Jonathan Swift
Gullivers Reisen
Jonathan Swift

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Kapitel V.

Der Verfasser erhält die Erlaubnis, sich die Grosse Akademie von Lagado anzusehn. Ausführliche Schilderung der Akademie. Die Künste, mit denen die Professoren sich abgeben.

Diese Akademie besteht nicht aus einem einzigen zusammenhängenden Bau, sondern aus einer Reihe mehrerer Häuser zu beiden Seiten einer Strasse, die man, als sie verödete, aufkaufte und zu diesem Zweck verwandte.

Ich wurde von dem Vorsteher sehr freundlich aufgenommen und besuchte die Akademie viele Tage nacheinander. Jedes Zimmer enthält einen oder mehrere Pläneschmieder, und ich glaube nicht, dass ich in weniger als fünfhundert Zimmern gewesen bin.

Der erste, den ich sah, war ein Mann von hagerer Erscheinung mit russigem Gesicht und Händen, langem Haar und einem Bart, der zerzaust und an vielen Stellen versengt war. Seine Kleider, sein Hemd, seine Haut waren alle von gleicher Farbe. Seit acht Jahren war er mit dem Unternehmen beschäftigt, aus Gurken Sonnenstrahlen zu gewinnen; die wollte er dann in hermetisch verschlossene Flaschen tun und in rauhen, kalten Sommern freilassen, damit sie die Luft erwärmten. Er sagte mir, er zweifle nicht daran, dass er in weiteren acht Jahren imstande sein werde, zu mässigem Preise die Gärten des Statthalters mit Sonnenschein zu versehn; er beklagte sich freilich, dass sein Kapital gering sei; und er flehte mich an, ihm ein wenig als Ermutigung des Genies zu geben, zumal die Gurken in diesem Jahre sehr teuer gewesen seien. Ich gab ihm ein kleines Geschenk, denn der Graf hatte mich eigens mit Geld versehn, weil er wusste, dass es bei ihnen Brauch war, alle, die sie besuchten, anzubetteln.

Ich ging in ein zweites Zimmer, doch war ich bereit, mich eilends wieder zurückzuziehn, da mich ein furchtbarer Gestank fast überwältigte. Mein Führer schob mich vorwärts, indem er mich flüsternd beschwor, keinen Anstoss zu erregen, denn man würde mir schwer grollen; und deshalb wagte ich nicht einmal, mir die Nase zu verstopfen. Der Pläneschmieder dieser Zelle war der älteste Gelehrte dieser Akademie; sein Gesicht und sein Bart waren von blassem Gelb; seine Hände und Kleider mit Schmutz beschmiert. Als ich ihm vorgestellt wurde, umarmte er mich herzlich (ein Kompliment, von dem ich ihn gern entbunden hätte). Seit seinem Eintritt in die Akademie war er damit beschäftigt, ein Verfahren zu finden, um die menschlichen Exkremente wieder in die ursprüngliche Nahrung zu verwandeln, indem er die verschiedenen Teile trennte, die Färbung, die sie von der Galle empfingen, beseitigte, den Geruch verdunsten liess und den Schleim abschäumte. Er erhielt von der Gesellschaft eine Wochenration, die in einem Gefäss voll Menschenkot bestand; es war etwa von der Grösse eines Fasses.

Ich sah noch einen dritten bei der Arbeit, der Eis in Schiesspulver oxydieren wollte; er zeigte mir auch einen Traktat, den er geschrieben hatte, und der von der Hämmerbarkeit des Feuers handelte; er beabsichtigte, ihn zu veröffentlichen.

Ferner war ein genialer Architekt vorhanden, der eine neue Methode des Häuserbaus erfunden hatte; er begann mit dem Dach und führte es bis zu den Fundamenten hinunter; er suchte mir gegenüber diese Methode mit dem gleichen Brauch jener klugen Insekten, der Biene und der Spinne, zu rechtfertigen.

Einer war blindgeboren, und er hatte mehrere Gehilfen mit dem gleichen Gebrechen um sich: sie beschäftigten sich damit, Farben für Maler zu mischen; ihr Lehrer lehrte sie, sie durch das Gefühl und den Geruch zu unterscheiden. Ich hatte freilich das Unglück, dass sie gerade in ihrem Können nicht sehr vorgeschritten waren; und auch der Professor hatte sich zufällig in allem geirrt: die ganze Brüderschaft aber ermutigt und achtet diesen Künstler sehr.

In einem andern Zimmer machte mir ein Pläneschmieder viel Vergnügen, der ein Mittel gefunden hatte, den Boden durch Schweine pflügen zu lassen, um die Kosten für Pflüge, Rinder und Arbeitskräfte zu sparen. Die Methode besteht in folgendem. Man vergräbt in einem Acker in Abständen von sechs Zoll und bis zu einer Tiefe von acht Zoll eine Menge von Eicheln, Datteln, Kastanien und andrer Mastfrucht, wie diese Tiere sie am liebsten haben; dann treibt man sechshundert oder mehr von ihnen aufs Feld, wo sie in wenigen Tagen auf der Suche nach ihrem Futter den ganzen Boden aufwühlen und so für die Saat vorbereiten, indem sie ihn zugleich mit ihrem Kot düngen. Freilich stellte sich bei einem Experiment heraus, dass Kosten und Mühe sehr hoch waren und dass sie nur eine geringe oder keine Ernte erzielten. Doch ist nicht zu bezweifeln, dass diese Erfindung grosser Verbesserungen fähig ist.

Ich ging in ein weiteres Zimmer, wo die Wände und die Decke ganz mit Spinnweben behangen waren; nur ein kleiner Gang blieb frei, so dass der Künstler ein- und ausgehn konnte. Als ich eintrat, rief er mir laut zu, ich möchte seine Gewebe nicht stören. Er beklagte, dass die Welt so lange an dem verhängnisvollen Irrtum gehangen habe, Seidenwürmer zu benutzen, während wir doch eine solche Fülle von Hausinsekten besässen, die jene unendlich überträfen, weil sie nicht nur zu spinnen, sondern auch zu weben verständen. Und ferner behauptete er, durch die Verwendung der Spinnen werde man die Kosten des Färbens der Seide sparen; er überzeugte mich fest davon, indem er mir eine ungeheure Anzahl wundervoll gefärbter Fliegen zeigte, mit denen er seine Spinnen fütterte; er versicherte uns, die Gewebe würden ihre Färbung annehmen; und da er Fliegen in allen Farben besässe, so hoffe er, jedermanns Geschmack zu befriedigen, sowie er nur in gewissen Gummis, Ölen und andern Klebestoffen eine geeignete Nahrung für seine Fliegen gefunden hätte, die den Fäden Kraft und Haltbarkeit verliehe.

Ein Astronom hatte es unternommen, auf der grossen Wetterfahne des Stadthauses eine Sonnenuhr anzubringen, indem er die täglichen und jährlichen Bewegungen der Erde und der Sonne so regelte, dass sie mit allen zufälligen Wendungen, die der Wind zur Folge hätte, zusammenwirkten.

Ich klagte über einen kleinen Anfall von Kolik; worauf mein Führer mich alsbald in ein Zimmer brachte, das ein grosser Arzt inne hatte; er war berühmt, weil er diese Krankheit durch gegenteilige Wirkungen des gleichen Instruments zu heilen wusste. Er hatte einen grossen Blasebalg mit einem langen, schlanken Elfenbeinrohr. Das schob er acht Zoll weit in den After hinein, und er behauptete, wenn er den Wind einzöge, könne er die Därme so schlaff machen wie eine getrocknete Blase. Wenn aber die Krankheit heftiger und hartnäckiger war, führte er das Rohr ein, nachdem er den Balg mit Luft gefüllt hatte; diese Luft also blies er den Kranken in den Bauch; dann zog er das Instrument heraus, um es wieder zu füllen, indem er den Daumen kräftig auf die Öffnung des Hintern drückte; und nachdem er das drei- oder viermal wiederholt hatte, brach dann der heilbringende Wind heraus und führte den schädlichen mit sich (wie wenn man Wasser in eine Pumpe giesst), so dass der Kranke genas. Ich sah, wie er beide Experimente an einem Hund ausführte; doch konnte ich bei dem ersten keinerlei Wirkung bemerken. Nach dem zweiten war das Tier zum Platzen bereit, und es erfolgte eine so gewaltsame Entladung, dass sie mir und meinem Gefährten wenig angenehm war. Der Hund war auf der Stelle tot, und als wir den Doktor verliessen, war er damit beschäftigt, ihn durch die gleiche Operation wieder zum Leben zu erwecken.

Ich besuchte noch viele andre Zimmer, will aber den Leser nicht mit all den Merkwürdigkeiten belästigen, die ich beobachtete, denn ich befleissige mich der Kürze.

Ich hatte bislang nur erst die eine Seite der Akademie gesehn; die andre war den Förderern der spekulativen Gelehrsamkeit vorbehalten. Von ihnen will ich reden, nachdem ich noch eine einzige erlauchte Persönlichkeit erwähnt habe, die bei ihnen der »Allerweltskünstler« heisst. Er sagte uns, er sei seit dreissig Jahren damit beschäftigt, über die Verbesserung des menschlichen Lebens nachzudenken. Er hatte zwei grosse Zimmer voll der wundervollsten Sehenswürdigkeiten, und fünfzig Leute waren bei ihm an der Arbeit. Einige kondensierten die Luft zu einer trocknen, greifbaren Substanz, indem sie den Stickstoff ausschieden und die wasserhaltigen oder flüssigen Bestandteile aussintern liessen; andre machten Marmor für Kissen und Nadelpolster weich; wieder andre versteinerten die Hufe eines lebenden Pferdes, um sie vor dem Verschlagen zu schützen. Der Künstler selbst war gerade mit zwei grossen Plänen beschäftigt; erstens wollte er Land mit Spreu bestellen, denn er behauptete, darin sei die eigentliche Keimkraft enthalten; er bewies es auch durch mehrere Experimente, die ich jedoch nicht gelehrt genug war zu verstehn. Zweitens wollte er das Wachstum der Wolle an zwei jungen Lämmern unterdrücken, indem er ihnen von aussen eine Mischung gewisser Gummis, Mineralien und Pflanzenstoffe aufstrich; er hoffte, innerhalb einer angemessnen Zeit die Zucht nackter Schafe über das ganze Königreich zu verbreiten.

Dann gingen wir über eine Strasse in den andern Teil der Akademie, den, wie ich bereits sagte, die Pläneschmieder in der spekulativen Gelehrsamkeit inne hatten.

Der erste Professor, den ich sah, befand sich in einem sehr grossen Zimmer und war umringt von vierzig Schülern. Nach der Begrüssung sagte er, da ihm auffiel, dass ich voll Ernst auf ein Rahmenwerk blickte, das den grösseren Teil der Länge und Breite des Zimmers füllte, ich wundre mich vielleicht, ihn mit einem Plan beschäftigt zu sehn, wie man die spekulative Erkenntnis durch praktische und mechanische Methoden fördern könne. Die Welt werde sich jedoch ihres Nutzens bald bewusst werden, und er schmeichle sich, dass nie eines Menschen Haupt ein edlerer und erhabenerer Gedanke entsprungen sei. Jedermann wisse, wie mühselig der gewöhnliche Weg zur Kunst und zu den Wissenschaften sei; mit Hilfe seiner Erfindung aber könne der unwissendste Mensch unter geringen Kosten und unbedeutender Körperarbeit, ohne im geringsten von Genie oder Studium unterstützt zu werden, philosophische, dichterische, politische, juristische, mathematische und theologische Bücher schreibenDamals begannen gerade die »Auszüge«, »Auslesen« usw. zu blühen, die das Studium der Originale überflüssig machen sollten, so dass man »das Wesentliche« aller Werke und Wissenschaften ohne viel Mühe und in kurzer Frist in sich aufnehmen könnte. Siehe unsre heutigen »Breviere«, Blütenlesen, populären Schriften über naturwissenschaftliche Probleme (Bölsche).. Dann führte er mich vor den Rahmen, an dessen Seiten in Reihen all seine Schüler standen. Er hatte zwanzig Fuss im Geviert und stand in der Mitte des Zimmers. Die Oberfläche bestand aus vielen Holzstückchen von etwa der Grösse eines Würfels; doch waren einzelne grösser als andre. Sie waren alle durch dünne Drähte mit einander verbunden. Diese Holzstückchen waren auf allen Flächen mit Papier beklebt, und auf diese Zettel waren alle Worte ihrer Sprache geschrieben, und zwar in ihren verschiedenen Modis, Zeit- und Deklinationsformen, doch ohne jede Ordnung. Der Professor bat mich, acht zu geben, denn er wollte seine Maschine in Betrieb setzen. Auf seinen Befehl ergriffen die Schüler alle je einen eisernen Handgriff (es waren ihrer am Rande des Rahmens vierzig angebracht), und gaben ihm eine plötzliche Wendung, wodurch die ganze Anordnung der Worte eine andre wurde. Dann befahl er sechsunddreissig der Burschen, leise die verschiedenen Zeilen zu lesen, die sich auf dem Rahmen zeigten. Und wo sie drei oder vier Worte beisammen fanden, die zu einem Satz gehören konnten, diktierten sie sie den vier übrigen Schülern, die Schreiber waren. Diese Arbeit wurde drei oder viermal wiederholt, und die Maschine war so eingerichtet, dass die Worte bei jeder Wendung an neue Stellen sprangen, während sich die Holzwürfel um sich selber drehten.

Sechs Stunden des Tages waren die jungen Studenten mit dieser Arbeit beschäftigt, und der Professor zeigte mir mehrere grosse Foliobände abgebrochener Sätze, die bereits gesammelt waren; diese Sätze gedachte er zusammenzuflicken und der Welt aus diesem reichen Material einen vollständigen Korpus aller Künste und Wissenschaften zu geben; der aber, so sagte er, liesse sich noch sehr verbessern und sein Erscheinen sich beschleunigen, wenn das Publikum ein Kapital zusammen bringen wollte, um in Lagoda fünfhundert solcher Rahmen herzustellen und in Betrieb zu setzen, indem es die Verwalter verpflichtete, ihre verschiedenen Sammlungen zu vereinigen.

Er versicherte mir, diese Erfindung habe seit seiner frühesten Jugend all seine Gedanken in Anspruch genommen; er habe den ganzen Wortschatz in seinem Rahmen vereinigt und aufs genaueste berechnet, welches Verhältnis in den Büchern zwischen der Anzahl der Partikeln, der Substantive, der Verben und andern Satzteile herrsche.

Ich machte dieser erlauchten Persönlichkeit meine demütigsten Komplimente über seine grosse Mitteilsamkeit und versprach, wenn ich je in meine Heimat zurückkehrte, ihm als den einzigen Erfinder dieser wundervollen Maschine Gerechtigkeit widerfahren zu lassen; ich bat ihn um Erlaubnis, mir Form und Einrichtung der Erfindung aufzuzeichnen, wie man beides in der beigefügten Abbildung sieht. Ich sagte ihm, es sei zwar bei uns in Europa unter den Gelehrten Sitte, einander ihre Erfindungen zu stehlen, und sie hätten wenigstens den einen Vorteil davon, dass sich ein Streit erhöbe, wer der rechtmässige Besitzer sei, doch wolle ich schon solche Vorsichtsmassregeln treffen, dass er ohne Nebenbuhler die Ehre für sich allein haben sollte.

Dann gingen wir in die Schule der Sprachen, wo drei Professoren darüber berieten, wie man die ihres eignen Landes verbessern könnte.

Der erste Vorschlag ging dahin, die Rede zu verkürzen, indem man mehrsilbige Worte zu einsilbigen machte und die Verben und Partikel ausliesse: denn in Wirklichkeit seien ja alle vorstellbaren Dinge doch nur Hauptwörter.

Der zweite Vorschlag ging dahin, überhaupt alle Wörter abzuschaffen; und davon versprach man sich sowohl für die Gesundheit wie für die Kürze viele Vorteile. Denn es ist klar, dass jedes gesprochene Wort in gewissem Grade eine Verringerung unsrer Lungen bedeutet, weil es sie abnutzt, und dass es also dazu beiträgt, unser Leben zu verkürzen. Daher wurde ein Ausweg vorgeschlagen; alle Worte nämlich sind nur Namen für Dinge, und demnach wäre es viel besser, wenn alle Menschen diejenigen Dinge, die nötig sind, um die besondern Angelegenheiten auszudrücken, wie man sie erörtern möchte, mit sich herumführten. Und diese Erfindung wäre auch sicherlich eingeführt worden, und zwar zur grossen Erleichterung und zur Förderung der Gesundheit des einzelnen, wenn nicht die Weiber im Verein mit dem Pöbel und den Analphabeten gedroht hätten, eine Verschwörung anzuzetteln, falls man ihnen nicht erlaubte, wie ihre Vorväter mit ihren Zungen zu reden. So beharrlich-unversöhnliche Feinde der Wissenschaft sind die gemeinen Leute. Viele der Gelehrtesten und Weisesten aber hängen der neuen Methode an, sich mit Hilfe von Dingen auszudrücken; es hat das nur die eine Schattenseite, dass ein Mensch, dessen Angelegenheiten mannigfaltig und umfangreich sind, gezwungen ist, ein verhältnismässig um so grösseres Bündel von Dingen auf dem Rücken zu tragen, es sei denn, dass er es sich leisten kann, sich von einem oder zwei starken Dienern begleiten zu lassen. Ich habe oft gesehn, wie zwei dieser Weisen unter der Last ihrer Bündel fast zusammenbrachen, genau wie bei uns die Hausierer; und wenn sie sich auf der Strasse begegneten, legten sie ihre Lasten nieder, öffneten ihre Säcke und hielten eine Stunde lang Zwiesprach; dann packten sie ihr Gerät wieder zusammen, halfen einander die Bürden auf den Rücken und nahmen Abschied von einander.

Für kurze Gespräche aber kann man genug Geräte in den Taschen und unter den Armen mit sich herumtragen, um nicht in Verlegenheit zu kommen; und zu Hause kann es niemandem fehlen. Daher ist auch das Zimmer, wenn sich Leute, die diese Kunst ausüben, versammeln, voll von allerlei Dingen, die rasch zur Hand sind, um Stoff für diese künstliche Unterhaltung zu liefern.

Ein weiterer grosser Vorteil, den diese Erfindung haben sollte, war der, dass sie als Weltsprache dienen konnte, die man in allen zivilisierten Nationen verstehn musste, da überall Waren und Geräte ziemlich gleichartig oder doch ähnlich sind, so dass man ihren Gebrauch leicht verstehn konnte. Und so wären selbst die Gesandten befähigt, mit ausländischen Fürsten oder Staatsministern zu unterhandeln, obwohl ihnen ihre Sprache völlig fremd ist.

Ich war auch in der mathematischen Schule, wo der Lehrer seine Schüler nach einer Methode unterrichtete, die wir uns in Europa kaum vorstellen können. Lehrsatz und Beweis wurden auf eine dünne Oblate geschrieben, und zwar mit einer Tinte, die den Farbstoffen des Gehirns entnommen war. Die musste der Schüler auf nüchternem Magen verschlucken; und drei Tage nachher durfte er nichts geniessen als Brot und Wasser. Wenn die Oblate dann verdaut war, stieg die Farbe zu Kopf und nahm den Lehrsatz mit. Doch ist bislang der Erfolg unkontrollierbar gewesen, und zwar zum Teil infolge eines Irrtums in den Quantis oder in der Mischung, zum Teil infolge des Eigensinns der Schüler, denen diese Arznei so widerlich ist, dass sie sich im allgemeinen fortschleichen und sie nach oben entleeren, ehe sie wirken kann; auch haben sie sich bisher noch nicht überreden lassen, so lange zu fasten, wie die Verordnung es verlangt.


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