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Du wirst es dir selbst sagen. Du nimmst meine Worte übel. Du wendest dich ab und gehst. Du verschließt deinen Kassenschrank. Du liebäugelst mit einem Depositenschein. Du schaust dich mit der Herrschermiene eines Königs in deinem Geschäft um. Für das, was dir gehört, wirst du kämpfen. Gehört dein Eigentum nicht dir? Ich bin dir eine Drohung. Wenn ich komme, ist alles in Gefahr. Die Werte geraten ins Wanken. Der Besitz läßt den Kopf hängen. Ich weiß das alles. Ich mache dir aus deiner Angst keinen Vorwurf. Denn wenn ich überhaupt etwas will, so will ich manches, wovor du dich fürchtest. Aber du mußt es noch lernen, daß du nichts zu fürchten brauchst. Daß ich nicht komme, die Werte umzustoßen, sondern sie zu sichern. Daß heute die Werte umgestoßen sind. Daß ich sie wieder herstelle. Aber das siehst du jetzt nicht ein. So bin ich dir keine Inspiration, sondern eine Drohung. Ich sage dir freimütig, daß du recht hast. Ich sage dir mit größerem Freimut, daß du unrecht hast. Du hast recht, wenn du mich erkennst. Du hast unrecht, wenn du mich fürchtest.
Ich werde nicht schweigen. Immer und ewig werde ich weiterreden und weiterleben und weiterausharren. Aber ich glaube nicht, daß ich dich überzeuge. Ich werde dir nur dazu helfen, daß du dich selbst überzeugst. Ich sage Unangenehmes. Ich weiß nur zu gut, daß ich in gewissen Kreisen nicht beliebt bin. Daß wenn der Profit seinen Willen durchsetzen will, ich kein angenehmer Gast bin. Daß der Zins wütend ist, wenn ich komme. Daß die Pacht murrt und fester zugreift. Daß die festgefügten Despotien der Welt mir zornig entgegensehen. Aber ich bin mit mir selbst zufrieden. Ich lächle mich selbst an und spreche mir Mut zu. Und das ist alles, was ich brauche. Und obwohl mich meine Feinde hart bekämpfen, und meinen, sie hätten mich zurückgeschlagen, so kehre ich doch unfehlbar am nächsten Tag wieder, so stark wie je. Ja. Und mit denselben Fragen. Und mit denselben Antworten. Mit Antworten, die heute ich gebe, und die morgen du gibst. Siehst du nicht ein, daß ein Mensch mit solchem Glauben warten kann? Mein Glaube hat keinen Hunger, den er nicht selbst zu stillen, keine Schwäche, die er nicht selbst zu überwinden vermöchte. So kann er warten. Mein Glaube kann warten. Ich kann warten. Und all die unangenehmen Worte sagen und wieder und wieder sagen. Die Teufelsworte von heute, die morgen Gottesworte sein werden. Die Worte, die du mit Widerwillen anhörst. Die Worte, die du verbietest. Die du den Gefängnissen und den Henkern zu übergeben versuchst. Die dich immer und überall bei den peinlichsten Gelegenheiten heimsuchen. Wenn du eine lügnerische Predigt hältst. Oder ein Scheingebet sprichst. Oder einen gekauften und bezahlten Artikel schreibst. Oder einem Protektor ein Lied singst. Die Worte, die ich heute allein sagen muß. Die Worte, die du in Zukunft so gern sagen wirst.
Du wirst mir lange Widerstand leisten. Du wirst dich mit anfänglichen Siegen täuschen. Du wirst mich schwach finden. Du wirst mich nur als Einen gegen eine Million zählen lassen. Du wirst meinen, die Welt gehe geradeso weiter. Wo ein Tag den andern bestätigt und eine Ungerechtigkeit die andre. Wo Präsidenten einander in unveränderlicher Mittelmäßigkeit nachfolgen. Millionäre in Millionärskindern tot wiedergeboren. Eine Hungersnot die andere ablösend. Das unschuldige Volk gegen das Volk ausgespielt. Angebot und Nachfrage vereint zur Zeugung blinder Nachkommenschaft. Der Grundbesitzer das Land, der Kapitalist das Geld, der Kaufmann die Produktion ausbeutend. Alles wird scheinbar geradeso weitergehn, wie es ist. Und du, der du mir widerstehst, wirst der Getäuschte sein. Du wirst sagen, das Weltall sei gegen mich. Du wirst sagen, ich sei verflucht. Oder wirst du bei milderer Stimmung fragen: »Wozu das?« Doch die ganze Zeit über werde ich fortfahren. Nicht als ob ich etwas Ungewöhnliches täte. Nur fortfahrend; schlafend oder wachend fortfahren, den Spruch der Gerechtigkeit ganz für mich allein sagen zu müssen; bereit zu sein zu warten, bis du aufgerüttelt und überzeugt bist. Bis du es dir selbst sagen wirst. Und du wirst es dir selbst sagen.
Es gibt Dinge vor dir, die dich aus deiner Gleichgültigkeit oder Stumpfheit oder aus deinem Zweifel herausreißen werden. Die dich zu ewigem Wachen aufwecken werden. So daß du nie wieder schläfst. Ich weiß nicht genau, was es ist. Aber etwas. Und du wirst es erkennen, wann es kommt. Und dann wirst du verstehen, warum ich ruhig bin. Warum mich das Warten nicht ängstigt. Warum Verzögerungen mich nicht aus der Fassung bringen. Warum all das Große, das gegen mich zu sein scheint, das einzige Kleine, das für mich ist, offenbar gar nicht ängstigt. Warum mein Glaube sich gegen deinen Besitz behauptet, warum meine Seele sich gegen die Ungerechtigkeit behauptet. Warum ich gerne Worte spreche, die dem Einzelnen unfreundlich scheinen und die dem allgemeinen Besten dienen. Warum ich dir ins Gesicht schaue und dich längst erkenne, bevor du dich selbst erkennst. Warum du mit all deinen gepanzerten Rechten zweifelst und verzagst. Warum ich, jeglichen Rechtes bar, heiter und voll Zuversicht bin. Warum du zitierst, wenn ein einziger kleiner Mensch mit einer einzigen kleinen Stimme dir Fragen vorlegt. Warum ich nicht zittre, obwohl alle Staaten und Kirchen und Wirtschaftslehren mir auf den Fersen sind.
Meinst du, ich spreche nur für mich? Ich spreche für dich. Ich werde dir vorsprechen, bis du es selbst sagst. Dann höre ich auf. Jetzt brauchst du mich. Wenn du selbst erkennst, wofür du bestimmt bist, statt wofür du bestimmt zu sein glaubst, dann werde ich überflüssig. Bis dahin kannst du sicher sein, daß du überall auf mich stößt. Bei allerlei peinlichen Gelegenheiten. Wenn du deine Renten einstreichst. Wenn du dir Rechte oder Güter, die andern gehören, aneignest. Wenn du Löhne ausbezahlst. Wenn du die Profite, die du für dein Eigentum hältst, einziehst und ausgibst. Wenn du Totenhäuser besuchst und deine Toten betrachtest. Wenn du meinst, du könntest schuldlos die ausgehungerten Gesichter der Kinder ansehn. Was du auch tun magst, solange Recht und Unrecht bleibt, wie es ist, wirst du auf mich stoßen. Ich will nicht kommen, dir böse, harte Worte zu sagen, Worte, die dich verletzen. Sondern die Wahrheit. Worte, die ohne mich ungesagt bleiben würden. Die ohne ein anderes Ich – meinst du, ich sei das einzige Ich? – ungesagt blieben. Du wirst keine Stunde leben, ohne daß du mich darin irgendwo versteckt fändest. Auch keinen Traum träumen. Ich bin kein Schatten. Ich bin Licht. Aber das Licht ist dir zu stark. Zu hell für dich, solange es von einem andern zu dir kommt. Doch bald wirst du das Licht aus dir selbst schöpfen. Dann wird es dir nicht mehr zu stark sein. Das ist das Wort, das du mich für dich sprechen läßt. Das ich in der Tat für dich spreche. Das ich dir ewig sagen werde. Aber auch du hast mit der Gerechtigkeit eine Verabredung. Vielleicht auf eine spätere Zeit als ich. Doch du hast sie und wirst sie halten. Ich sage es dir, o Geliebter. Einst wirst du es dir selbst sagen.
Der einfache Mensch, der Mensch, dem du an jedem Ort und zu jeder Stunde begegnest,
Ein Tropfen in dem Strom, der an deiner Türe vorbeifließt,
Der namenlose Saft des fruchtverheißenden Baumes,
In der allgemeinen Masse verschwindend, in der Menschenschar aufgehend,
Ein schaffender Schöpfer, der sein Lied nie verewigt.