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Wozu all der Lärm? Meint ihr, wir machen so viel Lärm, weil wir den Lärm selbst lieben? Wir mögen den Lärm nicht lieber als ihr, liebe Herren. Aber wir lieben gewisse Dinge, die uns ein Lärm, der groß genug ist, vielleicht bringen kann. Deshalb schlagen wir Lärm. Deshalb machen wir jetzt so viel Lärm. Liebe Herren, ihr hört diesen Lärm, wohin ihr auch geht. Ihr verstopft euch die Ohren. Ihr hört den Lärm. Euer Schlaf ist vielleicht sehr tief. Tiefer als lotbare Seetiefen. Doch dieser Lärm ist sehr laut. Er ist lauter als der tiefste Schlaf. Laßt es euch nur wohl sein im Gegenlärm der Industrie. Aber dieser andere Lärm, den ihr nicht liebt, übertönt den euren. Dieser Lärm wird auch von Tauben vernommen. Ihr tut uns leid. Wie solltet ihr uns auch nicht leid tun? Ihr tut uns so leid, daß wir beinahe versucht wären, stille zu sein. Aber wir selbst tun uns noch weit mehr leid, so daß wir den Lärm machen müssen. Horcht, liebe Herren. Was haltet ihr von unserem Lärm? Murrt er und surrt er euch in den Ohren? Fehlt ihm die geschmeidige Schönheit harmonischer Rhythmen? Kratzt er und klatscht er und kracht er und klirrt er euch um die Ohren? Was haltet ihr von unserem Lärm? Dieser Lärm, so schamlos, so brüllend, so ohne Sinn für Maß und Raum. Dieser Lärm des Pöbels. Dieser Lärm des Alltags. Dieser Lärm der Straße.
Ihr laßt euch nicht gerne stören, liebe Herren. Ihr seid bei Tische und dieser Lärm bricht ein. Ihr habt eure Konzerte und Gesellschaften. Aber der Lärm ist lärmender als Musik und Geschwätz. Was bedeutet er? Gibt es keinen Platz, der vor seiner Gottlosigkeit Schutz böte? Der Lärm ist Lästerung. Euer Reichtum ist ein Tempel, und dieser Lärm bricht darin ein. Wenn ihr beten wollt, stört dieser Lärm eure Andacht. Ihr könntet nicht einmal in eure Kammer gehen und allein sein mit Gott. Dieser Lärm käme auch dorthin. Dieser Lärm, der Gott ist. Ihr seid bestürzt. Durch jeden Spalt und durchs Schlüsselloch, durch die dichteste Wand drängt euch dieser Lärm unabweisbar seinen Ratschluß auf. Ihr tut mir leid, liebe Herren. Ihr tut mir weit mehr leid, als ihr euch selbst leid tut. Weil ich weiß, was euch zustoßen wird. Ihr wißt es nicht. Aber für die andern freue ich mich so viel mehr als ich euch bedaure, daß ich mein Mitleid mit euch etwas blaß und unangebracht finde. So dränge ich mich denn überall ein, ich, der ich der Lärm bin, vor dem ihr euch fürchtet. Leute, die nicht horchen wollen, zwinge ich, zu horchen. Lauter als je spreche ich zu denen, die sich gegen meine Einsprache wehren. Ich bin kein Lärm, der kommt, um schön zu reden. Ich komme, um eure Stimmungen und Launen zu enttäuschen. Ich bin entschlossen, die aufzurütteln, die mit sich zufrieden sind. Die Zeit wird erscheinen, da ihr wissen werdet, daß die Wahrheit verschweigen, nicht Zivilisation heißt. Ihr werdet wissen, daß Lärm um Wahrheit die beste Zivilisation ist. Ich mache solchen Lärm. Ich mache ihn nicht so widerlich, wie solch ein Lärm sein könnte. Ich mache ihn so widerlich, wie solch ein Lärm sein muß. Ich komme in eure Kirchen und unterbreche die heiteren Gemeinplätze der Predigt. Ich trete in eure Redaktionszimmer ein und mache es euch schwer, eure bezahlten Ansichten zu diktieren. Mit rauhen Tönen fahre ich zwischen das gezierte Wortgeklingel der Höfe. Ihr meintet, ich sei viele Dinge, und erfandet viele Wörter, mich zu beschreiben. Ja, sogar Wörter, um mich zu verfluchen. Aber ich bin ein eindeutiger Lärm. Ein Wort würde mich beschreiben. Ich schlage den Ton der Unzufriedenheit an. Wenn ihr mich hört, so wisset, es ist Aufruhr.
Liebe Herren, ihr wendet alle Mittel an, die ihr kennt, um mich zu unterdrücken. Ihr versucht es mit Ueberredung, mit Drohungen, mit dem Gesetz, mit Gerichtsbeschlüssen. Ihr vergrößert eure Heere und Flotten. Ihr schmeichelt den Regierungen. Doch all das sind nur Verlegenheitsmittel. Sie berühren den Kern der Sache nicht. So findet ihr denn, daß unser Lärm immer mehr anschwillt. Ihr seid bestürzt. Ihr versucht es mit Wohltätigkeit. Ihr werft uns eine Bibliothek an den Hals. Ihr tretet mir mit einem Hospital entgegen. Ihr überrascht mich mit einer Universität. Doch ich bleibe ungerührt. Ihr besprecht dieses geheimnisvolle Phänomen. Ihr bittet die Kirche, meinen Lärm zu erwidern. Die Kirche weist auf ihr Dogma. Ihr bittet den Staat, meinen Lärm zu erwidern. Der Staat weist auf seine Polizei. Ihr bittet die vornehme Gesellschaft, meinen Lärm zu erwidern. Die Gesellschaft weist auf ihre Salons. Aber wie kann denn das Uebel, gegen das er sich empört hat, meinen Lärm erwidern? Auf meinen Lärm gibt es nur eine Antwort. Unterwerfung. Schmeichelei ist keine Antwort. Tadel ist keine Antwort. Unterwerfung allein ist die Antwort.
Meint ihr, liebe Herren, dieser Lärm sei nichts weiter als Lärm? Der Lärm ist der geringste Teil von mir. Mein Lärm allein wäre euch nicht gefährlich. Was euch gefährlich ist, das ist das Schweigen hinter dem Lärm. Ich glaube, daß etwas in eurem Blut oder auch in eurem Gehirn euch das sagt. Die Symptome stören euch wohl etwas. Aber die Sache selbst wird euch noch mehr stören. Ich habe es nicht lieber als ihr zu lärmen; oder zu streiten; oder Haß zu erregen; oder zu scheinen, als ob man das Leben eines andern zum eigenen Vergnügen ausbeute. Aber das Gesetz meines Lärms ist das Gesetz des Herzens. Es ist das Gesetz der Menschlichkeit. Würde mein Lärm aufhören so stürbe die Hoffnung des Volkes. Würde mein Lärm verstummen, so ginge alles nach eurem Gutdünken. Das wäre nicht gut für euch. Und es wäre schlimm für uns. Ebenso schlimm, wie es für uns wäre, wenn alles nach unserem Gutdünken ginge. So lärmen wir überall in der Welt um die Gegensätze auszugleichen. Wohlverstanden. Nach oben auszugleichen, nicht nach unten. Dies ist der Zweck unsres Lärms. Dies muß geschehen, ehe unser Lärm verstummt. Wir haben nicht die Absicht, den Lärm immer zu machen. Wir werden ihn nur so lange ausdehnen, als er notwendig ist. Wir werden gerne damit aufhören, wenn seine Ursache verschwindet. Gern. Gern. Merkt auf und seht.
Laßt es euch gesagt sein, liebe Herren, daß ihr diesen Lärm an kein Kreuz schlagen könnt. Dieser Lärm ist in die Welt gekommen, eure Seelen zu erlösen. Vielleicht schläft er ein. Aber sterben wird er nicht. Vielleicht meint ihr, er sei verschwunden. Doch er wird immer wiederkehren, euch zu schaffen zu machen. Die Tyrannei haßt diesen Lärm. Dieser Lärm ist die eine Gewalt, die es der Ungerechtigkeit unmöglich macht, die Ernte ihrer Perfidie aufzuspeichern. Dieser Lärm, liebe Herren, wird euch erlösen, ob ihr wollt oder nicht. Er wird euch nicht erlösen, als ob ihr allein der Erlösung würdig wäret. Oder als ob irgend ein einzelner Mensch allein der Erlösung würdig wäre. Sondern weil die Menschheit der Erlösung wert ist. Und dieser Lärm wird die Menschheit erlösen. Ihr werdet erkennen, daß kein Mensch erlöst ist, bis alle erlöst sind mit ihm. Denn das Geld wird euch nicht erlösen. Nur die Gerechtigkeit wird euch erlösen. Und dieser Lärm, der euch heute so verwirrt und euch oft so empört, heißt Gerechtigkeit. Und die Gerechtigkeit wird eure Seele erlösen.
Ich bringe euch einen großen Lärm, liebe Herren. Ihr richtet eure Teleskope gen Himmel. Aber kein Teleskop könnte euch das Geheimnis meines Lärmes enthüllen. Hofft nicht, daß ich gütig sei gegen euch. Ich bin weder gütig noch streng. Ich bin nur gerecht. Ich bin nicht der Lärm der Rache. Ich bin der Lärm der Gleichberechtigung. Ich bin weder für eine Seite allein noch für eine andre Seite allein. Ich bin für alle. Mein Lärm ruft keinen zur Buße. Es ist ein Lärm, der allen Erlösung verheißt. Mein Lärm ist der einzige Weg zur Erlösung. Ich bin Ausdruck und Inhalt der Kommune. Ich bin der Ruf und das Schweigen des allgemeinen Lebens. Ihr baut eure Städte umsonst, wenn ihr sie nicht für mich baut. Ich bin die Klage des Untermenschen. Wie könnt ihr euren Uebermenschen aufbauen, wenn nicht auf meinen Schultern? Ich bin die rebellische Hungersnot, die ihre Warnung ergehen läßt. Ich bin die Arbeiterschaft, die zum Bewußtsein ihrer Herrlichkeit erwacht ist. In meinem Lärm findet ihr eine Arbeiterschaft, die endlich sich selbst ehrt. Die Arbeiterschaft hat sich selbst zu lange nach eurem Maßstab beurteilt. Nun hat sie sich zur Höhe der gebührenden Selbstachtung erhoben. Das ist es, liebe Herren, was mein Lärm bedeutet. Das ist es, was mein Lärm bedeutet, in welcher Art und Form er auch komme. Versteht mich nicht falsch. Dieser Lärm ist Symptom und Symbol der Auferstehung.
Zu allen Zeiten habe ich mühsam durch die Phrasen der
Wortmakler mir einen Weg gebahnt.
Doch ich erkannte, daß Worte nur dann ihre Aufgabe erfüllen,
wenn wir dem Leben wieder Rechenschaft
geben und auf seine Befehle warten:
Und ich, der ich die Liebe bin, bin das einzige Leben,
Darum müssen die Worte immer mir Rechenschaft geben,
damit sie wirklichen Inhalt gewinnen.
Der Mensch achtet des Menschen nicht:
Der Mann wird im Kinde verschwendet,
Das Kind wird im Manne verschwendet.
Ich lehne mich nicht auf gegen eure Güterverschwendung.
Ich lehne mich auf gegen eure Menschenverschwendung.
Ihr dürftet alle Güter der Welt verschwenden, wenn ihr
nur eure Menschen spartet –
Eure besten Güter sind unendlich wertlos.
Eure schlechtesten Menschen sind unendlich kostbar.
Ihr fordert mich auf, die Arbeit eurer Menschen zu ehren.
Ich fordere euch auf, vor allen Dingen eure Menschen zu ehren.
Ich willige in eure höchsten Ansprüche ein und erhebe
dann einen Anspruch, der alles andere überragt –
Den Anspruch des verschwendeten Menschen auf Wiederbringung.