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Der König von Burgund

Es ritt mit stolzem Prangen
Der König von Burgund,
Da kömmt ein Knab' gegangen
Und grüßt mit süßem Mund,

Und spricht: »Gott grüß dich, König!
Du Schöner von Burgund!
Mach deine Feinde wenig!
Dich stark zu jeder Stund!

Und spricht: »Gott lenk' dir, König,
Zu mir den lieben Sinn!
Der ich an Thaten wenig,
Doch groß an Treue bin.«

Der König sprach zum Knaben:
»Was willst du in dem Krieg,
Wo Adler nur und Raben
Erfreut der blut'ge Sieg?

»Was wagst du, holder Knabe,
An Jahren jung und zart?
Das Feld wird dir zum Grabe,
Der Weg ist dir zu hart.

»Geh mit den feinen Füßen
Zurück ins Blumenthal,
Und horche dort dem süßen
Gesang der Nachtigall.

»Pfleg' mit den feinen Händen
Den blüh'nden Rebenstock,
Und netz' des Leines Enden
Für einen Schäferrock.«

»O König! zart von Leibe
Ist meine Jugend wohl;
Doch sie nicht von dir treibe,
Sie fühlt sich Muthes voll.

»Wohl Hunderttausend sitzen
So stolz um dich zu Roß,
Viel tausend Schwerter blitzen
Und Köcher voll Geschoß:

»Doch von den Allen keiner
Ist mehr dir zugethan,
Als ich hinfort, dein kleiner
Dir dienender Kumpan;

»Doch von den Allen keinen
Bekümmert so dein Streit,
Als deinen zarten Kleinen,
Der dir den Gruß entbeut.«

»O Knabe, deine Rede
Klingt wohl an Tugend reich,
Doch wiß', die harte Fehde
Macht rothe Wangen bleich.

»Die schönen blauen Augen
Versöhnen keinen Feind,
Denn die, so Schwerter brauchen,
Sind feindlich auch gemeint.«

»O Herr, klingt meine Rede
An Muth und Tugend reich,
So wiss', in deiner Fehde
Thut mir's kein Knappe gleich.

»Laß sich den Schein entfärben,
Der diese Wangen schmückt;
Ja laß mich für dich sterben,
So dünk' ich mich beglückt.«

»O Knab', soll ich dich nehmen,
So melde, ob du kannst,
Womit zur Zeit der Schemen
Du mir die Sorgen bannst;«

»Womit im Brand der Sonne
Du mir die Schläfe kühlst,
Und für der Träume Wonne
Mich sanft in Schlummer spielst.«

»Herr König, zwar geringe
Ist meiner Gaben Loos;
Doch macht zu allem Dinge
Die fromme Liebe groß.«

»Ich kann die Laute schlagen,
Ich kann das Harfenspiel,
Womit seit manchen Tagen
Ich Vielen wohl gefiel;

»Auch kann ich lustig singen
Und zwitschern muthig drein,
Wie auf den leichten Schwingen
Die Frühlingsvögelein.

»Auch kann ich künstlich tanzen
Auf meinen Füßen flink
Durch Schwerter und durch Lanzen
Und in dem Reigenring.

»Auch weiß ich Wundermähren
Aus alter, grauer Zeit,
Die Sorgen zu bethören
Stracks durch Geschwätzigkeit;

»Auch richt ich schnelle Falken
Zum Vogelfange zu,
Und von den Mareschalken
Hast keinen flinkern du.«

Der König nimmt den Knaben,
Und kleidet ihn in Stahl,
Und läßt ihn bei sich traben
In Nacht und Sonnenstrahl.

Sein Schwert muß er ihm tragen,
Ihm zäumen früh sein Roß;
Ist ihm in wenig Tagen
Der liebst' im ganzen Troß.

Beim Mahl muß er ihm singen
Zum goldnen Harfenspiel,
Und oft von alten Dingen
Erzählen lang' und viel.

Und wann von seinen Braven
Ein Jeder heimwärts geht,
So muß der Knabe schlafen
Zunächst an seinem Bett.

So zieht er als Begleiter
Des Zuges lustig mit.
Einst warnt das Horn die Streiter
Vor nahem Feindestritt;

Im Glanz der Waffen sprengen
Die Reisigen voran
Und Heldenherzen drängen
Sich frisch zum Kampf hinan.

Und König Rudolfs Rechte
Stößt manches tapfre Herz
Hinab zur Nacht der Nächte
Im kühnen Lanzenscherz;

Und Mütter müssen weinen
Und Bräute, jung und hold,
Den Tag, der zu bescheinen
Die Todten aufwärts rollt.

Da faßt ein starker Reiter
Den König mit dem Speer,
Zersprengt den Schild in Scheiter,
Zersplittert seine Wehr;

Trifft ihn mit stolzem Grimme –
Das Feld ist Königsgrab –
Und ohne Hauch und Stimme
Er fällt vom Roß herab.

Erbleichend hält der Knabe
Und spannet sein Geschoß –
»Nimm letzte Liebesgabe!«
Er schießt den Mann vom Roß;

Wirft dann in heißen Thränen
Sich auf des Königs Leib,
Und offenbart in Tönen
Des Jammers laut das Weib;

Reißt von den goldnen Locken
Des Helmes Decke schnell,
Damit das Blut zu stocken,
Das rinnt vom Panzer hell;

Reißt mit den blut'gen Händen
Des Hemdes weißen Lein,
Die Treue zu vollenden,
Von seines Busens Schrein.

Und sieh! des Königs Wangen
Färbt neues Lebensroth –
Sein Athem lag gefangen,
Die Kraft war nimmer todt!

Und sieh! mit frohem Leben
Sieht er des Weibes Trug,
Das Lieb in Tod und Leben
Für ihn in Schlachten trug;

Und faßt sie gar behende
Und drückt sie an sein Herz,
Und ruft: »Hier, Treue, ende
Dein langer süßer Schmerz!

»Und wärst in Bettlerhütten
Die kleinste Magd im Land,
Du bist durch Muth und Sitten
Mit Königsglanz verwandt.«

»Mein König!« stammelt leise
Das hold verschämte Weib,
»Vergieb mir meine Weise!
Mir hinfort gnädig bleib!

»Nicht in der Bettlerhütte
Wuchs deine Magd heran;
Wohl aus der Fürsten Mitte
Erköre sie ein Mann.

»Mein Vater heißt Graf Walther,
Wohnt im Ardennerwald;
Doch zog mein junges Alter
Der Liebe Allgewalt.

»Du weißt, wie ich gedienet,
Wozu bei Tag und Nacht
Sich Liebesmuth erkühnet
In wilder Knabentracht.«

»Ich weiß es, es soll wissen
Das ganze Männerheer.
Du schläfst auf deinem Kissen
Hinfort nicht einsam mehr.

»In deinen süßen Armen,
Du süße Königin,
Laß ewig mich erwarmen
Im frommen Liebessinn.

»Die oft mein Roß gezäumet,
Mich oft in Schlummer sang,
Nun bei mir schläft und träumet
All, all ihr Leben lang.

Arndt


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