Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

.

Romanze

In der Väter Hallen ruhte
Ritter Rudolfs Heldenarm,
Rudolfs, den die Schlacht erfreute,
Rudolfs, welchen Frankreich scheute
Und der Saracenen Schwarm.

Er, der letzte seines Stammes,
Weinte seiner Söhne Fall:
Zwischen moosbewachsnen Mauern
Tönte seiner Klage Trauern
In der Zellen Widerhall.

Agnes mit den goldnen Locken
War des Greisen Trost und Stab;
Sanft wie Tauben, weiß wie Schwäne,
Küßte sie des Vaters Thräne
Von den grauen Wimpern ab.

Ach! sie weinte selbst im Stillen,
Wenn der Mond ins Fenster schien.
Albrecht mit der offnen Stirne
Brannte für die edle Dirne,
Und die Dirne liebte ihn!

Aber Horst, der hundert Krieger
Unterhielt in eignem Sold,
Rühmte seines Stammes Ahnen,
Prangte mit erfochtnen Fahnen,
Und der Vater war ihm hold.

Einst beim freien Mahle küßte
Albrecht ihre freie Hand,
Ihre sanften Augen strebten
Ihn zu strafen, ach! da bebten
Thränen auf das Busenband.

Horst entbrannte, blickte seitwärts
Auf sein schweres Mordgewehr;
Auf des Ritters Wange glühte
Zorn und Liebe; Feuer sprühte
Aus den Augen wild umher.

Drohend warf er seinen Handschuh
In der Agnes keuschen Schooß;
»Albrecht nimm! Zu dieser Stunde
Harr ich dein im Mühlengrunde!«
Kaum gesagt, schon flog sein Roß.

Albrecht nahm das Fehdezeichen
Ruhig und bestieg sein Roß;
Freute sich des Mädchens Zähre
Die, der Lieb' und ihm zur Ehre,
Aus dem blauen Auge floß.

Röthlich schimmerte die Rüstung
In der Abendsonne Strahl;
Von den Hufen ihrer Pferde
Tönte weit umher die Erde
Und die Hirsche flohn ins Thal.

Auf des Söllers Gitter lehnte
Die betäubte Agnes sich,
Sah die blanken Speere blinken,
Sah – den edlen Albrecht sinken,
Sank, wie Albrecht, und erblich.

Bang von leiser Ahndung spornet
Horst sein schaumbedecktes Pferd,
Höret nun des Hauses Jammer,
Eilet in des Fräuleins Kammer,
Starr und stürzt sich in sein Schwert.

Rudolf nahm die kalte Tochter
In den väterlichen Arm,
Hielt sie so zween lange Tage,
Thränenlos und ohne Klage,
Und verschied im stummen Harm.

Bürger


 << zurück weiter >>