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Vor dem Dome stehn zwei Männer,
Tragen beide rothe Röcke,
Und der eine ist der König
Und der Henker ist der andre.
Und zum Henker spricht der König:
»Am Gesang der Pfaffen merk' ich,
Daß vollendet schon die Trauung –
Halt' bereit dein gutes Richtbeil.«
Glockenklang und Orgelrauschen,
Und das Volk strömt aus der Kirche;
Bunter Festzug, in der Mitte
Die geschmückten Neuvermählten.
Leichenblaß und bang und traurig
Schaut die schöne Königstochter;
Keck und heiter schallt Herr Olaf,
Und sein rother Mund, der lächelt.
Und mit lächelnd rothem Munde
Spricht er zu dem finstern König:
»Guten Morgen, Schwiegervater,
Heut ist dir mein Haupt verfallen.
»Sterben soll ich heut – o, laß mich
Nur bis Mitternacht noch leben,
Daß ich meine Hochzeit fei're
Mit Banquet und Fackeltänzen.
»Laß mich leben, laß mich leben,
Bis geleert der letzte Becher,
Bis der letzte Tanz getanzt ist –
Laß bis Mitternacht mich leben!«
Und zum Henker spricht der König:
»Unserm Eidam sei gefristet
Bis um Mitternacht sein Leben –
Halt' bereit dein gutes Richtbeil.«
Herr Olaf sitzt beim Hochzeitsschmaus,
Er trinkt den letzten Becher aus.
An seine Schulter lehnt
Sein Weib und stöhnt
Der Henker steht vor der Thüre.
Der Reigen beginnt und Herr Olaf erfaßt
Sein junges Weib, und mit wilder Hast
Sie tanzen, bei Fackelglanz
Den letzten Tanz –
Der Henker steht vor der Thüre.
Die Geigen geben so lustigen Klang,
Die Flöten seufzen so traurig und bang!
Wer die beiden tanzen sieht,
Dem erbebt das Gemüth –
Der Henker steht vor der Thüre.
Und wie sie tanzen im dröhnenden Saal,
Herr Olaf flüstert zu seinem Gemahl:
»Du weißt nicht wie lieb ich dich hab'–
So kalt ist das Grab« –
Der Henker steht vor der Thüre.
Herr Olaf, es ist Mitternacht,
Dein Leben ist verflossen
Du hattest eines Fürstenkind's
In freier Lust genossen.
Die Mönche murmeln das Todtengebet,
Der Mann im rothen Rocke,
Er steht mit seinem blanken Beil
Schon vor dem schwarzen Blocke.
Herr Olaf steigt in den Hof hinab,
Da blinken viel Schwerter und Lichter.
Es lächelt des Ritters rother Mund,
Mit lächelndem Munde spricht er:
»Ich segne die Sonne, ich segne den Mond,
Und die Stern', die am Himmel schweifen.
Ich segne auch die Vögelein,
Die in den Lüften pfeifen.
»Ich segne das Meer, ich segne das Land,
Und die Blumen auf der Aue.
Ich segne die Veilchen, sie sind so sanft
Wie die Augen meiner Fraue.
»Ihr Veilchenaugen meiner Frau,
Durch euch verlier' ich mein Leben!
Ich segne auch den Hollunderbaum,
Wo du dich mir ergeben.«
Heine