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Die Luft ist schwül. Ich kann nicht atmen, schreit die Zivilisation. Oeffnet Türen und Fenster. Laßt Luft herein. Die Zivilisation erstickt an der Ungerechtigkeit. Allzulange hat sie in der Atmosphäre der Unterdrückung gelebt. Allzulange hat sie inmitten der dichten Scharen von Enterbten geweilt. Jetzt verlangt sie nach Raum, nach frischer Luft, nach den Sternen, nach Freiheit. Schafft alles beiseite, was im Wege steht. Reißt alle Wände ein. Schafft das Privateigentum ab, und das Lohnsystem und alle Privilegien und eure vornehmere Kleidung und eure vornehmeren Manieren. Die Zivilisation ringt nach Atem. Wird sie sterben? Bleibt sie am Leben? Wirst du sie töten? Oder wirst du ihr helfen, die sinkenden Kräfte wieder zu gewinnen? Der Ruf ergeht an dich. Direkt an dich, wer du auch sein magst.
Die Luft ist schwül. Ein Sturm ist im Anzug. Es wird etwas geschehen. Ich weiß nicht was. Irgend etwas. Die Zivilisation liegt schwer krank danieder. Das Blut stockt ihr in Lungen und Gehirn. Ihr Glaube schwindet. Ist sie noch zu retten? Kann sie wieder zu Kräften kommen? Kann man sie soweit bringen, daß sie die kollektivistische Vorwärtsentwicklung der Menschheit fördert? Oder soll man sie halbfertig sterben lassen, wo sie ist? Nicht nur nicht vollendet, sondern im Rückschritt begriffen? Denn seit geraumer Zeit bedeutet Zivilisation nicht Fortschritt, sondern Rückschritt. Vor sich hat sie keinen Raum gefunden. Sie hat keine Wege gebahnt. Sie hat sich zurück und in ihre vier Wände treiben lassen. Sie ist eingesperrt gewesen. Sie wird bleich und mager. Sie hat eine Pflegerin zu Hilfe gerufen. Was ist zu tun? Tag und Nacht schreit sie nach Raum. Ihr Schrei ist der Schrei der Zukunft. Ihr Schrei ist der Schrei der Gehetzten. Nehmt eure Meute weg. Nehmt eure Millionäre weg. Gebt die Jagd auf. Nehmt eure Trusts weg und euren Grundbesitz. Macht der Zivilisation Platz. Habt ihr gemeint, die Zivilisation könnte existieren, wo sie keinen Platz hat? Glaubt ihr, die Zivilisation könnte im ewigen Dunkel gedeihen?
Die Luft ist schwül. Die Zivilisation liegt stöhnend auf ihrem Lager und kämpft um ihr Leben. Was habt ihr getan? Ihr habt sie in die Enge getrieben. Ihr habt sie in den letzten Laufgraben zurückgedrängt. Ihr habt ihr keinen Ausweg gelassen und ihr alle Hoffnung geraubt. Ihr habt sie liegen lassen. Ihr habt nach den Aerzten geschickt. Nach falschen Aerzten. Die alle haben Rezepte geschrieben und Arzneien eingegeben. Sie haben Gift zu Gift getan. Aber ihre Weisheit war nicht weise. Sie hat die Zivilisation nicht von ihrem Krankenlager befreit. Es war Quacksalberei ohne Heilkraft. Die Kranke hätte eure Arzneien nicht gebraucht. Noch eure Roosevelts und Sonntagsschulen und Linderungsmittel, noch die Künste eurer vornehmen Muße. Nur eines wäre ihr nötig gewesen: Frische Luft. Immer frische Luft. Warum habt ihr keine frische Luft für sie?
Die Luft ist schwül. Ich glaube nicht, daß die Zivilisation noch sehr lange zu leben hat, wie die Dinge jetzt stehen. Es muß Mittel geben, sie zu befreien, den Schutt aus dem Wege zu räumen, sie an die Quellen des Lebens zu führen. Bringt nicht eure Universitäten. Die haben keinen Wert. Bringt keine Professoren und Doktoren. Keine Redakteure und Kritiker. Bringt niemand. Geht vor allen Dingen selbst aus dem Weg. Gebt der Zivilisation eine Gelegenheit. Laßt sie in Ruhe. Wenn ihr jemand bringen müßt, so bringt das Volk. Bringt nicht die Kasten. Nicht die Auserwählten. Nicht Einfluß noch Stellung. Bringt die Geächteten. Die Lohnarbeiter. Die Mißratenen. Bringt die Landstreicher. Die Uneleganten. Bringt den Menschen, den jedermann haßt; die Sache, der jedermann mißtraut. Die könnt ihr bringen. Nur keine Privilegierten. Ein Gewitter zieht sich zusammen. Bald wird es ausbrechen.
Die Luft ist schwül. Das ist wohl der Grund, warum es der Zivilisation so schwer wird, Atem zu bekommen. Und ich glaube, wenn das Gewitter nicht bald ausbricht, wird die Zivilisation ganz aufgehört haben, Zivilisation zu sein. Denn bisher ist sie ihrem Programm nicht annähernd treu gewesen. Praxis und Theorie sind in zu großem Abstand geblieben. Sie ist heruntergekommen. Ihr Blut ist schlechter geworden. Nur ein Gewitter kann sie noch retten. Platz, damit die frische Luft frei einströmt. Platz, damit die Ideen sich rühren. Platz, damit die Liebe sich findet. Wenn nur die Aerzte hinausgingen, würde vielleicht die frische Luft hereinkommen. Etwas muß bald weg: Wände, Zäune, Dächer. Alles, was einschließt und einschränkt. Die Zivilisation ist beinahe zu Tode genarrt und gedoktort worden. Nun wollen wir sehen, was die frische Luft, was der Sturm vermag.
Die Luft ist schwül. Ihr seid sehr stolz auf eure Zivilisation. Aber eure Zivilisation ist eine kränkliche Sache. Vielleicht stirbt sie, ohne daß ihr es wißt. Ihr habt sie zu einem Spielzeug erniedrigt, zu einer Tyrannin gemacht. Ihr habt euch ihrer als einer Quelle des Verbrechens bedient. Ihr habt sie anti-sozial gemacht. Ihr prahlt mit ihr, als wäre sie etwas außerordentlich Gutes. Ihr bereist die ganze Welt mit ihren Aktien und Pfandbriefen. Aber trotzdem schwebt eure Zivilisation in Gefahr. Ihr droht die Auflösung. Ihr habt sie fürs Wetter zu empfindlich gemacht. Und doch muß sie auf jedes Wetter vorbereitet sein; muß sie jedem Wetter, gut oder schlecht, trotzen können. Irgendwie müßt ihr sie wieder auf die Beine bringen. Ihr müßt sie an die frische Luft führen. Ihr habt sie mit eurer Ungerechtigkeit verseucht. Mit eurem Privatvermögen. Mit eurem Arm und Reich. Mit euren Kasten. Mit euren auf Diebstahl gegründeten Universitäten. Mit euren Wohltätigkeitsanstalten und Zuchthäusern. Was werdet ihr tun, um dem Sturm zu begegnen? Was werdet ihr tun, um die Zivilisation davor zu schützen? Denn der Sturm kommt sicher. Ihr habt solche Hindernisse in den Weg gestellt, daß nur ein grimmiges Unwetter sie beseitigen kann. Was werdet ihr aus dieser Weltkatastrophe euch retten?
Die Luft ist schwül. Ich sehe, wie sich die Zivilisation auf ihrem Lager herumwälzt. Fiebernd. Mit Phantomen kämpfend. Von gebrochenen Versprechen und verlorenen Idealen träumend. Keuchend, ringend, erstickend, schreiend. Todkrank. Phantasierend. An euch krankend. An mir krankend. An dem krankend, was wir fälschlicherweise für sie getan haben. Am Privatbesitz krankend. Am Lohnsystem. An den Professoren und Priestern. Am Hoch und Nieder. Am Anblick schmächtiger Kinder, die zur Arbeit gehen. Am Anblick der hüftenlosen und brüstelosen jungen Mädchen. Am Anblick der Knaben, die gebunden und gefesselt sind, ehe die Mannheit in ihnen hat Wurzel fassen können. An den Streiks krankend. Am Anblick von Arbeitern, die verachtet, von Müßiggängern, die geehrt sind. An der Arroganz der Beamten krankend. An der Selbsterniedrigung und am Stolz krankend. An den Streitigkeiten der Regierungen. An der allgemeinen Zanksucht. Am Krieg der ganzen Menschheit gegen die ganze Menschheit. Krank. Krank. Glaubt ihr, irgend ein kleiner Fehler hätte all dies getan? Irgend eine kleine Tugend könnte all dies wieder gut machen? Diese Krankheit liegt im Klima. Es ist die Krankheit einer Welt für sich. Sie ist planetarisch. Durch eines der gewöhnlichen Notmittel ist sie nicht zu heilen. Es ist ein kosmisches Uebel und erfordert eine kosmische Lösung. Solch eine Krise ist immer nur durch ein Gewitter siegreich zu überwinden. Dieses muß kurz, scharf und heftig sein. Man verwünscht es, ehe es kommt. Man bekämpft es, wenn es herannaht. Man preist es, wenn es vorüber ist.
Die Luft ist schwül. Die Kranke ruft um Hilfe. Ihr werdet die Kranke retten. Einst zogen die Menschen aus, um zu retten, was sie Heiliges Grab nannten. Ihr braucht nirgends hinzugehen, um die Zivilisation zu erretten. Ihr könnt bleiben, wo ihr seid. Bleibt bei euch selbst. Wo ihr gerade steht, beginnt die Schranken niederzureißen. Entfernt den Alp aus dem Weg. Bereitet euch vor auf das Gewitter. Besser noch auf das, was nach dem Gewitter sein soll. Was ist das Gewitter? Ich kann's euch nicht sagen. Aber soviel weiß ich: Das Gewitter ist der Augenblick, an dem die Ungerechtigkeit von der Gerechtigkeit verdrängt wird. Frische Luft ist Gerechtigkeit. Freiheit ist Gerechtigkeit. Meint ihr, die Zivilisation wäre jemals im stande, Lohnsystem und Freiheit zu versöhnen? Armut und Freiheit? Löhne sind nicht Gerechtigkeit. Die Freiheit kann keinem Menschen als Lohn bezahlt werden. Und ehe den Menschen nicht Freiheit bezahlt wird, wird ihnen nicht Gerechtigkeit bezahlt. Sie könnten in Form von Löhnen einen vollen Betrag erhalten, und doch wäre das Lohnsystem nicht Gerechtigkeit. Nichts als Gerechtigkeit kann die Zivilisation auf die Beine bringen. Nichts als die Gerechtigkeit. Nichts als der große Sturm. Nichts als ein erhabener und erhaltender Kommunismus. Die Luft ist voll von Illusion und Trug. Das Gewitter wird kommen. Nichts als die Gerechtigkeit ist völlig gerecht. Seid ihr bange? Wollt ihr unter Dach kommen und der Entscheidung auszuweichen versuchen? Ihr könnt nicht. Ihr habt die Zivilisation bei lebendigem Leibe begraben. Hört ihr nicht ihre Hilferufe? Ihr müßt sie retten. Ihr müßt ihr Luft verschaffen. Bringt sie ins Freie. Gebt ihr Raum zum Atmen. Gebt ihr Gerechtigkeit, statt Ungerechtigkeit. Gebt ihr ein ganzes Volk statt einer Kaste. Ihr habt die Zivilisation bei lebendigem Leibe begraben. Jetzt erweckt ihr sie zum Leben. Die Luft ist sehr schwül. Ihr müßt den hilflosen Leib aus seinem vorzeitigen Grabe heraufholen. Ihr, wer ihr auch seid. Insonderheit ihr, die ihr mit Zivilisation prahlt. Ich, wer ich auch bin. Insonderheit ich, der ich stark bin im Glauben. Die Luft ist schwül.