Heil dem Lenz mit seinen Blumen,
Heil dem Herbst mit seinen Ähren!
Lenz ist liebliches Verheißen,
Herbst ist freundliches Gewähren. –
Auf des Daches First versammelt,
Mahnen zugbereit die Schwalben:
»Rüste, Wirt, dich vor dem Winter,
Denn das Laub beginnt zu falben.
Bleiben mußt du, wenn wir flüchten;
Sieh dich vor, es mag dir frommen,
Daß wir alles wohlbehalten
Finden, wenn wir wiederkommen.
Hüte dich vor Trug und Tücke,
Dunkles brau'n die dunkeln Nächte;
Arges droht dem Herrn des Hofes
Oft vom Freunde, oft vom Knechte.
Hüte deines Hauses Giebel,
Hüte deines Herdes Kohlen;
Winterdach ist doppelt nütze;
Habe Dank – und Gott befohlen!«
Auf dem Feld zu Bodinkthorpe
War die Sichel längst verklungen,
Um den Rest der Haferwellen
Ward das Weidenband geschlungen.
Isenhard, der alte Meier,
Rieb vergnügt die braunen Hände:
»Kinder, seht, dort kommt der Wagen;
Gott sei Dank, wir sind zu Ende!
Seht, dort kommt der letzte Wagen:
Aiga mit dem bunten Kranze,
Kord, der Fiedler, Dierk, der Pfeifer,
Laden uns zum Erntetanze.
Knechte, seid nicht allzu eifrig,
Jedes Hälmlein heimzuholen:
Laßt der Flur die letzte Garbe
Für des alten Wodan Fohlen;
Laßt dem Baum den letzten Apfel
Für den alten Wodan selber!
Voller trägt aufs Jahr der Wipfel,
Und der Weizen färbt sich gelber.
Aiga, rümpfe nicht das Näschen!
Löblich ist der Brauch der Alten;
Auf dem Hof zu Bodinkthorpe
Soll man ihn in Ehren halten.«
Aiga sprach: »Der Vogelzehent
Ist es, den wir gern ertragen,
Daß uns nicht die kleinen Bettler
Vor der Himmelstür verklagen.«
Sprach der Alte: Kleine Aiga,
Kluge Aiga, Preis und Ehre
Deinem Vater, würd' ich sagen,
Wenn ich nicht dein Vater wäre.
Denk an deine Sprüche, Aiga,
Daß die Worte fein sich schicken
Und der Graf und Hildegunde
Sie erfreun und Beifall nicken.
Vorwärts, Gerd!« – Der Wagen knarrte,
Obenauf im Mägdekreise
Dierk und Kord, und laut und lustig
Klang des Stoppelliedes Weise.
Peitschenknall und Freudenjauchzen;
Munter folgten all die Schnitter,
Nur der kahle Grimbart hinkte
Zögernd nach und lachte bitter:
»Schwarzer Graf, du magst dich hüten,
Hast mich einen Dieb gescholten
Um die Waben, um die Gerste:
Schwarzer Graf, es wird vergolten!«
Auf dem Hof zu Bodinkthorpe
Stand der Graf im Ring der Gäste,
Edler Herrn und freier Bauern,
Die er lud zum Erntefeste:
Bodo, zubenannt der Milde,
Hergeschickt von Karl, dem alten
Frankenkönig, um im grünen
Nethegau des Rechts zu walten.
Neidern hieß er noch der Schwarze,
Streute gleich in seine Locken
Lange schon unholder Winter
Silberreif und weiße Flocken.
Eine Ros' im wilden Walde,
Lieblich ihm zur Seite blühte
Hildegund, der heimgegangnen
Mutter gleich an Huld und Güte.
Gleich der heimgegangnen Mutter
Schaltete sie auf dem Hofe;
Emsig durch Gemach und Garten
Schlüpfte Imma, ihre Zofe. –
Wo sich grün umrankt der Vorbau
Wölbte an des Hauses Pforte,
Tauschten die entbotnen Männer
Mit dem Grafen muntre Worte.
Badurad, der gute Bischof,
Pries dem Wirt die Paderquelle,
Abt Worin von Dreizehnlinden
Seiner Weser blaue Welle.
Wichtruds Sohn, der fromme Meinulf,
Taufkind Karls, des großen Franken,
Lauschte lächelnd; Klosterhallen
Baut' er selber in Gedanken.
Dodiko vom Eberbronnen,
Drehend seines Bartes Spitze,
Fragte Thietmar, seinen Vetter,
Wie der Scharlachrock ihm sitze.
Rab, der greise Eschenburger,
Sprach, die Hand am breiten Messer:
»Deinem Vater, kleiner Dodo,
Saß das Wams von Leder besser!«
Wolf und Rolf vom Turm erzählten
Laut ihr letztes Jagdbegegnis;
Theudebert, der Freigeseßne,
Rühmte seiner Flur Erträgnis.
Elmar, Herr vom Habichtshofe,
Trat zum Bischof, seinem Öhmen;
Freundlich war er, doch er wollte
Nicht die Hand des Jünglings nehmen.
Im Gesicht des Heidenmannes
Starb ein Lächeln, trüb und schmerzlich;
Werinhard, der Freiling, drückte
Ihm die Linke fest und herzlich.
Gero sah's, der gelbe Franke,
Jüngst gesandt als Königsbote,
Der dem Gau mit neuen Diensten,
Neuem Zins und Zehnten drohte.
Herbe war er, doch die Rede
Wußt' er schmeichelnd zu versüßen,
Wenn er plaudernd in der Halle
Saß zu Hildegundens Füßen.
Schweigend hört' ihn stets die Jungfrau,
Ob er scherzte, ob er klagte;
Spöttisch krümmt' er seine Lippe,
Als er jetzt zu Elmar sagte:
»Stolzer Falk, ein krankes Küchlein
Schleppst du heut die lahmen Flügel:
Anders sträubtest du die Federn
Anderswo – auf braunem Hügel!
Stolzer Falk, du krankes Küchlein,
Hat mit ihrem Zaubersude
Dich berückt dein holdes Liebchen,
Swanahild, die alte Drude,
Wenn sie ächzt und Sprüche murmelt
Und, bekränzt mit Farn und Nessel,
Gaukelt mit verrenkten Gliedern
Um den großen Opferkessel?«
Elmar zuckte, auf der Stirne
Schwoll ihm heiß die Zornesader;
Werinhard, der breite Bauer,
Raunte leise: »Laß den Hader!«
Denn begrüßt von allen nahte
Hildegunde mit des grauen
Eschenburgers blonden Töchtern
Und vom Turm den edlen Frauen.
Und ins Tor mit Sang und Jubel
Fuhr der Wagen unterdessen;
Isenhard, den Hut im Arme,
Trat herfür und sprach gemessen:
»Herr, das Feld ist abgeerntet,
Rüstig regten wir die Glieder!
Was ihr körnerweise gabet,
Garbenweise bracht' ich's wieder.
Herr, auch hab' ich nicht vergessen,
Bösen Zauber abzuwehren,
Der am Tag der Sonnenwende
Dräut den Schoten und den Ähren;
Denn am Tag der Sonnenwende
Sprengt beim Schall der Abendglocke
Schattengleich der Bilwißreiter
Durch die Flur auf schwarzem Bocke.
Reiten darf der rauhe Unhold
Nur, solang der Mesner läutet,
Und sein eigen sind die Halme,
Die beim Läuten er umreitet.
Doch uns konnt' er wenig schaden,
Denn ich selber griff zum Strange:
Das Johannisabendläuten
Währte heuer nicht zu lange!«
Lächelnd sprach der fromme Bischof:
»Alter, das ist Heidenglauben;
Gutes, das uns Gott gegeben,
Kann der Böse uns nicht rauben.«
Achselzuckend drauf der Meier:
»Freilich sind wir Christenleute,
Doch es läßt sich nicht verreden,
Daß der Bilwißreiter reite.«
Alle lachten seines Wortes,
Einzig Gero nicht, der grimme.
Aiga kam mit ihrem Kranze
Und begann mit heller Stimme:
Dank dem Herrn des Hauses bringen
Seine Mägde, seine Knechte;
Immer zielt er auf das Gute,
Immer übt er nur das Rechte.
Diesen Kranz von goldnen Ähren
Halt' ich freudig ihm entgegen;
Lohn der Arbeit soll er künden,
Menschenfleiß und Gottes Segen.
Manches Jahr noch mög' er sorgen
Für den Gau, für Hof und Halle:
Lustig spielt, ihr Musikanten,
Daß es durch die Berge schalle! –
Gruß und Dank der edeln Jungfrau,
Dieses Hauses holdem Kinde;
Hoff' ich doch, daß ich im nächsten
Lenz auch ihr ein Kränzlein winde;
Nicht von Blättern, nicht von Blumen,
Die auf fremder Flur gewachsen:
Nein, von lieben heimatlichen,
Wie sie blühn im Land der Sachsen.
Hildegund, sie möge weilen
Unter uns, das wünschen alle:
Lustig spielt, ihr Musikanten,
Daß es durch die Berge schalle! –
Gern um Gnad' und Gunst begrüß' ich
Frau'n und Männer, werte Gäste:
Doch den Nachbar soll man ehren,
Nächste Hilfe ist die beste.
Elmar, Herr vom Habichtshofe,
Möcht' auch er ein Kränzlein tragen,
Darf er nicht im wüsten Walde
Stets durch Moos und Pilze jagen.
Giftig, sagt man, sind die Pilze,
Und die Natter schläft im Moose;
Nah im Garten blüht im hellen
Sonnenschein die schönste Rose.
Nur erwäg' er, daß der Blume
Brausewetter nicht gefalle:
Lustig spielt, ihr Musikanten,
Daß es durch die Berge schalle!« –
Kleine Aiga, kluge Aiga,
War dein Spruch nicht zu verwegen?
Zornig stand der alte Meier,
Gero wild, der Graf verlegen.
Hildegund, verletzt, entrüstet,
Rot und bleich, verwirrt, erschrocken,
Senkt' ihr Haupt, auf Stirn und Wangen
Rollten ihr die lichten Locken.
Aigas blaue Augen lachten,
Als ob nichts geschehen wäre;
Elmar sagte: »Kleine Aiga,
Dankenswert ist gute Lehre.«
Rief der Graf: »Ich lob' und lohne
Treuen Fleiß und guten Willen;
Schnitterdurst ist alte Sage:
Eilt nun, gründlich ihn zu stillen.
Brauner Met, ihr wackern Leute,
Harrt auf euch in vollen Krügen;
Trinkt und eßt und dann im Tanze
Laßt die Mädchenzöpfe fliegen.« –
An den Tischen auf der Tenne
Saß das Volk bei Kraut und Schinken.
»Iß und schweig« ist Bauernregel,
»Doch versäume nicht zu trinken!«
Obenan der alte Meier,
Stumm und finster vor sich schauend;
Ihn verdrossen Aigas Sprüche.
Gerd, der Großknecht, sagte kauend:
»Kleine Aiga, kluge Aiga,
Runenaiga laß dich nennen;
Merke nur, du darfst nicht wieder
In die Pilze dich verrennen.«
Aiga drauf: »Dich trocknen Knaben
Nennt man leider Gerd, den nassen,
Wenn ich in die Rosen gehe,
Werd' ich dich zu Hause lassen.«
Irmin rief, der lahme Kuhhirt:
»Fort mit Tischen und mit Bänken!
Dierk und Kord, nun pfeift und fiedelt,
Daß wir uns im Reigen schwenken!«
Hell und lustig klang die Flöte,
Hell und lustig sang der Bogen,
Und der Knaben Zipfelmützen
Und die Mädchenzöpfe flogen.
Einer aber saß im Winkel
Teilnahmslos und unbeachtet;
Trübe war sein dunkles Auge,
Seine Stirne gramumnachtet.
Becho war's, der letzte Sprosse
Aus dem Fürstenstamm der Sorben,
Den der Graf am Saaleufer
Nach der Schlacht durch Los erworben.
Isenhard, der alte Meier,
Nahm die volle Birkenkanne,
Und mit weicher Stimme sprach er
Zu dem heimatlosen Manne:
»Becho, du bist immer traurig;
Becho, trink und werde munter!«
Becho trank, und eine Träne
Rann ihm in den Bart hinunter. –
Vielfach ist der Menschen Bürde,
Doch am schwersten hat zu tragen,
Wer von solcher Höhe stürzte,
Daß ein Knecht ihn darf beklagen. –
Und am Tore stand ein andrer,
Brauner Bursch' mit nackten Füßen,
Eggi, den die Lästerzungen
Nur die wilde Katze hießen.
Grau, zerfetzt und schief gebunden
War das Wams des losen Rangen;
Um den Nacken, um die Schläfe
Kroch sein Haar wie schwarze Schlangen.
Biegsam wie die Haselgerte
Und ein Klettrer sondergleichen,
Trug er wenig Lust zum Schaffen,
Desto mehr zu kecken Streichen.
Immer schweifend auf den Bergen,
Immer streifend in den Gründen,
Tag' und Nächte war er nirgends
War er überall zu finden.
Fremd, im Schnee, am Winterabend
War ein Bub' ins Tal gekommen
Und vom Schmied, dem braven Fulko,
Mitleidsvoll ins Haus genommen.
Schlüpft' er aus des Berges Klüften?
War er aus der Luft gefallen?
Keiner wußt' es, nur ein seltsam
Eibisch Wesen deucht' er allen.
Freundlich war zu ihm die Drude,
Und ein Jägersmann erzählte,
Wie sie einst vor ihrer Grotte
Ihm die krausen Locken strählte.
Einsam saß er oft und summte
Zu der Fiedel fern im Hage
Wichtelweisen, fremde Laute,
Voll von rührend weicher Klage;
Oft auch schauerliche Sänge,
Die so wild und zornig lachten,
Gleich als schrie' aus ihm der Dunkeln
Einer, die im Abgrund schmachten.
Schafft' er aber an der Esse,
Hei, wie dann die Funken sprühten,
Hei, wie Feil' und Amboß sangen
Und die schwarzen Augen glühten,
Wollt' er eines Kettenhemdes
Maschenringe künstlich biegen
Oder in ein Helmgewölbe
Zierlich Niet und Nagel fügen.
Staunend blickte dann der Meister
Auf des Knaben kluge Hände:
»Lernt' er bei den kleinen Schmieden
Goldemars im Berggelände?« –
Jetzt am Tore, schalkhaft lächelnd,
Blinzt' er seitwärts nach den Frauen.
Nur das Weiße seiner Augen
Sah man unter dunkeln Brauen.
Aiga rief: »Nimm hin, mein Kätzchen,
Kraut und Schinken, seltne Gaben!
Ratt' und Maus, dein täglich Wildbret,
Kannst du allerorten haben.
Ratt' und Maus, mein wildes Kätzchen,
Sie genügten dir bis heute;
Wirst du erst ein großer Kater,
Machst du Jagd auf größre Beute.«
Er, die weißen Zähne zeigend,
Lachte hell; im Bogensatze
Hüpft' er fort, und in den Bäumen
Klang der Schrei der wilden Katze. –
Aber in der großen Halle
Für des Hauses liebe Gäste
War die lange Ehrentafel
Zugerichtet auf das beste;
Zierlich mit Wacholdernadeln
Überstreut des Saales Boden;
Herber Waldduft quoll erfrischend
Durch die Fenster aus den Loden.
Rechts vom Grafen saß der Bischof,
Links der hagre Königsbote,
Weiterab die edeln Herren,
Unten Theudebert, der rote;
Elmar, nächst den freien Bauern,
Neben Werinhard, dem Riesen;
Jedem war nach Ehr' und Alter
Wohlgewählt sein Platz gewiesen.
Seitwärts, doch ein wenig höher,
War der Sitz der holden Frauen;
Hildegund, die scheue Taube,
Wagte kaum nur aufzuschauen.
Munter an der Männer Tische
Ging das Methorn in die Runde:
Rascher klopften alle Herzen,
Leichter glitt das Wort vom Munde.
Rief der Graf: »Vielwerten Gästen
Stehn zu Dienst des Hauses Gaben,
Hildegund, zum Ehrentrunke
Gib das Beste, das wir haben!«
Und die Jungfrau, sanft errötend,
Nahm den schön geformten Becher,
Und des Rieslings goldne Zähre
Bot sie freundlich jedem Zecher.
Als an Elmar kam die Reihe,
Senkte schüchtern sie die Lider,
Sie erglühte, und ein leises
Zittern rann durch ihre Glieder.
Murrend, mit gesenktem Kopfe,
Blickte Gero von der Seite,
Gleich dem Hunde, dem ein andrer
Zu entreißen droht die Beute:
Knurrend hält er seinen Knochen,
Und mit borstig rauher Mähne
Zeigt er seinem Widersacher
Blut'gen Blicks die scharfen Zähne. –
Sprach der Bischof: »Heil dem Lande,
Das solch edle Tropfen sendet!
Heil dem Hause, das sie eignet,
Heil dem Wirte, der sie spendet!«
Und mit Jubel für den Grafen,
Für die Tochter ward getrunken;
Elmar schwang den leeren Becher,
Geros Auge sprühte Funken.
Zischelnd sprach er: »Stolzer Falke,
Traun, du bist ein Roßfleischesser!
Da du Hirsch und Huhn verschmähtest,
Muß ich fragen: Schmeckt es besser?
Rühmest du vor aller Speise
Hengstgekrös' und Opferkuchen?«
Elmar lächelte gelassen:
»Beides magst du selbst versuchen.«
Gero rief: »Den Sachsengöttern
Dienen ist so dumm als eitel;
Ist ihr König doch ein blinder
Bettelmann mit kahlem Scheitel!«
Elmar drauf: »Das Sonnenauge
Sieht die Guten wie die Bösen,
Und der Nimmermüde wechselt
Sein Gewand, doch nie sein Wesen.«
Weiter spöttelte der Franke:
»Deine Klugheit möcht' ich preisen!
Gib mir Rat; der Mund des Toren
Redet oft das Wort des Weisen.
Krank ist mir die falbe Stute,
Sie verschmäht ihr liebstes Futter;
Man erzählt mir, Zauberkünste
Lerntest du von deiner Mutter,
Die mit starken Runenliedern
Knoten knüpfte, Ketten sprengte,
Wetter rief und Stürme stillte
Und bergan die Fluten drängte;
Die mit mächtiger Beschwörung
Kocht' im Kessel dunkle Kräuter,
Mit Verwünschung –« »Falsche Zunge«,
Brauste Elmar, »sprich nicht weiter!
Eitler Gauch! Mit gift'gen Pfeilen
Trafst du mich: ich konnt' es tragen:
Gotteslästrung rächen Götter,
Menschen hören sie – und zagen.
Doch von ihr, um die ich traure,
Deren dunkelster Gedanke
Lichter war als Frankentugend,
Sollst du schweigen, schnöder Franke,
Schweigen, sonst – mit diesem Schwerte
Schlag' ich dich zu Grund und Boden:
Helfe mir der starke Donar,
Helfe mir der alte Woden!« –
Aufgerichtet stand der Sachse,
Riesenhaft und schultermächtig;
Seine Flammenaugen ruhten
Auf dem Franken zornesmächtig.
Todesstille rings im Saale,
Geros Hand entfiel der Becher;
Starr die Männer; Hildegunde
Blickte flehend auf den Sprecher.
Doch der Graf begann mit Würde:
»Meines Hauses guten Frieden
Hat mit Frevelmut gebrochen
Deines Trotzes Übersieden;
Schwer gekränkt des Königs Boten,
Meinen Gast, den in der Mitte
Meiner Gäste hochzuachten
Dir befahl so Pflicht wie Sitte.
Nachsicht deiner Jugend; dennoch
Deucht mir, daß du besser tätest,
Wenn du dieses Saales Schwelle
Fürderhin nicht mehr beträtest.«
Elmar neigte sich und sagte:
»Graf, ich ehr' in allen Treuen
Eure Worte; meiner Worte
Hab' ich keines zu bereuen.« –
Elmar ging; doch mit dem Frieden
War der Frohsinn, sein Genosse,
Fortgeflogen; alle Gäste
Heischten mit Vergunst die Rosse.
Sprach der Bischof: »Er verwehrte
Die Beschimpfung einer Toten,
Seiner Mutter, meiner Schwester,
Und im Vierten ist's geboten!«
Traurig stieg er in den Sattel;
Nebel braute in den Gründen,
Als er mit Worin, dem Abte,
Ritt zum Kloster Dreizehnlinden. |