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Also sprach der Herr der Menschen.

Also sprach der Herr der Menschen: »Weg von der Erde. Weg von der Luft. Schwimmt nicht im Wasser. Meint ihr, die Ernte auf dem Felde sei euer? Meint ihr, die Luft sei für euch zum Atmen, das Wasser zum Trinken? Ihr habt eine üppige Phantasie. Warum, glaubt ihr wohl, habe ich die Erde eingezäumt? Warum, glaubt ihr, lasse ich mich von euch gehörig bezahlen dafür, daß ihr leben dürft? Meint ihr, ihr hättet Lebensrechte, die von Wasser, Luft und Feld geachtet werden müßten, mir zum Trotz? Ihr könnt nicht einmal eure Zwei und Drei zusammenrechnen. Ich bin ein Schlagbaum, und ihr mein Zoll. Ich bin des Himmels Pförtner, und mir müßt ihr bezahlen, wenn ihr hinein wollt. Ich bin das Tor zu aller Hoffnung der Zeit. Durch mich eßt ihr und seid ihr fröhlich. Leugnet ihr mich, so müßt ihr hungern, dürsten und trauern. Ohne mich würde das Leben nicht leben. Ohne mich wäre der Erdboden eine Wüste. Bin ich unnütz, wie? Was für eine Schule habt ihr besucht? Sechzig Generationen von Kindern ist mein Evangelium gelehrt worden. Ebensoviele Generationen Erwachsener haben gelitten und gedarbt zum Zeugnis für mich. Ich bin der Steuertarif und die Steuer. Ideen mögen wahr sein. Ihr könnt eine hebräische oder sonst eine Bibel besitzen, die wahr ist. Doch nichts ist so wahr, wie mein allgegenwärtiges Besteuerungssystem. Ich lege die Wolken trocken. Ich sauge die Erde aus, bis ihre letzte Blüte welkt. Ich sauge den Menschen das Herz aus, bis die letzte Hoffnung schwindet.

Was könnte besser für mich zeugen, als die Länge meines Armes? Dieser Arm wird mit seiner Hand in jede Tasche, in jedes Besitztum, in jedes Herz hineinreichen. Und wenn er sich wieder zurückzieht, ist nichts mehr übrig gelassen. Ich lebe unter verschiedenen Namen. Aber richtig gelesen, lauten sie alle gleich. Das eine Mal heiße ich Pacht, das andere Mal Zins, das dritte Mal Profit. Doch liebe ich keinen Namen besonders, noch weise ich einen zurück. Solange ich meinen Zweck erreiche, nehme ich jeden Namen gerne an und bin gleich gerne ohne Namen. Paßt es mir, so nenne ich mich Pacht. Paßt es mir, so nenne ich mich Zins. Niemals sage ich Diebstahl. Ich sage Pacht und Zins. Ja, und auch Profit. Die Leute, die ich mit meinem Profit betrüge, sind geradeso empfindlich, wie die Leute, die ich mit Pacht und Zins betrüge. Daß sie betrogen werden, macht ihnen nichts aus. Sie betrügen sich selbst, wenn sie Gelegenheit haben. Aber sie lassen sich lieber auf die richtige Art betrügen. Sie lassen sich gerne auf eine angenehme und gesetzliche Art betrügen. So muß ich beständig auf der Hut sein. Denn solange ich's beim Rauben recht mache, werde ich schlau genannt, und von den Opfern, die zugleich meine Raubgenossen sind, beneidet. Wenn ich mich aber in der Methode irre, so ist mir gleich eine Bande Fachleute auf den Fersen und bedroht meine Einkünfte.

Um euch zu zeigen, wie ich beim Volke beliebt bin, brauche ich euch nur an die Geschichte zu erinnern. Das Volk macht keine Gesetze, aber es wählt die Gesetzgeber. Und es macht immer solche zu Gesetzgebern, die mich durch die Gesetze beschützen. Dem Volk eignen keine Fabriken und Läden. Aber es erzeugt die Männer, die Fabriken und Läden besitzen. Und es erzeugt stets solche Männer, die vor allen Dingen dafür sorgen, daß man mir bereitwillig Tribut zahlt. Und so weiter. Nun, wenn das Volk mich nicht genau so haben wollte, wie ich bin, so würde es sich hüten, mir die Möglichkeit zu verschaffen, so zu leben, wie ich lebe. Die Menschen sind sehr gütig. Sie sorgen für mich, ehe sie für sich selbst sorgen. Sie geben acht, daß ich genug zu essen habe, selbst wenn sie darben; und genügend Kleider und Betten, auch wenn sie frieren. Ich komme zu dem Meinen, was auch geschehe. Ihr schaut euch um. Ihr seht die Menschen in Not. Sie machen sich Sorgen. Vielleicht bildet ihr euch ein, sie hätten Kinder zu Hause und nicht genug zu essen für sie; oder es hätte sich sonst eine Familientragödie begeben. Ihr täuscht euch. Sie sorgen sich nur um mich. Sie fürchten, mir nicht gerecht werden zu können. Sie haben weder Arbeit noch Geld. Sie fragen sich: Was wird aus Zins und Pacht und Profit werden, wenn ich kein Geld und keine Arbeit habe? Sie sehen mich schon im Armenhaus landen. So laufen sie sich müde und machen sich Kummer um mich. Und manchmal verzweifeln sie und gehen ins Wasser oder schießen sich eine Kugel in den Kopf. Nur weil sie mich nicht gerne leiden sehen. Denn würde ich durch einen Zufall vernichtet, so ginge das Land in Trümmer. Die Bauern bebauen alle ihr Land für mich. In den Fabriken dreht sich jede Spindel und arbeitet jede Maschine für mich. Die Läden werden für mich betrieben. Die Eisenbahnen laufen zum Nutzen meiner Ländereien. Die Menschen sind meine geschworenen Mithelfer. Sie sind meine standhaften Freunde. Wird mein Besitz durch einen Teil des Volkes selbst bedroht, so brauche ich zu meiner Verteidigung keinen Finger zu rühren. Das Volk macht das schon alles. Es verteidigt mich. Es freut sich nur zu sehr, mir seine Treue zu bezeugen. Bricht eine Revolution aus, so halte ich einfach Frieden, lasse mir's wohl sein und lächle. Vielleicht sterben Tausende, damit ich lebe. Vielleicht rötet sich der Erdboden unter dem Gemetzel. Von meinem Blut aber wird kein Tropfen vergossen. Ist die Schlacht vorüber, so erscheine ich wieder und nehme die Huldigung entgegen, die meinem geheiligten Vorrechte zukommt. Ich, der ich Zins bin. Ich, der ich Pacht bin. Ich, der ich Profit bin. Ohne mich könnte der politische Staat, der Grundbesitzer, der Kapitalist, der Arbeitgeber nicht eine Nacht mehr leben. Ich sitze bei jedem Herde und warte. Ich bin bei jeder Geburt und bei jedem Tode zugegen. Meine Gesetzestafeln bestimmen den gesellschaftlichen Verkehr. Niemand kann mich vermeiden oder beiseite schieben. Niemand kann sich ein Leben einrichten, wo ich nicht dabei wäre. Niemand. Ich bin nie vorschnell und lasse nie ab. In allen Stadien eurer Laufbahn, vom Beginn in der Wiege bis zum Ende im Sarg, setze ich die Vertragsbedingungen fest. Ich bin Leben für euch, wenn ihr euch unterwerft, und Tod, wenn ihr euch widersetzt. Ich, der ich Pacht bin und Zins und Profit.« – Also sprach der Herr der Menschen.


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