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Im Harst von Unterwalden, da ragt ein Heldenkind
Hochhäuptig über Alle, die selbst gewaltig sind;
Schön steht er, wie der Engel des Herrn vor Edens Auen;
Finster und verschlossen, fast grausig anzuschauen.
Er lehnt an seiner Lanze, als gelt' ihm nicht der Streit;
Er schaut wol nach den Bergen, schaut in die alte Zeit,
Wo Kuhrein und Rugguser, nie Schlachttrommete scholl,
Gar still die Väter wohnten, bis fremder Hochmuth schwoll!
Es blickt wohl seine Seele nach seiner Väter Saal,
Wo in dem Kreis der Kleinen sein züchtiglich Gemahl
In Thränen für ihn betend Schmerzensgedanken sinnt,
Ihn mit betrübtem Herzen in Gott vor Allem minnt;
Er schaut wol durch der Feldschlacht Funken und Wolkendunst,
Wo nackte Tapferkeit erliegt gepanzerter Fechterkunst; –
Nun waren seine Blicke mit Düsterniß erfüllt:
Wie wann sich gegen Abend ein Berg in Wolken hüllt.
Bewegt in tiefstem Herzen war dieser Schweizermann;
Doch was im Schmerz der Liebe die große Seele sann,
Das ward noch nie gesonnen, das singt kein irdisch Lied;
Denn dieser Mann ist Arnold Struthan von Winkelried!
– Das war sein Ahn, der Struthan', der laut gepries'nen Sagen,
Des Landes Angst und Plagen, den Lindwurm hat erschlagen;
Er that, was Keiner mochte, im ächten Rittermuth
Das ist dem armen Hirten, dem Bauersmann zugut.
Ein andrer seiner Väter mit auf dem Rütli schwur,
Dort wo am tiefen Wasser auf heiliger Wiesenflur
Im Mondschein ist erwachsen, im engelreinen Reiz
Das edel unvergänglich Vergißmeinnicht der Schweiz. –
Herr Arnold löst den Panzer, der seine Brust umspannt;
Er stund vom Haupt zur Sohle in lichtem Stahlgewand;
Es fällt die schwere Brünne klirrend in's Gefild,
Und über die Schultern wirft der Held den großen Drachenschild.
So wendet sich Herr Struthan zu seinem treuen Volke,
Und schmolz aus seinem Auge des Harms und Zweifels Wolke,
Und schmolz aus seiner Seele, wie Oel im Flammenkuß,
Der alte Wahn der Sünde, zerschmolz das Will und Muß.
Ihm ist, als schaut er sausend verschwinden Evens Baum,
Den Kreuzesbaum des Lebens durchbrechen Zeit und Raum;
Sieg thront auf seiner Stirne; das Heldenauge glüht,
Wie an dem ersten Morgen die Sonne Gluth gesprüht.
So aber hat der Arnold sein großes Herz erschlossen:
»Gestrengen und biderben, lieben Eidgenossen!
Sorgt mir um Weib und Kinder: will euch 'ne Gasse machen!«
Und an die Feinde springt er, wie der Ahnherr an den Drachen!
Da scheint der Held zu wachsen, breit, übermenschlich lang,
Im schauerlichen Funkeln; mit einem Satze sprang
Gen Feind des Drachentödters Kind in gräßlicher Geberde
Und unter dem Helden bebend erjauchzt die Schweizer-Erde!
Da hing am hohen Manne das Augenpaar der Schlacht;
Da waren seine Blicke zu Blitzen angefacht;
So funkelten die Flammen, die Gott vom Wolkenschloß
Aus Sodom und Gomorra im Zorn herunterschoß.
Und seiner langen Arme simsonhafte Kräfte
Umklammern, weitausgreifend, Ritterlanzenschäfte:
So drückt er seinen Arm voll Tod, o lieb in Todeslust!
Drückt all die blanken Messer in seine große Brust.
Er stürzt, ein riesiger Alpenblock, wuchtend in die Glieder,
Und rings die Kampfes-Bäume zermalmend wirft er nieder.
Dein Arnold stürzt, du bebst und stöhnst in Mutterschmerz, o Haide:
Doch wilder bebt dir, Oestreich, das Herz im Eisenkleide!
Wie wann in schwüle Mitternacht Berg und Thal sich mummt,
In tiefen Odemzügen des Lebens Mund verstummt:
Denn plötzlich durch die Finster fähret der Wetterschein,
So brennt mit einem Schlage der ganze Tannenhain;
Also zerfleucht, wie Höhnrauch, Zweifel, Angst und Wahn
Und jede Schweizerseele ist wieder aufgethan;
Und was da schlief im Herzen in wundertiefer Nacht,
Bricht aus in tausend Kerzen, ist Licht zum Licht erwacht! –
Ein Augenblick Erstaunen; Schlachtendonner schwieg;
Da schrein aus einem Munde die Schweizerharste: »Sieg!«
Und ab den Höhen wälzt sich heißwogende Waffenmasse:
»Auf! an die Arnolds-Brücke, auf, durch die Struthans Gasse!«
Und über Arnolds Nacken, fährt in den weiten Spalt,
Wie Wirbel wühlend Stoß auf Stoß, Schweizersturmgewalt;
Und über Arnolds Leiche bricht durch ein wilder Harst,
Und Oestreichs Eisenmauer aus Band und Fuge barst!
Es lag der große Todte, wie ob Geklüft und Wogen
Sich regt die Staubende-Brücke; wohl schwankt und dröhnt der Bogen;
Wohl donnerts aus der Tiefe; Dampfwolken heben sich;
Doch sicher trägt die Brücke zum schönen Wälschland dich.
Weh, daß der Regenbogen, der Wetterfrieden macht,
Bevor des Himmels Klarheit aus mildem Auge lacht,
Kaum, daß er uns verkündet den süßen Friedegruß,
Mit all den holden Farben alsbalde sterben muß.
Follen