gelingen will. Wir denken nach Aussig hinüberzufahren und dort die Elbe hinauf nach dem Schreckenstein zu schiffen. Das übrige wollen wir der Gunst des Wetters einstweilen anheimstellen.«

»Die Wahl der Unterhaltung kann meinen Neigungen nicht entsprechender sein«, entgegnete Marie. Die jungen Männer drückten nochmals ihren Dank und ihre Freude aus und entfernten sich dann, um sich unter die übrigen Spaziergänger zu mischen. Die Familie aus Dresden, der sich Marie angeschlossen hatte, war gleichfalls zu dem Fest geladen, und die Töchter boten es sogleich Marien an, mit ihr gemeinsam hinauszufahren, falls die Mutter die Teilnahme ablehnen sollte. »Dies ist leider nur zu gewiß,« sprach Marie, »denn der Ungewißheit des Wetters darf sie sich durchaus nicht aussetzen, ja selbst die Kühle des Stroms und des Abends wären, trotz der Wärme der Jahreszeit, zu gefährlich für sie. Wie gern nehme ich es daher an, unter Ihrem Schutze dem Feste beizuwohnen; nicht, daß ich selbst in einer Stimmung wäre, die mir große Freude verspräche, aber weil es mir weh tun würde, eine so wohlwollende Einladung auszuschlagen.« Indem sie noch sprach, kam ihre Mutter den Laubgang herauf aus dem Bade zurück. Marie trug ihr sogleich die Sache vor und erhielt die bereitwilligste Zustimmung.


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