Ernst Schulze
Cäcilie
Ernst Schulze

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(Fünfter Gesang.)

63.
            Noch war nur kurze Zeit der Knechtschaft mir entflohn,
Da kam vom fränk'schen Hof, wohin sein Hang ihn führte,
Mein theurer Biarko dort, des Königs Gormo SohnMein theurer Biarko dort, des Königs Gormo Sohn. – Wegen dieses Verstoßes gegen die Geschichte muß sich der Dichter die Verzeihung des Historikers erbitten. ,
Ins Dänenreich zurück. An seiner Statt regierte
Sein Oheim Harald jetzt, den bei des Todes Nahn
Einst König Gormo zum Verwalter
Des Reiches eingesetzt, bis Biarko's reifres Alter
Ihn zeitige, das Scepter zu empfahn.
 
64.
Er hatt' an Ludwigs Hof mit adeliger Sitte,
Mit mancher feinern Kunst die nord'sche Kraft geschmückt:
Hell leuchtet' er in seines Volkes Mitte,
Wie rein aus rohem Erz gediegnes Silber blickt.
Auch hatt' im fremden Land des Himmels ew'ge Gnade
Den Dunst des falschen Wahns vor seinem Blick zerstreut,
Und gläubig wandelt' er schon lang im lichten Pfade,
Worauf das Heil der Welt uns seine Palmen beut.
 
65.
Wir sahn uns oft im stillen Garten,
Wenn er dem taumelnden Gelag
Verstohlen sich entzog. Dort naht' er mir und sprach
Manch schüchtern Wort zu mir, half mir die Blumen warten
Und lauschte, wenn ich sang, manch Stündchen ward verkost,
Manch ernster Augenblick in stiller Brust empfunden.
Ich sah ihn gern, er war allein mein Trost,
Der einz'ge Freund, den ich in fremdem Land gefunden.
 
66.
Nie wähnet' ich, uns werd' ein zartres Band
Als jenes, das so sanft die Freundschaft webt, verbinden.
Ich hatte selbst die Liebe nie gekannt,
Wie konnt' ich sein Gefühl, sein schüchtern Herz ergründen?
Wohl merkt' ich, daß auch ich nicht mehr wie sonst empfand,
Doch konnt' ich nie den Sinn des süßen Räthsels finden;
Oft wähnt' ich, daß es Gram und stilles Heimweh sey,
Und doch befand ich mich so innig wohl dabei.
 
67.
Auch Biarko kam nach wenig Tagen
Mir ganz verwandelt vor. Er seufzt' und schwieg und sann
Oft lang mit irrem Geist, sah bald mich heimlich an,
Bald wandt' er, wenn mein Blick ihn traf, mit schnellem Zagen
Der Augen feuchten Glanz; jetzt mied er meinen Pfad,
Doch lauscht' er fern auf meine Schritte,
Jetzt schien's, als naht' er schnell mit einer raschen Bitte;
Doch schüchtern schwieg er stets, sobald er sich genaht.
 
68.
Ihn schien ein heimlich Leid zu drücken.
Doch oftmals, wenn er still an meiner Seite ging,
Und traulich mild mein Aug' an seinem Auge hing,
Dann flammt' ein göttlich Licht in seinen trunknen Blicken,
Dann schien er groß und froh. Begeistert sprach sein Mund
Von Recht und Freiheit dann, vom Ewigen und Schönen;
Bald schwamm sein Aug' in Gluth, bald lächelt' es in Thränen,
Bald gab's in heller Ruh die stille Größe kund.
 
69.
Auch ich empfand, wie in dem Zauberlichte,
Das junge Liebe jetzt, mir selber unenthüllt,
Um meine Tage wob, mir jedes ird'sche Bild
Gleich einem zarten Traumgesichte
Der schönen Welt erschien. So glänzend hatte nie,
Wenn hold der Lenz auf blauen Lüften schwebte,
Das Leben mich umspielt, als jetzt die Phantasie,
Vom Hauch der Lieb' erregt, die Schöpfung mir belebte.
 
70.
Wie Manches schwand mir sonst bedeutungslos dahin,
Was eng und traulich jetzt an mein Gefühl sich schmiegte!
In jedem irren Glanz, der auf der Flur sich wiegte,
In jedem Blüthenkelch schien mir ein tiefer Sinn
Der eignen Brust erklärt. Doch nimmermehr genügte
Dem ungestillten Geist der freundliche Gewinn:
Stets wähnt' ich, daß in unenthüllter Tiefe
Noch eine schönre Welt der zartern Bilder schliefe.
 
71.
Wohl welkte jetzt der schöne Blumenkranz,
Der sonst, vom lichten Hauch der flücht'gen Lust gefächelt,
Mit stets verjüngtem Reiz und ewig frischem Glanz
Um meine Kinderzeit gelächelt;
Doch ruhig, hehr und herrlich schien
Jetzt eine einz'ge Wunderblume,
Der ew'gen Flamme gleich im stillen Heiligthume,
In meiner stillen Brust mit sel'gem Hauch zu blühn.
 
72.
Noch wußt' ich nicht, daß mit verstohlnem Sehnen
Mein Herz für Biarko schlug. Doch zarte Lust durchdrang
Mein träumendes Gefühl, wenn mit gedämpften Tönen
Sein nächtlich Lied von fern zu meinem Lager klang;
Und freundlich lächelt' ich zum Blau der heitern Lüfte,
Wenn früh um mein Gemach die jugendlichen Düfte
Der Blumen säuselten, die in verschwiegner Nacht
Zu meines Fensters Rand mein holder Freund gebracht.
 
73.
Einst, als der Abend uns vertraulich hingeschwunden,
Und tiefres Dunkel schon die Rückkehr mir befahl,
Da bot er einen Strauß, den er mit zarter Wahl
Aus manchen Blumen mir gewunden,
Mir dar. Ich dankt' und ging. Mit süßen Träumen band
Mich bald der Schlaf; und sieh, am andern Morgen
Sah ich mit leiser Scham das duftig blühnde Pfand
Noch immer hold verwahrt an meiner Brust geborgen.
 
74.
Da blitzte durch den Traum, der dämmernd mich umfing,
Ein lichter Strahl. Ich fühlte hell und plötzlich,
Daß ich mit heißer Lieb' an meinem Freunde hing,
Daß sein Verlust mir unersetzlich,
Sein Leben meines sey. Doch kühn und züchtig hob
Sich auch mein Stolz empor, der lange jetzt geschwiegen,
Und stärker kämpft' ich stets, die Liebe zu besiegen,
Je fester sie ihr Netz um meine Seele wob.
 
75.
Ihn, den ich still und heiß in tiefem Herzen liebte,
Ihn schreckt' ich jetzt mit strengen Blicken fort;
Den einzigen, den treusten Freund betrübte
Jetzt oft mein schnelles Fliehn und oft mein kaltes Wort.
Und jede kleine Gunst und alle zarte Blüthen
Der Huld, die ich so gern der Freundschaft sonst verliehn,
Sie strebt' ich jetzt mit schmerzlichem Bemühn
Dem eignen Herzen zu verbieten.
 
76.
Und ach, doch wandelt' ich mir selber unbewußt
So gern den Pfad, auf dem er kaum enteilte,
Doch weilt' ich dort so gern, wo er vor Zeiten weilte,
Und schmückte sinnend Stirn und Brust
Mit seinen Gaben aus. Doch wenn die Zauberhülle
Der Täuschung dann zerfloß, dann schalt ich mein Gefühl
Und nannte das, was aus der tiefsten Fülle
Der heil'gen Lieb' entblüht, ein kindisch eitles Spiel.
 
77.
O sahst du nicht, wie oft bei meinem Scheiden
Das Aug' in Thränen schwamm, das dich noch kaum so kalt,
So stolz dich angeblickt? wie oft dein stilles Leiden
Auch meine Brust mit schmerzlicher Gewalt
Zu langen Seufzern hob? Hast du es nie errathen,
Wer deine Grotten oft mit blühndem Schmuck umwand?
Wer schüchtern oft, wenn deine Schritte nahten,
Ins dämmernde Gebüsch von deinem Sitz entschwand?
 
78.
Wie durftest du so treu mein hart Gebot erfüllen,
Das Schweigen dir befahl? O sprich,
Konnt' ich denn selbst mein Innres dir enthüllen,
Dir selbst gestehn, daß ich nur dich
Mit ganzer Seel' umfing? Du wagtest kaum zu klagen,
In stummen Thränen nur entdeckte sich dein Herz.
Grausamer Mann, ich trug zwiefachen Schmerz
Um dich und mich und mußt' ihn lächelnd tragen!
 
79.
So sprach sie tiefbewegt und bot die zarte Hand
Dem Freunde dar. O liebliches Gebilde!
Rief Biarko jetzt, o welch ein Schatz von Milde
Ruht tief verhüllt und unerkannt
In deiner keuschen Brust! Wie hold hast du die Wunden
Der Seele mir geheilt! Wie überschwenglich beut
Dein zarter Sinn mir jetzt den Lohn für alles Leid,
Das ich so hoffnungslos, so lang um dich empfunden!
 
80.
Wie durft' ich dir mit kühnen Wünschen nahn,
Da ich so tief den eignen Unwerth fühlte?
Ein Knabe war ich nur, der feig im schwachen Wahn
Vor Müh' und Kämpfen floh und nur mit Träumen spielte,
Die sein Gelüst ihm bot. Von großen Thaten fern
Ließ Harald mir schon früh die Jugend träg entgleiten,
Um einst den willenlosen Herrn
Des Reichs nach seinem Wink zu leiten.
 
81.
Wohl preis' ich dankbar mein Geschick,
Das manche Ritterthat auf Frankreichs Flur mich lehrte;
Doch senkte Haralds List, als ich zur Heimath kehrte,
Bald in den weichen Schooß der Ruhe mich zurück.
Kaum fühlt' ich noch, daß auf dem Dänenthrone
Ein fremder Herrscher saß, und gab mit leichtem Sinn
Für Fest und Spiel die königliche Krone,
Für thatenlose Schmach den Kranz des Ruhms dahin.
 
82.
Da sah ich dich, wie du die Sclavenketten
So stolz, so fürstlich trugst, wie ungebeugt und kühn
Hoch über deinem Herrn dein Geist zu thronen schien –
Und fest beschloß ich, dich und mich mit dir zu retten
Und groß zu seyn wie du. Wohl hielt dein keusches Herz
Stets von dem Ziel mich fern, das mir so nah erschienen;
Doch stärker ward ich stets und edler durch den Schmerz
Und muth'ger stets, dich zu verdienen.
 
83.
Nicht wollt' ich jetzt der feigen Knechtschaft Zwang,
Nicht mehr die Schmach der trägen Lust ertragen.
Groß war des Kampfs, des Sieges Dank,
Drum wollt' ich Großes auch und deiner Würd'ges wagen.
Ach, wer nach deiner Gunst, nach deiner Liebe rang,
Wie durfte der dem Schmerz und selbst dem Tode zagen?
Ein niedres Loos genügt der schwachen Brust allein;
Wer werth zu herrschen ist, der soll auch Herrscher seyn.
 
84.
Oft wenn dein strenger Sinn mit bitterm Gram mich kränkte,
Und wie ein schwarz Gewölk Verzweigung bang und schwer
Auf meiner Seele lag, dann nahm ich Schild und Speer,
Und wo am schaurigsten die Felsenbucht sich senkte,
Wo zürnender der Strom durch's schroffe Bett sich drängte,
Da irrt' ich schweigend dann mit dunkelm Geist umher;
Wo tödtliche Gefahr am nächsten mich bedräute,
Da, wähnt' ich, sey der Pfad, der hin zu dir mich leite.
 
85.
Und wenn ich dann die wilde Brut
Der Felsenkluft erlegt, wenn ich mit raschem Stahle
Ein kühnes Räuberheer im dunkeln Klippenthale
Erschlagen und verscheucht und roth von Feindesblut,
Vom heißen Kampfe matt zurück zur Heimath kehrte,
Dann wähnt' ich, daß ich jetzt schon würd'ger dir genaht,
Und feurig strebt' ich stets nach einer kühnern That,
Je mehr dein hoher Sinn den eignen Werth mich lehrte.
 
86.
Bald merkt' ich jetzt, daß Haralds Frevlerhand
Nicht ohne Blut mein Recht mir geben werde,
Daß er des Volkes Sinn längst von mir abgewandt
Und rings mit tödtlicher Gefährde
Mir meinen Pfad umhegt. Doch, was mich sonst geschreckt,
Das mußte mächt'ger jetzt mein tapfres Herz entzünden;
Lang schlief der Leu, den Liebe jetzt geweckt,
Und grimmig sollte bald sein Zürnen sich verkünden.
 
87.
Es ist vorbei! Siegprangend hebt
Der Räuber sein Panier in seiner Väter Hallen,
Rings sind in blut'gen Staub die Freunde hingefallen,
Ich bin wie einst ein Knecht und hab' umsonst gelebt!
Wie darf der Schwache jetzt noch wagen
Sich deinem Blick zu nahn? Du warst des Sieges Ziel,
Und Biarko's Arm erlag? O Gott, es ist zu viel!
Kein edler Sinn vermag solch eine Schmach zu tragen.
 
88.
Er rief's und sah mit tiefem Gram
Zu seiner Lieb' empor, dann senkt' er trüb' und schweigend
Den düstern Blick, aufloderte die Scham
Auf seiner Wang', und still hinab sich neigend
Verbarg er sein Gesicht. Doch jetzt mit rascher Hand
Warf er das Schwert, das an der Seit' ihm blitzte,
Weit, weit von sich hinweg; dann saß er starr und stützte
Sein sinkend Haupt auf seine flache Hand.
 
89.
Und still sieht Adelheid zu ihrem Freund hinüber
Mit hellem Blick; doch immer feuchter schwebt
Der Glanz in ihrem Aug', und trüber stets und trüber
Taucht leiser Kummer auf, und sieh, allmählig bebt
Die milde Thrän' empor. So schwimmt in heitrer Stille
Die abendliche Luft; doch dunkler sinkt der Flor
Der Dämmrung nach und nach, und aus der luft'gen Hülle
Drängt fern und zitternd sich der erste Stern hervor.
 
90.
Du thust nicht wohl, unmuthig zu verzagen,
Beginnt sie jetzt, im Innern tief bewegt,
Und schwer verwundest du durch mitleidslose Klagen
Dies Herz, das jetzt für dich, für dich allein nur schlägt.
Wie soll denn ich mein Leid und wie das deine tragen,
Wenn deinen Geist schon das, was er für mich erträgt,
So ganz zu Boden drückt? Ich wähnte, daß der Liebe
Stets in sich selber Muth und Kraft und Tröstung bliebe.
 
91.
Werd' ich nicht lindernd stets im Kummer bei dir stehn,
Nicht fest und treu an dein Geschick mich ketten,
Mich nicht vor jedem Gram an deinen Busen retten,
Nicht lächeln, wenn du lachst, und wenn du stirbst, vergehn?
Hast du es nicht gewagt, mein Sclavenband zu brechen?
Dank' ich nicht dir die Lust, die jetzt mein Herz erhebt?
Und doch vermochtest du es huldlos auszusprechen,
Das harte Wort: ich hab' umsonst gelebt!
 
92.
Wer hat so kühn wie du das mächt'ge Schwert geschwungen?
Wer stand so fest wie du im lauten Sturm der Schlacht?
Wer hat in jener blut'gen Nacht
Mit seinem Mißgeschick so unverzagt gerungen?
Wer hat wie du, wenn ihn auch Feindeszahl bezwungen,
Den Sieg zum Fall, den Fall zum Sieg gemacht?
Vergebens willst du das, was dich erhöht, verhehlen;
Das Zartgefühl verschweigt, soll Dankbarkeit erzählen.
 
93.
Einst nahte Fro's blutreiches OpfermahlEinst nahte Fro's blutreiches Opfermahl. – Fro, Fron, Frei oder Freir, der Herrscher der Natur, war einer der geehrtesten Götter in der nordischen Religion und nach Snorre's Chronik ursprünglich ein schwedischer König. Ihm pflegte man bei Hungersnoth Menschenopfer zu bringen, die Froblod genannt wurden. S.  Barthol. p. 322. Saxo Gramm. L. I. ,
Dicht stand das Volk geschaart im heil'gen Eichenhaine,
Schwarz sank bewölkte Nacht; doch hoch mit rothem Scheine
Entloderte dem Herd der Flamme flücht'ger Strahl,
Im grellen Glanz erschien am alten Runensteine
Des Königs düstres Bild, in starker Hand den Stahl,
Indeß mit zagendem Gemüthe
Vor Harald hingebeugt ein Sclav als Opfer kniete.
 
94.
Dicht hinter Fro's Altar, von heller Gluth verklärt,
Erhob Swanwithe sich mit goldnem Opferhorne,
Swanwithe, Lethra's Schutz, die mächt'ge Zaubernorne,
Die einst Thorildens Kraft an Mutterbrust genährt.
Und um die Priesterin und um den König reihte
Im blanken Stahlgewand sich Harald's Heldenschaar,
Und in dem Kreise stand nicht ferne vom Altar
Die Königin in ihrer Fraun Geleite.
 
95.
Schon war der festliche Gesang
Der Priesterin vollbracht, und auf das Opfer schwang
Der König schon den Stahl – da trat im Waffenglanze
Mein Freund hervor. Mit einem welken Kranze,
Den einst in früher Zeit ihm meine Hand gepflückt,
Hatt' er zum ernsten Werk den goldnen Helm geschmückt;
In seiner Linken lag mit drohndem Schein die Lanze,
Und in der Rechten war das breite Schwert gezückt.
 
96.
Bewundernd sahn die edlen Dänen
Den Jüngling nahn, und Harald's Wang' erblich.
Stolz trat er in den Kreis, und jeder Krieger wich,
Und leise flüsterte mit halbgedämpften Tönen
Erstaunen durch das Volk. Doch muthig schritt er fort,
Und als er jetzt dem Herd, der in des Kreises Mitte
Hell flammte, sich genaht, da hemmt' er seine Schritte
Und stand, auf's Schwert gestützt, und sprach das kühne Wort:
 
97.
Dir, Harald, gilt mein Ruf! Gieb sie zurück, die Krone,
Die einst dein Herr, mein edler Vater, trug!
Der Sitz, wo du jetzt prangst, gebühret Gormo's Sohne,
Mein ist das nord'sche Reich. Schon fühl' ich Kraft genug
Dein Fürst zu seyn; nicht spricht der schwache Knabe,
Den du so schlau getäuscht, dein König spricht zu dir!
Der Feige nur empfängt sein Recht als milde Gabe,
Ich hab' ein kühnes Herz, das meine fordr' ich mir.
 
98.
Ihr Helden meines Reichs, die oft in Gormo's Schlachten
Die Blitze seines Zorns verderblich ausgestreut,
Nicht werdet ihr den Zweig aus Gormo's Stamm verachten,
Der jetzt euch seinen Schutz und seinen Schatten beut!
Zu lange habt ihr schon ein schmählich Joch getragen!
Empfangt den würd'gern Herrn und hört
Mit günst'gem Sinn den Eid, den euer König schwört,
Für euer Heil und Recht sein letztes Blut zu wagen.
 
99.
Er sprach's und harrte still, und banges Staunen schwieg
Im Volke rings, und zögernd zuckt' am Schwerte
Des finstern Königs Hand. Doch horch, allmählig gährte
Ein dumpfes Murmeln auf, gedämpft und flüsternd stieg
Des Beifalls Wog' empor, und schnell und hoch empörte
Sich bald des Aufruhrs Fluth; laut zum gerechten Krieg
Erklang der Helden Schild, und Lethra's Fürsten schlossen
Zum dichten Kreise sich um Gormo's edlen Sprossen.
 
100.
Da stieg mit wildem Blick und aufgelöstem Haar,
Den mächt'gen Runenstab in kühn geschwungner Rechten,
Swanwithens hohes Bild vom ragenden Altar.
Hört, Dänen, hört, ihr folgt unholden Mächten!
Begann sie laut. Soll tief in schnöden Staub
Hinsinken Odin's Thron, und Miolner's ErzMiolner's Erz – der Hammer Thors – Der zweifach scharfe Stahl – Odin's zweischneidiges Schwert, welches Gugner hieß. Edda 48. ein Raub
Der schwachen Götter seyn? Soll hell in Asgard's Sitzen
Der zweifach scharfe Stahl in Feindeshänden blitzen?
 
101.
Noch ist des Mondes Silberhorn
Und Odin's Schild noch nicht von Fenri's Brut verschlungen,
Noch ruht in Loke's Reich der Feuergeister Zorn,
Fest hält den Erdenkreis der Drache noch umrungen.
Ihr selber wühlt, von blindem Wahn bethört,
An Ydrasil's weltaltem Stamme,
Verderblich bahnt ihr selbst den Pfad der wilden Flamme,
Die bald zur Götterburg aus Surtur's Rachen fährt!Noch ist des Mondes Silberhorn / Und Odin's Schild noch nicht von Fenri's Brut verschlungen. Die ganze Stanze bezieht sich auf die Beschreibung, welche uns die Edda von der Götterdämmrung macht. Fenris, der Sohn des Loke, ein ungeheurer starker Wolf, wird sich zum Kampf mit den Göttern losreißen und den Odin, der mit ihm streitet, verschlingen. Volusp.54.  Edda 48. Seine Söhne, zwei andre Wölfe, Keri und Freki, oder Skoll und Hathe, werden die Sonne und den Mond verschlingen. Volusp. 41. Edda 9.

Da Odin der Gott der Sonne ist, so erlaubt man es vielleicht dem Dichter, die Sonne den Schild Odin's zu nennen, wie bei den Griechen die drohende Wetterwolke die Aegis des Jupiter heißt.

Noch ruht in Loke's Reich der Feuergeister Zorn. – Loke, der ewige Feind und Verleumder der Götter, eigentlich das böse Princip, ist unter dem Namen Loge auch der Gott des Feuers. Er wird sich gegen das Ende der Welt mit den Feuersöhnen (Muspelle) vereinigen, um die Götter zu stürzen. Volusp. 51. Edda 48.

Fest hält den Erdenkreis der Drache noch umrungen. – Die Mitgardische Schlange, Jormundar, oder Jormungandar, eine Tochter des Loke (Edda 28), welche von den Göttern unter das Meer versenkt wurde, wuchs zu einer so ungeheuren Länge, daß sie die ganze Erde umwinden und sich noch obendrein in den Schwanz beißen konnte. Auch sie reißt sich bei der Götterdämmrung los und kämpft mit dem Thor, der sie zwar erlegt, aber doch nachher von dem Gift, das sie ausspeit, stirbt. Volusp. 55. Edda 48.

Ihr selber wühlt, vom blinden Wahn bethört, / An Ydrasil's weltaltem Stamme – Ygdrasil oder Ydrasil, ein ungeheurer Eschenbaum, dessen Zweige die ganze Welt beschatten und bis zum Himmel reichen, während die eine seiner Wurzeln zu den Göttern, die andere zu den Riesen, und die dritte zur Unterwelt geht, (Volusp. 19. 20. 21. Edda 14. 15.) ist nach Gräter (Nord. Bl. S. 47.) der Aether. Er wird bei'm Untergange der Götter zwar bleiben, aber doch stark erschüttert werden. Volusp. 49. Edda 48.

Verderblich bahnt ihr selbst den Pfad der wilden Flamme, / Die bald zur Götterburg aus Surtur's Rachen fährt – Surtur (der Schwarze) oder Suttung ist der Herrscher der Feuerwelt, die gegen Osten liegt. Edda 2. 3. Er ist der Anführer der Feuersöhne und wird die Erde und den Himmel verbrennen. Volusp. 53. 57. Edda 48.

 
102.
O laßt euch nicht durch falschen Schein betrügen!
Er, den ihr jetzt mit ehrnem Kreis umringt,
Er lernte längst dem Christengott sich schmiegen;
Zertrümmern wird er bald, wenn er den Thron erringt,
Der Asen altes Reich. Wohlan, tritt hin zum Herde,
Du Prangender! Ergreif des heil'gen Ringes GoldErgreif des heil'gen Ringes Gold. – Der Gebrauch bei'm Schwören war dieser: Man ernannte sich Zeugen, faßte an den Ring des Altars und sagte: So wahr helfe mir Freir, Niord und jener allmächtige As (Odin), als ich die Wahrheit sagen werde. Müller über den Ursprung und Verfall der Isländ. Historiograph. S. 139. Landnama nach Suhm's Ausg. S. 200. Niord war der Gott des Windes, und man nahm diese drei Götter wahrscheinlich deswegen zur Bekräftigung des Schwurs, weil sie auf das Wohl des gemeinen Lebens den meisten Einfluß hatten. So war es auch gebräuchlich, bei Gastmählern ihnen zu Ehren drei Becher zu trinken, zu welchen Manche dann noch einen vierten für den Braga hinzufügten. Barthol. 128.
Und sprich: So sey mir Fro, Niord und Odin hold,
Als ich für ihren Ruhm mein Blut nicht sparen werde!
 
103.
Sie sprach's, und sieh, es schloß der blanke Waffenkreis
Sich rasselnd auf, und laut rief Alles: Schwöre!
Schon zagt' ich bang für meines Gottes Ehre,
Für Biarko's ew'ges Heil, und flehte still und heiß
Zum Herrn des Lichts. Doch ohne feiges Zittern,
Und herrlich wie der Strahl des Morgens anzuschaun,
Trat Gormo's Sohn hervor, und zu den nord'schen Rittern
Begann er so mit gläubigem Vertraun:
 
104.
Dem großen Gott der Macht, dem alle Himmel zagen,
Dem dreifach Göttlichen hab' ich mein Herz geweiht.
Nie werd' ich ihm, nie meinem Recht entsagen,
Er schützt mich, wenn auch rings Empörung mich bedräut;
Nie brach ich ja mein heiliges Versprechen,
So halt' ich auch den Eid, den ich euch dargebracht;
So zwingt mich keine Erdenmacht,
Den Schwur, den ich dem Gott der Wahrheit that, zu brechen.
 
105.
Er sprach's und Alles schwieg. Doch laut mit drohndem Wort
Rief Harald jetzt: Ihr hört's, er ist ein Feind der Götter,
Sein Leben bringt uns Fluch! Und wie ein fernes Wetter,
Das langsam sich erhebt und wechselnd hier und dort
Mit dumpfen Donnern dräut, indeß bei'm nahnden Spiel
Des ungewissen Sturms der Wogen irrer Lauf
Zwieträchtig sich durchkreuzt; so stieg im Volksgewühle
Mit zweifelhaftem Sinn ein leises Murmeln auf.
 
106.
Doch lang schon hatte jetzt mit wilden Blitzesflammen
Swanwithens Aug' auf mir geruht.
Rasch zitternd schauderte die Schreckliche zusammen,
Laut stöhnend hob mit heißrer Wuth
Ihr Busen sich empor, ergrimmte Wolken schwammen
Um ihre finstre Stirn, verderblich sprühnde Gluth
Entloderte dem Blick, und schwarz von Nacht umzogen
Schien wild in ihrer Brust ein zürnend Meer zu wogen.
 
107.
Und drohend rief sie jetzt den Fluch zu mir herab:
Weh der, die dich gebar! Weh Allen, die sich freuten,
Als du geboren warst! Wer hat der Ungeweihten
Des Zaubers Macht, wer hat den Herrscherstab
Der fremden Magd verliehn? Fluch dir! Was willst du streiten
Mit meinem Gott? Weh! Weh! Ich seh der Helden Grab,
Der Asen Fall! Fluch dir! Auf, Dänen, tilgt die Schlange,
Die still das Gift genährt zu Odin's Untergange!
 
108.
Und mit gezücktem Schwerte drang
Sie wüthend auf mich ein. Mit dumpfem Wehgeheule
Umringte mich das Volk, rings drohten Speer' und Beile,
Die Schilde rasselten, vom ehrnen Waffenklang
Erbebte laut der Hain. Doch mit gewalt'ger Eile
War Biarko mir genaht; sein starker Arm umschlang
Mich fest, mich barg sein Schild, und durch die dunkeln Hallen
Des Haines ließ er hell zum Kampf sein Horn erschallen.
 
109.
Da naht' es rings mit Schlachtgeschrei,
Fern glänzten Waffen her im schwachen Flammenscheine,
Rasch flog zu Roß der Freunde Schaar herbei,
Die Gormo's Sohn im dunkeln Götterhaine
Zum Schutz und Trutz versteckt. Wohl war die edle Zahl
Der Tapfern nur gering, doch stark und waffenfertig
Und treu wie Gold ihr Sinn, und fest ihr Mut wie Stahl,
Und jeder wie des Siegs so auch des Falls gewärtig.
 
110.
Schnell war der erste Schwarm, der mich umgab, zerstreut,
Schnell hatt' auf's hohe Roß mein Biarko sich geschwungen,
Und unter Freundesschutz, doch nahe noch dem Streit,
Zum Haine mich geführt. Nur halb ist's mir gelungen,
Rief er mir zu, das Werk, das ich für dich gewagt.
Der Würfel liegt, jetzt gilt's gewalt'ge Thaten.
Wo uns das Glück verläßt, muß trotz'ge Kühnheit rathen,
Und nie hat Liebe noch, wo Liebe lohnt, gezagt.
 
111.
Er sprach's, und stürzte fort und tief im Schlachtgedrange
Verlor mein Aug' ihn bald. Doch wo mit wilderm Ton
Die Waffen rasselten, wo schneller rings die Menge
Der Feinde schmolz, wo kühne Helden flohn,
Da sucht' ich stets mit spähnden Blicken
Den Freund, da fand ich ihn: und wenn auch bange Pein
Mein Herz erschütterte, doch dacht' ich mit Entzücken:
Heil dir! das edelste, das größte Herz ist dein!
 
112.
Lautdröhnend scholl des Kampfes Toben
Durch Haid' und Wald. Halb war das Schlachtgefild
Vom schwarzen Flor der düstern Nacht umwoben,
Und formlos wüthete das ewig rege Bild
Des dunkeln Streits umher. Halb schwamm im rothen Feuer
Am Opferherd die Schlacht, hell blinkten Stahl und Blut,
Und seltsam angestrahlt von wandelbarer Gluth
Schien riesig jede Form und grell und ungeheuer.
 
113.
Bald hüllte raschbewegter Dampf
Das Mordgetümmel ein, nur einzelne Gestalten
Erglänzten hier und dort, im unsichtbaren Kampf
Schien feindlich wild ein Heer unheimlicher Gewalten
Durch's Graun der Nacht zu ziehn; bald scheuchte Sturmeshauch
Den flücht'gen Nebel fort, und gleich dem grausen Traume,
Der dunkelhell sich naht, entwand dem fliehnden Rauch
Sich matt das blut'ge Bild im trüberhellten Raume.
 
114.
Wie ward hier mancher Helm und manches Panzerkleid
Vom schweren Fall der Axt erschüttert!
Wie manches gute Schwert in Heldenfaust zersplittert!
Wie mancher Schild zerhaun! Wie krachten laut und weit
Zerbrochne Speer' umher! Rings hallte Ruf und Dräuen
Und wildes Wuthgeheul und Hohn und Wehgeschrei;
Und krächzend flog ein Geierschwarm herbei
Und schien des blut'gen Mahls laut flatternd sich zu freuen.
 
115.
Groß war des Feindes Uebermacht,
Und starke Heldenschwerter blitzten
Zu Harald's Schirm, kühn focht in wilder Schlacht
Für seinen Thron der Fürst, und grimme Schaaren schützten
Der Götter alten Herd. Doch mächt'ger war die Kraft
Der Lieb' in Biarko's Brust: schon viele Krieger sanken,
Von seines Schwertes Strahl zu Boden hingerafft,
Und jach in rascher Furcht begann der Feind zu wanken.
 
116.
Da rief die Priesterin mit grausenvollem Ton:
Verzagtes Volk, nicht werth der starken Helden,
Die Sigurd'sVerzagtes Volk, nicht werth der starken Helden, / Die Sigurd's Zeit gebar – Sigurd, ein sehr berühmter Held in der nordischen Sage, derselbe, der im Nibelungen-Liede Siegfried heißt, ist durch den kräftig und poetisch bearbeiteten Sagencyklus des Barons de la Motte Fouqué »Der Held des Nordens« hinlänglich bekannt.

– – – schon fliegt zu Odin 's Thron / Der heilige Rab' empor, ihm deine Schmach zu melden – Der Rabe war dem Odin heilig. Barthol. 429. Nach Edda 34. hatte er beständig zwei Raben Huginn (Erkennung) und Mumim (Gedächtniß) auf seinen Schultern sitzen, die er des Morgens abschickte, um das Treiben der Menschen zu erfahren.

Zeit gebar! schon fliegt zu Odin's Thron
Der heil'ge Rab' empor, ihm deine Schmach zu melden.
Siehst du den Blitz, der zuckend glüht?
Hörst du den Ruf des Zorns, der auf entfernten Wettern
Dumpf durch die Nacht sich wälzt? Weh dir! Zur Rache zieht
Der starke Gott heran, die Feigen zu zerschmettern.
 
117.
Sie rief's, und durch die schwarze Nacht
Scholl fern ein Donner her. Schnell wandten Harald's Krieger
Sich neu belebt, und wilder ward die Schlacht.
Kaum stand die kleine Schaar der kampfesmüden Sieger
Dem frischempörten Sturm, matt war die Hand am Speer,
Gelähmt der Arm vom Schild, das schlaffe Knie gebogen;
Und weh! noch kam ein neues Heer
Jetzt aus der nahen Stadt zum Feind herangezogen.
 
118.
Da rief ein jeder Held in Biarko's müder Schaar
Zu seinem Gott empor, dem tapfern Kampfgenossen
Bot jeder seine Hand zum letzten Gruße dar;
Hoch zückten sie das Schwert, zur ehrnen Mauer schlossen
Die starken Schilde sich, und unerschüttert stand
Das edle Häuflein jetzt; den Fallenden beschirmte
Des Unverletzten Schild, den Freund des Freundes Hand,
Indeß der Feind mit Grimm die Tapfern rings bestürmte.
 
119.
Und Einer nach dem Andern sank
In blut'gen Staub dahin. Doch selbst im Sterben schwang
Ein Jeder noch das Schwert, den Feind voranzusenden,
Fest hielt ein jeder Held in todeskalten Händen
Den treuen Stahl umfaßt, stets ward des Freundes Fall
Durch Feindes Tod gerächt, für Blut nur Blut gegeben,
Rings sah man einen hohen Wall
Erschlagner Krieger sich um Biarko's Schaar erheben.
 
120.
Jetzt stand er ganz allein, von tiefen Wunden roth,
Vom Kampf erschöpft, doch hoch auf Feindesleichen;
Noch stritt er unverzagt, noch flammte rascher Tod
Auf seinem Schwert, noch hob zu schweren Streichen
Sich seine Kolb' empor. Wohl drängt' ihn harte Noth,
Doch nicht vergönnt' ihm jetzt sein kühnes Herz zu weichen,
Wo seine Schaar erlag; und auf den einz'gen Mann
Zog grimmig, doch umsonst, ein ganzes Heer heran.
 
121.
Indeß um Biarko nun das rasende Getümmel
Stets lauter ward, drang auch zu mir,
Die auf den Knieen lag und regungslos zum Himmel
Die flehnden Händ' erhob, mit blut'ger Mordbegier
Der Feind heran. Die Schaar, die mich beschützte,
Sank schon dahin im tapfern Streit,
Und still erwartet' ich, zum Tode längst bereit,
Den scharfen Stahl, der mir entgegenblitzte.
 
122.
Da sah mein Freund herab auf mich;
Mich mußt' er, wenn er blieb, dem wilden Feinde lassen,
Und lassen seinen Ruhm, wenn er dem Feinde wich.
Ich sah ihn schwankend stehn und schaudern und erblassen
Im ungeheuren Schmerz. Er blickte fort und stand.
Und horch, schon rasselten die Ketten,
Schon nahte mir des Feindes blut'ge Hand –
Nur jetzt noch konnt' er mich, doch später nie erretten.
 
123.
Da sprang er ungestüm herab.
Ruht sanft, so rief er laut, ihr hingesunknen Freunde!
O zürnt mir nicht, daß euer Grab
Nicht auch das meine ward! Und sieh, den Schwarm der Feinde
Zertheilt' er wie ein Blitz; schon hatt' er schnell vom Roß
Den nächsten Mann gestürzt, schon sich hinaufgeschwungen,
Schon war er durch den Kreis, der drohend mich umschloß,
Auf blut'ger Leichenbahn zu mir herangedrungen.
 
124.
Rings stürzte, was sich mir genaht,
Blut spritzte jeder Helm, wo seine Hieb' erklangen,
Rasch hob er mich empor, fest hielt er mich umfangen,
Und durch den dunkeln Hain auf wild verwachs'nem Pfad
Trug schäumend uns das Roß. Mit laut erzürntem Toben
Verfolgt' uns Harald's Heer, aufsprühnde Funken stoben
Rings durch die Nacht, dumpf scholl der Hufe Schlag
Durch Berg und Thal und Fels und Wald uns nach.
 
125.
Doch als mit kühlem Hauch der Morgen
Durch Hain und Wiese strich, da hatte vor der Schaar,
Die unsre Spur verlor, uns jenes Thal geborgen,
Und hoch am Felsen nahm mein Freund die Zinnen wahr,
Die jetzt uns Schutz verleihn. Doch matt von bangen Sorgen,
Erschöpft vom Drange der Gefahr,
Versank ich jetzt nach wenig Stunden
In jenen Todesschlaf, den Reinald überwunden.
 
126.
O freundliches, o süßes Licht,
Das mir nach jener Nacht so wunderlieblich strahlte!
O Lohn, der jedes Leid mir tausendfach bezahlte!
O Liebe, goldner Stern, der alle Wolken bricht!
O sel'ges Wiedersehn! Die Nebel sind zerronnen,
Der Himmel lacht von blauem Glanz verklärt;
Was nie der helle Schein des ew'gen Glücks gewährt,
Das hat aus dunkelm Schmerz der sel'ge Geist gewonnen.

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