Tobias Smollett
Die Abenteuer des Roderick Random
Tobias Smollett

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Siebenundzwanzigstes Kapitel

Ich werde gehörig angestellt und mit Kleidern beschenkt. Wir bekommen einen anderen Oberwundarzt, und nun gehen meine und Morgans Leiden an

 

Während ich nebst meinen Kollegen in diesen Verrichtungen begriffen war, kam der Oberwundarzt bei uns vorbei. Er stand still, mir zuzusehen, und schien mit meiner Behandlungsart über die Maßen zufrieden zu sein. Einige Zeit darauf ließ er mich in seine Kajüte rufen. Er examinierte mich streng, war zufrieden und verlangte nachher mein Schicksal zu wissen. Er interessierte sich für mich so sehr, daß er mir eine Bestallung auszuwirken versprach, zumal da er gehört hatte, man habe mich im Collegio chirurgico bereits zu dem Posten tüchtig befunden, den ich hier an Bord ausfüllte.

Diesen Dienst übernahm er mit desto größerer Herzlichkeit, als er erfuhr, daß ich ein Neffe vom Leutnant Bowling sei, gegen den er besondere Achtung äußerte. Zugleich ward ich aus seinen Reden dessen inne, daß er keine Lust habe, wieder mit dem Kapitän Oakum zur See zu fahren, weil er auf seiner letzten Fahrt von ihm zu geringschätzig behandelt worden sei.

Indes lebte ich in Erwartung meiner Beförderung ganz leidlich, doch nicht ohne Kränkungen. Ich mußte nämlich rauhe Beleidigungen von den Bootsknechten und den unteren Offizieren ausstehen. Sie gaben mir mancherlei Spitznamen und hießen mich gemeiniglich den Schmierakeljungen. Nicht weniger lästig fiel mir öfters Morgan, der im Grunde ganz freundschaftlich gegen mich war, mit seinem Stolze. Er erwartete viele Unterwürfigkeit von mir und fand Vergnügen daran, an die Gefälligkeiten zu erinnern, die er mir erwiesen hatte.

Ungefähr sechs Wochen nach meiner Ankunft im Schiff bat mich der Oberwundarzt, ihm in seine Kajüte zu folgen. Daselbst überreichte er mir meine Bestallung, wodurch ich als dritter Unterchirurgus auf der ›Donner‹ eingesetzt wurde. Durch seinen Kredit im Schiffsamt hatte er dies sowie auch eine Bestallung für sich auszuwirken gewußt, vermöge deren er auf ein Schiff vom zweiten Rang versetzt ward.

Ich bezeigte ihm in den lebhaftesten Ausdrücken, die mir die Dankbarkeit nur einflößte, meine Erkenntlichkeit und äußerte zugleich meinen Kummer, daß ich so bald einen so schätzbaren Freund verlieren würde, bei dem ich mich durch ehrerbietiges Betragen und angestrengten Fleiß bei meinen Amtsverrichtungen immer mehr in Gunst zu setzen gehofft hätte.

Seine Großmut ließ es bei der mir verschafften Beförderung nicht bewenden. Ehe er vom Schiff abging, schenkte er mir eine Kiste und einige Kleider, um mich in den Stand zu setzen, den Rang zu behaupten, zu dem er mir behilflich gewesen war. Mein Glück weckte wieder allen meinen Mut, und ich beschloß, jetzt als Offizier, die Würde meines Postens gegen jede Beleidigung aufrechtzuerhalten. Nicht lange, so fand ich Gelegenheit, meinen Entschluß auszuführen.

Mein alter Feind, der Seekadett, dessen Name Crampley war, hegte wegen der ihm meinetwegen widerfahrenen Beschimpfung einen unversöhnlichen Groll gegen mich. Seit der Zeit seines Arrestes hatte er jede Gelegenheit ergriffen, mich verächtlich und lächerlich zu machen, als ich noch nicht befugt war, ihm Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Ja, sogar nachdem ich in die Schiffsbücher eingetragen und als Unterchirurgus eingestellt war, tat er seinem Übermut noch keinen Einhalt.

Eines Tages, als ich in Anwesenheit dieses Menschen die Beinwunde eines Matrosen verband, begann er ein Liedchen zu singen, das mir höchst ehrenrührig gegen mein Vaterland schien. Ich äußerte ihm daher meinen Unwillen durch die Anmerkung, die Schotten rechneten immer darauf, ihre Feinde unter unbedeutenden, unwissenden und boshaften Geschöpfen anzutreffen.

Diese unerwartete Kühnheit machte ihn so wütend, daß er mir einen Schlag ins Gesicht gab, wodurch ich meine Backenknochen wirklich zerschmettert glaubte. Ich war nicht saumselig, diese Artigkeit zu erwidern, und die Sache begann sehr ernsthaft zu werden, als Morgan und einer von den Steuermännern dazukamen.

Die guten Leute legten sich sofort ins Mittel, erkundigten sich nach der Veranlassung des Streites und bemühten sich, eine Aussöhnung zustande zu bringen. Allein sie fanden uns zu sehr erbittert und gegen einen Vergleich zu abgeneigt. Daher rieten sie uns, entweder unseren Zwist so lange unausgemacht zu lassen, bis wir am Lande Gelegenheit fänden, ihn auf eine rechtliche Art zu endigen, oder aber an Bord einen schicklichen Platz zu suchen, wo wir uns durch Boxen Genugtuung verschaffen könnten.

Diesen letzten Ausweg nahmen wir begierig an. Man führte uns augenblicklich nach einem Ort, wo gehöriger Spielraum war. Wir zogen uns im Nu aus und begannen einen sehr wütenden Kampf.

Ich ward bald gewahr, daß mir mein Gegner weit überlegen sei, nicht sowohl an Stärke und Behendigkeit als auch an Geschicklichkeit, die er sich zu Tottenham Court erworben hatte. Ich hielt manchen Rippenstoß und Schläge auf den Magen ohne Zahl aus, bis Odem und Kräfte mich ganz verließen. Nunmehr raffte ich voller Verzweiflung alle meine noch übrige Stärke zusammen und stieß mit Kopf, Händen und Füßen zugleich so heftig auf meinen Gegenpart los, daß ich ihn drei Schritte rückwärts bis zur Mittelluke trieb. Er stürzte durch diese, und da er auf den Kopf und die rechte Schulter gefallen war, blieb er ohne Bewußtsein liegen.

Morgan sah hinunter, und als er ihn in einem solchen Zustand erblickte, rief er: »Auf Ehre, so wahr ich ein armer Sünder bin, seht her. Ich glaube, der hat auf dieser Welt keine Sorgen mehr. Aber ich nehme Euch alle zum Zeugen, daß keine Arglist im Spiele und nur das Kriegsglück daran schuld war.« Mit diesen Worten stieg er hinunter, um zu sehen, wie es mit meinem Widerpart stände.

Ich war mit meinem Siege wenig zufrieden, da ich mich nicht nur schrecklich zerquetscht, sondern auch in Gefahr befand, wegen Crampleys Tod zur Verantwortung gezogen zu werden. Allein diese Furcht verschwand, als mein Kollege, der ihm eine der Drosseladern geöffnet und sich von seinem Zustand überzeugt hatte, mir zurief, ich möchte nur ganz ruhig sein, der Seekadett habe eine so prächtige Luxatio ossis humeri, als nur einer an einem Sommertage zu sehen wünschen möchte.

Auf diese Nachricht kroch ich nach unserem Logis hinunter und machte meinen Thompson mit dem Vorfall bekannt. Dieser versah sich sogleich mit Bandagen und dem übrigen Benötigten, um Morgan bei der Einrichtung des verrenkten Schulterblatts zu helfen. Als dies glücklich zustande gebracht war, gratulierte ersterer mir zu dem Ausgange des Gefechtes; und der Waliser machte die Anmerkung, die alten Schotten und Briten wären wahrscheinlich ein Volk. Sodann sagte er zu mir: »Danken Sie Gott, daß er Ihnen Mut und Stärke zur Selbstbehauptung gegeben hat.«

Ich erwarb mir durch diesen Zweikampf einen solchen Ruf, daß nachher jedermann behutsamer in seinem Betragen gegen mich ward. Crampley indessen sprach, wiewohl er den Arm in der Binde trug, sehr von oben herab und drohte, bei der ersten besten Gelegenheit sich auf dem Lande die Ehre wiederzuerwerben, die er durch einen Zufall verloren habe, auf den ich stolz zu sein gar keine Ursache hätte.

Um diese Zeit hatte der Kapitän Oakum Befehl erhalten, unter Segel zu gehen. Demzufolge kam er an Bord und brachte einen Wundarzt aus seinem Vaterlande mit. Dieser machte uns gar bald den Verlust fühlbar, den wir durch den Abgang des Doktor Atkins erlitten hatten. Er war außerordentlich unwissend, unerträglich stolz, falsch, rachsüchtig und unversöhnlich; ein unbarmherziger Tyrann gegen seine Untergebenen und ein kriechender Speichellecker gegen seine Obern.

Den Morgen darauf, nachdem der Kapitän an Bord gekommen war, fand sich der erste Unterchirurgus bei ihm ein und überreichte ihm der Gewohnheit gemäß die Krankenliste. Unser mürrischer Befehlshaber hatte sie kaum durchgelesen, als er mit einem grimmigen Blick ausrief: »Potz hunderttausend Millionen Donnerwetter! Einundsechzig Kranke an Bord! Hören Sie, Herr, ich will in meinem Schiff keine Kranken haben!«

Es würde ihm selbst sehr lieb sein, versetzte der Waliser, wenn keiner da wäre, allein leider! sei der Fall anders; und er täte daher nicht mehr als seine Schuldigkeit, wenn er ihm die Liste überreichte. »Gehen Sie zum Deibel mitsamt Ihrer Liste«, erwiderte Oakum und warf sie ihm an den Kopf. »Solang ich das Schiff kommandiere, sollen keine Kranken darauf sein.« Morgan wurmte dies Benehmen, und er sagte ihm, er müsse seinen Unwillen gegen Gott den Allmächtigen auslassen, der diese Leute mit Krankheiten heimsuchte, und nicht gegen ihn, der alles, was in seinen Kräften stehe, anwende, um sie wiederherzustellen.

Unser Pascha, der ein solches Betragen von keinem seiner Offiziere gewohnt war, wollte über diese spöttische Zurechtweisung fast rasend werden. Er stampfte mit den Füßen, nannte ihn einen unverschämten Buben und drohte, ihn auf dem Deck festbinden zu lassen, wofern er noch eine Silbe weiter ausstieße. Allein das Blut des Caractacus war in dessen Abkömmling zu sehr in Wallung geraten, als daß er es nicht hätte für schimpflich halten sollen, sich einem solchen Befehl zu fügen. Daher begann er sich folgendergestalt auszulassen: »Herr Kapitän, ich bin ein Gentleman von Geburt und Abstammung, verstehen Sie mich, und vielleicht bin ich . . .«

Hier wurde seine Rede von des Kapitäns Aufwärter unterbrochen, der Morgans Landsmann war und es für gut fand, den letzteren aus der Kajüte zu schieben, ehe er jenen noch mehr erbittern könnte. Dies würde auch unstreitig geschehen sein; denn kaum ließ sich der aufgebrachte Waliser durch seines Freundes Vorstellungen und Bitten abhalten, wieder in die Kajüte zurückzukehren und seinen Vorgesetzten herauszufordern.

Endlich wurde er wieder besänftigt und kam in unser Gemach herunter. Dort fand er Thompson und mich beschäftigt, Arzneien zuzubereiten. Er riet uns, die Arbeit fortzuwerfen und uns hinzusetzen und zu spielen. »Denn der Kapitän«, sagte er, »hat durch sein bloßes Wort, Gebot und seine Macht alle Krankheiten zum Teufel gejagt. Jetzt gibt's bei uns keine Krankheit mehr an Bord.« Nachdem er dies gesagt, nahm er ein Quartchen Branntwein zu sich, stieß einige tiefe Seufzer aus und dann mit vieler Heftigkeit den Stoßseufzer: »Gott bewahre mir Herz, Leber und Lunge!« Sodann sang er ein walisisches Lied mit vielem Feuer in Gesicht, Stimme und Gebärden.

Ich konnte mir diese seltsame Erscheinung gar nicht erklären und entnahm aus Thompsons Blicken und Kopfschütteln, er hege den Verdacht, das Gehirn unseres armen Kollegen sei in Unordnung geraten. Dieser sah unsere Verwunderung und versprach, uns Licht darüber zu geben. Zuvor bat er uns aber, in Erwägung zu ziehen, daß es fast vierzig Jahre her wäre, daß er als Knabe, Junggeselle, Ehemann und Witwer auf der Welt sei; und während der Zeit habe kein Mutterkind sich unterstanden, ihm so übel zu begegnen, wie Kapitän Oakum getan. Hierauf erzählte er uns das Gespräch, das zwischen ihnen stattgefunden, wie ich es bereits angeführt habe.

Kaum hatte er seine Erzählung geendigt, so kam eine Botschaft vom Oberwundarzt, die Krankenliste auf das Achterdeck zu bringen, wohin Oakum alle Kranken zu schaffen befohlen habe, um sie in Augenschein zu nehmen.

Dieser unmenschliche Befehl erschütterte uns nicht wenig, da wir wußten, daß einige von ihnen nicht ohne die augenscheinlichste Lebensgefahr hinaufgeschafft werden konnten. Indessen sahen wir ein, daß alle Gegenvorstellungen fruchtlos sein würden, und verfügten uns daher in corpore nach dem Achterdeck, um diese außerordentliche Musterung anzusehen. Morgan machte unterwegs die Anmerkung, der Kapitän sei im Begriff, eine Menge Jungens in die andere Welt zu schicken, um ihrerseits gegen ihn zu zeugen.

Als wir auf das Achterdeck kamen, befahl der Kapitän dem Oberwundarzt, der unter beständigen Verbeugungen neben ihm stand, diese faulen Lumpenhunde anzusehen, die zu nichts anderem an Bord nütze seien, als des Königs Proviant zu verzehren und die Drückeberger in der Faulheit zu bestärken. Der Wundarzt grinste ihm Beifall zu, nahm darauf die Liste und begann die Krankheit eines jeden, so, wie sie nacheinander auf das Deck krochen, zu untersuchen.

Der erste, welcher sich ihm zeigte, war kaum von dem heftigsten Fieber genesen. Es hatte ihn so mitgenommen, daß er mit genauer Not stehen konnte. Mackshane – so hieß der Doktor – fühlte ihm den Puls und beteuerte, er sei so gesund wie ein Fisch. Sogleich überantwortete ihn der Kapitän dem Unterbootsmann und befahl, dem Kerl ein volles Dutzend aufzuzählen, weil er sich krank gestellt habe. Aber bevor die Bestrafung durchgeführt werden konnte, fiel der Mann zu Boden und wäre beinahe unter den Händen seines Peinigers gestorben.

Der nächste Patient, der untersucht wurde, hatte das Quartanfieber. Damals war gerade einer seiner guten Tage, und es zeigte sich bei ihm kein weiteres Symptom von Krankheit als Leichenblässe und ein völlig ausgezehrter Körper. Demzufolge wurde er für tüchtig zur Arbeit erklärt und dem Hochbootsmann übergeben. Allein er nahm sich vor, dem Oberchirurgus einen Streich zu spielen, und starb den folgenden Tag, während man ihn auf dem Vorderdeck zu arbeiten zwang, im Fieberparoxysmus.

Der dritte klagte über heftige Seitenstiche und Blutauswerfen. »An die Pumpe mit Euch!« rief Mackshane, »an die Pumpe! Ein paar Stunden Arbeit werden Euch die Brust schon erleichtern.« Ob nun dieser Rat nicht für ihn paßte oder ob er sich zu sehr anstrengte, genug, in weniger denn einer halben Stunde brach ein Strom von Blut aus seiner Lunge hervor und erstickte ihn.

Der vierte, der mit vieler Schwierigkeit auf das Achterdeck hinaufgeklettert kam, litt an einer unmäßigen Wassersucht. Sie hatte seinen Körper so fürchterlich aufgetrieben, daß er kaum noch Atem holen konnte; aber da diese Krankheit als Fettleibigkeit gedeutet wurde, die er sich durch Faulheit und Fressen zugezogen habe, so erhielt der Kranke den Befehl, sofort in den Mastkorb hinaufzuklettern. Das würde die Atmung fördern und seinen Brustkorb dehnen.

Vergebens schützte der arme Wicht sein äußerstes Unvermögen vor. Dem Unterbootsmann wurde befohlen, mit seiner Strickpeitsche den Kranken hinaufzutreiben. Der Schmerz, den ihm dies Instrument verursachte, bewog ihn, sich so anzustrengen, daß er bis zum Mastkorbe gelangte. Nun aber hatte die ungeheure Masse seines Körpers weiter nichts, ihn zu stützen, als seine ausgemergelten Arme. Daher ließ er entweder aus Verdruß oder Ohnmacht los und plumpste in die See hinab. Hier würde er rettungslos verloren gewesen sein, wenn nicht ein Matrose in einem Boot, das an der ›Donner‹ lag, ihn so lange über dem Wasser gehalten hätte, bis man ihn ins Schiff winden konnte.

Es würde höchst ekelhaft und unangenehm sein, das Schicksal eines jeden der Unglücklichen zu beschreiben, deren Ende durch die Unmenschlichkeit des Kapitäns und die Unwissenheit des Oberwundarztes beschleunigt ward, welche das Leben ihrer Nebengeschöpfe so mutwillig aufopferten. Manche wurden im heftigsten Anfall des hitzigen Fiebers heraufgeschleppt und, durch die unterwegs ausgestandenen Ungemächlichkeiten rasend, wieder hinuntergezogen. Einige gaben in Gegenwart ihrer Treiber den Geist auf. Viele schleppten einige Tage ihren siechen Körper unter ihren Kameraden herum und schlichen sich während ihrer Arbeit in aller Stille aus der Welt.

Durch diese kläglichen Anstalten war die Anzahl der Kranken bis auf weniger als ein Dutzend geschmolzen. Die Herren, die diese Verminderung zustande gebracht hatten, gratulierten sich selbst, daß sie dem König und dem Vaterlande so unnütze Lasten vom Halse geschafft hatten, als ihnen der Unterbootsmann meldete, unten im Schiff wäre ein Mann auf Befehl des ersten Unterchirurgus an seine Hängematte festgebunden und bäte sehr dringend um seine Erlösung. Er versicherte, Morgan spiele ihm bloß aus Groll so mit und er habe seine Sinne so gut als irgend jemand an Bord.

Als der Kapitän dies hörte, warf er einen strengen Blick auf den armen Waliser und befahl, den Menschen sogleich herbeizubringen. Morgan protestierte dagegen sehr lebhaft und versicherte, der in Frage kommende Mann sei so toll wie ein Märzhase. Wenigstens bäte er um Gottes willen, ihm während der Untersuchung nicht die Arme loszubinden, sonst würde er lauter Unheil anrichten. Seiner eigenen Sicherheit wegen bewilligte dies der Kommandeur.

Als nun der Patient vorgeführt wurde, bestand er auf seinen Angaben mit solcher Gelassenheit und mit so triftigen Gründen, daß jeder von den Umstehenden, Morgan ausgenommen, geneigt war, ihm Glauben beizumessen. Der Waliser erklärte, dem Scheine sei nicht zu trauen. Er selbst wäre vor ein paar Tagen durch das Benehmen dieses Menschen dermaßen getäuscht worden, daß er ihn eigenhändig losgebunden habe; dafür hätte dieser ihn fast ermordet.

Das nämliche bezeugte einer von den Aufwärtern. Er versicherte, er habe den Unterchirurgus nur mit vieler Mühe dem Tollen entrissen, der ihn unter sich gebracht und bei einem Haar erwürgt hätte. Allein dieser versetzte, der Zeuge sei eine Kreatur von Morgan und durch diesen aus reiner Bosheit angestiftet, gegen ihn auszusagen. Er, der angebliche Tolle, habe nämlich den Unterchirurgus beleidigt, weil er seinen Kameraden an Bord erzählt habe, daß dessen Frau in Rag-Fair eine Branntweinkneipe betreibe.

Dieser Ausfall erregte ein allgemeines Gelächter über den armen Waliser, der seinen Kopf schüttelte und mit starker Wallung sagte: »Ei, warum nicht gar! Gott weiß, daß das erstunken und erlogen ist.« Kapitän Oakum befahl nun ohne alles weitere Bedenken, dem Angeklagten seine Ketten abzunehmen; ja, er drohte sogar Morgan, ihn an seiner Stelle krumm schließen zu lassen. Kaum hörte der Brite diese Entscheidung zugunsten des Wahnsinnigen, so stieg er auf die Want des Besanmastes und riet Thompson und mir, uns auf die Seite zu machen, weil wir ihn sogleich verrückt spielen sehen würden. Wir verschmähten seine Warnung nicht und begaben uns auf das Hinterdeck.

Von dort aus sahen wir den Wahnsinnigen, sobald er nur losgebunden war, wie eine Furie auf den Kapitän zustürmen. »Ich will dir Halunken zeigen«, rief er, »daß ich Kommandeur vom Schiff bin!« Dabei prügelte er ihn gar weidlich durch. Nicht besser erging es dem Oberwundarzt, der seinem hohen Gönner zu Hilfe kommen wollte. Nur mit äußerster Mühe bemächtigte man sich endlich seiner, nachdem er zuvor denen, die sich ihm widersetzen wollten, großen Schaden zugefügt hatte.


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